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Archiv "Obstipation – Pathophysiologie, Diagnose und Therapie: Schlusswort" (13.11.2009)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 46

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13. November 2009 767

M E D I Z I N

In jedem Lehrbuch wird auf die Wichtigkeit ei- ner routinemäßigen und frühzeitigen Gabe von Laxanzien bei der Einstellung auf Opioide hin- gewiesen, um die darunter häufig auftretende Obstipation von Anfang an konsequent mit zu therapieren, beziehungsweise erst gar nicht ent- stehen zu lassen (1). Laxanzien sollten daher an erster Stelle der Empfehlungen stehen.

Wechsel der Applikationsart oder Opioidrotati- on führen oft zum Erfolg (2).

Ich habe die Obstipation als wichtiges gastroin- testinales Symptom bei fortgeschrittenen Tu- morleiden und die Abgrenzung zu chronischem Subileus/Ileus mit veränderten therapeutischen Implikationen vermisst. Die palliativmedizi- nisch öfters eingesetzten Gleitmittel-Laxanzien bleiben als Gruppe unerwähnt.

Oxycodon/Naloxon hat in der Therapie starker akuter (gerade auch postoperativer) und chroni- scher Schmerzen wegen der in der Praxis tat- sächlich geringen Obstipationsauslösung zu Recht einen hohen Stellenwert, ist aber in der Zulassung auf 80 mg Oxycodon/40 mg Naloxon Tagesdosis beschränkt. Damit stößt man bei starken Schmerzen oft schnell an Grenzen.

Auch ist Oxycodon nicht für alle Patienten das geeignete Opioid.

Die Kombination Tilidin/Naloxon auf der WHO- Stufe II findet gar nicht erst Erwähnung, obwohl sich diese seit Jahren auf dem Markt befindet und auch fast ohne Obstipationsrisiko ist

(3).Methylnaltrexon ist teuer und auch nur bei

Versagen einer konventionellen Laxanzienthe- rapie zugelassen, sodass hier eine differenzier- te Betrachtung und Gewichtung notwendig ge- wesen wären. Die betonte Herausstellung in der Fußnote zusammen mit Oxycodon/Nalo- xon als „einzige in randomisierten kontrollier- ten Studien belegte Maßnahmen“ verwirrt eher, als eine rationale Entscheidungsgrundla- ge darzustellen.

DOI: 10.3238/arztebl.2009.0766b LITERATUR

1. Bausewein C: Arzneimitteltherapie in der Palliativmedizin.

1. Deutsche Auflage. München: Urban & Fischer 2005: 15ff.

2. Bausewein C: Arzneimitteltherapie in der Palliativmedizin.

1. Deutsche Auflage. München: Urban & Fischer 2005: 173.

3. Wörz R: Differenzierte medikamentöse Schmerztherapie.

2. Auflage. München: Urban & Fischer 2001: 190.

4. Müller-Lissner S: The pathophysiology, diagnosis and treatment of constipation [Obstipation – Pathophysiologie, Diagnose und Therapie]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(25): 424–32.

Dr. med. Ingo Zerbe St. Josef-Krankenhaus Koblenzer Straße 23 54411 Hermeskeil E-Mail: i.zerbe@t-online.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Schlusswort

Ich danke den Kollegen für Ihre anregenden Zuschrif- ten. Die chronische Obstipation ist ja ein sehr „altes“

Thema, das mit vielen unbewiesenen, einigen bewiese- nen und zahlreichen widerlegten (1) Hypothesen be- setzt ist. Ein CME-Artikel im Deutschen Ärzteblatt muss sich – schon aus Platzgründen – auf die Punkte 2 und 3 beschränken. Unüberprüfte Verfahren, mit denen der Autor zudem nie in Berührung kam, müssen zwangsläufig unerwähnt bleiben. So weist Herr Prof.

Uhlemann auf die Fußreflexzonenmassage hin, für die es offensichtlich keinen klinischen Wirksamkeitsnach- weis gibt.

Herr Dr. Schmiedel schreibt zu Recht, dass Obstipier- te, die die Vorzüge einer Laxanzientherapie genossen ha- ben, nach Absetzen der Medikation kein normales Stuhl- verhalten entwickeln. Er schließt daraus auf ein Abhän- gigkeitspotenzial der Laxanzien. Da Laxanzien aber eine symptomatische und keine kausale Therapie der Obsti- pation darstellen, ist ein Verschwinden der Obstipation nach längerer Laxanzieneinnahme gar nicht zu erwarten, genauso wenig wie eine chronische Herzinsuffizienz nach medikamentöser Therapie geheilt ist. Dennoch misst wohl niemand zum Beispiel den ACE-Hemmern ein Abhängigkeitspotenzial zu, oder? Im Plasma ist die Kalium-Konzentration grundsätzlich etwas niedriger als im Serum. Das hat aber nichts mit Obstipation oder Lax- anzien zu tun. Magnesium ist ein schlecht resorbierbares Ion, das bekanntermaßen als salinisches Laxans einge- setzt werden kann (s. Tabelle 2 des Artikels). Es gibt kei- nen Grund zu der Annahme, dass dies vom Blutspiegel des Magnesiums abhängig wäre. Ob Magnesium „die einfachste Methode zur Obstipationsbehandlung“ ist, sei dahin gestellt, beziehungsweise dem Patienten zur Ent- scheidung überlassen.

Herr Dr. Wirz bemerkt zu Recht, dass die Rom-Krite- rien nicht perfekt sind. Derzeit ist meines Wissens aber kein besseres Instrument verfügbar. Die Bemerkung zur Obstipation unter SSRI kann ich weder nachvollziehen noch in der zitierten Quelle finden. Dem Serotonin wird via 5-HT

4-Rezeptoren ein prokinetischer Effekt zuge- sprochen, Blockade der 5-HT

3-Rezeptoren kann zur schweren Obstipation führen. Die Hemmung der Wie- deraufnahme des Serotonins aus dem synaptischen Spalt sollte daher allenfalls zu einer Besserung der Obstipati- on führen, klinisch ist ein solcher Effekt aber nicht rele- vant. Die durch Opiate induzierte Obstipation ist in der Schmerztherapie zweifellos ein relevantes Thema, das aber nur einen Teil aller Obstipierten betrifft und deshalb nicht breiter dargestellt werden konnte.

Dies wird durch die Zuschrift von Herrn Dr. Zerbe unterstrichen. Mit der Reihenfolge in der Aufzählung der möglichen Maßnahmen bei Obstipation durch Opia- te ist meinerseits keine Wertung verbunden. Ein Ver- gleich zwischen ihnen steht aus, desgleichen fehlen mei- nes Wissens Daten zu Tilidin/Naloxon. Dass die Opiat- antagonisten als Therapieprinzip in den Lehrbüchern nicht erwähnt werden, dürfte daran liegen, dass die ent- sprechenden Studien erst im Jahre 2008 publiziert wur- den (2, 3).

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M E D I Z I N

Frau Dr. Holsteg weist auf die Defäkografie mithilfe des MRT hin, zu der es bereits einige Literatur gibt. Unter den sechs in PubMed gelisteten Arbeiten von D. Weis- haupt konnte ich den genannten Methodenvergleich aller- dings nicht finden. Bei einem Vergleich zwischen der konventionellen Defäkografie und derjenigen mit einem offenen – also nicht im Liegen, sondern im Sitzen ange- fertigten! – MRT kommen die Autoren zu dem Schluss

„In der Diagnostik des inneren Rektumprolaps ist die De- fäkografie nach wie vor die Methode der Wahl“ (4).

DOI: 10.3238/arztebl.2009.0767 LITERATUR

1. Müller-Lissner SA, Kamm MA, Scarpignato C, Wald A: Myths and mis- conceptions about chronic constipation. Amer J Gastroenterol 2005;

100: 232–42.

2. Thomas J, Karver S, Cooney GA, Chamberlain BH, Watt CK, Slatkin NE, Stambler N, Kremer AB, Israel RJ: Methylnaltrexone for opioid-induced constipation in advanced illness. N Engl J Med 2008; 358: 2332–43.

3. Simpson K, Leyendecker P, Hopp M, et al.: Fixed-ratio combination oxycodone/naloxone compared with oxycodone alone for the relief of opioid-induced constipation in moderate to severe noncancer pain.

Curr Med Res Opin 2008; 24: 3503–12.

4. Dvorkin LS, Hetzer F, Scott SM, Williams NS, Gedroyc W, Lunniss PJ:

Open-magnet MR defaecography compared with evacuation procto- graphy in the diagnosis and management of patients with rectal intus- susception. Colorectal Dis 2004; 6: 45–53.

5. Müller-Lissner S: The pathophysiology, diagnosis and treatment of constipation [Obstipation – Pathophysiologie, Diagnose und Therapie].

Dtsch Arztebl Int 2009; 106(25): 424–32.

Prof. Dr. med. Stefan Müller-Lissner Park-Klinik Weissensee

Schönstraße 80 13086 Berlin

E-Mail: mueli@park-klinik.com

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Inter- national Committee of Medical Journal Editors besteht.

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