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Obstipation bei Säuglingen und Kindern

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Organische Ursachen einer Obstipation werden am häufigsten bei Neugeborenen und Säuglin- gen beobachtet. Wenn Kinder nach dem ersten Lebensjahr an Verstopfung leiden, handelt es sich in den meisten Fällen um eine funktio- nelle Obstipation. Nach der initialen Darm- entleerung (Desimpaktion) schliesst sich eine Erhaltungstherapie an, die sich über Monate bis Jahre erstrecken kann.

A M E R I C A N FA M I LY P H Y S I C I A N

Etwa 3 bis 5 Prozent aller pädiatrischen Konsultationen erfol- gen aufgrund einer Obstipation. Wenn Kinder an einer Obsti- pation – definiert als verzögerte oder erschwerte Defäkation – leiden, befürchten die Eltern häufig, dass dieses Problem auf eine ernste Erkrankung hinweisen könnte, schreiben Wendy S.

Biggs und William H. Dery im «American Family Physician».

Normale physiologische Vorgänge im Dünn- und Dickdarm füh- ren dazu, dass die tägliche Anzahl der Stühle mit zunehmen- dem Alter des Kindes abnimmt: Bei Kindern im ersten Lebens- jahr beträgt diese durchschnittlich 2,2, bei Ein- bis Dreijährigen im Mittel 1,4. Es muss also nicht unbedingt eine Verstopfung vorliegen, wenn ein Kind seltener Stühle absetzt. Wird der Begriff Obstipation jedoch als «Unvermögen, den Darm voll- ständig zu entleeren» definiert, kann auch bei Kindern, die täg- lich kleine Stuhlmengen absetzen, möglicherweise eine Ob- stipation vorliegen. Die Enkopresis – also der unwillkürliche Abgang von Stuhl in die Unterwäsche – kann auf eine Obsti- pation hinweisen.

Wie kommt es zur Obstipation?

Die Kontinenz wird durch unwillkürliche und willkürliche Muskelkontraktionen aufrechterhalten. Wenn ein Kind seinen

Darm nicht entleeren möchte, spannt es den äusseren Anal- sphinkter und die Glutäusmuskulatur an. Dadurch werden die Fäzes höher ins Rektum geschoben, und der Stuhldrang lässt nach. Unterdrückt das Kind den Stuhldrang häufiger, werden die zurückgehaltenen Stuhlmassen grösser und härter, und das Rektum dehnt sich nach und nach aus. Das Absetzen harter oder voluminöser Stuhlmassen kann zu einer schmerzhaften Analfissur führen. Aus Angst vor einer weiteren schmerzhaften Defäkation unterdrückt das Kind den Stuhldrang erneut, sodass es zur Stuhlretention und zu seltenen Darmentleerungen kommt. Man spricht in diesem Fall von einer funktionellen Obstipation.

Funktionelle versus organische Obstipation

Die meisten Kinder mit Verstopfung leiden an einer funktionel- len Obstipation. In seltenen Fällen liegt der Verstopfung jedoch eine ernste organische Ursache zugrunde. Eine organisch bedingte Obstipation wird häufig bei Neugeborenen und Säug- lingen diagnostiziert (Tabelle).

Diagnostik

Eine sorgfältige Anamnese ist erforderlich, um eventuellen or- ganischen Ursachen der Obstipation auf die Spur zu kommen.

Bei Kindern nach dem ersten Lebensjahr liegt fast immer eine funktionelle Obstipation vor. Folgende anamnestische Angaben und Befunde sprechen für eine funktionelle Obstipation:

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■ Bei Kindern liegt meist eine funktionelle Obstipation vor, die Folge einer Stuhlretention ist.

■ Dennoch muss der Hausarzt auf Hinweise für schwere organische Ursachen der Obstipation achten

(beispielsweise Morbus Hirschsprung, Rückenmark- läsionen, zystische Fibrose).

■■

■ Nach der initialen Darmentleerung mit oralen oder rektalen Medikamenten schliesst sich die Erhaltungs- therapie an.

M M M

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■nach der Geburt hat das Kind innerhalb von 48 Stunden Stuhl abgesetzt

■extrem harte Stühle, grosskalibrige Stühle

■Stuhlschmieren (Enkopresis)

■Schmerzen oder Beschwerden bei der Defäkation, Unter- drückung des Stuhldrangs

■Blutauflagerungen auf dem Stuhl, perianale Fissuren

■geringe Zufuhr an Flüssigkeiten, faserarme Ernährung, Verzehr grosser Mengen an Milchprodukten

■vor Abschluss des Toilettentrainings versteckt sich das Kind bei der Defäkation, Vermeidung der Toilette.

Bei der körperlichen Untersuchung sollte auch eine rektale digitale Untersuchung erfolgen. So kann der Rektumtonus be- urteilt und festgestellt werden, ob eine Distension oder Impak- tion des Rektums besteht. Eine Impaktion des Rektums kann das Vorliegen einer funktionellen Obstipation bestätigen. Anal- fissuren sprechen ebenfalls für eine funktionelle Obstipation.

Sollte eine rektale Untersuchung nicht möglich sein, kann eine Abdomen-Röntgenaufnahme zur Darstellung der fäkalen Im- paktion in Erwägung gezogen werden.

Behandlung der funktionellen Obstipation

Ziel der Behandlung ist es, initial den Darm zu entleeren und anschliessend für regelmässigen Stuhlgang zu sorgen. Es kann Monate dauern, bis die Erhaltungsmedikation allmählich abge- setzt werden kann.

Aufklärung der Familie

Wichtig ist, dass die Eltern und Betreuungspersonen des be- troffenen Kindes – wenn möglich auch das Kind selbst – über die Ursachen der funktionellen Obstipation informiert werden.

Häufigster Grund für die Stuhlretention ist die Angst des Kindes vor einer schmerzhaften Defäkation. Nur selten ist die Stuhlre- tention Ausdruck eines oppositionellen Verhaltens. Die Enko- presis bei einem Kind ist meist unwillkürlich.

Häufig wird für Kinder mit funktioneller Obstipation eine Er- nährungsumstellung empfohlen. Eine randomisierte Studie ergab, dass die Gabe von Ballaststoffen zu einer deutlicheren Besserung der Verstopfung führte als Plazebo, vor allem bei Kindern mit Enkopresis. Eine doppelblinde Crossover-Studie kam zu dem Ergebnis, dass eine Obstipation bei manchen Kin- dern Ausdruck einer Kuhmilchintoleranz ist. Deshalb kann es einen Versuch wert sein, für einen umschriebenen Zeitraum Kuhmilch vom Speiseplan des Kindes zu streichen.

Desimpaktion

Die initiale Darmentleerung kann mit Klysmen, Rektalzäpfchen und oralen Medikamenten erreicht werden. Die rektale Desim- paktion mit Klysmen führt zu einem raschen Erfolg, doch sie ist invasiv, und das Kind erlebt sie möglicherweise als traumati- sierend. Bei über zweijährigen Kindern wird häufig zunächst ein Paraffinölklysma und anschliessend ein Phosphatklysma verabreicht.

Orale Medikamente zur Desimpaktion wurden nur in wenigen Studien miteinander verglichen. In einer Studie wurden Kinder F O R T B I L D U N G

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Tabelle:Organische Ursachen einer Verstopfung bei Säuglingen und Kindern

Warnzeichen/Symptome Verdachtsdiagnose

Absetzen von Mekoniumstühlen erst nach mehr als 48 Stunden Morbus Hirschsprung nach der Geburt, kleinkalibrige Stühle, Gedeihstörungen, Fieber,

blutige Durchfälle, galliges Erbrechen, enger Analsphinkter, leeres Rektum bei tastbarer abdominaler Stuhlwalze

Geblähtes Abdomen, galliges Erbrechen, Ileus Pseudoobstruktion

Schwache Reflexe der unteren Extremitäten oder geringer Rückenmarkanomalien (Myelomeningozele, Muskeltonus, fehlender Analreflex, Vorliegen einer Pilonidal- Rückenmarktumor, Tethered-cord-Syndrom) vertiefung oder eines Pilonidalhaarbüschels

Müdigkeit, Kälteintoleranz, Bradykardie, Wachstumsverzögerung Hypothyreose

Polyurie, Polydipsie Diabetes insipidus

Durchfall, Hautausschlag, Gedeihstörungen, Fieber, rezidivierende Zystische Fibrose Pneumonien

Durchfälle nach Aufnahme von Weizen in die Ernährung Glutenenteropathie

Abnorme Lokalisation/abnormes Erscheinungsbild des Anus Angeborene anorektale Missbildungen: Analstenose, Anal- atresie, nach anterior verlagerter Anus

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mit chronischer Obstipation über einen Zeitraum von zwei Wochen mit dem osmotischen Laxans Polyethylenglykol (z.B.

Transipeg®, Movicol® Junior) oder mit Laktulose (Gatinar®, Legendal®, Duphalac/-fruit®, Rudolac®) behandelt. Polyethy- lenglykol erwies sich im Vergleich zu Laktulose als signifikant wirksamer und wurde von 73 Prozent der Eltern/Betreuungs- personen bevorzugt. Als weitere orale Medikamente zur initia- len Darmentleerung sind Paraffinöl, Senna und Magnesium- citrat zu nennen.

Erhaltungstherapie

Ziel ist es, ein- bis zweimal täglich für eine Entleerung weicher Stühle zu sorgen. Regelmässigkeit ist wichtig, denn es kann er- neut zur rektalen Impaktion und zur Verstopfung kommen. Zu den Erhaltungsmedikamenten zählen Paraffinöl, Laktulose, Magnesiummilch, Polyethylenglykol-Pulver und Sorbitol.

Eine Verhaltenstherapie kann die Ergebnisse einer medikamen- tösen Erhaltungstherapie zusätzlich verbessern, Biofeedback wird von den Autoren bei funktioneller Obstipation dagegen nicht empfohlen.

Langzeitprognose

Die funktionelle Obstipation ist schwierig zu behandeln, die Rezidivrate hoch. In einer Studie wiesen 52 Prozent der Kinder mit Obstipation und Enkopresis nach fünfjähriger Behandlung immer noch Symptome auf. Eine andere Studie ergab, dass 30 Prozent der Kinder, die aufgrund einer Verstopfung über einen durchschnittlichen Zeitraum von 6,8 Jahren medikamen- tös behandelt worden waren, immer noch an einer intermittie- renden Obstipation litten.

Wenn sich die Symptomatik eines Kindes nach sechsmonatiger Behandlung trotz guter Compliance nicht bessert, kann die Überweisung an einen pädiatrischen Gastroenterologen ge-

rechtfertigt sein.

W.S. Biggs (Midland Family Practice Residency Program, Midland, Michigan) et al.:

Evaluation and treatment of constipation in infants and children. American Family Physician 2006; 73: 469–477.

Interessenkonflikte: keine

Andrea Wülker

In unserem Beitrag «EPO: Längere Behandlungsintervalle senken die Kosten»,erschienen in ARS MEDICI 2/2007, S. 61–62, haben sich durch ein technisches Problem Fehler eingeschlichen.

Bei der im Untertitel angegebenen SSN handelt es sich um die Schweizerische Gesellschaft für Nephrologie und nicht um die der Neurologie.

Folgende Konklusion auf Seite 62 ist nicht korrekt: «Bei 94 Prozent der Teilnehmer konnten die Injektionsintervalle unter Darbepoetin verlängert werden, was einer Dosisreduktion von 14,5 Prozent entsprach.»

Aus der Verlängerung der Dosierungsintervalle resultiert keine Dosisreduktion, diese ist die Folge der Umstellung von rHuEPO auf Aranesp®.

Falsch ist zudem die Feststellung: «Die grössten Einsparungsmöglichkeiten wurden bei den Laborkosten der Dialyseeinheit ent- deckt.» (S. 62) Tatsächlich betrifft das Einsparungspotenzial die Personalkosten und nicht die Laborkosten.

Wir möchten uns für die Fehler entschuldigen und bitten um Nachsicht. Die Redaktion

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