Weiterführende Diagnostik sinnvoll
Wie berichtet ist die Ätiologie und Pa- thogenese der Erkrankung unbekannt, jedoch wird eine genetische Prädispositi- on angenommen. Anzumerken ist aller- dings, dass es sich bei „moyamoya“ ledig- lich um die Beschreibung eines mor- phologischen (End-)Zustandes handelt, nämlich die Ausbildung pathologischer Kollateralgefäße aufgrund eines Ver- schlusses von zerebralen Arterien. In- wieweit es sich bei der Moyamoya-Er- krankung jedoch um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt und nicht um die zerebrale Manifestation einer – oder verschiedener – systemischen vaskulären Erkrankung, muss letztendlich noch ge- klärt werden. Interessanterweise wurde in unserer Klinik eine knapp zweijährige Patientin mit Moyamoya-Erkrankung wegen Hautveränderungen vorgestellt.
Die klinische und histologische Untersu- chung ergab den Befund eines Pseudo- xanthoma elasticum. Pseudoxanthoma elasticum (PXE) ist eine autosomal rezessive Erkrankung des elastischen Bindegewebes. Ursächlich sind Mutatio- nen im Bereich des MRP6-Gens (Chro- mosom 16p13.1). Histologisch typisch für ein PXE sind Fragmentierung und Ver- klumpung der elastischen Fasern mit Verkalkung bis in die tiefe retikuläre Dermis, bei mittelgroßen Arterien der Lamina elastica interna. Befallen sind neben der Haut insbesondere die Augen, wo degenerative Veränderungen der ela- stischen Fasern der Bruchschen Mem-
bran, so genannte „angiod streaks“, zu Sehverlust führen sowie das kardiovas- kuläre System, wo es zu Atherosklerose und pAVK kommen kann. Auch zere- brovaskuläre Veränderungen sind be- schrieben. Aufgrund der Seltenheit des PXE, der häufig unscheinbaren und spät- manifesten, obwohl charakteristischen Hauptveränderungen wird dieses nur selten diagnostiziert. Gezielt gesucht werden muss nach elfenbeinfarbigen bis gelblichen, netz- und streifenförmig an- geordneten, teilweise konfluierenden Papeln, die symmetrisch insbesondere an den seitlichen Halspartien, in den Flexu- ren sowie periumbilikal lokalisiert sein können. Auch ausgeprägte Faltenbil- dung bis zu einem Cutis-laxa-artigen Er- scheinungsbild kann auftreten.
Das gleichzeitige Auftreten von PXE und Moyamoya, zwei genetisch determi- nierten vaskulären Erkrankungen mit Veränderungen im Bereich der Lamina elastica interna und Media von arteriel- len Gefäßen, wurde bisher in der Litera- tur nicht beschrieben.
Eine gezielte dermatologische und ophthalmologische eventuell verbunden mit einer molekularbiologischen Unter- suchung hinsichtlich des bei PXE betrof- fenen Gens erscheint uns daher in Anbe- tracht des beschriebenen Falles bei Pati- enten mit Moyamoya-Syndrom sinnvoll.
Literatur
1. Jacobi H, Schreiber G: Pseudoxanthoma elasticum: Haut- veränderungen als Wegweiser einer Systemerkrankung.
Hautarzt 1997; 48: 191–194.
2. Rafalowska J: Genetically determined vascular diseases.
Folia Neuropathol 1999; 37: 210–216.
3. Ringpfeil F, Lebwohl MG, Christiano AM, Uitto J: Pseu- doxanthoma elasticum: Mutations in the MRP6 gene encoding a transmembrane ABC transporter. Proc Natl Acad
Sci 2000; 97: 6001–6006.
Dr. med. Christoph Abels Prof. Dr. med. Ulrich Hohenleutner Prof. Dr. med. Michael Landthaler Klinikum der Universität Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11, 93053 Regensburg E-Mail: christoph.abels@klinik.uni-regensburg.de
Schlusswort
Wir danken den Kollegen für ihren Bei- trag zur Ätiologie und Pathogenese der Moyamoya-Erkrankung. Die Autoren stellen den interessanten Fall einer circa zweijährigen Patientin dar, bei welcher
neben einer Moyamoya-Erkrankung ein Pseudoxanthoma elasticum (PXE) dia- gnostiziert wurde. Aufgrund der PXE- typischen Veränderungen des elastischen Bindegewebes, welche den bekann- ten histopathologischen Befunden bei Moyamoya ähnlich sind, wird die Hypo- these unterstrichen, wonach die Moya- moya-Erkrankung möglicherweise ledig- lich die zerebrale Manifestation einer systemischen vaskulären Erkrankung darstellt.
Der dargestellte Fall bestätigt eine Reihe von Berichten, wonach bei Moya- moya auch extrazerebrale vaskuläre Ver- änderungen vorhanden sein können (2), deren mögliche direkte, das heißt gene- tisch determinierte, Assoziation insge- samt jedoch weiterhin ungeklärt ist. Er- ste Hinweise auf einen polygenen Verer- bungsmodus bei Moyamoya, welche die Hypothese einer Systemerkrankung un- terstützen, konnten kürzlich für Genloci auf Chromosom 17q25 bei familiärer Moyamoya-Erkrankung gezeigt werden (4). Darüber wurde die Assoziation von Moyamoya und der Neurofibromatose Typ 1, als genetisch determinierte System- erkrankung (Gen: NF1; Chromosom:
17q11.2), bei zahlreichen Patienten nach- gewiesen (1, 3). Die resultierende Frage, ob das PXE, mit der bekannten Mutation auf Chromosom 16p13.1, und die Moya- moya-Erkrankung eventuell einer kom- plexen, systemischen, genetisch determi- nierten Erkrankung zuzusprechen sind, kann nur mittels Durchführung gezielter molekularbiologischer Untersuchungen bei Patienten mit Moyamoya und/oder PXE beantwortet werden.
Literatur
1. Barrall JL, Summers CG: Ocular ischemic syndrome in a child with moyamoya disease and neurofibromatosis.
Surv Ophthalmol 1996; 40: 500–504.
2. Ikeda E: Systemic vascular changes in spontaneous occlu- sion of the circle of Willis. Stroke 1991; 22: 1358–1362.
3. Woody RC, Perrot LJ, Beck SA: Neurofibromatosis cere- bral vasculopathy in an infant: clinical, neuroradiogra- phic, and neuropathologic studies. Pediatr Pathol 1992;
12: 613–619.
4. Yamauchi T, Tada M, Houkin K, Tanaka T, Nakamura Y, Kuroda S, Abe H, Inoue T, Ikezaki K, Matsushima T, Fukui M: Linkage of familial moyamoya disease (spontaneous occlusion of the circle of willis) to chromosome 17q25.
Stroke 2000: 31: 930–935.
Dr. med. Peter Horn Neurochirurgische Klinik Universitätsklinikum Mannheim
Theodor-Kutzer-Ufer 1–3, 68167 Mannheim M E D I Z I N
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A514 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 8½½½½22. Februar 2002
zu dem Beitrag
Diagnostik und
Therapie der Moyamoya- Erkrankung
von
Dr. med. Peter Horn Dr. med. Peter Vajkoczy
Prof. Dr. med. Peter Schmiedek in Heft 18/2001