346 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 182. Mai 2008
M E D I Z I N
Notfallendoskopie
Auf folgendes Problem möchten wir hinweisen: Der eilige Leser liest in den Schlagwortkolumnen auf Sei- te 86 „Erstversorgung, jeder Patient mit schweren in- testinalen Blutungen muss zunächst hämodynamisch stabilisiert werden.“
Das könnte den Schluss zulassen, dass man nicht parallel mit einer Notfallendoskopie beginnen soll- te. Dies ist jedoch bei arteriellen Blutungen, zum Beispiel Forrest la oder Ösophagusvarizen lebensret- tend.
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0346a
Dr. med. Joseph Pronratz Dr. med. Shafiq Sadiq Prof. Dr. med. Gerhard Pott Dr. med. Winfried Winter EUREGIO-Klinik
Hannoverstraße 5, 48529 Nordhorn
Schlusswort
Der Hinweis der Kollegen aus Hannover ist wichtig, und wir danken ihnen dafür. Natürlich sollte schon parallel zur Erstversorgung zusammen mit der hämodynamischen Stabilisierung des Patienten bei der schweren intestinalen Blutung die Endoskopie so rasch wie möglich eingeleitet werden. In der Regel ist es aber so, dass die Kreislaufsta- bilisierung – wenn nötig auch auf der Intensivstation – vor Beginn der Endoskopie möglich ist. Im Zweifelsfall (vor allem bei der Ösophagusvarizenblutung) sollte auch die Intubation großzügig vorgenommen werden. Eine zu ra- sche Endoskopie beim instabilen Patienten, insbesondere ohne ausreichende Überwachungsmöglichkeit, kann für den Patienten lebensgefährlich werden. Wir wollten also nur darauf hinweisen, dass man immer zunächst die allge- meine Situation des Patienten abschätzen und behandeln muss, bevor man mit der Endoskopie beginnt.
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0346b
Prof. Dr. med. Tilman Sauerbruch Medizinische Klinik und Poliklinik I Universitätsklinikum Bonn Sigmund-Freud-Straße 25, 53105 Bonn
Interessenkonflikt
Die Autoren beider Diskussionsbeiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
zu dem Beitrag
Effiziente Diagnostik und Therapie oberer gastrointestinaler Blutungen
von Dr. med. Dr. phil. Erwin Biecker, PD Dr. med. Jörg Heller, PD Dr. med. Volker Schmitz, Prof. Dr. med. Frank Lammert, Prof. Dr. med. Tilman Sauerbruch in Heft 5/2008
DISKUSSION
REFERIERT
Hyperaktivität bei Kindern durch Nahrungsmittelzusätze
Natriumbenzoat und künstliche Lebensmittelfarben können bei Kindern zu Hyperaktivität führen. Dies ist das Ergebnis einer doppelblinden, placebo- kontrollierten Cross-over-Studie. 153 Dreijährige und 144 Kinder im Alter von 8 bis 9 Jahren nahmen an der sechswöchigen Studie teil.
Die Autoren untersuchten, ob sich das Verhalten der Kinder änderte, wenn sie täglich eine Getränk zu sich nahmen, das mit Farbstoffgemischen und einem Konservierungsstoff versetzt war. Getränk A und B unterschieden sich in der Zusammensetzung der Farbstoffe. Die Dosis der Farbstoffe ent- sprach dem durchschnittlichen täglichen Konsum entsprechender Süßigkei- ten. Untersuchungen zufolge verzehren 3-Jährigen im Schnitt 112 g und die älteren Probanden 140 g Süßigkeiten täglich.
In der ersten Studienwochen konsumierten die Kinder keine der zu te- stenden Inhaltsstoffe. In den Wochen 2, 4 und 6 nahmen die Kinder täg- lich Getränk A, B oder ein Placebo zu sich. In den dazwischen liegenden Wochen erhielten die Studienteilnehmer keine der getesteten Inhaltsstof- fe. Ob ein Kind hyperaktiv war, beurteilten die Autoren, Lehrer und Eltern anhand strukturierter Fragebögen, die zu einem globalen Hyperaktivitäts- index zusammengefasst wurden. Die folgende Auswertung bezieht sich
auf Kinder, die mindestens 85 % der geplanten täglichen Dosis konsu- miert hatten. Die 3-Jährigen waren nach Genuss von Getränk A signifi- kant hyperaktiver im Vergleich zu Placebo (Effektgröße: 0,32; 95-%-Kon- fidenzintervall [KI]: 0,05 bis 0,6, p = 0,02). Getränk B führte zu keinem signifikanten Unterschied bei den 3-Jährigen. Bei den 8- bis 9-Jährigen hatten beide Mischungen signifikant negative Effekte im Vergleich zu Pla- cebo: Für Getränk A betrug die Effektgröße 0,12 (95-%-KI: 0,02 bis 0,23;
p = 0,023) und für B 0,17 (95-%-KI: 0,07 bis 0,28; p = 0,001). Eine Ef- fektstärke von 0,2 enspricht etwa 10% der Verhaltensdifferenz von ge- sunden Kindern zu jenen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts- störung. In jeder Altersgruppe brachen 10 % die Studie ab. Adjustiert wurde für Reihenfolge der Provokation, Geschlecht, Hyperaktivitätsindex vor Studienbeginn, Ernährung vor Studienbeginn sowie Ausbildung und sozialer Status der Mutter.
Getränk A setzte sich aus 5 mg Gelborange (E110), 2,5 mg Carmoisin, 7,5 mg Tartrazin (102), 5 mg Ponceau 4R (E124) und 45 mg Natriumben- zoat (E211) zusammen. Getränk B bestand aus 7,5 mg Gelborange, 7,5 mg Carmoisin, 7,5 mg Quinolingelb (E104) und 7,5 mg Allurarot (E129) sowie 45 mg Natriumbenzoat. Natriumbenzoat ist ein Konservierungsstoff, der häufig Colagetränken und anderen Limonaden beigefügt wird. me McCann D, Barrett A, Cooper A et al.: Food additives and hyperactive behavoiur in 3-year-old and 8/9-year-old children in the community: a randomised, douple-blinded, placebo-con- trolled trial. Lancet 2007; 370: 1560–7.