Zeitlicher Ablauf der Diagnostik
Zu dem Bemühen, die schwierige Früh- behandlung Schwerstverletzter, in der es zu Dringlichkeitskollisionen kommt, effizienter zu machen, darf man gratu- lieren. Es ist nur beizupflichten, dass die wesentlichen Untersuchungen bei Schwerstverletzten am besten im Spi- ral-CT erfolgen, da dies schneller und qualitativ besser ist als konventionelle radiologische Methoden. Mit Recht wird darauf verwiesen, dass die hierfür erforderliche Untersuchungszeit von 30 Minuten wesentlich kürzer ist, als was mit konventionellen Untersuchungs- methoden inklusive Sonographie des Abdomens und Thorax möglich ist. Es wird jedoch von den Autoren versäumt, darauf hinzuweisen, wann außer bei in- stabilem Kreislauf auch eine Untersu- chung von 30 Minuten nicht vertretbar lang ist. Bei Patienten mit stabilen Kreislaufverhältnissen, die im Compu- tertomogramm ein intrakraniell raum-
forderndes Hämatom aufweisen, ver- bietet sich die hier empfohlene weitere Diagnostik, da 30 Minuten für ein Spi- ral-CT des gesamten Körpers nach An- fertigung eines Schädel-CT’s mit Nach- weis einer operationspflichtigen intra- kraniellen Blutung unter keinen Um- ständen zu rechtfertigen wäre.
In einer zurzeit laufenden Multicen- terstudie zum Polytrauma mit Unter- stützung des Kuratoriums ZNS, an dem 14 neurochirurgische Einrichtun- gen beteiligt sind, wird gerade der frühe zeitliche Ablauf der Diagnostik analysiert. Betrachtet man nur die be- wusstlosen Patienten, so finden sich operationspflichtige Blutungen des Abdomens in weniger als 10 Prozent der Verletzten, Blutungen oder Luft- ansammlung innerhalb des Thorax, die behandlungspflichtig sind, ebenfalls in weniger als 10 Prozent, intrakranielle Verletzungen in 40 Prozent, von denen 20 Prozent eines neurochirurgischen Eingriffes bedürfen. Da der Zeitfaktor hier von übergeordneter Bedeutung ist, gilt bei kreislaufstabilen bewusstlo- sen Patienten mit Verdacht auf Po- lytrauma, dass zunächst ein Schädel- CT angefertigt wird. Eine weitere Un- tersuchung des Körpers im Spiral-CT sollte nur dann stattfinden, wenn kein intrakraniell operationspflichtiger Be- fund vorliegt. Wenn diese Vorgehens- weise mit dem Begriff „one stop shop- ping“ gemeint sein soll, so kann dem zugestimmt werden.
Prof. Dr. med. Raimund Firsching Dr. med. Dieter Woischneck Klinik für Neurochirurgie Medizinische Fakultät
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Leipziger Straße 44
39120 Magdeburg
E-Mail: neurochirurgie@uni-magdeburg.de
Schlusswort
Eine allgemeingültige Anleitung zu geben, welcher Patient wann im Spi- ral-CT weiter untersucht werden soll- te und wann die CT-Untersuchung abgebrochen werden sollte, ist nur schwer möglich. Selbst in dem konkret angegebenen Beispiel bei einem Pati- enten mit einem intrakraniell raum- fordernden Hämatom, sollte man sich überlegen, ob man nach dem Schädel-
CT nicht noch die Untersuchung der Wirbelsäule und des Körperstammes, die ja nur eine sehr kurze weitere Untersuchungszeit benötigt, unmittel- bar anschließt. Schließlich dauert die Lagerung des Patienten am längsten und nicht die eigentliche Untersu- chungszeit. Insbesondere mit den neu- en Multi-Slice-CT-Scannern muss man sich überlegen, ob es nicht sogar fahr- lässig wäre den Patienten direkt nach der Schädel-CT vom Tisch zu nehmen, anstatt noch weitere maximale zwei bis drei Minuten Untersuchungszeit zur Vervollständigung der radiologi- schen Abklärung zu investieren. Die von den Autoren genannten weiteren 30 Minuten Untersuchungszeit nach Anfertigung eines Schädel-CT sind auf alle Fälle zu lang, kommen aber nicht durch die eigentlichen Untersu- chungszeiten von modernen CT-Scan- nern zustande, sondern durch die, wie bereits erwähnt, langen Lagerungs- und Planungszeiten. Das heißt, dass hier angesetzt werden müsste, um Zeit zu sparen.
Meiner Ansicht nach muss die Ent- scheidung zum Verlauf der Untersu- chung im Einzelfall individuell getrof- fen werden. Falls wirklich eine be- drohliche Schädelverletzung vorlie- gen sollte und klinisch kein Verdacht auf weitere lebensbedrohliche Verlet- zungen des Körperstammes oder der Wirbelsäule bestehen, kann es sicher- lich sinnvoll sein die Untersuchung abzubrechen, um die operative Schä- delversorgung sofort durchzuführen.
Die weitere Abklärung kann dann in der postoperativen Phase erfolgen.
Andererseits sind zwei bis drei wei- tere Minuten auch nicht länger als die Zeit, die zur eigentlichen Operations- vorbereitung benötigt wird.
Dr. med. Roland Löw
Departement Medizinische Radiologie Kantonsspital Basel Universitätskliniken Petersgraben 4
4031 Basel Schweiz E-Mail: roloew@nhbs.ch M E D I Z I N
A
A134 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 3½½½½18. Januar 2002
zu dem Beitrag
Radiologische Diagnostik polytraumatisierter Patienten
Management unter
Verwendung der Ganzkörper- Spiral-Computertomographie
von
Dr. med. Roland Löw Priv.-Doz. Dr. med.
Christoph Düber
Dr. med. Karl-Friedrich Kreitner Dr. med. Jochen Blum
Prof. Dr. med.
Pol Maria Rommens Dr. med. Franz Schweden Prof. Dr. med. Manfred Thelen in Heft 26/2001