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Archiv "Lebens- und Berufserfahrung durch ärztliche Entwicklungshilfe in Afrika: Entwicklungshilfe bald durch politische Veränderungen bedroht?" (31.10.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ärztliche Entwicklungshilfe

Entwicklungshilfe bald durch politische Veränderungen bedroht?

Ich habe versucht, einiges im Ge- sundheitsbereich zu verbessern.

Kleine Schritte waren der Labor- ausbau, die Wiedereinführung ei- nes bescheidenen Blutspende- dienstes, der Ausbau des Opera- tionssaales, die Einrichtung von Laborkursen im Rahmen von Se- minaren.

Für mich selbst war die Arbeit in- sofern ein Gewinn, als ich meinen Lebens- und Erfahrungshorizont durch fremde Kulturen und Men- schen erweitern konnte. Aller- dings ist man am Ende der zwei Jahre in dem, was man durchfüh- ren oder therapeutisch erreichen wollte, wesentlich bescheidener geworden. Ich könnte mir vorstel- len, daß ein junger Mensch erheb- liche Befriedigung darin findet, mit dem Volleinsatz seiner Kräfte und seines Könnens hier in Afrika oder in einem anderen Land der Dritten Welt zu arbeiten. Reichtü- mer sind allerdings nicht zu er- warten.

Entwicklungsmedizinische Kurse absolvieren

Man sollte allgemeine medizini- sche Grundkenntnisse und gewis- se Erfahrungen besitzen. Dane- ben halte ich eine zweijährige spezielle chirurgische Ausbildung in einem kleinen Krankenhaus mit operativer Geburtshilfe für erfor- derlich. Außerdem sollte jeder Arzt, der in ein Entwicklungsland geht, entwicklungsmedizinische Kurse absolvieren. Es empfiehlt sich auch, mit der ganzen Familie fortzugehen, am besten, bevor die Kinder schulpflichtig geworden sind. Gute Englischkenntnisse, auch fachmedizinische, sind not- wendige Voraussetzungen sowie die Kenntnis des britisch gepräg- ten Gesundheitsverwaltungssy- stems.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hermann Gassenmeyer Teilstraße 6

8500 Nürnberg 10

Nicolaus Lorenz

Seit einem Jahr bin ich vom Deut- schen Entwicklungsdienst als ein- ziger Arzt in eine Region mit über 120 000 Einwohnern, in den Sü- den Obervoltas, entsandt. Ober- volta liegt am Rande der Sahara und ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die Bilder verhungerter und verdursteter Menschen und Tiere, die während der Dürreka- tastrophe von 1973 die Welt er- schütterten, sind dem einen oder anderen vielleicht noch in Erinne- rung. Nach den minimalen Regen- fällen im letzten Jahr wird für 1984 eine noch schlimmere Katastro- phe als die von 1973 befürchtet.

Unter diesen Rahmenbedingun- gen arbeite ich an einem Kran- kenhaus, das mit bundesdeut- schen Mitteln erbaut wurde. Es hat 60 Betten, eine Ambulanz mit täglich an die 100 Patienten und eine Entbindungsstation mit fast 1000 Geburten pro Jahr. In der Re- gion sind sieben weitere Ambu- lanzen und Entbindungsstationen von mir zu betreuen. Trotz dieser verhältnismäßig guten Infrastruk- tur an staatlichen Gesundheitsein- richtungen haben die meisten Menschen in dieser Gegend kei- nen Zugang zu medizinischer Ver- sorgung. Manche Dörfer sind 40 Kilometer vom Krankenhaus ent- fernt. Meine Kollegen und ich set- zen deshalb große Hoffnungen in die Ausbildung von freiwilligen Dorfgesundheitshelfern und Dorf- hebammen.

Bei der täglichen Arbeit erfahre ich immer wieder, wie dankbar die deutsche Hilfe von der Bevölke- rung angenommen wird. Meine voltaischen Kollegen wissen aber wie ich, daß langfristige Hilfe not- tut, weil Obervolta noch lange nicht die Kosten für sein Gesund- heitswesen tragen können wird.

Um diese langfristige Hilfe fürchte ich jedoch, denn im August 1983 ist ein linksgerichtetes Militärre- gime an die Macht gekommen.

Für meine tägliche Arbeit hat der Machtwechsel keine Nachteile gebracht. Im Gegenteil, meine Mitarbeiter sind von einer neuen Motivation erfaßt, starre Bürokra- tiestrukturen sind in Bewegung geraten, Eigeninitiativen sind jetzt bis auf Dorfebene herab festzu- stellen. Obwohl bis jetzt keine Än- derung der Politik der Bundesre- publik Deutschland gegenüber Obervolta bemerkt werden kann, ist unklar, wie die Bundesregie- rung auf die weitere Entwicklung in Obervolta reagieren wird. Wie ihr Verhalten in anderen Fällen zeigt, richtet sich die Unterstüt- zung der Bundesrepublik nicht

mehr allein nach den dringenden Bedürfnissen eines Entwicklungs- landes, sondern im wesentlichen nach politischen Erwägungen.

So ist es auch für Hilfsorganisatio- nen schwierig, sich gegen be- stimmte Einflußnahmen zu weh- ren und frei zu entscheiden, ob die Arbeit in einem Land fortge- setzt werden soll. Für meine Kol- legen und mich bleibt die Hoff- nung, daß die Bundesrepublik Deutschland Obervolta nicht ei- nes Tages fallen läßt.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Nicolaus Lorenz Center Medical Dano

Dano, Province de la Bougouriba Obervolta/Westafrika

In der nächsten Ausgabe weitere Berichte: Die „Doktors" reparier- ten auch mal den Generator: Weg von der Krankenhaushierarchie —

„Die Leute hier sind unglückli- cher" — Zweifel am Sinn der Arbeit 3240 (38) Heft 44 vom 31. Oktober 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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