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Archiv "Datenschützer bekräftigen strenge Auflagen" (26.09.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Transparenz-„Forschung"

ken nur nicht so ernst nehmen.

Schließlich würden die Rechts- grundlagen der Modellversuche der Krankenkassen durch den Paragraphen 223 RVO nicht be- rührt; weder begründe noch be- grenze er den Prüfauftrag der Krankenkassen. Zudem stehe für die Kassen und die Beitrags- zahler viel auf dem Spiel, und da könnten noch ungelöste Daten- schutzfragen getrost zurückge- stellt oder mit Zugeständnissen übergangen werden.

Einheitskurs

Für den DGB ist die „Globalbe- stimmung" des § 223 RVO, die die Datenauswahl und -zusam- menführung auf geeignete Fälle beschränkt, durch die Spezial- norm des § 182 RVO gedeckt.

Auch die Wirtschaftlichkeitspa- ragraphen der Reichsversiche- rungsordnung — § 368 e und

n

sowie 369 b — Würden schließ- lich unter die Normen der Zweckmäßigkeit und Wirtschaft- lichkeit gestellt. Der Prüfauftrag der Krankenkassen hinsichtlich der Qualität und Wirtschaftlich- keit der medizinischen Betreu- ung durch Ärzte und andere Ver- tragspartner steht, so die finten- reiche DGB-Diktion, unabhängig neben der Wirtschaftlichkeits- prüfung nach § 368 n Abs. 5 RVO. Sowohl die Spezialnormen als auch die übergreifende Ge- neralnorm des § 223 RVO seien für die Krankenkassen verpflich- tend — und so könnten weder besorgte Datenschutzbeauftrag- te noch widerspenstige „Stan- despolitiker der Ärzte" die Selbstverwaltungsorgane der Krankenkassen davon abhalten, die Projekte tatkräftig zu unter- stützen. So einfach sollen also die ins Schleudern geratenen Modellversuche wieder auf Kurs gebracht werden!

Befürchtungen und konkrete Hinweise darüber, daß die Transparenzforschung auch für ideologische, systemverändern- de Experimente eingespannt

werden könnte, weisen die DGB-Strategen vom Tisch.

Ebenso wie die Befürchtungen der Datenschutzbeauftragten, eine überzogene Durchfor- schung des Krankheitsgesche- hens der Patienten könne die Kräfteverhältnisse zwischen Krankenkassen und ihren Ver- tragspartnern in unzulässiger Weise verschieben.

Überhaupt übergehen die DGB- Promotoren einer weit ausla- denden Transparenzforschung alle Bedenken und juristischen Einwände der Datenschützer.

Ein „Mindestmaß an Daten"

muß her, egal wie, solange die Datensammlung und Datener- fassung, der Austausch und die Zusammenführung von versi- chertenbezogenen Kennzahlen nur einem hehren Ziel dient, nämlich den „Leistungsanbie- tern" auf Schritt und Tritt ein un- verantwortliches Kostengeba- ren nachzuweisen, das haar- scharf an den medizinischen und ökonomischen Notwendig- keiten vorbeigeht und damit den gesundheitlichen Nutzen kon- terkariert!

Unter dieser einseitigen Fixie- rung verwundert es nicht, daß die Modellversuche dazu dienen sollen, die „Bedingungen des Ernstfalles" zu erproben. Und die lauten: routinemäßiger Ein- satz des gesamten Arsenals der EDV zur Durchleuchtung des Leistungs- und Kostengesche- hens auch und unter Verwen- dung personenbezogener Daten im Einzelfall. Am Ende stünde dann nicht nur der „gläserne Pa- tient". Mehr noch: Die allgegen- wärtige Pflicht zur Kostendämp- fung könnte zu einer Normie- rung des gesamten Krankheits- und Gesundheitsgeschehens führen. Düstere Aussichten für den Patienten also, wenn am En- de der Versuche die Behand- lungsschablone „Kosten pro Pa- tient und Jahr" erfunden wäre.

Daran kann doch wohl auch der DGB nicht ernsthaft interessiert sein! Harald Clade

Datenschützer bekräftigen

strenge Auflagen

Im Zusammenhang mit den in Gang befindlichen und geplanten Modellversuchen zum „Transpa- renzparagraphen" 223 Reichsver- sicherungsordnung (RVO) haben der Bundesbeauftragte für Daten- schutz und das Bundesministeri- um für Arbeit und Sozialordnung den beteiligten Krankenkassen, Forschungseinrichtungen sowie (nachrichtlich) den Landessozial- ministerien und den Spitzenver- bänden der Ärzteschaft und den Krankenkassen eine Reihe von Bedingungen mitgeteilt, die im Zusammenhang mit den Modell- versuchen zur Leistungs- und Ko- stentransparenz in der gesetzli- chen Krankenversicherung be- achtet werden müssen:

Die erfaßten und zusammen- geführten Daten dürfen nicht ver- sichertenbezogen, sondern allen- falls fallbezogen erhoben werden.

Dies bedeutet: Die entstehenden Einzeldatensätze dürfen allenfalls eine Identifizierungs- und Zuord- nungsmöglichkeit enthalten, nicht aber den Versicherten unmittel- bar erkennen oder auf ihn zurück- schließen lassen. Folglich dürfen durch die Zusammenführung der Leistungsdaten einer Datei keine

„Patientenprofile", sondern allen- falls „Krankheitsprofile" entste- hen (Erkennen „geeigneter Fäl- le"). Falls die Speicherung nicht in einer Datei, sondern in Seg- menten einer Datenbank erfolgt, müsse eine Zuordnung jedoch möglich sein, um über den Versi- cherten bzw. über einen entspre- chenden Schlüssel zum „Fall" zu gelangen. Aus der Art und Weise der jeweiligen „Handlungsfelder"

muß abzuleiten sein, ob die ein- zelnen Datenarten überhaupt er- forderlich und geeignet sind.

Aus den im Rahmen der Mo- dellversuche gewonnenen Er- kenntnissen darf praktisches Ver- waltungshandeln (Überprüfung/

2778 (18) Heft 39 vom 26. September 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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DR. MED. HANS WOLF MUSCHALLIK ERSTER VORSITZENDER DER KASSENÄRZTLICHEN BUNDESVEREINIGUNG

5000 KÖLN 41 (LINDENTHAL), den 20.Sept.1984

HAEDENKAMPSTRASSE 3 TELEFON 40 20 01

Mit kol Ihr

gialer Empfehlung

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Sehr verehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

schlagartig hat sich das Bild verändert! Noch vor einem halben Jahr senkten die Krankenkassen auf breiter Front ihre Beitragssätze, Lei- stungen wurden wieder großzügiger bewilligt, Politiker erörterten neue Möglichkeiten der Belastung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Es konnte der Eindruck entstehen, die Krankenkassen schwimmen in Geld.

Heute drohen neue Beitragserhöhungen. Einem Ausgabenanstieg im

1.Halbjahr 1984 von 8,1 v.H. steht ein schmaler Einnahmenzuwachs von 0,6 v.H. gegenüber. Bleibt es bei diesem hohen Ausgabenüberhang, droht für das Jahr 1984 ein Defizit von mehreren Milliarden DM. Dies kann und darf uns Kassenärzte nicht unberührt lassen! _

Die Wirtschaft unseres Landes steht noch vor der Bewältigung schwerer Aufgaben. Nur im Gefolge ihres Aufschwunges kann auch die deutsche Sozialversicherung gesunden. Daher gilt es, die Wirtschaft nicht unnötig mit höheren Sozialabgaben zu belasten.

Ich habe mich immer strikt dagegen verwahrt, die Aufwendungen für die Gesundheit unserer Mitbürger ausschließlich nach ökonomischen Maß- stäben beurteilen zu lassen. Dies gilt auch für die Entwicklung im

1.Halbjahr 1984, in dem alle Leistungsbereiche hohe Zuwachsraten auf- weisen. Welche medizinischen Erfordernisse dafür ausschlaggebend waren, wird noch zu prüfen sein. Dennoch, das Gebot der Stunde lautet für alle Beteiligten - auch für jeden Kassenarzt: Bereitschaft zu Verantwortung, Sparsamkeit und Solidarität.

An Sie, meine Damen und Herren Kassenärzte, appelliere ich daher erneut:

- Verstärken Sie Ihr Bemühen um gezielte, wirtschaftliche Diagnostik und Therapie! Die Ausschöpfung der Möglichkeiten der ambulanten Betreuung muß medizinisch begründet sein und zugleich dem Ziel dienen, Kosten in anderen Bereichen einzusparen.

- Prüfen Sie mit größter Sorgfalt die Notwendigkeit der Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln.

- Beachten Sie in der Arzneitherapie neben der Notwendigkeit auch die Zweckmäßigkeit und die Preiswürdigkeit. Nicht alle Arzneimittel, die neu angeboten werden, stellen einen therapeutischen Fortschritt dar.

Helfen Sie bitte mit, die bedrohliche Kostenentwicklung wieder in den Griff zu bekommen. Natürlich hängt der Erfolg nicht allein von uns Kassenärzten ab. Die Krankenkassen müssen ihre Mitglieder zur Spar- samkeit anhalten. Die Politik muß endlich die Weichen für die notwen- dige Kostendämpfung im Krankenhaus stellen und vor allem der bedroh- lichen Arztzahlentwicklung Einhalt gebieten.

Alle müssen mitwirken - trotz wachsender Schwierigkeiten und manchen verständlichen Verdrusses. Entziehen auch wir uns nicht der Verantwor- tung: Es geht um das Wohl des Ganzen.

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 39 vom 26. September 1984 (19) 2779

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DEUTSCHES 1m.ZTEBLATT

Transparenz-., Forschung''

Unterrichtung/Beratung im Ein- zelfall) nicht unmittelbar abgelei- tet werden, sondern es muß viel- mehr vorher geprüft werden, in- wieweit dafür und insbesondere für die Verwendung personenbe- zogener Leistungsdaten Rechts- grundlagen vorhanden sind, ins- besondere ob § 223 RVO aus- reicht.

Die in Hessen, Baden-Württem- berg und in Niedersachsen ge- starteten Modellversuche sollen lediglich dazu dienen, Kriterien für die Auswahl .,geeigneter Fäl- le" zu erarbeiten und praktikable Verfahren zu entwickeln, den Pa- tienten und den Arzt über das Lei- stungs- und Kostengeschehen zu unterrichten und dieses zu über- prüfen.

8

Die entstandenen Dateien sind frühzeitig, spätestens nach der wissenschaftlichen Auswertung zu löschen oder irreversibel zu anonymisieren.

Die Rechtsabteilung der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Köln, hat dem Bundesar- beitsministerium mitgeteilt, daß sie ebenfalls die strengen Aufla- gen des§ 223 RVO anerkenne. Ei- ne anonymisierte Datenspeiche- rung .,in geeigneten Fällen" dürfe nur in einem zeitlichen Rahmen erfolgen, der erforderlich ist, um

"Kontrolle ist besser ... "

bestimmte Krankheitsfälle im Hin- blick auf die in Anspruch genom- menen Leistungen zu überprüfen und gegebenenfalls den Versi- cherten sowie den behandelnden Arzt hierüber und über die daraus entstandenen Kosten zu unter- richten.

~ Da die Anforderungen und Voraussetzungen an eine Anony- misierung von personenbezoge- nen Daten nach wie vor strittig sind, sollte der Datenschutzbeauf- tragte sich auch präzis über die Anforderungen an den Grad der Verschlüsselung äußern.

Wie bereits die Landesdaten- schutzbeauftragten Baden-Wü rt- tembergs und Hessens überein- stimmend festgestellt hätten, dür- fe auch künftig keine Datenspei- cherung "auf Vorrat" erfolgen, bei der erst im Nachhinein festge- stellt werde, nach welchen Krite- rien geeignete Fälle für welchen Verwendungszweck ausgewählt werden sollen. Unbedingt müsse von vornherein klargelegt wer- den, daß die erfaßten und gespei- cherten Daten nach Erreichen des Forschungsziels wieder gelöscht werden. Daher sollten Fristen festgelegt werden, innerhalb de- rer das Forschungsziel zu errei- chen ist und nach deren Ablauf deswegen die erhobenen Daten gelöscht werden müssen. EB

Karikatur: Cork

2780 (20) Heft 39 vom 26. September 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

DER KOMMENTAR

Ärzte-Komplex

Für die Sozialdemokraten ist es schwierig, der Gesundheitspolitik des Bundesarbeitsministers eine echte Alternative entgegenzustel-

len, führt Blüm doch die gesund-

heitspolitische Linie seiner sozial- demokratischen Vorgänger fort.

Was bleibt da Anke Fuchs, ehe- dem Staatssekretärin im Hause Ehrenberg und heute Vorsitzende des Arbeitskreises Sozialpolitik der SPD-Bundestagsfraktion, an- deres übrig, als auf Blüms Bemü- hungen um die Kostendämpfung noch eins draufzusetzen. Denn die eigentliche Alternative, die Umkehr zu marktwirtschaftliehen Lösungen, ist ihr, da nicht im Sin- ne der sozialdemokratischen Op- position, versperrt. Frau Fuchs fordert also Norbert Blüm auf:

~ .,ln der Arzneimittelversor- gung müssen Preisverhandlun- gen zwischen Krankenkassen und Pharma-Unternehmen gesetzlich erzwungen werden."

~ .,ln der ambulanten ärztlichen Versorgung muß die Gebühren- ordnung geändert werden. Dies heißt Abschaffung der Einzellei- stungsvergütung und Einführung des Leistu ngskomplexhonorars."

Wir treten Anke Fuchs gewiß nicht zu nahe, wenn wir solche Forde- rungen als leistungsfeindlich klas- sifizieren. Freilich - fairerweise müssen wir hinzufügen, daß die Leistungsfeindlichkeit nur gegen- über dem ambulanten Bereich gilt. Für das Krankenhauswesen hingegen fordert Frau Fuchs eine leistungsbezogene Honorieru ng: .,ln der Krankenhausversorgung sollen nicht mehr Kosten erstat- tet, sondern Leistungen honoriert werden." Und da hat Anke Fuchs recht. Warum bloß kommen ihr, wenn sie an die ambulante Ver- sorgung denkt, so ganz andere Ideen? Es wird doch nicht - um diesen linken Terminus aufzugrei- fen -an der privatkapitalistischen Struktur des ambulanten Sektors

liegen? NJ

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