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Archiv "Qualitäts- und Effizienzbeurteilung in der Krankenhausversorgung" (20.10.1977)

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Qualitäts- und

Effizienzbeurteilung in der Krankenhausversorgung

Siegtried Eichhorn

Im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen stellt sich immer mehr die Frage, ob die Kosten des Gesundheitswesens in einem angemessenen Verhältnis zum Nut- zen und damit auch zur Qualität der "Gesundheitsleistungen" stehen. Dabei geht es auf der einen Seite darum, offensichtlich unnötige und kostentreibende Maßnahmen abzubauen. Andererseits aber darf durch Sparmaßnahmen die Qualität der medizinischen Versorgung nicht beeinträchtigt werden. Die Problemlösung erfordert eine syste- matische und im Rahmen der ärztlichen Selbstverwaltung institutio- nalisierte Beurteilung von Qualität und Effizienz der medizinischen Versorgung.

I. Qualitäts- und Effizienzbegriff Alle Versuche, den Begriff "Quali- tät" allgemeingültig zu definieren, greifen auf Ausdrücke wie "Be- schaffenheit", "Güte", "Wert" zu- rück. Dabei wird häufig nach objek- tiver oder primärer Qualität ("die den Dingen zukommende Qualität") und nach subjektiver oder sekundä- rer Qualität ("die nur in der Wahr- nehmung existierende Qualität") unterschieden. Ausgehend von der Vielzahl der Qualitätsaspekte ergibt sich auch eine Vielzahl von Defini- tionen für die Qualität der medizini- schen Versorgung wie "tobe treated with empathy respect and con-

cern"1) oder "delivering the most

advanced knowledge and skills of medical science to serve the pa- tient"2) oder "having the best people and facilities to deliver services"2) oder "the professionals who provide the service continually evaluate their efforts and provide education for continuing improvements"2).

Bei allen diesen Begriffsbestimmun- gen wird offensichtlich, daß die Qualität der medizinischen Versor- gung stets im Hinblick auf Ziele, die

im Einzelfalle erreicht werden sol- len, definiert wird. So gesehen, liegt es nahe, die Qualität der Zielerfül- lung (Ergebnisqualität) von der Qua- lität des Zielerreichungsprozesses (Mittelqualität) zu unterscheiden.

Setzt man das Ergebnis der medizi- nischen Versorgung zu den einge- setzten Mitteln, daß heißt, zu Art und Umfang der eingesetzten Leistun- gen, in Beziehung, dann spiegelt die sich daraus ergebende Kennziffer die Effizienz der ärztlichen Verrich- tungen wider.

~ Unter "Effizienz" versteht man mithin die Relevanz und Adäquanz der eingesetzten Mittel im Hinblick auf das angestrebte Behandlungs- ziel.

Da Art und Umfang der für den Pa- tienten erbrachten diagnostischen und therapeutischen Leistungen gleichzeitig das Behandlungsergeb- nis beeinflussen, sind die Fragen der Effizienz von den Fragen der Quali- tät nicht zu trennen. So gesehen im- plizieren Effizienzüberlegungen gleichzeitig auch Qualitätsüberle- gungen und umgekehrt.

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen THEMEN DER ZEIT

11. Ansatzpunkte für eine Beurtei- lung von Qualität und Effizienz Analysiert man den Prozeß der me- dizinischen Leistungserstellung, dann stellt sich dieser zweistufig dar (Abbildung)3).

Ausgehend von diesem prozessua- len Ablauf der medizinischen Ver- sorgung bieten sich für eine Quali- tätsbeurteilung drei Ansatzpunkte an:

1. Beurteilung der Qualität der Lei- stungserstellung: Qualität der ein- gesetzten Produktivfaktoren, der Aufbauorganisation und der Ablauf- organisation (appraisal of struc- ture);

2. Beurteilung der Qualität des Be- handlungsprozesses (assessment of process);

3. Beurteilung der Qualität der Ziel- erreichung, das heißt, der Qualität des Behandlungsergebnisses (as- sessment of outcomes)4).

Zu 1: Die Beurteilung der Qualität der Leistungserstellung bezieht sich auf die Qualität der eingesetzten Mittel (Personal, medizinische Ein- richtung und Ausstattung, Arznei- mittel, medizinischer Sachbedarf usw.), der Aufbauorganisation und der Arbeitsablauforganisation. Da- bei wird davon ausgegangen, daß die Qualität der eingesetzten Mittel einerseits und die Qualität der medi- zinischen Versorgung andererseits positiv korreliert sind. Mit anderen Worten: Es ist zu vermuten, daß qua-

1) Chewning, B.: Unpublished findings from a survey of factors consumers found to be important in their satisfaction of medical care, University of Wisconsin, Madison 1974.

2) Schulz, R.; Johnson, A. C.: Management of Hospitals. New York- Toronto 1976.

3) Eichhorn, S.: Krankenhausbetriebslehre - Theorie und Praxis des Krankenhausbetrie- bes, Band I, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1975, S. 15 ff.; Eichhorn, S.: Möglichkeiten und Grenzen wirtschaftlichen Verhaltens. in:

Krankenhaus-Umschau 9/1975.

4) Vgl. Eichhorn. S.: Kostenkontrolle-Bedürf- nisse. Anforderungen und Lösungsansätze

1n deutschen Krankenhäusern -. Vortrag gehalten auf dem IBM International Cus- tomer Executive Seminar on Hospital Mana- gement, La Hulpe/Belgien 1976, unveröf- fentlichtes Manuskript.

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft

42

vom

20 .

Oktober

1977 2529

(2)

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Qualitäts- und Effizienzbeurteilung in der Krankenhausversorgung

lifiziertes Personal sowie eine hoch- wertige und leistungsfähige techni- sche Einrichtung und Ausstattung in Verbindung mit einer guten Organi- sation eine gute medizinische Ver- sorgung bewirken.

Zu 2: Die Beurteilung der Qualität des Behandlungsprozesses bezieht sich darauf, ob und inwieweit Art, Umfang und Ablauf der diagnosti- schen und therapeutischen Maß- nahmen den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft und den Erfahrungen der ärztlichen Berufspraxis entsprechen. Dabei wird von der Annahme ausgegan- gen, daß mit einem qualitativ hoch- wertigen Behandlungsprozeß ein qualitativ ebenso hochwertiges Be- handlungsergebnis erzielt werden kann.

Zu 3: Die Beurteilung der Qualität der Zielerreichung kommt weitge- hend einer Beurteilung des Behand- lungsergebnisses im Hinblick auf den Gesundheits- und Zufrieden- heitszustand des Patienten gleich.

Es leuchtet ein, daß, ausgehend von der Primärleistung des Krankenhau- ses, dies der primäre Beurteilungs- maßstab dafür sein muß, ob eine medizinische Leistung "gut" oder

"schlecht" ist. Gleichzeitig aber zei-

gen sich hier die Problematik und die Schwierigkeit der Qualitätsbeur- teilung5).

Analysiert man die drei verschiede- nen Ansatzpunkte zur Beurteilung von Qualität und Effizienz der medi- zinischen Versorgung unter Berück- sichtigung der bundesdeutschen Verhältnisse und unter Auswertung

Primärleistung des Krankenhauses

~ Veränderung des Krankheitszustandes

1\nderung des Krankheitszustandes während des Krankenhausaufenthaltes

/

Betriebsmittel (Gebäude, Einrichtung und Ausstattung)

c:J t

Sachgüter

Sekundärleistungen des Krankenhauses

= Einzelleistungen im Bereich von Diagnostik, Therapie, Pflege und Versorgung

des medizinischen, wirtschaftlichen und sonstigen Bedarts

Abbildung 1: Prozeß der medizinischen Leistungserstellung

2530 Heft 42 vom 20. Oktober 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

der in anderen Ländern gemachten Erfahrungen, dann läßt sich folgen- des feststellen:

1. Eine Qualitätsbeurteilung der

medizinischen Versorgung anhand

des Behandlungsergebnisses ist in- folge der Datenerfassung und Da- tenauswertung (Notwendigkeit einer prozessualen Datenerfassung über den Gesundheitszustand und das Wohlbefinden des Patienten) mit er- heblichen Schwierigkeiten verbun- den.

Die Schwierigkeiten, die Verände- rungen des Gesundheitszustandes der Patienten exakt und oparational zu definieren und zu messen, sind der Grund dafür, daß man bisher im allgemeinen diese Überlegungen um die Veränderungen des Gesund- heitsstatus der Patienten nicht als eine Variable, sondern als eine Kon- stante angesehen hat. Man hat also - cum grano salis - bei sämtlichen Patienten eine nicht genau definier- te Veränderung des Krankheitszu- standes und Wohlbefindens unter- stellt, ohne für den Einzelfall das Be- handlungsziel genau zu bestimmen, den Grad der Zielerreichung zu mes- sen und die Versorgungsqualität zu beurteilen. Es leuchtet ein, daß sich bei einer derartigen Betrachtungs- weise der Kontrolle die Zielerrei- chung auf den quantitativen Bereich (Art und Zahl der versorgten Patien- ten) reduziert.

ln dem Bemühen, diese sehr groben und ungenauen Zielüberlegungen zu konkretisieren, bieten sich fol- gende Wege an:

...,.. Aufstellung von "Patientenprofi- len", sowohl in Form von Krank- heitsartenprofilen als auch in Form von soziografischen Profilen (Alter, Geschlecht, Familienstand, Wohn- gemeinschaft, berufliche und sozia- le Stellung der Patienten usw.) ...,.. "Patientenprofile" sollten eine Antwort geben auf die Frage: Wel- che Patientenkategorien sind be-

handelt worden? C>

5) Eichhorn, S.: Das Krankenhaus als Dienst- leistungsbetrieb - Probleme der Kranken- hausökonomie, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis 2/1977.

(3)

..,. Dokumentation der Veränderun- gen im Krankheits- oder Gesund- heitszustand des Patienten im Hin- blick auf sein physisches, geistiges und soziales Wohlbefinden.

Dabei kann eine derartige Befund- und Ergebnisdokumentation einen Hinweis dafür geben, was der Be- handlungsprozeß letztlich bewirkt hat6).

2. Die Qualität des Leistungserstel- lungsprozesses ist nur unvollkom- men korreliert mit der Qualität der medizinischen Versorgung. Dabei dürfte man stillschweigend davon ausgehen, daß die für die medizini- sche Versorgung Verantwortlichen von sich aus darum bemüht sind, hochqualifiziertes Personal (Intensi- vierung und Qualifizierung von Aus-, Fort- und Weiterbildung) und eine leistungsfähige medizinisch-techni- sche Einrichtung und Ausstattung (Innovation) einzusetzen.

3. Die Bemühungen um eine Siche- rung von Qualität und Effizienz der medizinischen Versorgung konzen- trieren sich daher auf den Behand- lungsprozeß: auf eine Beurteilung von Art, Umfang und Ablauf der bei der Patientenversorgung erbrachten diagnostischen und therapeuti- schen Leistungen.

111. Methoden der Qualitäts- und Effizienzbeurteilung der Krankenhausversorgung

Um die Qualität der medizinischen Versorgung zu beurteilen, müssen vorrangig Art und Umfang der er- brachten diagnostischen und thera- peutischen Leistungen sowie der Ablauf des Behandlungsprozesses unter die Lupe genommen werden. Dabei geht man davon aus, daß die Qualität des Behandlungsergebnis- ses primär von Adäquanz und Rele- vanz der Leistungen sowie vom Ab- lauf der Behandlung bestimmt wird.

Der Umstand, daß dabei eingesetzte Leistungen und Behandlungsergeb- nisse in Beziehung gesetzt werden, bedeutet, daß diese Form der Quali- tätsbeurteilung gleichzeitig auch eine Effizienzbeurteilung ist.

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Qualitäts- und Effizienzbeurteilung in der Krankenhausversorgung

~

Allgemeines berufliches Wissen Von Ärztegruppen aufgestellte

und subjektive Erfahrungen Behandlungs- und Leistungs-

s einzelner Ärzte (implizit) profile (explizit)

Prospektiv Prospective Process Review

---

Simultan Concurrent Review -Quality Assurance Programme -

Professional Standard Review Organisation

---

Retrospektiv Medical Audit - Nursing Audit

Abbildung 2.: Methoden der Beurteilung des Behandlungsprozesses

Voraussetzung für eine systemati- sche Beurteilung des Behandlungs- prozesses im Hinblick auf seine Qualität und Effizienz ist die regel- mäßige Dokumentation und Darstel- lung des Ablaufes von Diagnostik und Therapie und der dabei verord- neten Leistungen. Auf diese Art und Weise kann festgestellt werden, wel- che diagnostischen Verfahren der behandelnde Arzt in welcher Häufig- keit anwendet und welche Therapie er bevorzugt.

Beurteilung und Kontrolle des Be- handlungsprozesses obliegen einer vom Arztestab des Krankenhauses gewählten ärztlichen Kommission,

verbleiben mithin im Rahmen der

ärztlichen Selbstverwaltung (Peer

Review). Von der Zeitbasis her gese-

hen unterscheidet man prospektive, simultane und retrospektive Kon- trollen des Behandlungsprozesses. Als Beurteilungsbasis dienen entwe- der das allgemeine berufliche Wis- sen und die subjektive Erfahrung einzelner Arzte (implizite Methode) oder aber von Arztegruppen aufge-

stellte Behandlungs- und Leistungs-

profile (explizite Methode) (Abbil- dung 2).

1. Prospektive Prozeßkontrolle: Von prospektiver Kontrolle des Behand- lungsprozesses (Prospective Pro- cess Review) spricht man immer dann, wenn der behandelnde Arzt vor Beginn der Behandlung einen anderen Arzt oder aber auch ein Arz- tekollegium konsultiert.

2. Simultane Prozeßkontrolle: Die Simultankontrolle (Concurrent Re- view) beinhaltet einmal eine Beurtei-

Jung der Notwendigkeit zur Kran- kenhausaufnahme, zum anderen eine kontinuierliche Überwachung des Behandlungsverlaufes. Aus- gangspunkt der Simultankontrolle war das von der Amerikanischen Krankenhausgesellschaft auf Veran- lassung des Blue Cross und der So- zialversicherung initiierte Quality Assurance Program7). Inzwischen ist die Simultankontrolle in den USA durch das PSRO-Gesetz aus dem Jahre 1972 (Professional Standard Review Organization) gesetzlich vorgeschrieben8).

3. Retrospektive Prozeßkontrolle (Medical Audit): Die Mehrzahl der Prozeßkontrollen sind retrospektiv organisiert, bekannt unter/der Be- zeichnung "Medical Audit"9). Eine erste Variante des Medical Audit be- steht darin, diese Dokumentation des Behandlungsverlaufes zum Ge- genstand von internen Fachdiskus- sionen im Arztekollegium zu ma-

chen. Werden von einzelnen Arzten

besondere Verfahren extrem häufig angewandt, so werden diese Abwei- chungen diskutiert, analy;;;iert und zur Klärung gebracht. Beurteilungs- basis für die Adäquanz und Rele- vanz von Diagnostik und Therapie und damit auch von Qualität und Effizienz der medizinischen Versor- gung sind das allgemeine berufliche

6) Eichhorn, S.: Kostenkontrolle ... a. a. 0. 7) Pellegrino, E.: "Quality Assurance of Medi-

cal Gare: Analysis and Reflection'", Quality Assurance of Medical Gare, DHEW HSM 73 bis 7021, Feb. 1973, S. 461 ff.

8) Public Law 92-603, 92nd Congress, H. R. 1.

October 30, 1972 (Social Security Amend- ments of 1972, Title XI General Provisions and Professional Standard Review).

9) Auf den Ablauf der Krankenpflege bezogen spricht man von "Nursing Audit".

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 42 vom 20. Oktober 1977 2531

(4)

Für Krankheitsart „X" — 100 Krankengeschichten werden gezogen

Krankengeschichten- archiv

60 Krankengeschich- ten innerhalb all- gemeiner Norm zurück zum Archiv

30 Krankengeschich- ten ohne gravieren- de Abweichungen zurück zum Archiv

Diskussion, Analyse und Kontrolle des Behandlungsprozesses durch Medical Audit-Committee für 10 Krankengeschichten

1

■■■■■■■•■

Konsequenz und Korrekturmaß-

nahmen ■10.- 10 Krankengeschich-

ten zurück zum Archiv

Abbildung 3: Beispiel eines Ablaufschemas für ein Medical Audit-Programm Durchsicht der 100 Krankenge-

schichten durch Dokumentations- assistentin anhand von festge- legten Kriterien, ob Medical Audit erforderlich

40 Krankengeschichten zeigen Ab- weichungen von allgemeiner Norm

Durchsicht von 40 Krankengeschich- ten im Hinblick auf Abweichungen von Behandlungs- und Leistungs- profil durch Ärzte des Medical Audit-Committee

10 Krankengeschichten zeigen gravierende Abweichungen

-

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Qualitäts- und Effizienzbeurteilung in der Krankenhausversorgung

Wissen und die Erfahrung aller im Ärztekollegium vertretenen Ärzte (implizite Kontrolle).

Auch eine andere Variante der Kon- trolle des Behandlungsprozesses bietet sich an: Jeden Monat werden aus der Summe aller behandelten Patienten jedes Arztes eine oder auch mehrere Krankengeschichten nach dem Zufallsprinzip gezogen werden (Abbildung 3). Diese Kran- kengeschichten werden anonym an alle Ärzte verteilt, die die Diagnostik, die angewandten therapeutischen Verfahren sowie den Behandlungs- verlauf schriftich zu begutachten haben. Diese Gutachten werden an- schließend von einer ärztlichen

Kommission gesichtet. Bei auffal- denden Abweichungen vom Be- handlungs- und Leistungsprofil wird der jeweilige Fall — immer noch an- onym — in der Gruppe besprochen.

Beurteilungsbasis für die Relevanz und Adäquanz der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sind von der Gruppe selbst aufge- stellte Behandlungs- und Leistungs- profile für einzelne Krankheitsarten oder Gruppen von Krankheitsarten (explizite Kontrolle). Das Erarbeiten und Aufstellen derartiger Kriterien und Standards für den Behand- lungsprozeß wird dadurch erleich- tert, daß die Patienten- und Lei- stungsdokumentation aller Kran- kenhäuser einer Region in einem

zentralen Computerprogramm aus- gewertet wird. Auf diese Weise wer- den die Ärzte im einzelnen Kranken- haus auch über die Behandlungser- fahrungen und Behandlungsnormen anderer Ärzte informiert.

Es leuchtet ein, daß die Schwierig- keiten einer derartigen Beurteilung des Behandlungsprozesses in der Erarbeitung von Kriterien und Stan- dards für die Adäquanz und Rele- vanz der Leistungen sowie für den Ablauf des Behandlungsprozesses bestehen. Die Erfahrungen in den USA zeigen, daß das Aufstellen von derartigen Kriterien und Standards für die Krankenhausärzte einen wichtigen Lernprozeß bedeutet.

Auf Dauer gesehen, kann dies we- sentlich zu einer Qualifizierung des Behandlungsprozesses und zu einer Begrenzung des Leistungsumfan- ges beitragen. Es erübrigt sich, dar- auf hinzuweisen, daß -derartige Kri- terien für Behandlungs- und Lei- stungsprofile ständig revidiert und den sich ändernden Gegebenheiten angepaßt werden müssen.

Naturgemäß hängt die Wirksamkeit dieser Methoden, den Behandlungs- prozeß zu beurteilen, davon ab, ob und inwieweit aus dem Kontroller- gebnis Konsequenzen gezogen wer- den, die zu einer Änderung der ge- genwärtigen Situation führen (z. B.

Fortbildung der Ärzte, Sanktionen, Interventionen in die Entschei- dungsfreiheit der Ärzte bezüglich ih- rer Diagnostik und Therapie, Korrek- tur der aufgestellten Kriterien und Profile, verstärkte Beratung und An- leitung jüngerer Ärzte).

IV. Bedeutung

der Qualitätsbeurteilung

Vier Gründe dürften dafür bestim- mend sein, die in der Bundesrepu- blik Deutschland bisher praktizier- ten Formen der Qualitätsbeurteilung und -sicherung im Bereich der me- dizinischen Versorgung künftig zu intensivieren:

1. Die von den ärztlichen Berufsor- ganisationen getroffenen Vorkeh-

2532 Heft 42 vom 20. Oktober 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(5)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

KOSTENDÄMPFUNG

Ein Vorschlag, der — ganz gleich, wie das

„Kostendämpfungsgesetz" mittlerweile aussieht — weiterhin aktuell ist:

„Recycling"

von Arzneimitteln

Zur Minderung der Aufwendungen für Arzneimittel beizutragen, bietet sich ein Weg an, der guten Willen bei Ärzten und Patienten voraus- setzt, aber sonst nichts kostet. Zu Recht beklagt werden die Unsum- men, die verlorengehen, weil unver- brauchte Arzneimittel verkommen.

In anderen Bereichen der Wirtschaft heißt Recycling das Gebot der Spar- samkeit. Was unter vertretbaren Ko- sten aus Abfall wieder aufbereitet werden kann, wird der neuerlichen Verwendung zugeführt.

Eine solche Form des Recycling ist hier selbstverständlich nicht ge- meint, aber unverbrauchte Arznei- mittel können durchaus wieder zum Arzt zurücklaufen und zum Teil an andere Patienten weitergegeben werden. Das gilt insbesondere für die modernen Durchdrückpackun- gen, bei denen jede einzelne Tablet- te sauber verpackt und eindeutig identifizierbar ist. Durch Aufdruck eventueller Verfallsdaten ließe sich die Sicherheit noch erhöhen. Nach und nach könnte die Industrie dazu angehalten werden, Tabletten nur noch in solchen Durchdrückpak- kungen auszuliefern. Natürlich wird man das eine oder andere Medika- ment dem Patienten belassen zur gelegentlichen Verwendung bei Be- darf, eine angebrochene Hustensaft- flasche nicht einem anderen geben wollen.

Voraussetzung eines solchen Vor- gehens ist, daß die Patienten durch eine mitgegebene Therapieanwei- sung, die handschriftlich ergänzt, die verordneten Medikamente und deren Dosierung nennt, aufgefor- dert werden, jeweils bei der Wieder- vorstellung alle noch vorhandenen Medikamente vorzulegen. Der Grundgedanke ist sicher nicht origi- nell, aber das Wesentliche liegt darin, ihn zum Prinzip der Sparsam-

BRIEFE AN DIE REDAKTION

keit zu erheben, das Vermeiden un- nötiger Verluste beim Umgang mit Arzneimitteln zur Selbstverständ- lichkeit werden zu lassen. Um das Bewußtsein zu wecken und wachzu- halten, daß wir alle in einem Boot sitzen, sollte eine solche Therapie- anweisung auch den nachdrückli- chen Hinweis enthalten, daß jede Tablette Geld kostet und es der Pa- tient, wenn er gemäß der Anweisung verfährt, dem Arzt erleichtert, eine wirtschaftliche Behandlung durch- zuführen.

Legen die Patienten die Medikamen- te nicht vor, werden nur zu leicht Präparate nachverordnet, die noch ausreichend vorhanden sind. Ein Nebeneffekt ist, daß man an den noch vorhandenen Beständen leicht ablesen kann, ob sich der Patient auch an die Verordnung gehalten hat. Patient und Arzt werden bei je- der Verordnung an das Gebot der Sparsamkeit im Interesse aller erin- nert. In den Hausapotheken sam- meln sich gar nicht erst different wirkende Pharmaka an, die etwa einmal zu einem Suizidversuch die- nen oder Kindern in die Hände fallen könnten. So ist auch sicher eine kurze Inspektion und wenn nötig, Durchforstung der Hausapotheke beim Hausbesuch eine gute Ange- wohnheit.

Wie kommt es, daß einem oft eine Fülle teils unangebrochener, teils angebrochener Medikamentenpak- kungen von den Patienten mitge- bracht wird? Sie setzen ein Präparat wegen vermeintlicher oder tatsächli- cher Unverträglichkeit von sich aus ab. Manchmal reicht schon das Stu- dium des Waschzettels aus, um den Patienten von der Einnahme abzu- halten. Nicht selten wird mit einem verordneten Medikament der ge- wünschte Effekt tatsächlich nicht er- reicht, es wird dann nach und nach das eine oder andere Medikament der gleichen Indikation verordnet.

Es kann auch die Krankheit über- wunden sein, bevor die Medikamen- te verbraucht sind.

Durch dieses Verfahren wird auch Zeitverzug vermieden. Wenn die Pa- tienten die auch von einem anderen Krankenhausversorgung

rungen zur Qualitätssicherung be- schränken sich entweder auf eine Absicherung des Ausbildungsstan- dards und des beruflichen Wissens der Ärzte oder aber auf die Beurtei- lung von Kunstfehlern. Abgesehen vom Bereich der Labormedizin un- terliegt die Qualität medizinischer Leistungen und ärztlicher Verrich- tungen keiner systematischen Beur- teilung.

2. Das Niveau medizinischer Ver- richtungen kann nur dann gesichert und gleichzeitig dem medizinischen Fortschritt angepaßt werden, wenn Prüfung und Beurteilung der Quali- tät der ärztlichen Arbeit akzeptiert werden; denn nur bei entsprechen- der feedback-lnformation über den Grad der Zielerreichung — quantita- tiv und qualitativ — ist es möglich, ein einmal erreichtes Leistungsniveau auf Dauer zu sichern.

3. Eine Qualitätsbeurteilung medizi- nischer Verrichtungen erweist sich aber auch insofern als unumgäng- lich, als der moderne Patient heute kritischer nach der Qualität der ärzt- lichen Versorgung fragt.

4. Das im Zuge der weltweiten Ko- stenexpansion im Gesundheitswe- sen immer größer werdende Span- nungsverhältnis zwischen den Mög- lichkeiten der Krankenversorgung ist einerseits und den für das Ge- sundheitswesen zur Verfügung ste- henden finanziellen Mitteln anderer- seits ist ein Anlaß dafür, nicht nur die Quantitäten, sondern ebenso auch die Qualitäten der medizini- schen Versorgung zu erfassen und zu beurteilen.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. rer. pol.

Siegfried Eichhorn Vorstandsmitglied des

Deutschen Krankenhausinstituts Tersteegenstraße 9

4000 Düsseldorf 30

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 42 vom 20. Oktober 1977 2533

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