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Archiv "Der „Tätigkeitsbericht“ ist für Überraschungen immer gut" (05.06.1985)

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ÄRZTETAG IN LÜBECK-TRAVEMÜNDE

Der "Tätigkeitsbericht" ist

für Übe rraschungen immer gut

Entschließungen des 88. Deutschen Ärztetages zu vielen aktuellen Fragen

Manche wichtige Entscheidung — und auch manche kuriose Entschließung — hätte es nicht gegeben, stünde nicht Jahr für Jahr der Tagesordnungspunkt „Tätigkeitsbericht der Bundes- ärztekammer" auf dem Programm des Deutschen Ärztetages.

Denn viele gesundheits- und berufspolitisch interessante Punkte stehen ausgedruckt überhaupt nicht auf der Tages- ordnung, sondern werden eben unter dem Tätigkeitsbericht angesprochen. Der Punkt ist immer für Überraschungen gut, das weite Feld der gesamten Gesundheitspolitik steht jedem Delegierten offen.

Immer wieder ist versucht worden, der Antragsflut unter dem Tagesordnungspunkt „Tätigkeitsbericht" mit einer Antrags- kommission beizukommen — vergeblich.

Unter dem „Tätigkeitsbericht" ist auf dem 88. Deutschen Ärz- tetag erneut eine Reihe bemerkenswerter Beschlüsse gefaßt worden, so zum „Arzt im Praktikum" und — indirekt—auch zur Vorbereitung auf die kassenärztliche Tätigkeit (dazu die Be- richterstattung in Heft 22, die hier fortgeführt wird). Daneben hat der Deutsche Ärztetag eine Anzahl von Entschließungen zu Einzelthemen gefaßt, die sich an die Politik und an die Öf- fentlichkeit richten.

Im Anschluß an die umfangreiche Berichterstattung über den

„Tätigkeitsbericht" folgen in diesem Heft dann Berichte über eine Satzungsänderung und eine Änderung der Geschäfts- ordnung (worunter auch jene Antragskommission behandelt wird) und einige Änderungen der Berufsordnung, die teils im Zusammenhang mit anderen Tagesordnungspunkten (extra- korporale Befruchtung, dazu im vorigen Heft, und Arzt im Praktikum) stehen. Im nächsten Heft schließlich die Finanzen.

D

ie Beratungen zum Tagesord- nungspunkt „Tätigkeitsbe- richt der Bundesärztekam- mer" boten Gelegenheit, zu grundsätzlichen und aktuellen so- zial- und gesundheitspolitischen Fragen, zur ärztlichen Berufspoli- tik im besonderen, Stellung zu nehmen. Von den während des 88. Deutschen Ärztetages insge- samt gestellten 92 Anträgen und den 287 Wortmeldungen entfiel

Meinungen" von Ärztetagsdele- gierten widerspiegelnden Diskus- sionen waren beim Aus- und Wei- terbildungskomplex besonders

intensiv und zeitraubend. Dage- gen wurden die Anträge zu den Themen Krankenhausfinanzie-

ru ng/Bu ndespflegesatzvero rd- nung, GOÄ bis hin zu dem nicht nur Ärzte berührenden Thema

„Aktive Schul-Pause" zügig und meistens einmütig behandelt.

Die Probleme, die sich aus den steigenden Studentenzahlen er- geben, nahmen einen großen Teil der Beratungen unter dem Tages- ordnungspunkt „Tätigkeitsbe- richt" ein. Den Auftakt bildeten zwei Referate: eines des Vorsit- zenden der Deutschen Akademie für Allgemeinmedizin, eines Aus- schusses der Bundesärztekam- mer, Dr. Helmuth Klotz (der auch einer der vom Ärztetag gewählten Vizepräsidenten ist), und ein wei- teres des Vorsitzenden der Deut- schen Akademie der Fachärzte, ebenfalls eines Ausschusses der Bundesärztekammer, Dr. Wolf- gang Bechtoldt (der als Präsident der Landesärztekammer Hessen auch BÄK-Vorstandsmitglied ist).

Einerseits die Auffassung der Akademie für Allgemeinmedizin Klotz und Bechtold lieferten in ih- ren Kernaussagen ein wahres Kontrastprogramm — Spiegelbild auch der unterschiedlichen Auf- fassungen innerhalb der Ärzte- schaft. Klotz schilderte eingangs die — weiterhin nicht befriedigen- de — Lage der Allgemeinmedizin, vor allem bei der Weiterbildung zum Allgemeinarzt; er beteuerte, daß es nach wie vor seine und der Akademie Zielvorstellung sei, in Zukunft nur qualifizierte, weiter- gebildete Ärzte in der allgemein- medizinischen Versorgung tätig werden zu lassen. Diese Forde- rung müsse nun an den Gesetzge- ber gerichtet werden, nachdem man sich innerärztlich nicht habe einigen können. Klotz wandte sich nachdrücklich dagegen, durch Einführung des Arztes im Prakti- ein Gutteil auf die Beratungen zu

diesem Tagesordnungspunkt. Die Delegierten erledigten das Ar- beitspensum bravourös.

Die insgesamt 43 Beschlußanträ- ge des Vorstandes der Bundesärz- tekammer und seitens der Dele- gierten (zusätzlich mehrerer Än- derungsanträge) umfassen gut zehn Themen-Komplexe. Die kon- troversen, zum Teil „Fraktions-

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 23 vom 5. Juni 1985 (19) 1751

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kum eine allgemeinmedizinische Qualifikation zu schaffen. Er äu- ßerte sich überhaupt kritisch ge- genüber dem AiP. Er befürchtete, die Ärzte im Praktikum würden demnächst im Krankenhaus die Stellungen einnehmen, die bisher für die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin zur Verfügung stehen. Klotz kühlte auch frohe Erwartungen derjenigen ab, die glauben, auch in der freien Praxis werde es demnächst Stellen für Ärzte im Praktikum geben. "Es ist nicht zu erwarten", erklärte Klotz vielmehr, "daß in freier Praxis Arztpraktikantenstellen zur Verfü- gung gestellt werden können, zu- mal diese Stellen dringend für die Weiterbildung künftiger Allge- meinärzte benötigt werden.

Gewisse Hoffnungen scheinen Dr.

Klotz und die Akademie für Allge- meinmedizin weiterhin in die ge- plante EG-Richtlinie "Allgemein- medizin" zu setzen. Diese sehe vor, erläuterte Klotz, daß in der Europäischen Gemeinschaft eine allgemeinmedizinische Qualifika- tion eingeführt werde und späte- stens ab 1993 der Zugang zur ge- setzlichen Krankenversicherung für den allgemeinmedizinisch täti- gen Arzt vom Nachweis dieser Qualifikation abhängig gemacht werde. Den Einwand, die EG- Kommission habe mit ihrer Richt- linie keineswegs auch den deut- schen Arzt für Allgemeinmedizin im Auge, ließ Dr. Klotz nicht gel- ten. Unter keinen Umständen aber sei die von der EG-Kommission gemeinte allgemeinmedizinische Qualifikation gleichgesetzt mit der AiP-Zeit, gemeint sei vielmehr die Weiterbildung zum Allgemein- arzt.

~ Als Kompromiß zur Verbesse- rung der aktuellen Situation un- terstützt die Akademie für Allge- meinmedizin das von der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung ins Spiel gebrachte HausarztmodelL Laut Klotz ist es auch tragbar, daß ein Teil der Hausarztqualifikation innerhalb der Praxisphase erwor- ben werden kann. Klotz bedauer- te, daß sich die Ärzteschaft "in ih-

rer Gesamtheit diesem vernünfti- gen Kompromiß in der konzertier- ten Aktion nicht anzuschließen vermochte".

Andererseits die Auffassungen der Akademie der Fachärzte Dr. Bechtoldt flocht in seinem Re- ferat zwar der Allgemeinmedizin Lorbeerkränze und wünschte ihr auch im Namen der Akademie der Fachärzte ein stärkeres zahlen- mäßiges Gewicht. ln wesentlichen Fragen wandte sich der Vorsitzen-

gegenüber dem Hausarztmodell der Kassenärztlichen Bundesver- einigung, ablehnend gegenüber den Bestrebungen, eine Pflicht- weiterbildung einzuführen, ableh- nend gegenüber Zulassungssper- ren im Sinne der Krankenkassen, die eine Revision des Bundesver- fassungsgerichtsurteils von 1960 fordern.

Bechtoldt forderte dazu auf, den Staat, der für die Nachwuchszah- len verantwortlich sei, nicht aus seiner Verantwortung zu lassen.

Schuld an der Misere sei nun ein-

s r \J r 1

Die Vizepräsidenten Dr. Osterwald (links) und Dr. Klotz (rechts), auch Vorsitzender der Deutschen Akademie für Allgemeinmedizin, mit Dr. Bechtoldt (Mitte), dem Vor- sitzenden der Deutschen Akademie der Fachärzte

de der Akademie der Fachärzte aber gegen die Auffassungen sei- nes Kollegen von der Allgemein- arzt-Akademie. Bechtoldt teilte zum Beispiel die Interpretation der EG-Richtlinie, wie Klotz sie vorgenommen hatte, nicht. Sie könne nicht dazu herangezogen werden, eine dreijährige Qualifi- zierung im Sinne des Hausarztmo- dells oder eine pflichtgemäße Weiterbildung für Ärzte, die in der aUgemeinmedizinischen Versor- gung tätig sind, zu fordern. Kri- tisch äußerte sich Becntoldt auch

mal die Bildungspolitik, und dort müsse angesetzt werden.

Dr. Bechtoldt faßte die Forderung der Akademie der Fachärzte so zusammen:

~ Die Zulassungszahlen für das Medizinstudium müssen dem Be- darf angenähert werden; die Ka- pazitätsverordnung muß geändert werden nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden "Patien- ten" im klinischen Teil des Studi- ums; die Ausbildung muß ganz 1752 (20) Heft 23 vom 5. Juni 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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auf das Ausbildungsziel "Arzt"

ausgerichtet werden, die Prüfung auf Praxisnähe und die spätere Berufsausübung ausgerichtet sein .

...,.. Die "Ärzteschwemme" darf kei- ne Negativauswirkungen auf die Qualität der ärztlichen Versor- gung in den Fachgebieten haben.

Sie darf daher nicht zu einer Ver- minderung der Anforderungen an die Weiterbildung in den Gebie- ten führen. Die Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung müs- sen strikt eingehalten werden . ...,.. Im Wissen um die Gefahr, daß sich Ärzte künftig auch ohne Wei- terbildung niederlassen, muß ein Mindestmaß an Berufserfahrung vermittelt werden. Die AiP-Zeit ist dazu ein geeignetes Mittel. Diese Praxisphase wird daher trotz der Probleme, die mit ihrer Einfüh- rung verbunden sind, akzeptiert.

Bechtoldt stellte namens der Aka- demie ferner fest, "daß die Förde- rung der Weiterbildung in der All- gemeinmedizin ebenfalls der Qualität der Weiterbildung in den Gebieten dient, da nur eine be- grenzte Zahl die Inhalte der Wei- terbildung und damit qualitativ die Forderungen an einen guten Spe- zialisten erfüllen kann."

Arzt im Praktikum ...

Die Referate von Klotz und Bech- toldt bildeten eine Basis für die sich unter dem "Tätigkeitsbe- richt" abspielende Diskussion über den Arzt im Praktikum und damit im Zusammenhang stehen- den Fragen, etwa das Hausarzt- modell.

Zunächst aber wurde auf dem Ärz- tetag noch ein wenig Vergangen- heitsbewältigung betrieben, die Gründe für den Dissens in Sachen Hausarzt, der sich auf der Konzer- tierten Aktion gezeigt hatte, unter- sucht, das Verhalten einzelner Be- teiligter kritisiert oder verteidigt.

Anfangs sah es so aus, als würden die Gemüter darüber erneut in

Wallung geraten. Vorwürfe kamen auf, die Uneinigkeit schwäche die Position der Ärzteschaft Doch dann wurde in Travemünde an- hand ausformulierter Vorlagen in

Ärztetag: Tätigkeitsbericht

der Sache diskutiert, in erster Li- nie um den künftigen Arzt im Praktikum. Die Ergebnisse dieser Beratungen sind in Heft 22- um der Aktualität vorgezogen - be- schrieben worden.

... und Medizinstudium

Darüber hinaus beschäftigte sich das Plenum auch mit der Ausbil- dung während des sechsjährigen Medizinstudiums. Der Vorstand der Bundesärztekammer hatte ei- nen Antrag eingebracht, der dar- auf abzielte, im klinischen Stu- dienteil den Studenten ausrei- chend Möglichkeiten zum Erler- nen und zum Üben praktischer Fähigkeiten einzuräumen. Der Kleingruppenunterricht - höch- stens vier Studenten! -sei zu be- leben. Der Ärztetag schloß sich dieser Auffassung mit großer Mehrheit an. Der Beschluß steht auch im Zusammenhang mit Überlegungen, die Kapazitätsver- ordnung zu überarbeiten.

Einiges Hin und Her löste ein An- trag der Professoren Dr. Hecker und Dr. Adam aus, die Prüfungen Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 23 vom 5. Juni 1985 (21) 1753

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Auch in diesem Jahr waren wieder viele Repräsentanten ausländischer Ärzteorgani- sationen Gäste des Deutschen Ärztetages

für Medizinstudenten wieder an die Universitäten zu verlagern und vermehrt mündliche Prüfungen in allen Studienabschnitten durch- zuführen. Das Mißverständnis, hier werde gefordert, mündliche Prüfungen generell wieder einzu- führen und das Multiple-choice- Verfahren gänzlich abzuschaffen, wurde schnell ausgeräumt. Bei- des habe, so die Diskussion, seine Berechtigung, aber die münd- lichen Prüfungen müssen wieder größeres Gewicht bekommen. Es war von einem Verhältnis MC:

mündliche Prüfung von 50 zu 50 die Rede. Der Antrag wurde auch durch den Vertreter des westdeut- schen medizinischen Fakultäten- tages nachdrücklich unterstützt:

Die Prüfungshoheit müsse end- lich wieder an die Universitäten.

Die Befürworter des Antrages wa- ren guter Hoffnung, daß es genü- gend Prüfer geben werde. Die Lehrkrankenhäuser seien selbst- verständlich einzubeziehen, alle Apl-Professoren, die Emeriti und die Privatdozenten kämen neben den Lehrstuhlinhabern in Frage.

Der Ärztetag nahm den Antrag bei nur einer Gegenstimme und einer Stimmenthaltung an. (Alle Ent- scheidungen zu diesem Thema wurden bereits in Heft 22 doku- mentiert.) Dieser Beschluß spielte später bei einem Gespräch des Ausschusses „Approbationsord- nung" — unter Vorsitz von Dr. Hop-

Der Vorsitzende des Ausschusses und der Ständigen Konferenz Ärztliche Wei- terbildung, Prof. Dr. Sewering

pe — mit Vertretern der Medizin- studenten noch eine Rolle. Die Medizinstudenten waren nicht sonderlich erbaut davon, künftig häufiger mündlich geprüft zu wer- den. Sie zogen das objektivierba- re MC-Verfahren vor — allerdings nicht in der heute praktizierten Fassung. Sie kritisierten vor allem das Mainzer Prüfungsfragen-Insti- tut, das nach Auffassung der Stu- denten zu selbstherrlich regiert.

Die Studenten plädierten viel- mehr für eine fachliche und pari- tätische Aufsicht über das Main- zer Institut.

Konkret zum Frühjahrs-Physikum, das mit einer Durchfallquote von 42,8 Prozent endete, setzten sich die Studenten dafür ein, den durchgefallenen Kandidaten eine neue Chance zu geben. In den Gesprächen äußerten die Studen- tenvertreter ferner den Argwohn, die Verschärfung der Prüfung ste- he im Zusammenhang mit der

„Ärzteschwemme", auch die Ärz- teschaft stecke hinter dem Anzie- hen der Prüfungsanforderungen.

Ähnlich äußerten sich vor dem Plenum auch zwei Studentenver- treterinnen. Dr. Vilmar und Dr.

Hoppe versuchten — mit gewis- sem Erfolg — während der Trave- münder Tage das Mißtrauen abzu- bauen.

Aber zurück zu den Beratungen im Plenum Dr. Arasteh forderte in einem Antrag im Sinne der Stu- dentenvertreter eine Aufhebung des sogenannten 50-Prozent-An- kers und eine Entlassung des Di- rektors des Instituts für medizini- sche und pharmazeutische Prü- fungsfragen. Dem wollte sich der Deutsche Ärztetag nicht anschlie- ßen. Was er zu dem Physikum zu sagen hatte, das geht aus einem Bericht von Dr. Hoppe nach Ab- lauf der Gesamttagesordnung und einer Resolution hervor, die der Ärztetag „zustimmend zur Kennt- nis nahm" (Wortlaut in Heft 22).

Der Ärztetag vermochte sich auch einer Forderung von Frau Eva Müller, nach Einführung des Arz- tes im Praktikum solle das prakti- sche Jahr wegfallen, nicht anzu- schließen.

Überwiesen wurde ein Antrag von Dr. Huber. Darin wird der Vor- stand der Bundesärztekammer aufgefordert, ein Konzept zu ent- wickeln, wie junge Ärztinnen und Ärzte, die von der sogenannten

„Ärzteschwemme" erfaßt werden, ins ärztliche Berufsleben inte- griert werden können. Huber deu- 1754 (22) Heft 23 vom 5. Juni 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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Für die Teilnehmer und Gäste des Ärztetages gab die Landesregierung von Schles- wig-Holstein einen Empfang. Sie war dabei vertreten durch den Minister für Justiz und für Bundesangelegenheiten, Dr. Henning Schwarz

Ärztetag: Tätigkeitsbericht

tete in einem längeren Diskus- sionsbeitrag seine Vorstellungen bereits an. Bis zum Jahr 2000 sei- en hunderttausend unterzubrin- gen. Das erfordere bei einer Be- zahlung nach BAT 2a rund sieben

Milliarden DM pro Jahr. Nach Hu- bers Auffassung sollten die nöti- gen Beträge in erster Linie aus dem Arzneimittelsektor abgezo- gen werden. Dr. Knaur und Dr.

Straub forderten in einem ähnlich gelagerten Antrag den Vorstand auf, einen Ausschuß einzurichten, der sich mit den Problemen ar- beitsloser Ärzte befassen soll. Auf Antrag von Dr. Hirschmann sprach sich der Ärztetag schließlich ge- gen das Projekt einer privaten me- dizinischen Ausbildungsstätte in Ingolstadt aus. Dem Antrag wurde von Dr. von Abel zwar nachdrück- lich widersprochen, aber der Ärz- tetag beschloß im Sinne von Hirschmann.

Kein Röntgenjahr mehr für Internisten

Weiterbildungsfragen stehen re- gelmäßig auf den Tagesordnun- gen der Ärztetage — ein Zeichen für den ständigen Wandel in der Medizin und für die Bemühungen der Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer, die Weiter- bildung flexibel neuen Entwick- lungen anzupassen. Prof. Dr.

Hans J. Sewering, seit Jahrzehn- ten der Weiterbildungsfachmann der Bundesärztekammer, kündig- te an, die Richtlinien für die Inhal- te der Weiterbildung würden zur Zeit gründlich überarbeitet und demnächst dem Ärztetag neu vor- gelegt.

Zu beraten war in diesem Jahr über einige Einzelfragen, vor al- lem das Röntgenjahr in der Wei- terbildung des Internisten. Es wer- de zunehmend schwerer, erläu- terte Sewering, dafür eine Stelle zu bekommen. Auch habe sich das Berufsbild gewandelt, an die Stelle des Röntgens träten zuneh- mend andere bildgebende Ver- fahren. Sewering schlug daher na- mens des Vorstandes der Bundes-

ärztekammer und nach ausgiebi- gen Beratungen in den Weiterbil- dungsgremien vor, die Verpflich- tung, das Röntgenjahr zu absol- vieren, zu streichen. Wer es frei- lich künftig absolvieren möchte, könne das tun: Die Zeit werde an- gerechnet.

In der Diskussion wurden die Schwierigkeiten, das Röntgenjahr abzuleisten, übereinstimmend zu- gegeben. Einige Delegierte spra- chen sich dennoch gegen eine Änderung, zumindest gegen eine sofortige, aus. Das sei doch nicht so eilig, und es gebe grundsätz- liche Bedenken. Letztlich würde damit für Internisten die Teilradio- logie unmöglich. Andere drängten darauf, das Problem endlich zu re- geln. Und das tat der Ärztetag. Er beschloß: „Das für die Weiterbil- dung in der inneren Medizin vor- gesehene Röntgenjahr wird unter Beibehaltung der Gesamtweiter- bildungszeit gestrichen und den anrechnungsfähigen Weiterbil- dungszeiten zugeordnet."

Noch ein Blick auf nicht beschlos- sene Vorlagen zur Weiterbildung:

Da ist einmal ein Antrag von Dr.

Otto zur Zusatzbezeichnung „Be- triebsmedizin". Dr. Otto wollte den Ärztinnen und Ärzten, die nicht die von der Unfallverhü-

tungsvorschrift Betriebsärzte seit 1984 geforderten 500 betriebsme- dizinischen Arbeitsstunden pro Jahr nachweisen können, aber seit Jahren nebenberuflich in mehreren kleineren Betrieben tä- tig sind, helfen. Sie sollten Gele- genheit haben, ihre praktische Er- fahrung in einem Colloquium nachzuweisen. Der Vorsitzende des Ausschusses und der Ständi- gen Konferenz „Arbeitsmedizin"

der Bundesärztekammer Dr. Mik- ka, hielt dem entgegen, auf diese Weise würden die Bestimmungen der Weiterbildungsordnung viel zu sehr aufgeweicht. Der Ärztetag überwies die Vorlage zur weiteren Beratung an den Vorstand.

Abgelehnt wurde ein Antrag von Dr. Arasteh, grundsätzlich die Teilzeitweiterbildung zu ermög- lichen. Bisher ist sie lediglich in besonderen Härtefällen und be- grenzt möglich. Arasteh wollte solche Einschränkungen beseitigt sehen — im Sinne einer Arbeits- zeitverkürzung. Die Delegierten lehnten den Antrag ab, wohl auch deshalb, weil die Annahme eines solchen Ad-hoc-Antrags weitrei- chende Folgen (zum Beispiel ar- beits- und tarifrechtlicher Art) ge- habt hätte. Und die konnten die Delegierten so auf die Schnelle nicht klären.

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 23 vom 5. Juni 1985 (23) 1755

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Dollpunkte

der Krankenhausfinanzierung Mit großer Mehrheit (bei vier Ent- haltungen) ist der Beschlußan- trag, vorgelegt vom BÄK-Vor- stand, zur Novellierung der Bun- despflegesatzverordnung gebil- ligt worden. Darin wird die prinzi- pielle Umgestaltung der pflege- satzrechtlichen Vorschriften vom bisherigen Tagespauschalsystem zu prospektiv zu vereinbarenden Pflegesätzen als ein „richtiger Schritt in die richtige Richtung"

bezeichnet. Auch die Möglichkeit, differenziertere, leistungs- und kostenorientierte Pflegeentgelte zu berechnen und nach drei Ko- stenblöcken gegliederte Sätze auszuweisen, sei ein weiterer An- satz, um das Betriebsgeschehen der Krankenhäuser ökonomi- schen Impulsen auszusetzen. Al- lerdings sei die flexible Budgetie- rung insoweit unzureichend, als keine nachhaltigen Anreize ge- setzt würden, die im internationa- len Vergleich zu hohe Verweildau- er weiter abzukürzen.

Ein Eingriff in das originäre Liqui- dationsrecht der Krankenhausärz- te sei die im Kabinettsentwurf vor- gesehene Entkoppelung der so- genannten Arztkette („Bündelung des Arzthonorars"). Danach wer- de es dem Wahlleistungspatien- ten bei Inanspruchnahme „ärzt- licher Wahlleistungen" überlas- sen, eine Vereinbarung über die gesonderte Berechnung auf den einzelnen Arzt oder einzelne Ärz- te zu beschränken. Eine so weit- reichende Begrenzung der Liqui- dationsberechtigung würde nicht nur in ungerechtfertigt hohem Maße auch die private Kranken- versicherung und Beihilfestellen des Bundes und der Länder in die Schutzzonen der Kostendämp- fung einbeziehen, sondern würde auch ganze Funktionseinheiten und versorgungsnotwendige Spe- zialärzte existentiell austrocknen (so die Labor- und Röntgenärzte, Pathologen und Anästhesisten).

Dr. Ingrid Hasselblatt-Dietrich, Frankfurt, und Dr. Klaus Michael

Hahn (Vorsitzender des Bundes- verbandes Deutscher Belegärzte), München, unterstützen die BÄK in ihrer Absicht, „mildere" Vorschrif- ten für die Belegärzte über den Bundesrat zu erzielen. Es könne nicht hingenommen werden, daß der Belegarzt verpflichtet sei, im kooperativen System einen Be- reitschaftsdienst „rund um die Uhr" und Assistenzen aus seinem erzielten Honorar vorzuhalten, oh- ne die damit verbundenen Perso- nal- und Sachleistungen liquidie- ren zu dürfen.

Der Ärztetag drängt — auch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes — dar- auf, die belegärztlichen Leistun- gen und die Vergütung- bzw. Ko- stenerstattungsregelungen des Bereitschaftsdienstes neu zu defi- nieren. Für Belegpatienten soll ein besonderer Pflegesatz gebil- det werden, der, wie beim allge- meinen Pflegesatz, Leistungen im Krankenhaus abdeckt, die nicht einzelnen Patienten zurechenbar sind.

Die Ärztetagsforderung wird übri- gens auch von der Deutschen Krankenhausgesellschaft unter- stützt, die sich von der durchgän- gigen Patientenversorgung durch Belegärzte (Ärztetagsspruch:

„Billigmacher der Nation", „Stief- kinder der Nation") kostendämp- fende Effekte verspricht.

Die Ärztetagsdelegierten wiesen den Vorwurf eines Berliner Dele- gierten zurück, der Ärztetag wür- de sich mit seinem Engagement für die rund 6000 Belegärzte und für die Erhaltung der Privatliqui- dation vor den Karren einer „ver- schwindend kleinen" Ärztegrup- pe spannen lassen. Mit der exi- stentiellen Auszehrung der Beleg- ärzte seien die Interessen der Ge- samtärzteschaft betroffen. Denn mit deren Exitus würde die „Kluft"

zwischen ambulantem und statio- närem Sektor noch größer, lautete die Kontra-Meinung.

II> Im Zuge einer (möglicherweise anstehenden) erneuten Növellie-

rung der GOÄ sollten die bisher unterdotierten belegärztlichen krankenhaustypischen Leistun- gen gebührenordnungsmäßig an- gehoben werden.

GOÄ '82 unter Beschuß

Vehement kritisierten die Dele- gierten die am 1. Januar 1983 in Kraft getretene amtliche GOÄ '82.

Das „Regelwerk" enthalte viele Ungereimtheiten, unsystemati- sche Abgrenzungen zwischen

„kleinem" und „großem" Gebüh- renrahmen. Die unreflektierte Übernahme von Punktwertrelatio- nen des Einheitlichen Bewer- tungsmaßstabes (EBM) für kas- sen- und vertragsärztliche Lei- stungen habe zu „krassen Unter- bewertungen bei krankenhausty- pischen Leistungen geführt". Lei- stungsverzeichnisse und Punkt- wert der GOÄ seien durch die in- zwischen eingetretene medizini- sche Entwicklung (der Punktwert blieb seit dem 1. Januar 1983 un- verändert) und die Sach- und Per- sonalkostensteigerungen weitge- hend überholt.

II> Gefordert wird eine allgemei- ne Anhebung des Punktwertes und eine Anpassung des Lei- stungsverzeichnisses an die me- dizinische Entwicklung. Der über- triebene Verwaltungsaufwand bei der Rechnungslegung sollte ab- gebaut werden, denn dieser sei kostentreibend und diene nur den Sparinteressen der privaten Kran- kenversicherung und der Beihilfe- stellen, die ohnedies genügend Abrechnungstransparenz besä- ßen. Ein Beschlußantrag, vorge- legt von Dr. Ingrid Hasselblatt- Diedrich, plädierte für eine unein- geschränkte Anwendung von Ana- logbewertungen gemäß § 6 (in- zwischen gibt es drei Analog-Be- wertungslisten, die die Bundes- ärztekammer vorgelegt hat). Der Antrag ist an den Vorstand der Bundesärztekammer überwiesen worden, weil inzwischen evident geworden ist, daß das Bundesar- beitsministerium von seiner frü- heren negativen Auffassung abge- 1756 (24) Heft 23 vom 5. Juni 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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Beherrschten ihr „Handwerk" der Verhandlungsführung in einer umfangreichen Tagesordnung: Hauptgeschäftsführer, Präsident und die Vizepräsidenten der BÄK, Dres Heinz-Peter Brauer, Karsten Vilmar, Gustav Osterwald, Helmuth Klotz

rückt ist und die Analogbewer- tung offenbar als einen „stabili- sierenden Faktor" im Gesamtrah- men der Gebührenordnung aner- kennt.

Als „Selbstgänger" ohne längere Debatten verabschiedeten die De- legierten Anträge zum Thema

„Bundeseinheitliche Rufnummer für den ärztlichen Notfalldienst"

und zur „Kooperation von kassen- ärztlichem Notfalldienst und Ret- tungsdienst". Sowohl die Not-Ruf- nummer 1 92 92 für den ambulan- ten ärztlichen Notfalldienst als auch die Pflicht zur Kooperation könnten den Notfalleinsatz effi- zienter gestalten und die Zahl der Fehleinsätze in Grenzen halten.

Auch „integrierte Leitstellen" im Notfall- und Rettungsdienst seien personal- und kostensparend. Ein Beschlußantrag, initiiert von Dr.

Erwin Hirschmann, München, und Dr. Wilhelm Baldus, Münster, plä- diert für einen Fachkundenach- weis „Rettungsdienst" als „ver- bindliche Voraussetzung" für die Tätigkeit eines Rettungsdienst- Arztes. Die Bundesärztekammer soll Empfehlungen für diesen Fachkundenachweis oder ver- gleichbare Regelungen erarbei- ten.

Werbung

für mehr Transplantationen Mit großer Mehrheit (eine Gegen- stimme, mehrere Enthaltungen)

nahm der Ärztetag zwei Entschlie- ßungen (initiiert vom Vorstand der Bundesärztekammer und Dr. Jür- gen Reitinger, Baden-Württem- berg) an, in welchem es u. a.

heißt: „Eine Transplantation von Organen, die von lebenden Or- ganspendern im In- und Ausland bei Gegenleistungen jeglicher Art entnommen bzw. vermittelt wur- den, wird strikt und ausnahmslos abgelehnt." „Transplantationsas- sistenten" sollten Einzug in grö- ßere chirurgische Kliniken (der Regel- und Maximalversorgung) halten. Die ärztlichen Leiter wer- den aufgefordert, die Arbeit die- ser Assistenten zu fördern (ein Zu- satz, der von Dr. Erich Huber, Ber- lin, initiiert wurde, mit der Begrün- dung, auch die ärztlichen Leiter der Kliniken in die Organtrans- plantation aktiv einzubinden). Ge- rade weil es in der Bundesrepu- blik keine gesetzliche Regelung der Organentnahme gibt, müsse PR und Aufklärung auch in den Praxen der niedergelassenen Ärz- te betrieben werden, um Organ- spender zu gewinnen (so das Peti- tum von Dr. Wolf-Dieter Otto, Westfalen-Lippe).

Abgelehnt wurde ein Antrag, der sich mit dem Entwurf eines dritten Gesetzes zur Änderung des Hoch- schulrahmengesetzes befaßte (Antragsteller: Dr. Arasteh, Ber- lin). Hier hat die Bundesärztekam- mer beim Anhörungsverfahren die ärztlichen Argumente darge-

Ärztetag: Tätigkeitsbericht

legt, so daß es keiner Zusatzinitia- tiven in Form eines „unklaren und zum Teil widersprüchlichen"

Ärztetagsantrages bedürfe, lau- tete die Meinung, die zur Ableh- nung des Antrages führte.

Ohne Debatte: Zivilschutz und Katastrophenmedizin Mit dem Votum, zur Tagesord- nung überzugehen, wurden acht Entschließungsanträge zum Zivil- schutzgesetz und zur Katastro- phenmedizin ohne Debatte erle- digt, die von den Delegierten Dr.

Franz-Josef Grosse-Ruyken, Frei- burg (ein Antrag); Dr. Erich Huber, Berlin (sechs Anträge); Dr. Ernst- Theodor Mayer, Dr. Hans Hege (beide Bayern) und Dr. Ingo Dö- teer, München (jeweils ein An- trag), gestellt worden waren. Die Delegierten waren der Überzeu- gung, daß die vorangegangenen Ärztetage dieses Thema ausrei- chend behandelt hätten. Auch der aktuelle Tätigkeitsbericht '85 lege im einzelnen dar, welche Positio- nen die Ärzteschaft bezieht. Wäh- rend Huber darauf abzielte, der Ärztetag möge für eine Ableh- nung des Referentenentwurfs ei- nes neuen Zivilschutzgesetzes vo- tieren, plädierte der Antrag Gros- se-Ruyken für den Gesetzentwurf der Bundesregierung.

Sieben Delegierte machten ihrer persönlichen „Enttäuschung, Ver- bitterung, Entrüstung und Resi- gnation" dadurch Luft, daß sie am EAe der Tagesordnung das Wort zu „persönlichen Erklärungen"

ergriffen. Beispielsweise: Dr. Er- hard Knauer, Delegierter der Ärz- tekammer Nordrhein, Aachen, warf der Mehrheit des Ärztetages vor, sie würde das Engagement von tausenden Ärzten nicht ernst nehmen. Dr. Eberhard Thäle, De- legierter der Bayerischen Ärzte- kammer machte sich zum Spre- cher der „betrogenen Genera- tion" und antwortete: „Ich spre- che den protestierenden Kollegen und Kolleginnen das Recht ab, zu behaupten, wir würden für den Frieden weniger tun als die soge- nannten ‚Friedensärzte'!" NJ/HC Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 23 vom 5. Juni 1985 (29) 1757

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