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Archiv "FRAGEN SIE DR. BIERSNYDER! Nicht aufgeben" (12.11.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DIE GLOSSE

Mordfernsehen

Etwa 18 000 Morde im Fernsehen hat der Durchschnittsamerikaner im Kindesalter gesehen — so das Ergebnis einer US-Studie. Ameri- kanische Kinder verbringen rund 21 bis 35 Stunden in der Woche vor der Glotze.

Früher gingen die Psychologen davon aus, daß TV-Gewalttätigkei- ten die eigenen Aggressionen ab- bauen würden. Heute ist man vom Gegenteil überzeugt. Entspre- chende Tests mit Kindern unter zehn Jahren haben dies eindeutig bewiesen. Nach dem Konsum ein- schlägiger Filme sind sie aufgesta- chelt, auf ihre Kameraden einzu- dreschen.

Man muß sich 18 000 Morde ein- mal bildlich vorstellen. Das sind täglich drei Morde durchschnitt- lich bis zum 18. Lebensjahr — von der Geburt an gerechnet. Zieht man mal die ersten fünf Jahre ab, dann sehen die Kinder im Schnitt jeden Tag vier bis fünf Morde.

Die Studie weist ferner nach, daß Fernseh-Storys die eigene Le- benshaltung der Kinder erheblich beeinflussen. So werden alte Kli- schees kräftig am Leben erhalten:

Neger sind fast immer in unterge-

Fehlgriffe

Wenn ein neues Fußmassagegerät als „Geschenktip zum Händerei- ben" angeboten wird, dann ist das entweder ein vom Werbetexter be- absichtigter Gag, über den man schmunzeln soll; oder, und das halte ich für wahrscheinlicher, es ist ein stilistischer Fehlgriff.

Der alte Konfuzius hat zwar schon vor sprachlicher Ungenauigkeit gewarnt, weil sie zu falschem Han- deln führe, aber leider richten sich die Leute noch heute nicht nach Konfuzius. Und zu oft wird verräte- risch deutlich, warum: nicht aus Sprachfaulheit, sondern aus Denkfaulheit.

DÄ-Karikatur: Peter Bensch, Köln

ordneten Positionen, die Weißen selbstredend obenauf, verheirate- te Frauen werden vorteilhafter dargestellt als Alleinstehende, In- dianer und Sowjets zählen immer zu den Verlierern und so weiter ...

Allerdings: Radikale Fernsehver- bote —so die US-Wissenschaftler — helfen herzlich wenig. Viel besser wäre es, die Filme sorgfältig aus- zuwählen und mit den Kindern an- schließend über die gezeigten

Probleme zu sprechen. UM

Ist nicht zum Beispiel das Wort

„Humanisierungstechnologie" ei- gentlich schauerlich? Für die

„Förderung von Entwicklung und Markteinführung von Produkten, die der Humanisierung der Arbeit und des Lebens dienen" wird Geld eingesetzt. Merkt denn niemand, was für ein Armutszeugnis sich ei- ne Gesellschaft ausstellt, die „das Leben humanisieren" will? Was für ein Leben ist das, das man an- geblich für „rund 36 Millionen DM" humanisieren kann?

Luther hat mal geschrieben: „Drei Finger tun's, sagt man vom Schreiber, aber ganz Leib und Seel arbeiten dran" — ob der wirk-

lich mit ganz Leib und Seel dran

gearbeitet hat, der „sozialverträg- liche Technikgestaltung" in sein Diktiergerät schwafelte?

Bei einer Umfrage ergab sich: 87 Prozent wollen, daß das gesetzli- che Sicherungssystem soziale Not wirksam verhindert; 68 Prozent wollen aber keine Erhöhung der Steuern und Abgaben dafür. Dazu müßte man sagen: Die beiden Um- frageergebnisse stehen im Wider- spruch nicht nur zueinander, son- dern auch — weil mehr soziale Si- cherung eben mehr Geld kostet — zu dem, was realistisch und mög- lich ist. Aber eine so einfache Aus- sage in deutscher Sprache kann

man nicht mehr machen, wo kä- men wir denn da hin? Es muß hei- ßen: „Damit wird von der Bevölke- rung ein eindeutiger Entschei- dungskorridor vorgegeben." Man kann sprachliche Hohlheiten oft auf ihren wahren Gehalt abklop- fen, indem man das Gegenteil pro- biert. Was wäre denn ein „zwei- deutiger Korridor"? Oder gar ein

„vieldeutiger"? Vielleicht ein

Tanzsaal? gb

FRAGEN SIE DR. BIERSNYDER!

Nicht aufgeben

Sehr geehrter Herr Doktor, wenn alles durch die Umwelt her- vorgerufen wird, wie man immer liest, dann erwarte ich aber auch von meinem Sohn, daß er in Musik und Sport künftig Einsen mit- bringt. Mein Sohn soll nämlich un- geschickt sein und unmusikalisch, jedenfalls behaupten das seine

Nachhilfelehrer.

Dr. Biersnyder antwortet: Geben Sie auf keinen Fall auf, auch wenn zigtausend Klavierstunden scheinbar das Gegenteil bewei- sen. So leicht darf man theoreti- sche Prämissen nicht aufgeben.

Was alle sagen, kann auch nicht falsch sein. Vielleicht können Sie den Klavierlehrer und den Sport-

verein wechseln? ❑

3170 (24) Heft 46 vom 12. November 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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