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Archiv "Ambulante Versorgung/Versichertenverhalten: Fachärzte werden stärker direkt konsultiert" (10.11.1995)

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Ambulante Versorgung/Versichertenverhalten

Fachärzte werden

stärker direkt konsultiert

Nachdem die gesetzlich verankerte Krankenversichertenkarte („Chipkarte") seit Jahres- beginn 1995 flächendeckend eingesetzt wird, werden Fachärzte von den Patienten häu- figer als früher direkt (also ohne ärztliche Überweisung) konsultiert. Die Zahl der ausge- stellten Überweisungen ist stark zurückgegangen, um bis zu 30 Prozent. Mit Einsatz der Chipkarte ist formal die geltende Pflicht, den Facharzt nur mit Überweisungen aufzusu- chen, nicht aufgehoben worden. Dennoch: Drei Viertel der Versicherten wünschen sich ei- nen frei gewählten Hausarzt als festen Ansprechpartner. Dies ist die Quintessenz einer aktuellen empirischen Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), Bonn, und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI), Köln, im Auftrag des „Arbeitskreises Krankenversichertenkarte" der gesetzlichen Krankenversicherung.

100,0 90,0 - 80,0 - 70,0 - 60,0 - 50,0 - 40,0 - 30,0 - 20,0 - 10,0 - 0,0

ich habe einen Hausarzt

Anteil der Befragten in %

Hausarzt ist Hausarzt ist Hausarzt ist Allgemeinarzt Internist sonstiger Arzt

"Haben Sie einen Hausarzt?

Wenn ja, welchen?"

16,6

1,8 94,8

81,5 Grafik 1

Fachgebiet des „Hausarztes" Quelle WId01995

POLITIK

ment geeignet ist und eingesetzt wer- den kann.

Nach den Forderungen des BDA müßten sich die Pharmakommunika- tion und die Fachinformation in er- ster Linie am Praxisalltag der Ärzte und an konkreten Patientenproble- men orientieren. Es genüge nicht, sich darauf zu beschränken, ein Pro- dukt und dessen Einsatzradius bei ei- ner bestimmten Indikation darzustel- len und den Fachkreisen bestimmte Verordnungsverhalten nahezulegen.

Vielmehr müsse das Arzneimittel als

„Problemlöser" in den Gesamtzu- sammenhang der Patientenprobleme und der Begleiterkrankungen gestellt werden, heißt es im „Weimarer Mani- fest" zur Pharmapolitik des BDA.

In jedem Fall müsse die Pharma- kommunikation auch die gesetzli- chen Auflagen des Sozialgesetzbu- ches V über die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlich- keit der therapeutischen Intervention und des Einsatzes von Medikamen- ten beachten. Die Pharmaindustrie müsse diesen Fragenkomplex ohne Wenn und Aber objektiv beantwor- ten. Dann sei dies auch für den Arzt ohne Einschränkung akzeptabel.

Der Verband der Allgemeinärz- te fordert, auch die Ergebnisse von repräsentativen Studien an unselek- tierten Patientengruppen aus der hausärztlichen Praxis zu beachten.

Es müsse aufgezeigt werden, inwie- weit hochwirksame Medikamente auch den Preis wert sind. Dies sei überzeugender als reine PR- und Werbeaktionen ohne Effizienz. Ei- nen zunehmenden Informationsbe- darf sehen die Allgemeinärzte bei der Entwicklung neuer Therapie- Ansätze. Der BDA fordert gezielte Informationen über gesicherte und wirksame Anwendungsweisen und über die Vorteile gegenüber der her- kömmlichen Standardtherapie. Dies sei um so wichtiger, als neue Thera- pieprinzipien und neue Wirkstoffe oftmals teurer als herkömmliche Therapieansätze seien. Die Industrie sollte auch mit ihrem Außenmitar- beiterstab (Pharmareferenten) be- stimmte Praxisprobleme lösen hel- fen. Dies gelte zum Beispiel im Be- reich der Schulung von Praxisan- gestellten und für den Einsatz von Praxiscomputern. Dr. Harald Clade

AKTUELL

D

ie im März 1995 repräsentativ befragten Versicherten aller Kassenarten in Hessen, Ba- den-Württemberg und Thü- ringen haben weitgehend die Mut- maßungen und Prognosen bestätigt, die vor Einsatz der Krankenversi- chertenkarte gestellt wurden: Der Trend zur Direkt-Inanspruchnahme von Fachärzten hat sich mit Einsatz der Chipkarte spürbar erhöht, ob- gleich die Fachärzte auch beim Ein- satz des herkömmlichen papierenen Krankenscheines von den Patienten direkt konsultiert werden konnten.

76 Prozent der Versicherten se- hen in der Direktinanspruchnahme

Vorteile, weil ihnen damit ein für sie unbequemer und unnötiger zusätzli- cher Arztbesuch erspart bleibt. Auch war für das Patientenverhalten aus- schlaggebend, eine Zweitmeinung einholen zu können (37,6 Prozent) oder ihnen unbekannte Ärzte zu „te- sten" (11,8 Prozent). 14,3 Prozent der Befragten sehen keine Vorteile in der durch die Versichertenkarte erleich- terten Direktinanspruchnahme. 35,5 Prozent der Befragten gaben an, daß sie (auch) Nachteile in einer direkten Inanspruchnahme der Fachärzte se- hen. Die meisten Versicherten, die Vorbehalte gegen einen direkten Gang zum Facharzt oder eine Zweit-

A-3034 (20) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 45, 10. November 1995

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Grafik 2

40

35

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25

20

15

Anteil der Befragten in % 10

5

0

bis 25 26 bis 35 36 bis 45 46 bis 55 56 bis 65 über 65

"Zu welchem Arzt gehen Sie bei Beschwerden?

Internist

Allgemeinarzt

zuständiger Facharzt

je nach Art der Erkrankung

Direktinanspruchnahme nach Arztgruppen und Alter des Befragten Quelle: WId0 1995 POLITIK

meinung hatten, führten dies auf die mit Doppeluntersuchungen verbun- denen Ausgaben der Krankenkassen (24,6 Prozent) zurück. Fast jeder vierte Befragte (24 Prozent) befürch- tet ein Informationsdefizit des direkt aufgesuchten Facharztes, weil er nach Einschätzung des Patienten sei- ne „Krankengeschichte" nicht so gut kenne wie der angestammte Haus- arzt. Dagegen befürchten nur 11 Pro- zent ein Informationsdefizit des Hausarztes, weil und wenn dieser nicht ausreichend über die Behand- lung des mitbehandelnden (Fach-) Arztes oder eines weiteren Hausarz- tes aufgeklärt wurde.

Bei der Entscheidung zur Direkt- inanspruchnahme unterscheiden die Versicherten deutlich nach Krank- heitsarten. Bei besonderen Beschwer- den, wie etwa Sehstörungen, gehen 73 Prozent der Versicherten direkt zum Facharzt, bei Beschwerden mit unspezifischer Symptomatik, wie et- wa bei Fieber oder Verdauungspro- blemen, suchen dagegen nur vier Pro- zent zuerst den Facharzt auf.

Das Inanspruchnahmeverhalten variiert auch je nach Ortsgröße, Arztdichte, Alter und vor allem nach der beruflichen Bildung des Versi- cherten/Patienten. Nachteile bei der Direktinanspruchnahme werden von Befragten mittleren Alters (26 bis 55 Jahre) seltener gesehen als von sehr jungen oder alten Personen (über 65 Jahre). Die unbekannte Krankenge- schichte wird von der Landbevölke- rung eher als Nachteil bewertet (fast 29 Prozent), jedenfalls häufiger als in der Großstadt (von 18,6 Prozent der Befragten).

Je höher der berufliche Bildungs- abschluß, desto weniger wird die feh- lende innerärztliche Kommunikation als Nachteil angesehen. Bei den Fach- hochschul- oder Hochschulabsolven- ten sind nur 13 Prozent der Meinung, die dem „neuen" Arzt nicht bekannte Krankengeschichte stelle einen Nach- teil dar. Fast 12 Prozent sehen Medi- kamenteninteraktionen als mögliche Folge einer verstärkten Direktinan- spruchnahme von Fachärzten.

Chronisch Kranke neigen eher dazu, den Facharzt direkt zu konsultie- ren, vor allem bei Kreislaufproblemen und Symptomen, die mit Herz-Kreis- lauf-Problemen zusammenhängen.

AKTUELL

Die Akzeptanz, Vor- und Nach- teile der Krankenversichertenkarte sowie das Inanspruchnahmeverhalten der Versicherten werden von den ein- zelnen Arztgruppen unterschiedlich beurteilt: 96 Prozent der Allge- meinärzte, 79 Prozent der Kinderärzte und 62 Prozent der Internisten sehen in einer verstärkten direkten Inan- spruchnahme von Fachärzten eine Ge- fährdung der Koordinations- und Pati- entenleitfunktion der Hausärzte und der hausärztlich tätigen Spezialisten — mit möglichen qualitativen und finan-

ziellen Folgewirkungen für die gesam- te ambulante ärztliche Versorgung der Bevölkerung.

Die überwiegend hausärztlich tätigen Ärzte beurteilen eine Direkt- inanspruchnahme mehrheitlich nega- tiv und befürworten eine stärkere Ver- ankerung des bisherigen Überwei- sungsverfahrens. Die übrigen Fach- ärzte sehen in der Direktinan- spruchnahme eine Verwirklichung des Prinzips der freien Arztwahl mündiger Patienten; aus der Sicht der Fachärzte wächst der Patiententyp des „Selbst- entscheiders" heran. Eine strengere Überwachung des Überweisungsver- fahrens wird von nahezu 100 Prozent der Fachärzte strikt abgelehnt, erst recht auch eine Überweisungspflicht durch den Hausarzt.

Offenbar ist das Mißbrauchspo- tential der Versicherten-Chipkarte geringer als vermutet oder in einzel- nen Regionen festgestellt worden ist.

In den drei KV-Bereichen, in denen

die Karte bereits seit einem Jahr ein- geführt worden ist, gaben sieben Pro- zent der befragten Praxisinhaber an, daß bereits einmal ein offensichtli- cher Fall von Kartenmißbrauch auf- getreten ist. Dabei seien Fälle vorge- kommen, bei denen eine erkennbare Betrugsabsicht des Patienten festge- stellt wurde oder manipulierte Kar- ten vorgelegt wurden. Wenn sieben Prozent, das heißt rund 7 000 von 100 000 Arztpraxen in Deutschland, einen Betrugsfall im Jahr beobach- ten, kommt dies einer Relation von

7 000 zu 500 Millionen Fällen gleich.

Dies entspricht einer Quote von 0,014 Promille, bezogen auf die Zahl der behandelten Fälle.

Chip-Karte:

Geringer Mißbrauch

9,1 Prozent der Patienten gaben an, daß ihnen bislang — aus unter- schiedlichen Gründen — mehrere Karten ausgestellt wurden. Der größ- te Teil davon wurde aber vernichtet oder an die Krankenkasse zurückge- geben. In 1,5 Prozent der Fälle liegen mehrere Plastikkarten zu Hause, und 0,9 Prozent der Befragten gaben an, eine Karte verloren zu haben.

Demnach liegt der Anteil der

„vagabundierenden Karten" bei 2,4 Prozent. Aus dieser Quote kann je- doch nicht auf das Potential des tatsächlichen Mißbrauchs geschlos- sen werden. Dr. Harald Clade Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 45, 10. November 1995 (21) A-3035

Referenzen

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