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ie starre Budgetierung bei der Arzneimittelversorgung wird ein Ende haben: Arztgruppenspezi- fische Richtgrößen sollen die kollekti- ven Arzneimittelbudgets ablösen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) will für alle Kassen einheitliche und quartalsbezogene Richtgrößen vereinbaren. Sie sollen in jedem Quar- tal eines Jahres gleich hoch und über alle vier Quartale eines Kalenderjah- res saldierbar sein. Differenziert wer- den soll nach Altersklassen und nach dem regionalen Versorgungsbedarf.Bei der Festlegung der Richt- größenhöhe, heißt es im Konzept der KBV, sollen die durchschnittlichen Verordnungskosten der jeweiligen Arztgruppe in der betreffenden Regi- on aus zurückliegenden Zeiträumen angemessen berücksichtigt werden.
Darüber hinaus soll die Höhe der Richtgröße auf der Basis der Brutto- kosten festgelegt werden. Unverzicht- bare Voraussetzung für ein praxisindi- viduelles Management sei es, daß jeder Arzt Informationen über die von ihm veranlaßten Verordnungskosten kon- tinuierlich und zeitnah erhält.
Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten
Zusatzbudgets für bestimmte Krankheitsfälle lehnt der Vorstand der KBV ab: Diese würden zu einer „un- angemessenen Verkomplizierung der Richtgrößenanwendung“ führen. Statt dessen sollen Wirkstoffe mit gesicher- ten Indikationen bei schweren oder chronischen Erkrankungen, die keine Anhaltspunkte für eine unwirtschaftli- che Ausweitung der Indikationsstel- lung bieten, nicht in die Richtgrößen-bildung einbezogen werden. Praxisbe- sonderheiten, die einen erhöhten Ver- sorgungsaufwand rechtfertigen, sollen bei Richtgrößenüberschreitungen ent- sprechend berücksichtigt werden.
Die kollektive Haftung für das Überschreiten einer Budgetobergren- ze entfällt: Laut 2. GKV-Neuordnungs- gesetz wird jeder Kassenarzt über- prüft, wenn er seine Richtgröße um 15 Prozent überschreitet. Bei Mehrver- ordnungen um 25 Prozent wird er re- greßpflichtig – es sei denn, er kann die Wirtschaftlichkeit seiner Verordnun- gen nachweisen. Die KBV begrüßt die- se Regelung, hält aber eine einheitliche Prüfungsgrenze für sinnvoller. Unter- schreitet der Arzt die Höhe der Richt- größenvereinbarung, soll ihm der Dif- ferenzbetrag nach den Vorstellungen der KBV als Aufwandsentschädigung zugesprochen werden, „die im ver- tragsärztlichen Honorierungssystem ansonsten nicht abgegolten wird“. Die Begründung: Die Sicherstellung einer wirtschaftlichen Arzneimittelverord- nung erfordere Anreizsysteme – eine
„Bonusregelung“ sei dies jedoch nicht.
Heilmittel sollten nach Auffassung der KBV nicht in die Richtgrößenverein- barung aufgenommen werden, da eine arztbezogene Datentransparenz fehle.
Zur Steuerung der Heilmittelverord- nung werde der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen einen Indi- kationskatalog erarbeiten.
Bevor die Kassenärztlichen Verei- nigungen und die Kassen regionale Verträge über die Richtgrößen ab- schließen können, müssen sich die KBV und die Spitzenverbände der Krankenkassen auf Bundesebene noch über die Rahmenbedingungen einigen.
Die Verhandlungen dazu stehen kurz vor dem Abschluß. Dr. Sabine Glöser A-1852 (20y) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 27, 4. Juli 1997
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