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Archiv "Arzneimittel: Erster Preis erfolgreich verhandelt" (15.06.2012)

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A 1216 Deutsches Ärzteblatt

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15. Juni 2012 Klocke wies darauf hin, dass in

Deutschland viele Verfahren außer- gerichtlich geregelt würden, vor al- lem mit Hilfe der Gutachterkom- missionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern. Deren Arbeit lobte der Versicherungsfachmann ausdrücklich. Er gab zudem zu be- denken, dass die Haftpflichtver - sicherer 2006 lediglich in etwa 10 000 Fällen Schadensersatz zah- len mussten – bei knapp 17 Millio- nen Behandlungsfällen im Kran- kenhaus. Die Zahl der belegten To- desfälle durch Behandlungsfehler lag bei knapp 1 200.

DKG fordert Ausgleich für höhere Haftpflicht

Die Deutsche Krankenhausgesell- schaft (DKG) forderte angesichts der angekündigten Beitragssteige- rungen für die Haftpflicht, diese bei der Finanzausstattung der Kliniken zu berücksichtigen. „Zu einer gut funktionierenden Krankenhausver- sorgung gehört auch ein faires Ent- schädigungsrecht, wenn Fehler pas- siert sind“, betonte DKG-Hauptge- schäftsführer Georg Baum. Die DKG setzt sich derzeit dafür ein, dass die Krankenhäuser mehr Geld erhalten, weil ihre Ausgaben gestie- gen sind, unter anderem die für Per- sonal- und für Energiekosten.

Der von der Versicherungswirt- schaft angekündigte Prämienan- stieg führe bei den Kliniken zu ei- ner Verschärfung der ohnehin be- stehenden Finanzierungsprobleme, warnte Baum. Schließlich könnten sie derartige Risikokosten nicht auf die Behandlungskosten umlegen.

Er forderte, dies bei den Verhand- lungen um mehr Geld zu bedenken und zudem in Zukunft solche Kos- ten in die Kalkulation des geplanten Orientierungswerts für die Kliniken aufzunehmen.

Klocke und Baum äußerten sich bei der Präsentation der Studie

„Arzthaftung in Europa“, die Eccle- sia und DKG gemeinsam in Auftrag gegeben hatten. Patienten, bei de- nen ein Behandlungsfehler aner- kannt wurde, erhalten in Deutsch- land demnach höhere Entschädi- gungen als in den meisten anderen europäischen Ländern.

Sabine Rieser

ARZNEIMITTEL

Erster Preis erfolgreich verhandelt

Die Krankenkassen haben sich mit dem Pharma - unternehmen AstraZeneca auf einen Erstattungspreis für das Medikament Ticagrelor geeinigt.

F

ünf Verhandlungsrunden be- nötigten der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und das Pharmaunternehmen Astra- Zeneca, um sich auf einen Preis für den Plättchenaggregationshemmer Ticagrelor zu einigen. Bis zum Ab- schluss des Unterschriftenverfah- rens will man über dessen Höhe al- lerdings noch nichts verraten. „Es waren schwierige Verhandlungen“, sagt der Sprecher von AstraZeneca, Florian Dieckmann. „Aber wir ha- ben auch absolutes Neuland betre- ten. Deshalb freuen wir uns, dass es uns gelungen ist, uns auf dem Ver- handlungsweg zu einigen.“

Seit dem Inkrafttreten des Arz- neimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) am 1. Januar 2011 müs- sen Pharmahersteller mit den Kran- kenkassen über die Erstattungsprei- se neuer Arzneimittel verhandeln.

Die Bedingung: Die Präparate müs- sen einen Zusatznutzen gegenüber der Standardtherapie nachweisen.

Anderenfalls werden sie direkt ei- ner Festbetragsgruppe zugeordnet (Kasten). In den Vor-AMNOG- Zeiten waren die Hersteller in der komfortablen Lage, die Preise für ihre neuen Präparate selbst festle- gen zu können.

Echte Innovationen haben nichts zu befürchten

Die Krankenkassen, die jährlich etwa 30 Milliarden Euro für Arznei- mittel ausgeben, sehen sich durch die ersten erfolgreich abgeschlosse- nen Preisverhandlungen auf gu- tem Wege, die Ausgabenentwicklung besser kontrollieren zu können. „Es ist ein gutes Signal, dass es uns ge- lungen ist, uns bei den allerersten Preisverhandlungen auf einen fai- ren Erstattungspreis zu verständi-

gen“, erklärt der Sprecher des Spit- zenverbands der gesetzlichen Kran- kenkassen, Florian Lanz. Das Er- gebnis zeige, dass die mit dem AMNOG eingeführten Instrumente funktionierten. Echte Innovationen brauchten eine Zusatznutzenbewer- tung und Preisverhandlungen nicht zu fürchten.

Pharmaverband zeigt sich enttäuscht

Die Pharmaindustrie hat dagegen ihre Kritik an dem vom AMNOG vorgeschriebenen Verfahren erneu- ert. Die ersten Erfahrungen mit dem Gesetz seien sehr enttäuschend, er- klärte am 8. Juni die EFPIA, der Dachverband der europäischen Phar- maunternehmen und deren nationaler Verbände. „Die Probleme ergeben sich aus einem teils fehler haften Gesetz, unflexibler Interpretation und dem Unwillen, kreative Lösun- gen in Betracht zu ziehen“, erklär- te EFPIA-Hauptgeschäftsführer Ri- chard Bergström in Berlin.

Hauptknackpunkt ist die Wahl der Vergleichstherapie bei der frühen Nutzenbewertung. Sie entscheidet nicht nur über die Größe des Zusatz- nutzens eines neuen Medikaments, sondern gibt indirekt auch einen Preisrahmen für die anschließenden Preisverhandlungen vor. Dass die Krankenkassen durch Sitz und Stim- me im Gemeinsamen Bundesaus- schuss (G-BA) sowohl an der Wahl der Vergleichstherapie beteiligt sind als auch im Anschluss die Preisver- handlungen führen, hat aus Sicht der Pharmaindustrie deshalb ein „Ge- schmäckle“. Die EFPIA formuliert es so: „Tatsächlich wird die Wahl der Vergleichsgröße dazu benutzt, die Preisfestsetzung für neuartige Arz- neimittel in Deutschland in Richtung

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Das untergrabe jegliche Anreize für medizinische Entdeckungen. Einige Pharmaunternehmen haben daraus die Konsequenz gezogen, neue Prä- parate zunächst nicht in Deutschland auf den Markt zu bringen (opt out).

Zuletzt hatte sich GlaxoSmithKline entschieden, keine Preisverhandlun- gen zum Epilepsie-Medikament Re- tigabin aufzunehmen. Die Wahl der Vergleichstherapie durch den G-BA hätte einen unangemessenen Erstat- tungspreis auf generischem Preisni- veau zur Folge gehabt, der auch das internationale Preisgefüge ins Rut- schen bringe, so die Begründung.

Die Industrie will deshalb, dass Preisvergleiche mit patentgeschütz- ten Produkten und nicht mit Generi- ka erfolgen. AstraZeneca-Sprecher Dieckmann fordert, die Beteiligten müssten verantwortungsvoll mit ih- rer Rolle umgehen. Noch werde zu sehr nach formalen Kriterien ent- schieden und zu wenig nach der Realität in der Versorgung. „Wir ha- ben es hier mit einem lernenden System zu tun, das die Chance bie- tet, Innovationen angemessen zu honorieren“, meint Dieckmann.

Wenn das therapeutische Niveau eines neuen Präparats dem eines

Generikums entspreche, sei auch ein Preis auf Generikaniveau ge- rechtfertigt, hält GKV-Spitzenver- bandssprecher Lanz dem entge- gen. Seit Jahrzehnten wehrten sich die Krankenkassen dagegen, für Scheininnovationen überhöhte Preise bezahlen zu müssen. Das AMNOG ermögliche es jetzt, die- ses Problem zu lösen. An den Ge- setzgeber appellierte Lanz, den Be-

teiligten die Chance zu geben, die neuen Regelungen erst einmal mit Leben zu erfüllen, bevor man über weitere Gesetzesänderungen nach- denke.

Sorge bereitet dem Spitzenver- band der Krankenkassen ein Vor- stoß aus der Union, wonach die mit der Industrie ausgehandelten Erstat- tungspreise geheim bleiben sollen.

Über den Vorschlag wird zurzeit im Rahmen einer Novelle zum Arz - neimittelgesetz beraten. Hintergrund

ist die Befürchtung der Pharmain- dustrie, dass eine Veröffentlichung der verhandelten Rabatte das euro- päische Preisgefüge ins Rutschen bringt. Denn Deutschland, wo in der Vergangenheit relativ hohe Prei- se erzielt werden konnten, gilt in vielen anderen Staaten als Refe- renzpreisland. „Dieser Punkt be- reitet uns große Sorgen“, räumt Lanz ein. „Wir halten Preistrans-

parenz für geboten.“ Eine solche Transparenz sei das gute Recht von 50 Millio- nen Beitragszahlern. Au- ßerdem benötige man Klarheit über die Preise, um andere Möglichkeiten der Arzneimittelpreisregu- lierung wie Festbeträge oder die Abgabe von preiswerten Reimporten umsetzen zu können.

Unterdessen hat der G-BA erst- mals die Nutzenbewertung für Arz- neimittel aus dem Bestandsmarkt veranlasst. Betroffen sind die Wirk- stoffe Sitagliptin, Vildagliptin und Saxagliptin sowie die Wirkstoff- kombinationen Metformin/Sitaglip- tin und Metformin/Vildagliptin, die zur Behandlung des Diabetes melli- tus Typ 2 zugelassen sind. „Mit die- sem ersten Aufruf von Arzneimit- teln aus dem Bestandsmarkt schaf- fen wir die gleichen wettbewerbs- rechtlichen Bedingungen für die Gliptine, und zwar unabhängig vom Zulassungsdatum“, erklärte der un- parteiische Vorsitzende des G-BA, Dr. iur. Rainer Hess, am 7. Juni in Berlin. Der G-BA kann auf Antrag seiner Mitglieder oder von Patien- tenorganisationen für bereits zuge- lassene Arzneimittel eine Nutzen- bewertung veranlassen. Vorrangig sollen dabei Arzneimittel bewertet werden, die – wie die Gliptine – für die Versorgung von Bedeutung sind oder mit Arzneimitteln im Wettbe- werb stehen, für die eine Nutzenbe- wertung bereits vorliegt.

Am 29. März hatte der G-BA die Nutzenbewertung für Linagliptin ab- geschlossen. Als Vergleichstherapie dienten Sulfonylharnstoffe, die als Generika vorliegen. Der Hersteller Boehringer Ingelheim entschied sich daraufhin, sein Präparat vorerst nicht in Deutschland zu vermarkten.

Heike Korzilius Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittel-

markts, das am 1. Januar 2011 in Kraft trat, re- gelt die Preisbildung für neu zugelassene Arznei- mittel neu. Es verpflichtet pharmazeutische Unter- nehmer erstmals, bereits zur Markteinführung ei- nes neuen Produkts oder bei der Zulassung neuer Anwendungsgebiete ein Dossier zum Nutzen des Präparats vorzulegen. Nur wenn ein Zusatznutzen festgestellt wird, rechtfertigt dies einen Erstat- tungsbetrag, der über dem Preisniveau von Nach- ahmerpräparaten liegt.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bewertet den Zusatznutzen von erstattungsfä- higen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen ge- genüber der zweckmäßigen Vergleichsthera- pie. Er kann das Institut für Qualität und Wirt- schaftlichkeit im Gesundheitswesen oder Drit- te damit beauftragen, eine Empfehlung zur Nutzenbewertung zu erarbeiten.

Innerhalb von drei Monaten nach der Markt- einführung legt der Hersteller dem G-BA für

die Nutzenbewertung seines neuen Medika- ments ein Dossier zum Zusatznutzen vor.

Der G-BA muss die Nutzenbewertung inner- halb von drei Monaten abschließen und das Ergebnis im Internet veröffentlichen. Innerhalb einer Frist von weiteren drei Monaten haben der pharmazeutische Unternehmer, Verbände und Sachverständige die Möglichkeit, zu der Bewertung Stellung zu nehmen. Danach ent- scheidet der G-BA endgültig über den Zusatz- nutzen.

Wird für ein Arzneimittel kein Zusatznutzen festgestellt, wird es in die Festbetragsgrup- pe mit pharmakologisch-therapeutisch ver- gleichbaren Arzneimitteln eingeordnet. Für Arzneimittel mit Zusatznutzen verhandeln der GKV-Spitzenverband und der Arznei - mittelhersteller innerhalb von sechs Mona- ten einen Erstattungsbetrag. Können sich die Partner nicht einigen, entscheidet eine Schiedsstelle.

REGELN ZUR PREISFINDUNG

Wenn das therapeutische Niveau eines neuen Präparats dem eines Generikums entspricht, ist auch ein Preis

auf Generikaniveau gerechtfertigt.

Florian Lanz, GKV-Spitzenverband

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