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Archiv "Leitsymptom Fieber" (10.04.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Medizin

Leitsymptom Fieber

Josef Evers und Rudolf Gross

Aus der Medizinischen Universitätsklinik Köln (ehemaliger Direktor: Prof. Dr. med. R. Gross)

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bwohl Fieber als Erhöhung der Körpertemperatur bei Krankheiten den Ärzten im Altertum schon bekannt gewesen ist, wird es als Krankheitszeichen erst seit etwa 100 Jahren nach der Erfindung heute üblicher Thermo- meter intensiv untersucht. Zwei Ärzte verdienen in der Geschichte besondere Erwähnung: K. A. Wun- derlich (1868) führte als erster Tausende systematischer Tempe-

raturmessungen durch. K. v. Lie- bermeister (1875) entwarf ein noch heute gültiges Konzept zur Genese des Fiebers. Trotz we- sentlicher Fortschritte, besonders anglo-amerikanischer Forschung in den letzten 30 bis 40 Jahren, sind entscheidende Fragen immer noch offengeblieben: Wir wissen nicht genau, wie die Temperatur- Sollwertverstellung im zentralen Nervensystem vor sich geht. Im- mer wieder stellen Patienten mit unklaren Fieberzuständen den Arzt vor klinische Probleme, die bei allem Wissen und aller Erfah- rung kaum lösbar scheinen.

Pathogenese

Fieber entsteht durch die Wirkung exogener und endogener, Fieber

erzeugender Substanzen (Pyro- gene) auf das Temperaturzentrum im zentralen Nervensystem, wo- durch schließlich der Temperatur- Sollwert verschoben wird (1 ). Vi- ren, grampositive und gramnega- tive Bakterien, Pilze, auch Bakte- rienwandteile und andere bakte- rielle Antigene, Lymphokine, Po- lynukleotide, pyrogene Steroide (zum Beispiel Ätiocholanolon) und synthetische Adjuvantien (zum Beispiel Freundsches Adju- vans) sind exogene Pyrogene. Sie werden nach dem Eindringen in den Körper von phagozytosefähi- gen Leukozyten aufgenommen und induzieren dort die Synthese von Mediatorsubstanzen endoge- ner Pyrogene. Nach Freisetzen aus den Zellen gelangen diese auf dem Blutwege (humoral) zum zentralen Nervensystem und füh- ren zu einer Verstellung des Tem- peratur-Sollwertes. Ein endoge- nes Pyrogen konnte vor einigen Jahren als hitzelabile Substanz mit einem Molekulargewicht von 15 000 isoliert und radio-immuno- logisch bestimmt werden (2). Eine spontane Bildung endogener Py- rogene kann auch bei Tumorzel- len (zum Beispiel M. Hodgkin, Hypernephrom) vorkommen. Der Angriffspunkt der endogenen Py-

Fieber kommt vor bei Infektionen, Tumoren, Kollagenosen, Granulo- matosen, Nekrosen, als Reaktion auf Medikamente und andere Stö- rungen. Dieses Leitsymptom- Be- gleiterscheinung so vieler Krank- heiten oder Syndrome- kann hier nicht mit Anspruch auf Vollstän- digkeit behandelt werden. Wir be- schränken uns auf gegenwärtige Vorstellungen zur Pathogenese des Fiebers und auf einige Hin- weise zur Differentialdiagnose.

rogene im zentralen Nervensy- stem liegt im vorderen Hypothala- mus, von wo auf neuronalem Weg der Sollwert der Körpertempera- tur verstellt wird. Wahrscheinlich sind an dieser Sollwert-Verstel- lung Neurotransmitter wie Seroto- n in, Prostaglandine und Nukleoti- de, wie zyklisches AMP, beteiligt.

Der genaue Mechanismus der zentralen Sollwert-Verstellung ist aber noch ungeklärt.

Im Gegensatz zu Fieber handelt es sich bei der sogenannten Hy- perthermie um eine erhöhte Kör- pertemperatur durch vermehrte Wärmebildung oder verminderte Wärmeabgabe, bei der der zentra- le Temperatur-Sollwert unverän- dert bleibt. Die klinischen Folgen können aber ebenso schlimm ver- laufen (zum Beispiel bei maligner Hyperthermie oder Hitzschlag).

Fiebertypen - Einteilung

Fieber wird nach seinem Verlauf in verschiedene Typen eingeteilt:

..,.. Bei kontinuierlichem Fieber schwankt die Körpertemperatur anhaltend nicht mehr als 1 o C täg- lich. Dieser Verlauf kommt häufig Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 15 vom 10. April 1985 (39) 1069

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bei Infektionskrankheiten, wie Ty- phus oder Pneumonie, vor. Er war den alten Ärzten als die klassische

"Continua" geläufiger und ist durch die modernen Antibiotika seltener geworden.

..,. Bei remittierendem Fieber be- wegt sich die Körpertemperatur um 1 bis 2° C täglich. Das kommt unter anderem bei Eiterungen und schwerer Tuberkulose vor.

..,. Bei intermittierendem oder septischem Fieber steigt die Kör- pertemperatur von Normalwerten um mehr als 2 bis 3° C, häufig ver- bunden mit Schüttelfrost und

Kreislaufsymptomen.

Dieser Fiebertyp kommt zum Bei- spiel bei Malaria oder schweren Verläufen von Abszedierungen in Verbindung mit Bakteriämie vor.

..,. Ein biphasischer Fieberverlauf wird häufig bei Virusinfektionen gesehen. Für die Lymphogranulo- matose ist das sogenannte undu- lierende Fieber (mit Perioden über Tage bis Wochen hin) zwar besonders typisch, aber eher sel- ten. Subfebrile oder unregelmä- ßig remittierende Fieberverläufe sind weit häufiger, können aber auch durch Abszedierungen und wiederholte Infekte bei Abwehr- schwäche verursacht werden . Die differentialdiagnostische Be- deutung der Fiebertypen sollte nicht mehr überbewertet werden, da man nur selten aus dem Fie- berverlauf allein auf eine Ursache schließen kann. Bei der Malaria, der seltenen zyklischen Neutrope- nie mit ihren dreiwöchigen Fie- berschüben und eigenartigen Fie- berkurven, mit vorgetäuschten

Fieberursachen

CD

Infektionen (40 bis 70%) a) Syndrome

Atemwegsinfektionen Harnwegsinfektionen Gallenwegs-

infektionen

Subkutane Abszesse Katheterinfektionen Meningitiden Intraabdominelle Abszesse Osteomyelitis Endokarditis Sinusitis Divertikulitis Thyreoiditis Adnexitis Prostatitis und andere b) Erreger Viren

Grampositive und gramnegative Bakterien Mykobakterien

Protozoen Spirochäten Pilzinfektionen

@Tumoren (10 bis 30%) M. Hodgkin

Non-Hodgkin-Lymphome Leukämien

Metastasierende und solide Tumoren (z. B. Hypernephrom) Vorhofmyxom

@ Kollagenasen (10 bis 15%)

Rheumatisches Fieber Lupus erythematodes Rheumatoide Arthritis Vaskulitiden

Mischkollagenosen

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Verschiedene (20 bis 30%) Leberkrankheiten Darmerkrankungen Gewebszerfall Medikamente

Stoffwechselkrankheiten Vegetativ-psychogenes Fieber

Artifizielles Fieber Unklar bleiben ca.

10 Prozent

Tabelle 1: Unklares Fieber- Prozentzahlen nach verschiedenen Angaben (2-6)

Fieberzuständen, kann manchmal eine Diagnose aus dem Fieberver- lauf gestellt werden. ln diesem Sinne hat dann das Fieber mehr oder weniger pathognomonische Bedeutung. Die Fieberdauer soll- te allerdings beachtet werden, da bei längerdauernden Fieberzu- ständen häufiger schwerwiegen- de Erkrankungen wie Tumoren, Kollagenasen und hartnäckige In- fektionen zugrunde liegen.

Fieberursachen

Die Ursachen eines so vieldeuti- gen Symptoms wie Fieber können hier nur ohne Anspruch auf Voll- ständigkeit dargestellt werden.

Bei ambulanten Patienten ist Fie- ber meistens bedingt durch eine leicht erkennbare Entzündung, ei- nen banalen Infekt, und ver- schwindet häufig wieder, ohne daß eine klare Ursache erkennbar wird. Befindet sich der Patient in schlechtem Allgemeinzustand, hat er langanhaltendes Fieber über drei Wochen, Symptome wie Gewichtsabnahme, Herzgeräu- sche, Milzvergrößerung, oder ist eine ambulante Behandlung aus anderen Gründen nicht möglich, sollte er stationär eingewiesen werden. Eine Übersicht über wichtige Erkrankungen bei Pa- tienten, die mit Fieber als Leit- symptom in einer Klinik aufge- nommen wurden, findet sich in Abbildung 1 (3) und eine systema- tische Übersicht über wiederholte Ursachen von unklarem Fieber in Tabelle 1 (2-6).

Man unterscheidet am einfach- sten vier Gruppen: Infektions- krankheiten, Tumorkrankheiten, Kollagenasen sowie eine Gruppe mit verschiedenen, seltenen Ursa- chen. Da eine vollständige Be- sprechung aller Fieberursachen hier nicht möglich ist, geben wir nur einige praktisch wichtige Hin- weise:

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Häufigste Infektionen bei am- bulanten Patienten sind banale Vi- rusinfekte, bei Krankenhausauf-

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Leitsymptom Fieber:

Ursachen für die Klinikeinweisung bei 311 Patienten

Harnwegsinfektionen Lungenentzündungen

Tuberkulosen

Virusinfektionen Infektiöse Mononukleosen

Tumoren M. Hodgkin

Kollagenosen Vegetive Dystonien

:•:;:;;;>:.:Ecf

Unklar geblieben

Verschiedene

Maßstab 10 20 30 Prozent

Abbildung 1: Leitsymptom Fieber — Ursachen für die Klinikeinweisung bei 311 Pa- tienten

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Leitsymptom Fieber

nahme entzündliche Erkrankun- gen der Atemwege, Harnwege, Gallenwege und Hirnhäute.

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Während stationärer Behand- lung und nach Operationen sollte besonders an „Katheterfieber"

(intravenös oder urogenital), post- operative Hämatome oder Absze- dierungen in Wunden, Fieber nach Medikamenten, Eiweißga- ben und Bluttransfusionen ge- dacht werden.

O Unter unklarem Fieber im en- geren Sinne versteht man über Wochen dokumentierte Fieberzu- stände über 38° C rektal, die auch nach einer Woche Untersuchung im Krankenhaus noch nicht ge- klärt sind. Hier suche man nach vier behandelbaren Infektionen:

Endokarditis, Tuberkulose, in- traabdominelle Abszesse und ver- steckte Infekte in Knochen (zum Beispiel Osteomyelitis, Sinusitis, Dentitis).

• Das Spektrum der Infektionser- reger zeigt einen zeitlichen be- ziehungsweise geographischen Wandel. Wir erleben gegenwärtig eine Renaissance der Staphylo- kokken gegenüber gramnegati- ven Bakterien. Tuberkulosen, Bru- cellosen, Toxoplasmosen, Spiro- chätosen und Pilzinfektionen sind in Deutschland seltener gewor- den, aber nicht ausgestorben. Vi- ren verursachen meist kein lang anhaltendes Fieber über drei Wo- chen. Ausnahmen: Infektiöse Mononukleose und Zytomegalie.

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Bei Fieber nach Auslandsreisen denke man weniger an exotische Viruserkrankungen, sondern vor allem an Malaria, die wichtigste Infektionskrankheit der Welt, fer- ner Amöbenabszesse, Enteritiden und Leishmaniosen.

• Schließlich sind vier „neue" In- fektionskrankheiten zu beachten:

Legionellose, das erworbene Im- mundefektsyndrom (AIDS), das to- xische Schocksyndrom und das mukokutane Lymphknotensyn- drom (nach Kawasaki).

Kollagenosen: Rheumatisches Fieber, rheumatoide Arthritis und Lupus erythematodes sind bei lang anhaltendem Fieber einfach zu erkennen, 'wenn ASL (Anti- strepto-Lysin), Rheumafaktor bzw. antinukleäre Antikörper be- stimmt worden sind.

Schwieriger ist der Nachweis ei- ner juvenilen rheumatoiden Ar- thritis, Vaskulitis wie Panarteriitis nodosa, Wegenersche Granulo- matose oder Arteriitis temporalis bei Polymyalgia rheumatica und das Sharp-Syndrom. Innerhalb der Kollagenosen führt eine Skle- rodermie praktisch nie zu Fieber.

• Klassische Ursachen aus der Gruppe der Tumoren sind M.

Hodgkin, Non-Hodgkin-Lympho- me, Leukämien und solide Tumo- ren, zum Beispiel Hypernephrom.

Manchmal finden sich auch Le- bertumoren und -metastasen, Mammakarzinome; seltener ga- strointestinale Tumoren, Bron- chialkarzinome, Prostatakarzino- me, Hauttumoren, ein Plasmozy- tom oder ein Vorhofmyxom.

• Erkrankungen der Leber verur- sachen gelegentlich unklare Fie- berzustände. Neben akuter Hepa- titis und raumfordernden Prozes- sen (Abszesse und Tumoren) kön- Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 15 vom 10. April 1985 (45) 1071

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nen, besonders bei einer Erhö- hung der alkalischen Phosphata- se, granulomatöse Erkrankungen (M. Hodgkin, Tuberkulose, Sarko- idose oder granulomatöse Hepati- tis unklarer Ursache) vorkommen.

Bei Leberzirrhose kommt es häu- figer zu Fieber, wahrscheinlich aber nicht direkt infolge der Le- berzirrhose, sondern aufgrund gehäufter Infekte (zum Beispiel spontane bakterielle Peritoniti- den) bei allgemeiner Abwehr- schwäche.

O Krankheiten des Magen-Darm- Kanals sind eine seltene, aber „oft vergessene" Ursache unklaren Fiebers: Typhus, Divertikulitiden, M. Crohn, Colitis ulcerosa und M.

Whipple.

O An Resorptionsfieber sollte bei größeren Hämatomen, Infarzierun- gen, rezidivierenden Lungenem- bolien und dissezierendem Aor- tenaneurysma gedacht werden.

O Eine Vielzahl von Medikamen- ten kann — wenn auch selten — mit Fieber verbunden sein. Praktisch bedeutsam sind fast alle Antibioti- ka, Amphotericin B (Ampho-Moro- nal®), Bleomycin, Methyldopa (zum Beispiel Aldometil®, Dopat- texal®), Serum- und Bluttransfu- sionen; dagegen führen Digitalis- präparate so gut wie nie zu Fie- be r.

O Selten findet man bei Fieberzu- ständen eine Stoffwechselkrank-

heit wie Mittelmeerfieber, zykli- sche Neutropenie, M. Fabry oder Hyperlipoproteinämie. Das Bei- spiel des Zinkfiebers sollte an die Möglichkeit exogener oder be- rufsbedingter Fiebertoxine den- ken lassen.

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Ohne organische Ursache kom- men erhöhte Temperaturen vor bei vegetativ labilen Personen bis maximal 38° C rektal. Bei Gesun- den sind auch Temperaturen von 39 bis 40° C rektal nach Anstren- gung möglich. Geringere Erhö- hungen der oralen Temperatur kommen bei Rauchern oder nach Kaugummikauen vor.

O Vorgetäuschte Fieberzustände sind selten, dann meist bei medi- zinisch ausgebildeten, verhaltens- gestörten Personen.

O Auch nach gründlicher Unter- suchung bleiben die Fieberzu- stände einiger Patienten unklar.

Sie können zunächst entlassen, müssen aber weiter beobachtet werden.

Fieber-Untersuchungsgang C) Anamnese

C) Klinische Untersuchung

®

Labor: Blutbild, BKS, Urin-Status, Leber, Tuberkulin-Test

® Röntgen: Thorax (NNH, U7.)gramm u. a.)

® Sonographie, Echokardiographie

® Kulturen: Urin-, Blut- max. 3 bis 6 u. a.

C) Serologie: (ASL, RF, ANA u. a.)

® Biopsien: Leber, Beckenkamm, LN u. a.

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Computer-Tomographie, Szintigraphie, Angiogra- phie oder explorative Laparotomie gezielt Tabelle 2

Untersuchungsgang bei Fieber Wenn die Fieberursache nicht nach der ersten Untersuchung auf der Hand liegt oder das Fieber in- nerhalb weniger Tage verschwin- det, kann die Klärung „Detektivar- beit" erfordern. Wenn auch an al- le Möglichkeiten gedacht werden muß — ist es nicht sinnvoll, sämt- liche Ursachen mit teuren Unter- suchungsmethoden zu prüfen.

Besser ist es, mit den bewährten ärztlichen Hilfsmitteln einer sorg- fältigen Anamnese und klinischen Untersuchung „kriminalistisch"

nach Spuren der versteckten Krankheit zu suchen und dann ge- zielt zu weiteren Untersuchungen (siehe Tabelle 2) überzugehen.

Sechs Fragen (4) sollten zu Be- ginn der Differentialdiagnostik von Fieber stehen:

1. Hat der Patient überhaupt Fie- ber? Man schließe vorgetäuschtes Fieber oder inzwischen abgeklun- gene Infekte aus!

2. Wenn ja, was für ein Typ von Fieber besteht? Beginn, Art und Verlauf? Der Fiebertyp führt zwar

— wie ausgeführt — für sich allein selten zu einer endgültigen Dia- gnose, zeigt aber differentialdia- gnostische Wege auf, die man weiter verfolgen sollte.

3. Frühere Erkrankungen, Opera- tionen, Unfälle und Medikamente vor Fieberbeginn? Manchmal sind ein fast vergessener Sturz, ein stumpfes Bauchtrauma Schlüssel zur Diagnose eines abdominellen Hämatoms oder Abszesses.

4. Umgebungsanamnese (Malaria und andere Tropenkrankheiten nach Auslandsreisen, Anthropo- Zoonosen nach Kontakt mit Tie- ren, Epidemien an der Arbeitsstel- le oder sexuelle Übertragungs- möglichkeit?).

5. Liegen andere lokalisierende Beschwerden oder Erscheinun- gen vor: Gelenkbeschwerden, Kopfschmerzen, Hautausschlä- ge, Lymphknotenschwellungen, Herzgeräusche der tastbare Resi- stenzen im Abdomen? Manche Patientin erinnert sich erst bei der gynäkologischen Untersuchung an ihren Ausfluß, mancher erst bei der rektalen Untersuchung an sei- ne Schmerzen (Perianalabszeß).

6. Finden sich Hinweise bei den ersten Laboruntersuchungen im Blutbild, BKS-Beschleunigung, Urin-Status, Leberenzymen — be- sonders alkalische Phosphatase — oder Tuberkulin-Hauttest? Dabei haben Leukozytose (meist bakte- rielle Infekte, Tumoren, einige Au- toimmun-Erkrankungen) oder ei- ne erhöhte BKS mehr den Wert ei- ner zusätzlichen Bestätigung ei- nes dem Fieber zugrunde liegen- den Krankheitsprozesses, tragen aber, außer bei Diskrepanz zum Fieber oder Extrem-Werten (Tu- morleiden!), wenig zur Differen- tialdiagnose bei.

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Leitsymptom Fieber

Eine wiederholte Anamnese und klinische Untersuchung, gegebe- nenfalls durch Konsil, und nur we- nige Laboruntersuchungen sind obligat und häufig ergiebiger als übereiltes Anordnen möglichst vieler bakteriologischer, immuno- logischer und röntgenologischer Untersuchungen. Außer einer Röntgenaufnahme der Lungen ist der Wert weiterer Untersuchun- gen umstritten und abhängig von Hinweisen bei den ersten Unter- suchungen. Fakultativ kommen Urin-Kulturen, drei — maximal sechs Blutkulturen, gepaarte Se- rum-Proben im Abstand von zwei bis vier Wochen bei Verdacht auf bestimmte Infektionskrankheiten oder ASL (Titerveränderung?), Rheumafaktoren und antinukleä- re Antikörper in Frage. Nichtin-

vasive Röntgenuntersuchungen, zum Beispiel Nasennebenhöhlen- Röntgen, Oberbauch-Sonogra- phie und Echokardiographie soll- ten im nächsten Untersuchungs- gang durchgeführt werden. Inva- sive oder aufwendige Untersu- chungen wie Biopsien aus Leber, Beckenkamm, Lymphknoten und anderen Organen, Computerto- mographie, szintigraphische Un- tersuchungen und Angiographien sollten nur gezielt bei entspre- chenden Hinweisen durchgeführt werden. Wenn auch in Einzelfäl- len, zum Beispiel durch Leber- biopsie, eine Fieberursache ge- klärt werden kann, rechtfertigt dies nicht den blinden Einsatz in jedem Fall. Dies gilt insbesondere für die früher gelegentlich durch- geführte explorative Laparotomie.

Literatur

(1) Lipton, J. M. (ed.): Fever, Raven Press, New York (1980) — (2) Dinarello, Ch. A.; Wolff, S. M.:

Fever, Current concepts, Upjohn Co. (1980)

—(3) Evers, J.: Zur Differentialdiagnose unklarer Fieberzustände. Dissertation Köln (1974) — (4) Gross, R.; Evers, J.: Unklares Fieber — diagno- stisch-therapeutische Taktik. Therapie-Woche 24 (1974) 5752-5755 — (5) Kaufmann, W. (et.

al.): Fieber-Hyperthermie-Hypothermie. The- rapie-Woche 32 (1982) 1417-1527 — (6) Murray, H. W. (ed.): FUO: Fever of undetermined ori- gin. Futura Publishing Co., Mount Kisco, New York (1983)

Anschriften der Verfasser:

Dr. med. Josef Evers Medizinische Klinik I Ostmerheimer Straße 200 5000 Köln 91

Professor Dr. med. Rudolf Gross Haedenkampstraße 5

5000 Köln 41

FÜR SIE GELESEN

Therapieresistente Hypertonien:

Rekanalisierung von Nierenarterien

In 0,2 bis 4 Prozent der Hyperto- nien liegt diesen eine Nierenarte- rienstenose zugrunde. Insbeson- dere therapieresistente schwere Hypertonien werden oft durch sol- che vaskulären Ursachen bedingt.

Besteht neben der Hypertonie auch eine zunehmende Nierenin- suffizienz, so wird häufig der Blut- druck auf die Nierenerkrankung zurückgeführt. Dennoch sollte auch bei zusätzlicher Niereninsuf- fizienz bei Hypertonie an eine re- novaskuläre Ursache gedacht werden. Durch eine operative Kor- rektur der Stenose können so- wohl die Hypertonie als auch die Niereninsuffizienz gebessert wer- den, während unter einer medika- mentösen Therapie eine Blut- drucksenkung mit einer Ver- schlechterung der Niereninsuffi- zienz einhergehen kann.

Bei 39 von 106 Patienten (37 Pro- zent) mit schwerer, therapeutisch unzureichend einstellbarer Hy-

pertonie (Vierfach-Therapie) fand sich eine renovaskuläre Ursache des Hypertonus. Bei 21 von 106 Patienten bestand neben der Hy- pertonie auch eine Niereninsuffi- zienz mit einem mittleren Kreati- ninwert von 2,8 ± 0,5 mg% (1,8 bis 6,1 mg%). Davon wiesen sogar 48 Prozent (10 von 21 Fällen) eine re- novaskuläre Ursache des Hyperto- nus auf. Es fanden sich entweder beiderseitig hochgradige arterio- sklerotische Nierenarterienverän- derungen oder unilaterale Nieren- arterienstenosen bei funktionslo- ser, kontralateraler Niere, letztere meist infolge eines Nierenarte- rienverschlusses. Auch unter sta- tionärer medikamentöser Thera- pie war es nicht möglich, den Blutdruck zu normalisieren.

Gleichzeitig kam es jedoch zu ei- ner Verschlechterung der Nieren- funktion in etwa der Hälfte der Fälle. Die chirurgische Rekanali- sierung oder perkutane translumi- nale Angioplastie (Dotterung) führte meist zu einer Besserung oder Stabilisierung der Nieren- funktion und zu einer besseren Blutdruckeinstellung in der Form, daß eine geringere antihyperten- sive Medikation ausreichend war.

Der Therapieerfolg konnte über eine Dauer von 10 bis 42 Monaten nachgewiesen werden.

Bei einer Hypertoniedauer von über fünf Jahren sinkt der Thera- pieerfolg nach chirurgischer Be- handlung einer Nierenarterienste- nose von 78 Prozent auf 25 Pro- zent. Demgegenüber fand Ling, trotz einer mittleren Hypertonie- dauer von 11,3 ± 2,1 Jahren, eine deutliche Besserung des Hoch- drucks nach Korrektur der Nieren- arterienstenose. Bei der Diagno- stik ist zu beachten, daß bei ein- geschränkter Nierenfunktion die üblichen Nachweismethoden ei- ner renovaskulären Hypertonie wie intravenöses Pyelogramm, Nierenszintigraphie, Reninbe- stimmung im Nierenvenenblut und ähnliches jedoch nur eine li- mitierte Treffsicherheit haben. Zu- dem muß vermehrt mit akutem Nierenversagen bei Kontrastnnit- telgabe gerechnet werden. bme

Ying, Ch., Y.; Tifft, Ch., P.; Gavras, H.; Choba- nian, A. V.: Renal revascularization in the azo- temic hypertensive patient resistant to thera- py. New Engl. J. Med. 311 No. 17 (1984) 1070-75 — Dr. Aram V. Chobanian, Boston Uni- versity School of Medicine, 80 E. Concord St., Boston, MA 02118, USA

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 15 vom 10. April 1985 (49) 1073

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