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Archiv "Arbeitskreis medizinischer Ethik-Kommissionen: Eine klare Vereinbarung treffen" (20.08.2012)

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ARBEITSKREIS MEDIZINISCHER ETHIK-KOMMISSIONEN

Eine klare Vereinbarung treffen

Häufig kommt es in der Humangenetik zu Zufallsbefunden. Doch wie geht man damit – vor allem in der Forschung – um? Mit dieser Frage beschäftigten sich Ärzte, Juristen und Ethiker.

A

lle Menschen streben von Na- tur aus nach Wissen“, schrieb schon Aristoteles. Doch ist wirklich jede Information ein Gewinn? Gibt es nicht auch ein Recht auf Nicht- wissen? Und wie muss richtig auf- geklärt werden? Mit diesen Fragen beschäftigte sich vor kurzem in Berlin die diesjährige Sommerta- gung des Arbeitskreises Medizini- scher Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland.

Prof. Dr. med. Peter Propping, Bonn, gibt zunächst zu bedenken, dass nur die wenigsten Abweichun- gen im Genom zu Erkrankungen führen würden. „Etwa jeder tau- sendste der etwas mehr als sechs Milliarden Bausteine unseres Erb- guts unterscheidet sich von Mensch zu Mensch“, sagt Propping. „Das sind insgesamt rund sechs Millio- nen Varianten.“ Neben den vielen harmlosen Mutationen und denen, die für eine monogene Krankheit verantwortlich seien, gebe es noch eine Vielzahl an Varianten, die an multifaktoriellen Erkrankungen be- teiligt seien.

Der Humangenetiker verweist auch auf das internationale 1 000-Ge- nom-Projekt, dessen Ziel es im We- sentlichen sei, einen frei zugängli- chen Katalog der menschlichen genetischen Vielfalt zu

erstellen. Inzwischen seien bereits die persönlichen Genome einiger Personen publiziert worden. Prop- ping geht davon aus, dass die Se- quenzierkosten für das persönliche Genom demnächst bei einigen Hun- dert Euro liegen werden. Dann sei von einer breiten Anwendung in der Forschung auszugehen.

Und wenn schließlich aufgrund der geringen Kosten auf alles getes- tet würde, gebe es auch keine Zu- fallsbefunde mehr, vermutet Prof.

Dr. iur. Jochen Taupitz, Mannheim.

Taupitz definiert Zufallsbefunde, oder Überschussinformationen, wie sie im Gendiagnostikgesetz ge- nannt werden, als Befunde, „die durch Untersuchungen bei Patien- ten oder Probanden innerhalb einer medizinischen Studie entstehen und potenziell die Gesundheit oder die reproduktiven Fähigkeiten der For- schungsteilnehmer betreffen und deren Erhebung im Rahmen der Zielsetzung der Studie nicht beab- sichtigt war“. Und inwieweit Infor- mation als Voraussetzung für die Einwilligung in medizinische For- schung erforderlich sei, sei juris- tisch seit langem umstritten. Tau- pitz schildert die unterschiedlichen Auffassungen: Eine Auffassung

geht davon aus, dass eine in - formierte Einwilligung

exakte Informationen voraussetzt.

Nach einer anderen Auffassung ist eine Pauschaleinwilligung möglich.

„Der minimale Kompromiss be- steht darin, dass die Probanden darüber informiert werden, dass die genetischen Untersuchungen durchgeführt werden.“

Für den Forscher stellt sich au- ßerdem die Frage: Soll ein Proband nur dann in eine Studie einge- schlossen werden, wenn er damit einverstanden ist, dass man ihm Be- funde mitteilt? Oder sollte man um- gekehrt diejenigen aus der Studie ausschließen, die alles über sich wissen möchten? Taupitz empfiehlt in jedem Fall, eine klare Vereinba- rung mit dem Probanden zu treffen, in welchen Fällen eine Information gegeben werden sollte.

Die Konsequenzen des Nichtwissens

Dr. Dirk Lanzerath vom Deutschen Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften, Bonn, plädiert für einen umsichtigen Umgang mit der Aufklärungspflicht, auch über mögliche Zufallsbefunde: „Mit dem Recht auf Selbstbestimmung ist nicht nur ein Recht auf Wissen ver- bunden, sondern auch ein Recht auf Nichtwissen.“ Gemeint sei damit ein „aufgeklärtes Nichtwissen“, das heißt, dass im Vorfeld über die Konsequenzen des Nichtwissens aufgeklärt werden müsse. Bei der Information stellten sich auch die Fragen nach dem Schweregrad der prognostizierten Erkrankung und danach, ob Angehörige oder Nach- kommen betroffen seien. Man müsse bei der Beratung die Infor- mationen also nach dem möglichen Nutzen für den Probanden kategori- sieren. Lanzerath hält es für die Aufgabe der Fachgesellschaften, die - se Kategorisierungen festzulegen.

Gisela Klinkhammer

Foto: Fotolia/vege

Deutsches Ärzteblatt

|

Heft 33–34

|

17. August 2012

P O L I T I K

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