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Archiv "Arbeitskreis medizinischer Ethik-Kommissionen: Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten" (06.12.2013)

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A 2354 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 49

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6. Dezember 2013

ARBEITSKREIS MEDIZINISCHER ETHIK-KOMMISSIONEN

Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten

Mit Datenschutz im Zeitalter umfassender elektronischer Überwachung und der Wahrung ethischer Standards bei der Nationalen Kohorte, der größten Gesundheitsstudie Deutschlands, befassten sich Ärzte, Juristen und Politiker in Berlin.

S

pontan war Peter Schaar der Einladung des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissio- nen in der Bundesrepublik Deutsch- land gefolgt. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Infor- mationsfreiheit wollte die Teilneh- mer aus aktuellem Anlass über Da- tenschutz im Zeitalter umfassender elektronischer Überwachung infor- mieren. Denn angesichts der kurz zuvor bekanntgewordenen Spähak- tionen gegen Bundeskanzlerin An- gela Merkel war die Besorgnis der Ethikkommissionen groß. Und die konnte Schaar zunächst auch nicht nehmen. „Tatsache ist, dass immer mehr Informationen über jeden von uns gespeichert werden: Im Dienste der Sicherung der Sicherheit wur- den und werden auf der Grundlage einer Vielzahl von Gesetzen Daten von Bürgern auf der ganzen Welt er- hoben, gespeichert und verarbeitet.“

Auch ohne gesetzliche Grundlage oder zumindest ohne Wissen der Öf- fentlichkeit würden Geheimdienste die weltweite Internetkommunikati- on überwachen, selbst wenn kein konkreter Anlass vorliege, sagte Schaar in Berlin.

Klare rechtliche Grenzen Aus dem Gesundheitswesen sei die Nutzung des Internets kaum mehr wegzudenken, ebenso wie die grenzüberschreitende Arbeitsteilung bei der Informationsverarbeitung im Medizinbereich. Für umso wichti- ger hält es Schaar, dass klare rechtli- che Grenzen gesetzt würden. „Das gilt auch und besonders beim Um- gang mit Gesundheitsdaten. Ge- sundheitsdaten sind besonders sen- sibel, sie gehören zu den intimsten Informationen über einen Menschen und betreffen häufig den Kernbe- reich der Persönlichkeit.“

Im Rahmen der Heilbehandlung seien medizinische Daten durch die ärztliche Schweigepflicht ge- schützt, für diese Daten bestehe auch Beschlagnahmeschutz. Doch der Schutz ende, sobald die medizi- nischen Daten zu Forschungszwe- cken genutzt würden. Schaar be- dauert es, dass es kein spezielles Forschungsdatengeheimnis gebe.

Unabhängig davon schütze jedoch das deutsche und europäische Da- tenschutzgesetz Gesundheitsdaten aufgrund ihrer Sensibilität beson- ders stark.

Die Aufbewahrung der Daten Die Forschung habe natürlich ein Interesse daran, einmal gewonnene Forschungsdaten weiternutzen zu dürfen. „Die Frage, die sich dann häufig stellt, ist die der Dauer der Aufbewahrung der Daten.“ Für un- zulässig hält der Datenschutzbeauf- tragte eine unbefristete Speiche- rung personenbezogener Daten und eine Verwendung zu vorher undefi- nierten Zwecken. Es bleibe abzu- warten, ob die neue Bundesregie- rung einheitliche Regelungen für die Verwendung von Bioproben zu Forschungszwecken, insbesondere ein „Biobankgeheimnis“, schaffen werde.

Innerhalb der Europäischen Uni- on und des Europäischen Wirt- schaftsraums bestehe ein „informa- tioneller Großraum“ in dem die Eu- ropäische Datenschutzrichtlinie gelte. Eine Übermittlung personen- bezogener Daten in europäische Staaten sei also unter denselben Voraussetzungen zulässig wie in Deutschland. Bei Datenübermitt- lungen ins außereuropäische Aus- land sei entscheidend, ob dort ein „angemessenes Datenschutzni- veau“ bestehe. Die Europäische

Foto: Fotolia/Jürgen Fälchle

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6. Dezember 2013 A 2355 Kommission könne verbindlich

festlegen, welche Länder ein ange- messenes Datenschutzniveau ge- währleisteten. „Das hat sie bislang für elf Länder getan. Die USA ge- hören – angesichts der aktuellen Entwicklungen wenig überraschend – nicht dazu“, betonte Schaar.

Die Nationale Kohorte

Die Übermittlung personenbezoge- ner Daten in die USA richte sich nach dem sogenannten Safe-Har- bor-Abkommen. Die Prinzipien dieses Abkommens seien streng und gewährleisteten ein hohes Da- tenschutzniveau. Wenn ein in den USA ansässiger Sponsor weder durch Safe-Harbor zertifiziert, noch bereit sei, die EU-Standard-Ver- tragsklauseln zu vereinbaren, dann sei die Übermittlung personenbezo- gener klinischer Studiendaten in die USA unzulässig. Abschließend for- derte Schaar dazu auf: „Wenn wir einen Vertrauensverlust bei klini- schen Studien verhindern wollen, dann müssen wir Datenschutz und Datensicherheit gewährleisten.“

Und das gilt sicherlich auch für die bisher größte Gesundheitsstudie Deutschlands, die Nationale Kohor- te, die vor kurzem offiziell gestartet ist (Deutsches Ärzteblatt, Heft 33–34/2013). In dieser bevölke-

rungsbasierten prospektiven Kohor- te, die von Prof. Dr. med. Dr.

Heinz-Erich Wichmann, München, vorgestellt wurde, werden vom kommenden Jahr an 200 000 per Zufallsprinzip ausgewählte Bürge- rinnen und Bürger zwischen 18 und 69 Jahren zunächst mit Hilfe von Interviews, Fragebögen und medi- zinischen Tests an 18 Studienzen- tren untersucht. Darüber hinaus werden allen Studienteilnehmern Blutproben entnommen und für spätere Forschungsprojekte in einer zentralen Bioprobenbank gelagert.

„Die Forscher wollen neue Er-

kenntnisse im Kampf gegen Herz- Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs, Atemwegserkrankungen und andere Volkskrankheiten gewin- nen“, berichtete Wichmann.

In einem Ethikkodex seien die ethischen Rahmenbedingungen der Nationalen Kohorte festgelegt wor- den, erläuterte Prof. Dr. iur. Jochen Taupitz, Mannheim. Ziele dieses Ethikkodexes sind Taupitz zufolge der Aufbau eines hohen Schutzni-

veaus zugunsten der Teilnehmer und die Wahrung der Prinzipien der guten wissenschaftlichen Praxis.

Die potenziellen Teilnehmer müss- ten von mit der Nationalen Kohorte vertrauten Ärzten aufgeklärt wer- den. Die Teilnahme sei freiwillig, ein jederzeitiger Widerruf möglich.

Personenidentifizierende Daten würden streng getrennt von den Forschungsdaten sowie den Bio- proben (bei einer unabhängigen Treuhandstelle) gehalten. For- schungsdaten und Bioproben wür- den pseudonymisiert gespeichert und ausgewertet.

Vor der Mitwirkung an der Stu- die würden die Teilnehmer gefragt, welche Art der weiteren Informati- on sie erhalten möchten und welche nicht. Auch das Recht auf Nicht- wissen werde selbstverständlich ge- wahrt. Lediglich im MRT-Teilpro- jekt werde das Recht auf Nichtwis- sen dadurch gewährleistet, dass Personen, die nicht über Untersu- chungsergebnisse informiert wer- den möchten, keine Bildgebung er- hielten. Datenschutz und IT-Sicher- heit würden durch die Festlegung eines Sicherheitskonzepts, die zen- trale Zusammenführung aller lokal erhobenen Daten und die Pseudo- nymisierung gewährleistet.

Ein weiteres Projekt, die Natio- nale Biobankinitiative, stellte Prof.

Dr. rer. nat. Michael Krawczak, Kiel, vor. Das Bundesforschungs- ministerium wollte mit den Richtli- nien zur Förderung einer Nationa- len Biomaterialbanken-Initiative

„die Vernetzung vorhandener Bio- materialbanken sowie deren inter- nationale Ausrichtung fördern“.

Ziel der Förderrichtlinie sei es, erstmalig eine deutsche Bioban- ken-Infrastruktur zu etablieren, um die führende Rolle in der interna- tionalen Biobank-basierten For- schung zu erhalten und auszubau- en. Die Fördermaßnahme solle si- cherstellen, dass in Deutschland vorhandene Schlüsselressourcen in die europäische Forschungsinfra- struktur für Biobanken integriert werden könnten. Standorte der Na- tionalen Biobank-Initiative sind Kiel, Berlin, Würzburg, Heidelberg

und Aachen.

Gisela Klinkhammer Über die Aktivitäten des Arbeitskreises Medizini-

scher Ethik-Kommissionen berichtete dessen Vor- sitzender, Prof. Dr. med. Joerg Hasford, München.

Der Verordnungsentwurf der Europäischen Kom- mission zur Neuregelung der klinischen Prüfung soll noch vor den Neuwahlen zum Europäischen Parlament am 25. Mai 2014 verabschiedet wer- den. „So, wie es gegenwärtig aussieht, haben sich unsere außerordentlich intensiven Bemühungen gelohnt: Ich denke, es besteht kein begründeter Zweifel, dass die Ethikkommissionen wieder im Text der Verordnung explizit genannt werden und am Genehmigungsverfahren aktiv beteiligt blei- ben.“ Etliche Formulierungen im Verhandlungsvor- schlag des Europäischen Parlaments widersprä- chen allerdings den Vorstellungen, die der Arbeits- kreis von einem adäquaten Patienten- und Pro- bandenschutz habe, räumte Hasford ein. Ende Ok- tober habe das Europäische Parlament den mit

wesentlichen Änderungen versehenen Verord- nungsentwürfen für Medizinprodukte und In- vitro-Diagnostika sowie einer Eröffnung der Ver- handlungen mit dem Europäischen Rat zuge- stimmt. Auch in diese Entwürfe seien wesentliche Forderungen des Arbeitskreises eingegangen. So werde für klinische Prüfungen jetzt eine zustim- mende Bewertung durch eine unabhängige Ethikkommission als Genehmigungsvorausset- zung gefordert, wobei bei multizentrischen Studi- en eine ethische Prüfung in jedem beteiligten Mitgliedstaat vorgesehen sei.

Der Arbeitskreis begrüßt die geplante Revision der Deklaration von Helsinki, die im Oktober in Fortaleza (Brasilien) beschlossen und verabschie- det wurde. „Der erste Eindruck ergibt, dass der Text jetzt mit Zwischenüberschriften deutlicher gegliedert ist und dass Biobanken zum ersten Mal explizit angesprochen werden“, betonte Hasford.

AKTIVITÄTEN DES ARBEITSKREISES

Die Teilnahme an der Nationalen Kohorte ist freiwillig, ein jederzeitiger Widerruf möglich.

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