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Archiv "Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen – Problem: Fremdnützige Forschung" (05.12.1997)

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aß die Ethik künftig eine herausragende Rolle ein- nehmen werde, dessen sei er sich gewiß, sagte der Prä- sident der Bundesärztekammer, Dr. med. Dr. h. c. Karsten Vilmar, anläßlich der 15. Jahresversamm- lung des Arbeitskreises Medizini- scher Ethik-Kommissionen in Köln.

Auch bei der diesjährigen General- versammlung des Weltärztebundes habe man sich mit zahlreichen ethi- schen Themen beschäftigt. So sei unter anderem die Novellierung der Deklaration von Helsinki vorge- schlagen worden.

Es gibt wohl kaum ein medizin- ethisches Thema, über das in letzter Zeit soviel diskutiert wurde wie die Forschung an Nichteinwilligungs- fähigen. Das wurde auch auf der Jahresversammlung der Ethik- Kommissionen deutlich, bei der durchaus kontroverse Auffassungen über die Stellungnahme „Zum Schutz nicht-einwilligungsfähiger Personen in der medizinischen For- schung“ der „Zentralen Ethik-Kom- mission“ (ZEKO) bei der Bundes- ärztekammer vertreten wurden.

Sicherung eines Mindestschutzes

Intention der Stellungnahme sei vor allem die Sicherung eines un- abdingbaren Mindestschutzes gewe- sen, sagte Uwe Fröhlich, wissen-

schaftlicher Mitarbeiter am Lehr- stuhl für Bürgerliches Recht, Zivil- prozeßrecht, Internationales Pri- vatrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Mannheim. Dabei habe man für medizinische For- schungseingriffe vier Fallgruppen unterschieden. „Fallgruppe 1“ seien Heilversuche, „Fallgruppe 2“ For- schungen mit allenfalls mittelbarem Nutzen für die Versuchsteilnehmer,

„Fallgruppe 3“ Forschungen mit

„gruppenspezifischem“ Nutzen, und

„Fallgruppe 4“ sei die ethisch nicht zu rechtfertigende, ausschließlich

„fremdnützige“ Forschung.

Vor allem für die umstrittene Fallgruppe 3 habe man „zwischen dem kantischen Autonomie- und dem Wohlfahrtsgesichtspunkt abwä- gen“ müssen, sagte Prof. Dr. Ludwig Siep, Direktor des Philosophischen Seminars der Universität Münster.

In der Stellungnahme heißt es daher, daß solche wissenschaftlichen Un- tersuchungen nur dann erlaubt sind, wenn der Nutzen für diese Patienten erheblich ist und die Risiken für ihn selbst minimal sind. Eine solche Un- tersuchung sei außerdem, so Fröh- lich, nur dann vertretbar, wenn ne- ben weiteren Schutzbestimmungen der gesetzliche Vertreter in Abhän- gigkeit von Willensbekundungen des Betroffenen eingewilligt hat.

Das reichte allerdings vielen Mitgliedern der Jahresversammlung nicht aus. „Die Vertreter der Ethik- Kommission in Münster sind der

Meinung, daß die mutmaßliche Ein- willigung mit der Rechtslage in Deutschland unvereinbar ist“, be- tonte Prof. Dr. med. Richard Toell- ner, Universität Münster. Dr. Hans- Georg Koch vom Referat Recht und Medizin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg machte dar- auf aufmerksam, daß gerade der hy- pothetische Wille von Kindern oft nicht feststellbar sei.

Diskussionen mit Behinderten

Prof. Dr. med. Dr. med. dent.

Heinz Pichlmaier, Vorsitzender der ZEKO, waren diese Einwände be- kannt. Er berichtete über seine aus- führlichen Diskussionen mit Behin- dertenverbänden, die die ZEKO aufgefordert hätten, die Stellung- nahme zurückzuziehen. Er verwies auch auf die von Prof. Dr. med. Dr.

phil. Dörner und Dr. med. Friedrich Leidinger im Deutschen Ärzteblatt (Heft 30/1997) vorgebrachte Kritik, auf die er in einem Leserbrief rea- giert habe (Heft 42/1997).

Der Arbeitskreis, der ebenfalls an Überlegungen zur Forschung mit einwilligungsunfähigen Personen arbeitete, stellt auf Vorschlag sei- nes wiedergewählten Vorsitzenden, Prof. Dr. med. Elmar Doppelfeld, die Ausarbeitung einer entspre- chenden Stellungnahme zunächst A-3317

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 49, 5. Dezember 1997 (17)

Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen

Problem:

Fremdnützige Forschung

Die Ethik-Kommissionen hätten sich mit einem „unge- heuer breiten Spektrum an Themen“ zu beschäftigen, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. med.

Dr. h.c. Karsten Vilmar, auf der 15. Jahresversammlung des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen En- de November in Köln. Diese Bandbreite an Themen wur-

de auch deutlich bei der umfangreichen Tagesordnung. So beschäftigten sich die Mitglieder des Arbeitskreises un- ter anderem intensiv und teilweise kontrovers mit der Stellungnahme der „Zentralen Ethik-Kommission“

bei der Bundesärztekammer „Zum Schutz nicht-einwilli-

gungsfähiger Personen in der medizinischen Forschung“.

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zurück. Denn falls die sogenannte Bioethik-Konvention unterzeichnet würde, müsse die Bundesregierung ein Ausführungsgesetz erlassen, er- läuterte Doppelfeld.

Mit nur wenigen Enthaltungen wurde eine von der Ethik-Kommissi- on der Bayerischen Landesärztekam- mer vorgelegte Beschlußvorlage zum

„Wechsel des Studiendesigns“ verab- schiedet. Darin werden die „Sponso- ren aufgefordert, vor einem geplan- ten Wechsel des Studiendesigns eine Zwischenauswertung durchzuführen, die Daten der Ethik-Kommission vor- zulegen und den Patienten anläßlich der Aufklärung über die Studienfort- setzung im geänderten Design über die wesentlichen Ergebnisse der Zwi- schenauswertung zu informieren“. Ei- nig war sich der Arbeitskreis auch in bezug auf die „Patienten-/Probanden- information im Rahmen eines biome- dizinischen Forschungsvorhabens“.

Patienteninformation

Die Patienteninformation sollte

„übersichtlich gestaltet sein, so daß der Patient beziehungsweise Proband in der Lage ist, den Inhalt, den geplan- ten Verlauf und insbesondere die Ge- fahren der Studie zu erfassen“. Dar- über hinaus sei sie in einer für den Lai- en verständlichen Weise abzufassen.

Eine auf Bitte der Deutschen Forschungsgemeinschaft erarbeitete vorläufige Stellungnahme zu „Unter- suchungen an entnommenem kör- pereigenen Material“ sieht vor, daß für Untersuchungen an Material „mit Personenbezug die Zuständigkeit der Ethik-Kommission zu bejahen ist.

Für Untersuchungen an Material, das nur bedingten Personenbezug auf- weist, ist eine genauere Überprüfung der Zuständigkeit erforderlich. Sollte eine Untersuchung an anonymisier- tem Material vorgelegt werden, ist ei- ne Anrufung der Ethik-Kommission nicht erforderlich.“ In entsprechen- den Fällen könnte sich also die Ethik- Kommission auf die Mitteilung an den Forscher beschränken, für das Forschungsprojekt bestehe keine Beratungs- beziehungsweise Vorla- gepflicht. Dies wurde als vorläufi- ges Ergebnis der Beratungen akzep- tiert. Gisela Klinkhammer A-3318

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(18) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 49, 5. Dezember 1997

B

eim Jahresempfang des Gesund- heitspolitischen Arbeitskreises der CSU (GPA) in München sagte Seehofer, er sei bereit, Vilmars Vorschläge nun „ernsthaft“ zu prüfen.

Diese Aussage sei nicht – wie in der Politik sonst üblich – die „höflichste Form der Absage“, sondern ehrlich gemeinte Absicht. Nach seinen Vor- stellungen sollten Abgaben auf ge- sundheitsschädliche Produkte vor al- lem für die Prävention verwendet werden, bekräftigte der CSU-Politi- ker. Denn die Prävention gehöre zu den „großen Themen der Zukunft“.

Der Minister forderte Ärzte- schaft und Krankenkassen auf, mehr Kraft und Energie darauf zu verwen- den, damit Früherkennungsuntersu- chungen und Präventionsangebote besser genutzt werden. Allein die Tat- sache, daß die Hälfte aller Todesfäl- le in Deutschland auf Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zurück- zuführen ist, sollte Anlaß genug sein, daß der Gesundheits-Checkup von den Ärzten viel intensiver angeboten werde. „Das darf dann auch mehr Geld kosten“, erklärte Seehofer.

Doch weitere Reformschritte?

Auf dem GPA-Jahresempfang, den Seehofer schon mehrfach als Fo- rum genutzt hatte, um seine gesund- heitspolitischen Gedankengänge ei- ner informierten Öffentlichkeit vor- zustellen, beschäftigte sich der CSU- Politiker ausführlich mit den Finanz- grundlagen der sozialen Sicherung.

Die Finanzierung könne nicht mehr ausschließlich an der Erwerbstätig- keit und an den Arbeitseinkommen

festgemacht werden. Auch lasse sich der Reformbedarf nicht allein mit den Folgen der deutschen Einheit und der hohen Arbeitslosigkeit begründen.

Seehofer relativierte damit zugleich Äußerungen, die er vor einem Jahr im gleichen Kreis getan hatte: die dritte Stufe der Gesundheitsreform werde seine letzte sein. Nach Auffassung zahlreicher Gäste des GPA-Jahres- empfangs kündigte der Bundesge- sundheitsminister mit seinen Aussa- gen zu den Finanzierungsgrundlagen der sozialen Sicherungssysteme die nächste Reform an – ohne jedoch den Eindruck erwecken zu wollen, es han- dele sich dabei um eine vierte Stufe der Gesundheitsreform.

Etwas weiter wagte sich der neue Vorsitzende des GPA, der CSU-Land- tagsabgeordnete Dr. med. Klaus Grö- ber, niedergelassener Arzt aus Berg am Starnberger See, vor. Gröber, der Ende Oktober überraschend zum Nachfolger von Professor Dr. med.

Wolfgang Pförringer gewählt worden war, schlug vor, bei der Festsetzung der Beiträge zur Gesetzlichen Kran- kenversicherung auch die beitragsfrei mitversicherten Familienangehörigen einzubeziehen. Überlegungen, wie sie etwa vom Vorsitzenden der KV Bay- erns, Dr. Lothar Wittek, kürzlich zu hören waren, kapitalintensive Unter- nehmen und auch Selbständige stär- ker zur Finanzierung der Sozialversi- cherung heranzuziehen, erteilte Grö- ber hingegen eine Absage.

Weiteren Reformbedarf sieht auch der Präsident der Bundesärzte- kammer. Dabei müsse gefragt wer- den, wo die Grenzen des Sozialstaates lägen und was von der Solidargemein- schaft noch bezahlt werden könne,

meinte Dr. Vilmar. JS

Gesundheitspolitischer Arbeitskreis der CSU

Seehofer läßt neue

Reformpläne erkennen

Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer kann sich nun offenbar doch mit einer lang- jährigen Forderung des Präsidenten der Bundesärztekammer anfreunden. Dr. med.

Dr. h. c. Karsten Vilmar hatte wiederholt angeregt, Abgaben auf gesundheitsschädliche

Produkte zu erheben. Die Einnahmen sollten der medizinischen Versorgung zukommen.

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