aus Tierversuchen gäben Anlass zur Hoffnung, dass zumindest eine Bes- serung der Symptomatik zu erzielen sei. Ohne genetische Forschung über viele Jahre zur Aufklärung der genetischen Ursache und des Ent- stehungsmechanismus wäre dies heute nicht möglich. „Es ist anzu- nehmen, dass erste Therapieansätze künftig auch für weitere genetisch bedingte Formen der mentalen Re- tardierung möglich sein werden.“
Die Bundesvereinigung Lebens- hilfe kritisierte, dass „trotz des ethisch und rechtlich fragwürdigen Forschungsansatzes“ das MRNET seit 2008 durch das Bundesfor- schungsministerium mit vier Millio- nen Euro gefördert worden sei. Das Ministerium begründete seine posi- tive Förderentscheidung damit, dass vor Beginn der Studie ein uneinge- schränkt positives Votum der feder- führenden Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Univer- sität Erlangen-Nürnberg und aller weiteren eingebundenen Ethikkom- missionen vorgelegen habe. Der jetzt vorliegende Verlängerungsan- trag um zwei Jahre sei Gegenstand einer Begutachtung durch ein inter- national besetztes Expertengremi- um gewesen. Ohne Angaben von weiteren Gründen teilte das BMBF dem Deutschen Ärzteblatt mit: „Die Gutachter haben sich aus fachlich- wissenschaftlichen Gründen gegen eine Verlängerung des Projektes ausgesprochen.“ Das Bundesfor- schungsministerium folge dieser
Anregung. ■
Gisela Klinkhammer
SCHWEIZ
Fremdnützige Forschung, unter Bedingungen
Die Wissenschaftskommission des Nationalrats ließ soeben das Humanforschungsgesetz passieren.
D
ie Schweiz ist dabei, die For- schung am Menschen in ei- nem Bundesgesetz umfassend zu re- geln und hat dazu mittels Volksab- stimmung eigens die Verfassung ge- ändert. Die Wissenschaftskommis - sion des Nationalrates (vergleichbar dem Wissenschaftsausschuss des Deutschen Bundestages) ließ am 14.Januar 2011 das Humanforschungs- gesetz (HFG) mit 15 zu zwei Stim- men bei sechs Enthaltungen passie- ren. Das Schweizer Parlament, der Nationalrat, wird voraussichtlich in seiner Frühjahrssession darüber ab- stimmen. Mit seiner Zustimmung ist zu rechnen. Denn bereits am 7. März 2010 hatten die Schweizer Bürger in einer Volksabstimmung die Bundes- verfassung zugunsten der Human- forschung geändert.
Gemäß dem neuen Artikel 118 b erlässt der Bund nunmehr Vorschrif- ten über die Forschung am Men- schen. Er hat dabei den Persönlich- keitsrechten wie auch der For- schungsfreiheit und der Bedeutung der Forschung für Gesundheit und Gesellschaft Rechnung zu tragen.
Forschung bedarf zwar grundsätz- lich der Einwilligung der hinrei- chend aufgeklärten Person, möglich ist aber auch Forschung an Urteils- unfähigen, selbst dann, wenn sie keinen unmittelbaren Nutzen davon haben; in diesen Fällen dürfen die Risiken und Belastungen nur mini- mal sein. Die Schweizer haben die- ser Verfassungsänderung mit 77 Pro - zent zugestimmt.
Das HFG folgt diesen Vorgaben und unterscheidet bei Forschungen an Kindern und Jugendlichen, an urteilsunfähigen Erwachsenen und auch an Strafgefangenen säuberlich zwischen direktem und nichtdirek- tem Nutzen. In beiden Fällen muss
eine Einwilligung vorliegen, entwe- der des Probanden oder seines ge- setzlichen Vertreters, einer Vertrau- ensperson oder eines nahen Ver- wandten. Fremdnützige Forschung muss zudem „wesentliche Erkennt- nisse“ erwarten lassen, „die Perso- nen mit derselben Krankheit oder Störung oder in demselben Zustand längerfristig einen Nutzen bringen können“. Auch dürfen Belastung und Risiken im Sinne der Verfas- sungsänderung nur minimal sein.
Zur Vorgeschichte
Die Vorgeschichte des HFG reicht bis 1998 zurück, Anstoß gab die sogenannte Bioethikkonvention des Europarats von 1997. Versuche, auch individuelle Heilversuche, in das HFG aufzunehmen und zumin- dest eine Pflicht zur Information des Patienten festzuschreiben, schlu - gen bislang fehl. Die Wissen- schaftskommission des Nationalrats hat stattdessen den Schweizer Bun- desrat (Bundesregierung) aufgefor- dert, die Rechtslage zu klären und Vorschläge zu machen, sollten sich Gesetzeslücken ergeben.
Die „Neue Zürcher Zeitung“
(vom 9. Januar 2011) erinnerte an den Fall eines Baseler Onkologen, der zwischen 1988 und 2000 circa 200 Brustkrebspatientinnen mit Lipoteichonsäure behandelt hatte, die für die Behandlungen an sich nirgends zugelassen gewesen sei, offenbar ohne die Patientinnen zu- vor zu informieren. Der Onkologe sei vom Schweizer Bundesgericht, das einen Fall zu verhandeln hat - te, allerdings 2008 freigesprochen worden, da der Arzt überzeugt ge- wesen sei, die Patientin gut behan-
delt zu haben. ■
Norbert Jachertz
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