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Archiv "Medizinische Ethikkommissionen: Keine Forschung ohne Einwilligung" (24.12.2001)

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ie Erleichterung war den Mitglie- dern des Arbeitskreises medizini- scher Ethikkommissionen in der Bundesrepublik Deutschland deutlich anzumerken – nach Jahren intensiver Vorarbeiten hatten sie auf ihrer Jahres- versammlung am 24. November in Köln einstimmig Empfehlungen zu Epidemio- logie und Datenschutz verabschiedet.

Darin heißt es, dass eine personen- bezogene genetische Untersuchung grundsätzlich nur aufgrund einer frei- willigen und informierten Zustimmung erfolgen soll; das gelte auch im Rahmen der Forschung. An die Wirksamkeit dieser Einwilligung seien wegen der be- sonderen Sensibilität genetischer Daten hohe Anforderungen zu stellen, so die

„Empfehlungen für die öffentlich-recht- lichen Ethikkommissionen hinsichtlich der Beurteilung epidemiologischer Stu- dien unter Einbeziehung genetischer Daten“. Das gelte besonders, falls eine so genannte prädiktive genetische Dia- gnostik bei gesunden Menschen vorge- sehen sei. Vor einer derartigen Untersu- chung sei ein ausreichendes Informati- ons- und Beratungsangebot zu allen we- sentlichen Aspekten der zu untersu- chenden Krankheit beziehungsweise Krankheitsdisposition zu fordern.

Für die Untersuchung genetischer Merkmale im Rahmen von epidemiolo- gischen Studien liege die Entscheidung über die Teilnahme grundsätzlich beim Probanden beziehungsweise bei dessen gesetzlichem Vertreter. Jedes Drängen zur genetischen Diagnostik, jeder Au- tomatismus müsse vermieden werden.

Zu berücksichtigen sei auch, dass ge- währte oder in Aussicht gestellte Vor- teile eine unangemessene Beeinflus- sung enthalten könnten. Die Proban- den seien in verständlicher Form über das Ziel der Untersuchung zu informie- ren. Das Recht auf Nichtwissen müsse in gleicher Weise wie das Recht auf Wissen gewährleistet werden.

Die Aufbewahrung, Verwendung und sonstige Nutzung von Gewebeproben er- fordere grundsätzlich die Zustimmung des Betroffenen, heißt es in den Empfeh- lungen. Je tiefer die Untersuchung oder die Verwendung des Materials in die Per- sönlichkeitssphäre des Probanden oder Dritter eingreife, umso höher seien die Anforderungen an die informierte Zu- stimmung des Betroffenen. Personenbe-

zogene Daten seien zu anonymisieren, sobald es nach dem Forschungszweck möglich ist. Die Ethikkommission sollte die Möglichkeit, Art und Zuverlässigkeit der Anonymisierung genau prüfen. Der Proband sei darauf hinzuweisen, dass die Anonymisierung – in seinem Interesse – eine Information über Untersuchungser- gebnisse ausschließt.

Nicht anonymisierte genetische Da- ten müssten in besonderer Weise vor dem Interesse und der Nachfrage Drit- ter geschützt werden, da sie dem Kern der Persönlichkeit eines Menschen zu- zurechnen seien. Ein Zugang zu geneti- schen Daten dürfe nur nach einer Ent- bindung von der Schweigepflicht erfol- gen. Kinder und Jugendliche sollten auf- grund der großen Tragweite genetischer Studien nur dann als Studienteilnehmer einbezogen werden, wenn pädiatrische Fragestellungen untersucht werden oder konkrete Präventionsmaßnahmen beziehungsweise therapeutische Konse- quenzen infrage kämen.

„Minimal risk“

Forschung an Kindern und Nichteinwil- ligungsfähigen wurde auch in Zusam- menhang mit der Good-Clinical-Prac- tice-(GCP-)Richtlinie thematisiert. Der Vorsitzende des Arbeitskreises, Prof.

Dr. med. Elmar Doppelfeld, wies darauf hin, dass die Richtlinie die Mitgliedstaa- ten der Europäischen Union aufforde- re, die klinische Prüfung von Arznei- mitteln bei Kindern sowie bei ande- ren nichteinwilligungsfähigen Personen zu regeln. Dabei seien als Grundbe- dingungen „minimal risk and minimal burden“ einzuhalten – Termini, die sich schon im „Menschenrechtsübereinkom-

men zur Biomedizin“ des Europarates (Konvention von Oviedo) fänden.

Ministerialrat Hans-Jürgen Hofmann vom Bundesgesundheitsministerium er- läuterte den Stand der Umsetzung der GCP-Richtlinie in deutsches Recht. Die- se Richtlinie wurde im April dieses Jah- res publiziert. Bis Ende 2003 sind zahlrei- che Einzelbestimmungen in nationales Recht zu implementieren, ab Mai 2004 müssen diese angewandt werden. Viel Neues hatte Hofmann allerdings nicht zu berichten, da der Referentenentwurf noch nicht vorgelegt werden konnte. Er kündigte jedoch an, dass die in Deutsch- land bewährte Einrichtung des Leiters der klinischen Prüfung beibehalten wer- den könne. Die Rolle der Ethikkom- missionen sei noch nicht ausdiskutiert.

Doppelfeld wies darauf hin, dass es be- dauerlich sei, wenn das Votum einer ein- zigen Ethikkommission als ausreichend angesehen würde. „Dass die Verbände der pharmazeutischen Industrie das ho- he Lied des ,ein Land, eine Ethikkom- mission‘ gerade in diesen Wochen und Monaten besonders laut singen, wird nie- manden wundern“, stellte er fest.

Einstimmig angenommen wurde auch ein Datenschutzpassus bei der kli- nischen Prüfung von Arzneimitteln, wo- nach sich der Patient damit einverstan- den erklärt, dass „ein autorisierter und zur Verschwiegenheit verpflichteter Be- auftragter des Auftraggebers, der zu- ständigen deutschen oder ausländischen Überwachungsbehörde oder der zu- ständigen Bundesoberbehörde in meine beim Prüfarzt vorhandenen personen- bezogenen Daten Einsicht nimmt, so- weit dies für die Überprüfung der Studie notwendig ist“. Für diese Maßnahme werde der Prüfarzt von der Schweige- pflicht entbunden. Gisela Klinkhammer P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 51–52½½½½24. Dezember 2001 AA3417

Medizinische Ethikkommissionen

Keine Forschung ohne Einwilligung

Einigung auf Empfehlungen zur Beurteilung

epidemiologischer Studien und einen Datenschutzpassus

zur klinischen Prüfung von Arzneimitteln

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