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Zwischenbilanz zur Gesprächskonzeption der Anwendungspraxis

Im Dokument Frank & Timme (Seite 88-95)

3 Gespräch und Gesprächskompetenz im Kontext der professionellen

3.1 Das Gespräch als Produkt – Konzepte und Perspektiven der

3.1.4 Zwischenbilanz zur Gesprächskonzeption der Anwendungspraxis

der institutionellen Gesprächsproduktion und Kommunikationsarbeit in Callcen-tern lassen sich die zentralen Befunde der ratgeberbasierten Gesprächskonzepti-on verstehen und erklären: Gespräche in der telefGesprächskonzepti-onischen Kundenbetreuung sind aus wirtschaftlicher Perspektive Teil eines umfassenden Produktpaketes.

Die Beratungsleistung, die Entgegenahme und Bearbeitung von Kundenanliegen am Telefon umschließen als Servicedienstleistung das eigentliche Produkt und machen damit einen Teilaspekt der Gesamtleistung und der durch Kunden wahrgenommen Produktqualität aus. Callcenter übernehmen, egal ob als interne Unternehmenseinheiten oder als externe Dienstleister, diesen interaktiv-kommunikativen Aspekt des Produktpaketes: Das Kundengespräch ist ein dukt und damit die Ware, mit der sie ihren Umsatz sichern. Damit werden Pro-duktionsmaßstäbe, die beispielsweise für die Warengüterproduktion gelten, auf die professionalisierte Kundenkommunikation übertragen (vgl. Kap. 2.3). Diese Maßstäbe lassen sich jedoch nur bedingt für den Bereich der mündlichen Kom-munikation unter Realbedingungen ansetzen, zumal dabei die Planung, Steue-rung und Kontrolle der Gesprächsproduktion nur einseitig, vom Unternehmen her, gedacht wird. Zwar werden die Kunden zunehmend in die Rationalitäten, Verfahrens- und Kommunikationslogiken der Organisationen eingepasst, letzt-lich bleiben sie doch immer zu einem gewissen Grad eine unkontrollierbare und

nicht steuerbare Variable im Dienstleistungserbringungsprozess (vgl. Kap. 2.4).

Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive ist damit der Kunde Quelle von Unsi-cherheit, der als unberechenbare Größe die Produktion der Dienstleistungsarbeit beeinflusst.

„Die Sicherstellung einer gleichbleibenden Qualität des Dienstleistungsprozesses und -ergebnisses ist aufgrund der Integration des ‚Fremdfaktors’ in den Prozess der Dienstleistungserstellung kaum möglich. [...] Die Integration des Fremdfaktors kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn es sich bei dem Fremdfaktor um ein Individuum handelt, das im Rahmen der Dienstleistungserstellung auf das Individuum Mitarbeiter trifft.“ (Seidel 2007, 30)

Vor diesem Hintergrund ist die Ratgeberliteratur und Trainingspraxis zum pro-fessionellen Telefonieren angesiedelt. Sie dominiert eine unidirektional-sprecherzentrierte und technologisch-instrumentalistische Perspektive auf das Komplexphänomen ‚Gespräch’ (vgl. Lägel 2017, 112 ff. und 2014, 11 f.; Berg-mann 1999, 233 f.; Fiehler 1999a, 28 f.). Im Kern wird mündliche Kommunika-tion in erster Linie auf den Aspekt der sprecherseitigen Beziehungsarbeit redu-ziert und als Anwendung entsprechender Gesprächstechniken didaktisiert (vgl.

Antos 1996, 114). Im konzeptionellen Vordergrund steht die Produktperspekti-ve, nicht ein auf Interaktion gründendes Prozessverständnis. Zutreffend ist der Befund Bergmanns, die im Rahmen ihrer linguistischen Analyse rhetorischer Ratgeberliteratur zu folgendem Schluss kommt (Bergmann 1999, 233):

„Die Ratgeber präsentieren sich der technikverwöhnten Leserschaft als „Kommunikati-onstechnologie“, deren Konstruktionsmechanismen nur gelernt werden müssen. In die-ser betont zweckrational-technologischen Betrachtungsweise reduziert sich Kommuni-kation auf eine erlernbare Technik, auf Handwerk. [...] In der Industriegesellschaft ist technologisches Denken die vorherrschende Denkart. [...]. Es gibt nach allgemeiner Auffassung klare Richtlinien und Gesetze, nach denen z.B. ein Gerät konstruiert ist und funktioniert. Solche Regeln werden schließlich ebenso von der Kommunikation erwar-tet und von den Ratgebern erwartungsgemäß entwickelt.“

Das Eisberg-Modell und die auf die Telefonkommunikation applizierte 13-87-Regel verbaler und nonverbaler Wirkungsfaktoren stehen im gesprächstheoreti-schen Kern der Ratgeberpraxis. Sie liefern die Grundlage für die didaktigesprächstheoreti-schen Empfehlungen und Anweisungen und rechtfertigen die gesprächskonzeptionelle Beziehungsbetonung. Die Telefonie-Ratgeber gründen auf ein sprecherzentrier-tes Kommunikationskonzept, das den ko-produktiven und kooperativen Part des Gesprächspartners beschneidet und sich im Spannungsfeld zwischen Kooperati-on und KKooperati-onfrKooperati-ontatiKooperati-on bewegt. Die Folge ist eine bereits im KKooperati-onzept angelegte

Entmündigung des Gesprächspartners. In den der Ratgeberpraxis zugrundelie-genden Modellvorstellungen hat dieser seinen Platz vordergründig als zu steu-ernde, zu kontrollierende und mitunter zu überwindende Variable im Kommuni-kationsprozess. Dabei ist der Blick auf den Gesprächspartner oder Kunden als intervenierende Variable durchaus ambivalent: Aus wirtschaftlicher Perspektive sind Kundes das wichtigste Gut und zugleich die potentiellen Störquellen der standardisierten Kommunikationsarbeit. Aus rhetorischer Perspektive stellen sich Kunden als potentielle Widerstände den Agentenzielen entgegen. Aus in-teraktionaler Perspektiver sind Kunden aktive Mitgestalter und -lenker der Ge-spräche. Insgesamt dominiert in der Ratgeberliteratur jedoch ein Kundenbild, das Kunden als Gesprächspartner als Gegenspieler oder Widerständler konzi-piert. Diese ratgeberbasierten Annahmen über die Kunden prägen letztlich auch das ‚Partnermodell’ (Deppermann/Blühdorn 2013, 9) vieler Agenten. Das Part-nermodell, verstanden als die modellhafte (meta-)kognitive Repräsentation der Gesprächspartner, ist entscheidende Grundlage für Praktiken der Turnkonstruk-tion und der Herstellung von Interaktivität in Gesprächen (vgl. ebd.).

„Das Partnermodell ist immer perspektivisch: Es ist ein Modell des Sprechers vom Ad-ressaten. Dies muss keineswegs identisch sein mit dem, was der Rezipient selbst glaubt, fühlt, erwartet etc. bzw. welcher sozialen Kategorie er tatsächlich bzw. nach seiner ei-genen Definition zugehört. Ob das Partnermodell korrekt ist bzw. vom Partner akzep-tiert wird, kann oft nur im Zuge interaktiver Aushandlung geklärt werden.“ (Depper-mann/Blühdorn 2013, 9)

Die auf diesem Gesprächs- und Partnermodell basierenden didaktischen Emp-fehlungen der Ratgeber setzen mit Hinweisen und Techniken vorrangig auf den Abbau bzw. die Überwindung des potentiellen Widerstands der Kunden, nicht aber auf die Integration des ‚Fremdfaktors’ mit seinen Interessen, Absichten und Zielen in den gemeinsam zu verantwortenden Gesprächsprozess. Diese statische Produktperspektive negiert zudem den interaktiven Prozesscharakter mündlicher Kommunikation und damit die wechselseitige Beeinflussung beider Gesprächs-partner (zum Konzeptualisierungsproblem aus gesprächsanalytischer Perspekti-ve vgl. Fiehler 1999a, 33 f.). In Konflikt gerät das ratgeberbasierte Gesprächs- und Partnermodell auch in Bezug auf den Aspekt der Beziehungsarbeit und der mit ihr verbundenen Wertschätzungsmaxime. Innere Haltung und äußeres Ge-sprächsverhalten der Agenten erfordern einen wertschätzenden Umgang mit dem Kunden, der, wie die Ratgeber fordern, einen ehrlichen Kern haben soll.

Gleichzeitig aber unterläuft das von den Autoren gezeichnete Kundenbild den wertschätzenden Umgang, zumindest solange es den Gesprächspartner als feind-selig, widerspenstig oder gar minderwertig modelliert.

Während die unternehmensseitigen Rationalisierungs- und Standardisierungs-maßnahmen am Normalfall ansetzen (vgl. Kap. 2.4), versucht die Ratgeberlite-ratur die Komplexität mündlicher Kommunikationsprozesse auf eine überschau-bare Anzahl typischer Situationen und Kunden zu reduzieren, für die sie das jeweils optimale Rezept mitliefert. Erfolgreiches Gesprächshandeln und kom-munikative Kompetenz werden so auf eine materielle Dimension leicht zu erler-nender Regeln und Techniken reduziert, denen im Kompetenzmodell der Ratge-berpraxis das Hauptgewicht zukommt. Zugleich betonen die Autoren auch die Bedeutung der immateriellen Dimension gesprächskompetenten Handelns. Die-ser der Technikanwendung komplementäre Aspekt kommunikativer Kompetenz betrifft nach Meinung der Autoren die innere Haltung und Einstellung der Agen-ten, ihre Zuhör- und Empathiefähigkeit und ihre Intuition. Die ‚richtige’ Intuiti-on bildet in dieser Lesart den Angemessenheitsmaßstab für gelingendes Sprech-handeln. Diese weichen, psychosozialen Aspekte entziehen sich jedoch dem didaktischen Zugriff. Insgesamt stößt hier die Ratgeberpraxis an eine metho-disch-didaktische Grenze bei der Vermittlung und Ausbildung interaktiver Kompetenzen. Zwangsläufig verlegt sie sich auf die Didaktisierung der techni-schen und regelbasierten Seite des Kompetenzkonzeptes. In der Gesamtschau fehlt es v.a. an Fokussierung und Operationalisierung der erwähnten weichen, psychosozialen Aspekten der Interaktion, denen im Kundengespräch eine enor-me Bedeutung zukommt (vgl. Habscheid 2003, 211). Welche interaktiven und prozessualen Kompetenzen in der telefonischen Kundenbetreuung in Callcen-tern von Belang sind, auch vor dem Hintergrund der institutionellen Rahmenbe-dingungen der Kommunikationsarbeit, wird in Kapitel 3.3 herausgearbeitet.

Damit soll dem hier angesprochenen Theoriedefizit der Ratgeber- und Callcen-terpraxis begegnet und ein Brückenschlag zwischen der wissenschaftlichen Theorie in die Anwendungspraxis unternommen werden.

Vor dem Hintergrund der Beobachtungen von Studierenden des Callcenter-Praxistages bei der davero dialog GmbH am 04.12.2014 wurden die kommuni-kationsstrategischen Leitlinien der Callcenterbranche Kundenorientierung, Ziel-orientierung und aktive Gesprächsführung kritisch beleuchtet und diskutiert.

Wie sich zeigt, stehen diese allzuoft in Widerspruch und zwingen letztlich die Agenten zum Spagat zwischen den widersprüchlichen Maximen. So ist bei-spielsweise wirkliche Kundenorientierung in der Kommunikationsarbeit nur möglich, wenn die Agenten mit anderen Ziel-, Gesprächs- und Qualitätsvorga-ben brechen: Die Kundenberater müssen hierfür ein Stück der geforderten akti-ven Gesprächsführung dem Kunden überlassen und ihm Raum im Gesprächsge-schehen zubilligen, der konzeptionell oftmals nicht vorgesehen ist; sie müssen zwischen den Kundenzielen und den ökonomischen Unternehmenszielen

ver-mitteln, wenn diese nicht deckungsgleich ausfallen; dafür müssen sie grundle-gend zwischen den wirtschaftlichen und kommunikativen Zielen unterscheiden lernen und eine Zielpriosierung vornehmen; sie müssen Standardvorgaben und -lösungen individuell variieren (vgl. Kap. 2.4), um in Einklang mit den Be-dürfnissen ihrer Kunden zu gelangen. Letztlich müssen sie erfahren und lernen, den Regeln und Rezepten der Ratgeber auch hin und wieder zu misstrauen und dafür Vertrauen in die eigene Kommunikationsbiographie und die darin begrün-dete Kompetenz aufzubauen.

Diese, hier an der Maxime der Kundenorientierung beispielhaft illustrierten, dilemmatischen Begleiterscheinungen der Kommunikationsarbeit im Kontext der professionellen Telefonie werden von den Ratgebern kaum thematisiert.

Wohl aber arbeiten die Autoren der Praxishandbücher aus der Coach-Perspektive an der Motivation und inneren Haltung ihrer Zielgruppe. Die kon-zeptionelle Alleinverantwortung für das Gelingen und Scheitern von Gesprä-chen mag ein Grund für diese Tendenz zum Motivations-Coaching sein.

Gleichwohl scheint in diesem Motivationsaufbau kein nachhaltiger Weg im Umgang mit der genuin spannungsreichen Kommunikationsarbeit zu liegen.

Dies zumindest lassen die bis heute hohen Fluktuationszahlen in Callcentern vermuten. Dem komplexen Prozess von gelingender Verständigung in der Kommunikation scheint die Ratgeberliteratur überwiegend nicht gewachsen, allerdings lassen sich, v.a. in jüngeren Praxishandbüchern, Tendenzen einer zu-nehmend ganzheitlichen und auf wissenschaftlichen Grundlagen fußenden Ge-genstandsbetrachtung ausmachen. Das der Anwendungspraxis zugrundeliegende Gesprächskonzept bewegt sich zwischen der Integration vs. Steuerung der Kun-den; zwischen Normierung vs. Flexibilität; zwischen Abschottung vs. Beteili-gung und zwischen massenproduktähnlicher Fließbandarbeit und filigraner Ma-nufaktur.

Der hier verfolgte Ansatz stellt lediglich einen ersten Schritt zur Rekonstruktion des der Praxis zugrundeliegenden Gesprächskonzeptes dar. Um nachhaltige Veränderungsprozesse der Gesprächspraxis in Callcentern anzustoßen, bedarf es hier weiterführender, umfassend methodischer Untersuchungen, die sich auf ei-ne breite empirische Datenbasis auch unterschiedlicher Datenquellen stützen.

Die datengestützte Erschließung der unterschiedlichen Ausgangskonzepte in Theorie und Praxis scheint grundlegend, um den Ausgangspunkt für nachhaltige Veränderungsprozesse ausmachen zu können. Hierfür braucht es ein methodi-sches Vorgehen, das sich der Gesprächspraxis und der ihr zugrundeliegenden alltagsweltlichen Theorie mit Offenheit und gewissermaßen vorurteilsfrei annä-hert. Denkbar wäre hier ein Vorgehen etwa nach dem zirkulären Forschungsstil der Grounded Theory. Ein Vorteil des Vorgehens nach dem methodischen

An-satz der Grounded Theory Method (GTM) liegt in der Vielfalt der Datenarten, die in die Theoriebildung einfließen und die im Rahmen der Projektarbeit ange-fallen, bisher aber weitgehend ungenutzt geblieben sind: Beobachtungen der Te-lefonie und von Schulungsmaßnahmen und Coachings; Gespräche mit Personal-entwicklern und Teamleitern; Selbstauskünfte und Erfahrungsberichte der Agenten und die diese Daten dokumentierenden Beobachtungs- und Ge-sprächsprotokolle. Auch eine gezielte Erhebung weiterer Daten zur Rekonstruk-tion des Gesprächskonzeptes in der professionellen Telefonie wäre denkbar. So könnten qualitative Interviews mit in der Praxis tätigen Personalentwicklern und Agenten Aufschluss darüber geben, wie das ‚Gespräche-Führen’ mit seinen the-oretischen und didaktischen Implikationen gedacht wird. Als Auswertungsver-fahren bieten sich rekonstruktive Methoden an, vorzugsweise die qualitative In-haltsanalyse, insbesondere die Variante der inhaltlich-strukturierenden Inhaltsanalyse (vgl. Schreier 2014, Art. 18, Absatz 8). Die in der vorliegenden Arbeit als relevant ermittelten Aspekte der Gesprächskonzeption der Ratgeberli-teratur (Unidirektionalität und Sprecherzentrierung; Überbetonung der Bezie-hungsebene; technologische und instrumentalistische Orientierung; Konfrontati-on und Steuerung des Gesprächspartners anstelle vKonfrontati-on IntegratiKonfrontati-on usw.) könnten hier einen ersten Orientierungsrahmen bieten. Sie können als theoriegeleitete Kategorien an das Material herangetragen werden und durch weitere induktiv an den Daten entwickelten Oberkategorien ergänzt und durch Unterkategorien spe-zifiziert werden (vgl. ebd. Absatz 11).

3.2 Das Gespräch als Prozess – relevante Aspekte der Gegenstandsbe-stimmung für die professionelle Telefonie

Den ratgeberbasierten Modellvorstellungen sollen hier die wissenschaftlichen Auffassungen und Konzeptionen gegenübergestellt werden. Auf den ersten Blick mag diese zweifelsfrei nicht neue Darstellung grundlegender Aspekte der wissenschaftlichen Gesprächskonzeption redundant erscheinen, sie erfolgt je-doch an dieser Stelle aus verschiedenen Gründen: Um das Spannungsfeld auf-zeigen zu können, in welchem die Untersuchungen und die darauf basierenden Optimierungsansätze im Rahmen der Projektarbeit angesiedelt sind, ist es not-wendig, die divergierenden Perspektiven auf Gespräche in der Theorie und An-wendungspraxis in Kontrast zu setzen. Wie gezeigt wurde, nimmt sich sowohl die Ratgeberliteratur als auch die Schulungspraxis in Callcentern reduktionis-tisch aus, weshalb mit der nachfolgenden Darstellung die Komplexität des Ge-genstandes ‚Gespräch’ und des ‚Gespräche-Führens’ verdeutlicht werden soll.

Zudem speist sich die Projektarbeit und das Promotionsprojekt vielfach aus

die-sem Grundlagenwissen. Daher werden gezielt die theoretischen Aspekte heraus-gearbeitet, die sich für das Untersuchungsfeld – Gespräche in der professionel-len Telefonie –als besonders relevant erwiesen haben. Die Beurteilung der Rele-vanz theoretischer Grundlagen stützt sich v.a. auf die Beobachtungen und Erfahrungen, die bei der Konzeption und Umsetzung konkreter Schulungsmaß-nahmen in Callcentern gesammelt wurden.

Die Darstellung fußt auf sprechwissenschaftlichem und linguistischen Grundla-genwissen, wobei den linguistischen Grundlagen größeres Gewicht zukommt, da sich sprechwissenschaftliche Erkenntnisse meist auf den Anwendungsfall

‚Gesprächsführung’ konzentrieren. Nimmt man jüngere sprechwissenschaftliche Einführungswerke in den Blick, so z.B. die „Grundlagen der Sprechwissenschaft und Sprecherziehung“ von Pabst-Weinschenk aus dem Jahr 2004 oder die „Ein-führung in die Sprechwissenschaft“ von Bose et al. aus dem Jahr 2016, fällt auf, dass eine Theorie des Gesprächs nur am Rande erörtert wird. Bei Pabst-Weinschenk findet sich eine Abhandlung dazu unter der Gegenstandsbestim-mung von ‚Rhetorischer Kommunikation’ (2004, 110 f.) bei Bose et al. werden Grundlagen mit Fokus auf mögliche ‚rhetorische Gesprächsklassifikationen’

(Neuber 2016c, 114 ff.) expliziert, wobei allerdings der Darstellung möglicher Klassifikationsansätze eindeutiges Gewicht zukommt.

Ausgangspunkt der Betrachtungen bilden die für den Anwendungsfall der professionellen Telefonie relevanten, grundlegenden wissenschaftlichen Positi-onen zu Theorie und Wesen der mündlichen Kommunikation (Kap. 3.2.1). Im anschließenden Kapitel 3.2.2 erfolgt eine Darstellung der unterschiedlichen Aufgabenebenen und der auf sie bezogenen Leistungen, die Beteiligte im Ge-sprächsprozess erbringen und interaktiv bearbeiten müssen. Darunter fallen grundlegende Prinzipien wie das der Kooperation, Verfahren der Situations- und Themensteuerung (Kap. 3.2.2.2 und 3.2.2.4), strukturelle Verfahren wie die Ge-sprächsorganisation (Kap. 3.2.2.3) sowie Aufgabenbereiche der Beziehungsge-staltung als konstitutiven Gesprächsbestandteil, etwa bei der Imagearbeit und dem Ausdruck von Höflichkeit (Kap. 3.2.2.5). Im darauffolgenden Kapitel 3.3 schließt sich die Darstellung der Auffassungen und Konzepte zum Begriff der Gesprächskompetenz an. Diese münden in einer zusammenführenden Betrach-tung von zentralen Dimensionen und Aspekten kommunikativer Kompetenz in der telefonischen Kundenbetreuung. Das Ziel liegt in der theoriebasierten Mo-dellierung kommunikativer Kompetenzen, welche in der Anwendungspraxis als differenzierte Konzeption zur Qualifikation der Mitarbeiter dienen kann. So soll dem angesprochenen Theoriedefizit der Ratgeber- und Anwendungspraxis be-gegnet und der Versuch eines Brückenschlages zwischen wissenschaftlicher Theorie und praktischer Anwendung unternommen werden.

3.2.1Wissenschaftliche Erkenntnisse mit Relevanz für Gespräche im

Im Dokument Frank & Timme (Seite 88-95)