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Kapitel 4: Zustellung

IV. Moderne Zustellungsformen

3. Zustellung via E-Mail

a) Zustellung gem. §§ 208 bis 212 i.V.m. 170 ZPO a.F.

Nach der derzeitigen Gesetzeslage ist eine Zustellung mittels E-Mail aufgrund der fehlenden Eigen-schaft der Verkörperung des elektronischen Dokuments unzulässig. Erforderlich ist gem. § 170 ZPO

230 Gemäß § 5 Abs. 2, 1. und 2. HS VwZG kann an Behörden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschafts-prüfer, vereidigte BuchWirtschafts-prüfer, Steuerberatungsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprü-fungsgesellschaften das Schriftstück auch gegen ein mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekennt-nisübermitteln.

231 OVG Hamburg, NJW 1996, 1226

232 OVG Hamburg, NJW 1996, 1226.

233 So auch BVerwGE 58, 100.

234 OVG Weimar, ThürVBl 1999, 286.

235 Volbers, S. 109.

a.F. nämlich, daß dem Zustellungsempfänger eine beglaubigte Abschrift bzw. eine Ausfertigung zugeht. Beide stellen ein Schriftstück dar, dessen wesentliche Eigenschaft die Verkörperung einer Gedankenerklärung ist. Eine derartige Verkörperung liegt hier aber nicht vor. Somit könnte eine Zustellung mittels E-Mail nur durch eine Gesetzesänderung ermöglicht werden.

Voraussetzung für eine Zustellung via E-Mail müßte dann sein, daß der Empfänger über eine E-Mail-Adresse verfügt und diese ausdrücklich für den gerichtlichen Verkehr angegeben hat. Der Grund liegt darin, daß viele Inhaber einer E-Mail ihre Mailbox anders als den Briefkasten nicht re-gelmäßig kontrollieren. Dadurch könnte sich ihr Recht auf rechtliches Gehör verkürzen. Eine Zu-stellung der Klageschrift via E-Mail ist daher bei dem ersten Kontakt mit dem Empfänger nicht zu-lässig, es sei denn, bei dem Empfänger handelt es sich um einen Rechtsanwalt, der bereits im Vor-feld für alle gerichtlichen Mitteilungen seine E-Mail-Adresse zur Verfügung gestellt hat.

Problematisch stellt sich der Beweis des Zustellungszeitpunktes dar. Hier kann nicht auf den Zeitpunkt abgestellt werden, der dem Absender einer E-Mail in seiner Mailbox unter dem Punkt

„gesendete Nachrichten“ angezeigt wird oder auf den Zeitpunkt, an dem der Computer dem Absen-der nach dem Sendevorgang anzeigt, die E-Mail sei erfolgreich versendet worden. Diese Informa-tion kann nur darüber Auskunft geben, daß ein elektronischer Kontakt zu der E-Mail-Adresse des Empfängers stattgefunden hat, nicht aber ob der Adressat den Inhalt der E-Mail vollständig und leserlich wahrnehmen konnte. Oft ist es nämlich so, daß der Adressat Anhängsel (Attachements), die ihm zugesandt wurden, z.B. aufgrund der mangelnden Ausstattung seines Computers oder auf-grund mangelnder Kenntnis nicht öffnen kann. In solchen Fällen wird dem Absender dennoch eine erfolgreiche Sendung zu einem bestimmten Zeitpunkt angezeigt. Zweck der Zustellung ist es aber, dem Zustellungsempfänger durch die Zustellung sicher Kenntnis des Inhalts des Dokuments und dem Zustellungsabsender den Beweis der Kenntnisnahme zu ermöglichen. Dieser ist bei einem Ab-stellen allein auf die Anzeige des Absender-Computers über den Erfolg und den Zeitpunkt der Über-sendung nicht mehr gewahrt. Erforderlich ist daher, daß der Zustellungsempfänger ein Empfangs-bekenntnis abgibt, sobald er das Dokument erhalten hat, Kenntnis davon nehmen konnte und den Willen hat, es als Zustellung entgegenzunehmen.

Damit läge dieselbe Situation wie bei der Zustellung gem. § 198 oder § 212a ZPO a.F.. Wie oben bereits dargestellt, ist eine derartige Zustellung nur bei Personen vertretbar, bei denen aufgrund ihres Berufes von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann. Für eine Zustellung per E-Mail mit der Möglichkeit eines Nachweises durch Empfangsbekenntnis kann nichts anderes gelten.

b) Zustellung Zustellung von Anwalt zu Anwalt und gegen Empfangsbekenntnis

Eine Zustellung via E-Mail könnte in der oben beschriebenen Art und Weise ausgeführt werden. Bei dem dort genannten Zusteller- und Zustellungsadressaten-Kreis ist der Nachweis der Zustellung eines elektronischen Dokuments bereits gegen die Erteilung eines Empfangsbekenntnisses möglich.

Zu beachten ist aber, daß bei der Zustellung durch die Post ein verschlossener Umschlag übergeben wird. Bei der Übermittlung über das Internet wird das elektronische Dokument dagegen über viele Stationen an das Ziel geleitet, so daß hier datenschutzrechtliche Probleme auftreten. Diesen kann aber durch eine Verschlüsselung des elektronischen Textes durch den öffentlichen Schlüssel des Adressaten begegnet werden. In diesem Falle ist der elektronische Text nicht mehr lesbar und eine Umwandlung in die ursprüngliche Form nur dem Adressaten mit Hilfe seines privaten Schlüssels möglich.

Dem Erfordernis der Unterschrift kann durch das Anhängen einer elektronischen Signatur an das elektronische Dokument entsprochen werden. Fraglich ist hier, welche Qualität eine derartige elektronische Signatur haben sollte. Bei der Zustellung von Dokumenten, welche hauptsächlich der Information dienen, ist eine einfache elektronische Signatur, welche den Aussteller erkennen läßt, als ausreichend anzusehen. In den anderen Fällen, in denen die Dokumente eine Beweisfunktion haben und sich aus ihnen, wie beispielsweise bei einem Urteil, weitere Folgen (wie die der Voll-streckbarkeit) ergeben, ist hingegen eine qualifizierte bzw. akkreditierte elektronische Signatur er-forderlich.

Bei einer derartigen Zustellung und der Möglichkeit des Nachweises für den benannten Per-sonenkreis, stünde der Zustellung via E-Mail kein Hindernis im Wege, da alle Zwecke der Zustel-lung durch diese Form der Übertragung gewahrt wären. Aufgrund des immer schneller werdenden Rechtsverkehr und dem dadurch immer größer werdenden Bedürfnis nach schnellen Entscheidun-gen, ist eine derartige Zustellung sogar notwendig. Erforderlich ist damit eine Ergänzung der

§§ 198, 212a ZPO a.F. dahingehend, daß nicht nur die Zustellung eines Schriftstücks, sondern auch die eines elektronischen Dokuments möglich ist. Auch das Empfangsbekenntnis muß mittels eines elektronischen Dokuments gesendet werden können, da auf Seiten des Gerichts ein Empfänger mit ausreichender Zuverlässigkeit steht.

c) E-Mail-Zustellung statt Zustellung durch Aufgabe zur Post

Durch die Zustellung mittels E-Mail kann dem Recht des Empfängers auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren in den Fällen des § 175 ZPO a.F. (Aufgabe zur Post) besser Genüge getan

wer-den. In diesen Fällen trägt der Empfänger das Postrisiko, d.h. das Risiko, daß der Postweg länger dauert als die gesetzte Frist oder daß das Schriftstück gar nicht ankommt. Der Zeitpunkt der Zustel-lung wird fiktiv auf den Zeitpunkt der Aufgabe gelegt, die tatsächliche ZustelZustel-lung kann je nach Postweg aber eine geraume Zeit in Anspruch nehmen. Bei der Zustellung via E-Mail erhält der Empfänger die elektronische Post dagegen innerhalb weniger Sekunden, so daß er bei einer derarti-gen „Zustellung durch Aufgabe zur Post“ die vollen Fristen ausschöpfen könnte. Unverzichtbar ist aber bei einer Zustellung auf diesem Wege, daß der Empfänger ausdrücklich seine E-Mail-Adresse für die regelmäßigen Teilnahme am Rechtsverkehr angegeben hat.

Problematisch könnte sein, daß der Absender durch die Zeiteinstellung in seinem Computer den Zugangszeitpunkt manipulieren könnte. Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post gem. § 175 Abs. 1, S. 2 ZPO a.F. kann aber nur durch den Gerichtsvollzieher bzw. gem. § 213 ZPO i.V.m. § 175 Abs.

1, S. 2 ZPO a.F. nur durch einem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfolgen. Bei diesen Person kann bei der Zustellung durch Aufgabe zur Post sowohl auf herkömmlichen als auch auf elektroni-schem Wege davon ausgegangen werden, daß sie keine Manipulationen vornehmen. In diesem Fall kann der Zusteller bezüglich des Erfolges und des Zeitpunktes des Zugangs beim Adressaten von der Information seiner Mailbox ausgehen, da die Kenntnisnahmemöglichkeit des Empfängers nicht notwendig ist.

Allerdings sollte im Anschluß an eine Zustellung per E-Mail eine Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolgen, sofern bei der Zustellung per E-Mail nach dem Abschicken der Nachricht die Mel-dung des Fehlschlagens der Übermittlung in der Mailbox angezeigt wird. Mit anderen Worten für das Abschicken einer E-Mail sollte die Meldung der erfolgreichen Übermittlung in der Mailbox236 erforderlich sein. Das Abwarten der Meldung in der Mailbox erfordert keinen großen Zeitaufwand, da sie meist schon Sekunden nach dem Abschicken erfolgt.

4. Zusätzliche Zustellung durch Veröffentlichung im World Wide Web als