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Kapitel 4: Zustellung

IV. Moderne Zustellungsformen

2. Zustellung per Telefax

a) Zustellung gem. §§ 208 bis 212 i.V.m. 170 ZPO a.F.

Bei einer Zustellung per Telefax würde die Faxvorlage beim Gericht verbleiben. Das ankommende Fax müßte eine beglaubigte Abschrift oder eine Ausfertigung darstellen, denn dadurch würde ge-währleistet, daß es mit dem Original übereinstimmt und von dem Aussteller stammt. Dies ist jedoch bei einem Telefax zu verneinen. Zwar handelt es sich bei der Telekopie um ein Schriftstück. Auf diesem Schriftstück muß jedoch bei der Ausfertigung das Dienstsiegel bzw. der Dienststempel so-wie bei der beglaubigten Abschrift die eigenhändige Unterschrift und (bei einer Behörde) auch das Dienstsiegel angebracht sein. Dies dient dem Zweck, daß das Schriftstück im Verkehr die Urschrift ersetzen soll, also dem Beweis, daß die Ausfertigung bzw. die beglaubigte Abschrift der Urschrift entspricht. Aufgrund der großen Manipulationsmöglichkeit beim Telefax kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß sie mit der Urschrift übereinstimmt. Auch ist die Unterschrift bzw. das Siegel auf der Telekopie nur in Kopie vorhanden.

Entscheidend ist hier der Zweck der Zustellung. Der Beweis der Möglichkeit der Kenntnis-nahme des Schreibens ist für den Absender nach der Rechtsprechung schwierig, da das Fax während der Übertragung abgefangen und verändert weitergeleitet oder an eine andere Faxnummer bzw. gar nicht weitergeleitet werden kann, ohne daß das Sendeprotokoll des Absenders diese Fehler bemerkt.

Durch die Möglichkeit, daß das Telefax nicht oder unbemerkt verändert beim Empfänger anlangt, wird auch das Recht des Empfängers auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren geschmälert.

Das Sendeprotokoll kann daher höchstens als Indiz im Rahmen der freien richterlichen Beweiswür-digung dienen (siehe oben Kapitel 2 III. 2. zum Beweiswert der Absendeerkennung und des Sende-berichts beim Telefax).

Die Rechtsprechung läßt die Einreichung bestimmender Schriftsätze via Telefax zu,225 da der Zweck der Schriftform bei diesen Schriftsätzen nicht schwerpunktmäßig auf der Beweisfunktion liegt. Dies gilt im Fall der Zustellung nicht, hier hat die Beweisbarkeit der Zustellung eine entschei-dende Bedeutung.

Eine Empfangsbestätigung ist außerhalb des Verkehrs mit Rechtsanwälten oder ähnliche ver-trauenswürdigen Berufsgruppen nicht interessengerecht. Zwar ist der Mißbrauch bei einer Übertra-gung mittels Telefax nicht ausschließlich durch den Adressaten zu befürchten, sondern auch und gerade dadurch, daß Dritte das Fax unbemerkt abfangen, ändern und dann weiterleiten oder eben nicht (umgehend) weiterleiten. Jedoch beruht die Möglichkeit dieser Zustellungsform nicht auf der Befürchtung der Manipulation durch den Adressaten oder Dritte. Vielmehr geht es darum, daß bei Rechtsanwälten und ähnlich vertrauenswürdigen Berufsgruppen im Rahmen ihrer Tätigkeit erwartet werden kann, daß sie der Zustellung die entsprechende Wichtigkeit beimessen und bei Kenntnis und Empfangsbereitschaft umgehend das Empfangsbekenntnis zurücksenden. Die Zulassung der Zustel-lung gegen Empfangsbekenntnis für alle Empfänger ist nicht möglich, da eine Mitwirkung bei der Zustellung nicht generell von allen erwartet werden kann. Es bestünde die Gefahr, daß der Zustel-lungsempfänger aus Nachlässigkeit oder böswillig das Empfangsbekenntnis nicht oder verspätet zurücksendet, so daß sich die Zustellungszeitpunkt verzögert wird.

b) Zustellung von Anwalt zu Anwalt

Eine Zustellung per Telefax ist von Anwalt zu Anwalt im Parteibetrieb gem. § 198 ZPO a.F. zuläs-sig. Zum Nachweis der Zustellung genügt dabei gem. § 198 Abs. 2 ZPO a.F. das mit Datum und Unterschrift versehene schriftliche Empfangsbekenntnis des Anwalts, dem zugestellt worden ist.

Die Erleichterung der Zustellung an Rechtsanwälte liegt darin begründet, daß bei diesem von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann (s.o.).

Bei der Anwaltszustellung ist die Art und Weise der Übermittlung eines Schriftsatzes nicht vorge-schrieben. Sie kann per Einlage in dessen Gerichtsfach, Aushändigung, einfachen Brief, Boten oder auf sonstige Weise erfolgen.226 Demnach ist auch eine Zustellung per Telefax zulässig, da auch hier dem anderen Anwalt ein Schriftstück übermittelt wird. Einer beglaubigten Abschrift oder Ausferti-gung bedarf es nicht. Das Empfangsbekenntnis kann ebenfalls mittels Telefax übermittelt werden, da dieses die Form der Schriftlichkeit wahrt. In Zusammenhang mit dem schriftlichen

225 Siehe Kapitel 1.

226 Vgl. dazu Musielak, § 195 n.F., Rdnr. 1; Zöller-Stöber, § 195 n.F., Rdnr. 8.

kenntnis des Rechtsanwalts nach § 212a ZPO entschied der BGH227 allerdings, daß dieses eigen-händig unterschrieben sein müsse und eine durch Faksimile-Stempel hergestellte Unterschrift nicht genüge. Dabei bezog sich das Gericht auf seine bisherige und auf die schon vom Reichsgericht zu

§ 198 und § 212a ZPO a.F. sowie zu § 5 Abs. 2 VwVfG entwickelte Rechtsprechung. Daraus, daß der Faksimile-Stempel vom BGH als unzureichend eingestuft wird, kann aber nicht darauf ge-schlossen werden, daß eine mittels Telefax vollständig übertragene Unterschrift nicht genügen soll.

Auf eine eigenhändige Unterschrift kommt es entgegen der Ansicht des BGH gem. § 198 Abs. 2 ZPO a.F. nicht an. Ausreichend ist eine wie auch immer erstellte Unterschrift. Lediglich Initialen oder Faksimile genügen nicht.

Die Zustellung ist mit der Aushändigung des Empfangsbekenntnisses vollendet. Für die Zu-stellung ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Empfänger von dem Zugang des Schriftstücks Kenntnis erlangt und bereit ist, dieses entgegenzunehmen.228 Die Zustellung eines Urteils an einen Rechtsanwalt ist durch die Entgegennahme des Schriftstücks und Bearbeitung durch das Kanzlei-personal noch nicht bewirkt, da der Anwalt von dem Zugang des zuzustellenden Schriftstücks Kenntnis erlangen muß, bevor er entscheidet, ob er es als zugestellt ansehen will.229

c) Zustellung gegen Empfangsbekenntnis

Auch bei der Zustellung von Amts wegen an einen Anwalt, einen Notar oder einen Gerichts-vollzieher oder an eine Behörde oder Körperschaft des öffentlichen Rechts ist eine einfachere Zu-stellungsform gem. § 212a ZPO zulässig. Die Art der Übermittlung ist nicht festgelegt. Ausreichend für den Nachweis der Zustellung ist auch hier das mit Datum und Unterschrift versehene schriftliche Empfangsbekenntnis des Zustellungsempfängers. Somit ist die Zustellung mittels Telefax möglich.

Das OLG Frankfurt hat in seiner Entscheidung vom 7.1.2000 die auf richterliche Anordnung hin erfolgte Zustellung einer Abschiebungshaftanordnung durch Zustellung an den Anwalt des Be-troffenen per Telefax als zulässig erkannt. Die Zustellung gelte als bewirkt, wenn der Anwalt das ihm per Telefax übermittelte Empfangsbekenntnis mit Datum und Unterschrift versehen zu den Ge-richtsakten reicht. Mit § 212a ZPO werden die Vorteile der Zustellung von Anwalt zu Anwalt (§ 198 ZPO a.F.) für die von Amts wegen zu bewirkenden Zustellungen übernommen. Dies ist nach

227 BGH, NJW 1989, 838.

228 So u.a. BGH, NJW 1979, 2566.

229 BGH, NJW 1991, 234.

Auffassung des Senats mit der in § 5 VwZG230 enthaltenen Regelung vergleichbar, nach der ein Schriftstück bei der Zustellung an bestimmte Personenkreise (u.a. Rechtsanwälte) auch „auf andere Weise“ als durch Aushändigung durch den zustellenden Bediensteten der Behörde übermittelt wer-den kann.

Im Verwaltungsrecht ist es längst anerkannt, daß gerichtliche Entscheidungen per Telefax an Anwälte zugestellt werden können und den Lauf der Rechtsmittelfrist auslösen, wenn Zustellungs-absicht und Empfangsbereitschaft vorhanden sind.231 Nach einem Beschluß des OVG Hamburg ist die Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung an den bevollmächtigten Rechtsanwalt per Telefax wirksam. Die Zustellung per Fax bedeutet eine Übermittlung „auf andere Weise“ 232 nach § 56 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 2 VwZG.233 Zu Recht weist das OVG Weimar234 darauf hin, daß seit lan-gem die Ordnungsmäßigkeit per Telefax an das Gericht übermittelter Schriftsätze anerkannt sind und es nur konsequent sei, der technischen Entwicklung auch durch die entsprechende Erweiterung der Übermittlungsmöglichkeit gerichtlicher Entscheidungen und Verfügungen Rechnung zu tragen.

Die vereinfachte Zustellung i.S.d. § 5 Abs. 2 VwZG dient der Verwaltungsvereinfachung und gleichzeitig einer Kostenersparnis. Durch diese Vorschrift wird in die dort aufgeführten Personen und Gesellschaften ein besonderes Vertrauen gesetzt.235 Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die in § 5 VwZG und in § 212a ZPO genannten Adressaten unterschiedlich behandelt werden soll-ten. Auch Zustellung im Rahmen des § 212a ZPO muß an diesen erweiterten Adressatenkreis zuläs-sig sein.