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Änderungen durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und

Kapitel 2: Form- und fristgerechte Einreichung von Schriftstücken und Dokumenten bei

II. Zulässigkeit der Einlegung auf elektronischem Weg

2. Änderungen durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und

Rechtsgeschäfts-verkehr

Die Bundesregierung hat das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und an-derer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr verabschiedet, das am 01.08.2001 in Kraft trat.131

Die Änderungen der prozessualen Schriftform knüpfen an die Überlegungen an, die der An-passung der materiell-rechtlichen Formvorschriften in diesem Gesetz zugrunde liegen. Daher wird auf diese genauer eingegangen.

In bestimmten Fällen besteht laut der Regierungsbegründung132 im materiellen Recht das Problem, daß die Schriftform vorgeschrieben sei, es tatsächlich aber nicht auf eine Schriftform mit eigenhän-diger Unterschrift ankomme, sondern lediglich auf Schriftlichkeit der Erklärung. Demgegenüber existiere durch die mit einer elektronischen Signatur signierten elektronischen Dokumenten eine neue Form, die eine der Schriftform äquivalente Sicherheit aufweise. Daher werden durch das Ge-setz zwei neue Formen in das BGB eingeführt, die „Textform“133 und die „elektronische Form“.134

128 So GmS-OGB, NJW 1980, 172, 174, der sich ausführlich mit der Rechtsprechung zu den Ausnahmen zum Schrift-lichkeitserfordernis befaßt.

129 So u.a. BGH, NJW 1993, 1126, OLG Hamburg, NJW 1990, 1613; OLG Hamm, NJW 1991, 1185; a.A. OLG Düs-seldorf, NJW 1992, 1050; OLG Hamm, NJW 1992, 1705.

130 Holzhauer, S. 262 ; Elzer/Jacoby, ZIP 1997, 1821, 1828.

131 BGBl. I, S. 1542-1549.

132 BT-Drs. 14/4987.

133 㤠126b BGB

Hintergrund der Regelung bei der Textform war laut der Regierungsbegründung, bestehende Form-erfordernisse herabzustufen, wenn die Fixierung einer Erklärung in lesbaren Schriftzeichen zwar angebracht, auf die eigenhändige Unterschrift und das Urkundenerfordernis aber zu verzichten sei.

Dies wird insbesondere bei Vorgängen ohne erhebliche Beweiswirkung und bei nicht erheblichen oder leicht wieder rückgängig machbaren Rechtsfolgen einer Erklärung gesehen, also in den Fällen, in denen der Beweis- und Warnfunktion der Schriftform ohnehin kaum Bedeutung zukommt. Dies beträfe beispielsweise Massenvorgänge mit sich wiederholenden, meist gleichlautenden Erklä-rungen. Maßgeblicher Beurteilungsmaßstab für die Entscheidung, welche Tatbestände im Einzelnen für die Textform geöffnet werden sollten, sei die zu gewährleistende Sicherheit im Rechtsverkehr.

Die Textform ist laut Regierungsbegründung nur für solche Formtatbestände vorgesehen, bei denen eine ausreichende Sicherheit auch gegeben sei, wenn beispielsweise lediglich eine Kopie der Erklä-rung (z.B. Telefax) oder die ErkläErklä-rung ausschließlich mittels telekommunikativer Einrichtungen übermittelt werde. Dies gelte vor allem für Tatbestände, bei denen keiner der Beteiligten und auch kein Dritter ein ernsthaftes Interesse an einer Fälschung der Erklärung haben kann.

Der Vergleichsmaßstab, nach dem zu entscheiden sei, ob die strenge Schriftform erforderlich ist, besteht laut Regierungsbegründung in der Frage nach dem funktionalen Mehrwert, der einer Verwendung der eigenhändigen Unterschrift bzw. (künftig) der elektronischen Signatur gegenüber einer nicht eigenhändig unterzeichneten bzw. einer signierten Erklärung zukomme. So sei für die Warnfunktion maßgeblich, ob die eigenhändige Unterschrift bzw. die Verwendung einer elektroni-schen Signatur für den Erklärenden eine Warnung über die Reichweite seiner Erklärung beinhalte, die ohne eigenhändige Unterschrift nicht gewährleistet ist.

Sowohl im Falle eines traditionell beschriebenen Papiers als auch einer Kopie oder eines als Fax oder E-Mail übermittelten Dokuments ist die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abzugeben.

Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muß die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluß der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden.“

134 㤠126a BGB

(1) Soll die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden, so muß der Aus-steller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten e-lektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz signieren.

(2) Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in der in Absatz 1 bezeichneten Weise elektronisch signieren.“

Da die eigenhändige Unterschrift auch die Funktion des räumlichen Abschlusses eines Textes hat, muß für die Textform wegen der entbehrlichen Unterschrift in anderer Weise das Erklärungsen-de und damit die Ernstlichkeit Erklärungsen-des Textes Erklärungsen-deutlich gemacht werErklärungsen-den. Hier entspricht das Gesetz Erklärungsen-der Entscheidung des GmS-OGB, indem es für die Textform die Nachbildung der Namensunterschrift oder die anderweitige Kenntnismachung des Erklärungsabschlusses fordert. Somit ist diese Voraus-setzung entsprechend der Entscheidung des Gemeinsamen Senats erfüllt, sofern der Text mit einer eingescannten Unterschrift oder mit dem Hinweis abschließt, daß der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen kann.

Mit der elektronischen Form soll ein äquivalenter Ersatz für das Schriftformerfordernis bei elektro-nischen Dokumenten geschaffen werden.135 Daher muß sie so ausgestaltet sein, daß sie die mit der Schriftform bezweckten Leistungsfunktionen regelmäßig sicherstellt. Eine völlige Gleichheit hin-sichtlich aller Funktionen wird der elektronischen Form wegen der tatsächlichen Umstände nicht zugestanden. Allerdings wird eine qualifizierte elektronische Signatur als geeignet angesehen, diese Funktionen grundsätzlich zu gewährleisten. Die Kündigung von Arbeitsverhältnissen gem. § 623 BGB, die Erteilung eines Dienstzeugnisses gem. § 630 BGB, das Leibrentenversprechen gem. § 761 BGB, die Bürgschaftserklärung gem. § 766 BGB, das Schuldversprechen gem. § 780 BGB und die Anerkenntniserklärung gem. § 781 BGB in elektronischer Form sind nach dem Gesetz ausgeschlos-sen. Ebenso verhält es sich bei Verbraucherkreditverträgen gem. § 4 VerbrKrG, Verträgen gem. § 3 TzWrG, der Zeugniserteilung gem. § 73 HGB und bei § 2 des Nachweisgesetzes. Der Grund liegt darin, daß diese Formerfordernisse ganz überwiegend dem Zweck dienen, den Schuldner vor einer übereilten Erklärung zu schützen (Warnfunktion).

Eine entsprechende Anpassung erfolgt in dem Gesetz auch hinsichtlich der gewillkürten Schrift-form.136

135 㤠126 BGB

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) (bisheriger Abs. 3)“

136 㤠127 BGB

(1) Die Vorschriften der §§ 126. 126a oder des § 126b gelten im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft be-stimmte Form.

(2) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel. Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.

Im Rahmen des Zivilprozesses eröffnet das Gesetz den am Verfahren Beteiligten die Möglichkeit, ihre vorbereitenden Schriftsätze und Erklärungen auch als elektronisches Dokument bei Gericht einzureichen. Dabei ist die Einreichung als elektronisches Dokument als Alternative zur Schriftform konzipiert, weshalb das Gesetz nach seiner Begründung die Schriftform im wesentlichen unberührt läßt. Dies gelte insbesondere für die Frage des Unterschriftserfordernisses bei bestimmenden Schriftsätzen. Eine Korrektur der umfangreichen Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis sei mit dem Gesetz grundsätzlich nicht beabsichtigt. Diese Frage sieht die Regierung aufgrund der Ent-scheidung des GmS-OGB hinreichend geklärt, so daß ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf nicht bestehe. Für bestimmende Schriftsätze gelten daher nach wie vor die durch die Rechtsprechung entwickelten Regeln.

Das Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung wird auch durch den neuen § 130 Nr. 6 ZPO137 deutlich, der klarstellt, daß vorbereitende Schriftsätze bei der Übermittlung durch Telekopie die Unterschrift in der Kopie wiedergeben sollen, die Faxvorlage somit zu unterschreiben ist.

Nach dem neuen § 130a Abs. 1 ZPO138, der auch für schriftliche Auskünfte, Zeugenaussagen, Gut-achten und sonstige Handlungen zu dem Verfahren hinzugezogener Dritter gilt, genügt für vorberei-tende Schriftsätze die Aufzeichnung als elektronisches Dokument in Anlehnung an § 630 Abs. 3 ZPO (Mahnverfahren) nur, wenn dieses für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist. Für den elektronischen vorbereitenden Schriftsatz wird darüber hinaus in Absatz 1 Satz 2 die

(3) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten elektronischen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, auch eine andere als die in § 126a bestimmte elektronische Signatur und bei einem Vertrag der Austausch von Angebots- und Annahmeerklärung, die jeweils mit einer elektronischen Signatur versehen sind.

Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126a entsprechende elektronische Signierung oder, wenn diese einer der Parteien nicht möglich ist, eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt wer-den.“

137 "§ 130 ZPO-E

(1) Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1. [...]

6. die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch Telekopie die Wieder-gabe der Unterschrift in der Kopie.

138 „ (1) Soweit für vorbereitende Schriftsätze Anträge und Erklärungen der Parteien sowie für Auskünfte, Aussagen, Gutachten und Erklärungen Dritter die Schriftform vorgesehen ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elekt-ronisches Dokument, wenn dieses für die Bearbeitung des Gerichts geeignet ist. Die verantwortende Person soll das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen.“

nung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der Person, die den Schriftsatz zu verantworten hat, wie schon das Unterschriftserfordernis als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Nach § 130a Abs. 2 ZPO n.F.139 wird sowohl die für die Bearbeitung geeignete Form als auch der Zeitpunkt, von dem an elektronische Dokumente eingereicht werden können, von der Bundesregierung und den Landesre-gierungen durch Rechtsverordnung bestimmt.

In § 130a Abs. 3140 ZPO wird schließlich als der Zeitpunkt der Einreichung dere Zeitpunkt der Auf-zeichnung definiert.

Erstaunlicherweise soll der neue § 130a ZPO nach der Regierungsbegründung vom 06.09.2000 so-wohl die bestimmenden als auch die vorbereitenden Schriftsätze erfassen. Widersprüchlich ist an dieser Begründung, daß in der Vorschrift selbst nur von vorbereitenden Schriftsätzen die Rede ist, und die Regierung zuvor klarstellt, daß durch das Gesetz gerade keine Korrektur der Rechtspre-chung hinsichtlich des Schriftformerfordernis für bestimmende Schriftsätze erfolgen sollte, da die Entscheidung des GmS-OGB eine hinreichende Klärung gebracht habe. Daher kann die Aufzählung der bestimmenden Schriftsätze in der Begründung zu § 130a n.F. ZPO allein als Redaktionsverse-hen verstanden werden. Hierfür spricht auch, daß der Regierungsentwurf in der Fassung vom 06.09.2000 in weiten Teilen die Regelungen und auch die Begründungen des Referentenentwurfes vom 05.06.2000 übernommen hat. In letzterem Entwurf enthält die Begründung zu § 130 Abs. 2 ZPO-E einen mit dem in der Regierungsbegründung fast gleichlautenden Satz, in dem aufgrund der dort noch vorgeschlagenen (im Regierungsentwurf hingegen nicht übernommenen) Gleichstellung von vorbereitenden und bestimmenden Schriftsätzen in einem § 133a ZPO beide Schriftsatzarten aufgezählt sind. Es ist davon auszugehen, daß bei Übernahme und Anpassung dieser Begründung einfach vergessen wurde, die bestimmenden Schriftsätze von der Vorschrift auszunehmen.

Der neue § 130a ZPO gilt auch in Verfahren nach anderen Verfahrensordnungen, die hinsicht-lich der Schriftform auf die Vorschriften der Zivilprozeßordnung verweisen und die Schriftform nicht ausdrücklich abweichend regeln.

139 „(2) Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Dokumente bei den Gerichten eingereicht werden können, sowie die für die Bearbeitung der Dokumente geeigneten Form. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechts-verordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Zulassung der elektronischen Form kann auf einzel-ne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden.“

140 „(3) Ein elektronisches Dokument ist eingereicht, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet hat.“