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Kapitel 2: Form- und fristgerechte Einreichung von Schriftstücken und Dokumenten bei

II. Zulässigkeit der Einlegung auf elektronischem Weg

3. Stellungnahme

Uneingeschränkt zu begrüßen ist das Gesetz hinsichtlich der in dem Bereich des materiellen Zivil-rechts vorgesehenen Einführung der Textform und der elektronischen Form.

Bei den Änderungen im Zivilprozeßrecht ist die Neuerung in § 130a ZPO grundsätzlich posi-tiv zu bewerten. Das Recht öffnet sich dadurch der modernen Kommunikationstechnologie.

Bedauernswert ist allerdings, daß die unterschiedliche Behandlung von vorbereitenden und be-stimmenden Schriftsätzen bezüglich der Form, anders als noch im Referentenentwurf vom 05.06.2000, beibehalten wird.

§ 133a ZPO-E sah eine Bestimmung vor, die allgemein anordnete, daß die Vorschriften über vor-bereitende Schriftsätze auch auf die Klageschrift und andere bestimmende Schriftsätze anzuwenden sind. Dementsprechend erfaßte § 130 Abs. 2 S. 1 ZPO-E, der die Aufzeichnung als elektronisches Dokument zur Einhaltung der Schriftform genügen ließ, sowohl die bestimmenden als auch die vor-bereitenden Schriftsätze der Parteien.141 Der Referentenentwurf maß damit im Zivilprozeßrecht der Perpetuierungsfunktion bei der Schriftform wesentliche Bedeutung bei. Sie gewährleiste die Integri-tät des Schriftsatzes und schließe damit fruchtlose Streitigkeiten über seinen Inhalt aus. Zur Errei-chung dieses Zweckes sei, anders als im Falle der gesetzlichen Schriftform des Privatrechts, eine handschriftliche Unterzeichnung als zwingendes Formerfordernis weder für den vorbereitenden noch für den bestimmenden Schriftsatz erforderlich. Der Schriftsatz gelange ja mit der Einreichung bei Gericht in öffentliche Verwahrung und bewahre dadurch, jedenfalls in der herkömmlichen pa-piergebundenen Art, seine Integrität. Eine Notwendigkeit, die Zulässigkeit der Prozeßhandlung an eine handschriftliche Unterzeichnung zu knüpfen, vermögen laut Referentenentwurf auch die übri-gen Funktionen der materiell-rechtlichen Schriftform nicht überzeuübri-gend zu begründen. Abschluß-, Identitäts-, Echtheits- und Beweisfunktion würden dadurch relativiert, daß die Partei den für sie mit der Einreichung bei Gericht verbindlich werdenden Schriftsatz zur Erreichung des mit ihm verfolg-ten Ziels in dem weiteren Verfahren (z.B. durch Bezugnahme) vertreverfolg-ten müsse und dadurch ein etwaiger Willensmangel geheilt würde, wenn ein solcher seine Ursache wirklich in dem Fehlen der Unterschrift haben sollte. Als wesentlicher und unantastbarer Kern des Unterschriftserfordernis ver-bleibe danach bei der prozessualen Schriftform, daß in dem Schriftsatz die Person angegeben sein müsse, die ihn verantworte. Auf dieser Grundlage sei es möglich, den Konflikt zu vermeiden, der sich im Hinblick auf die bei modernen Mitteln der Telekommunikation nicht mögliche

141 „(2) Soweit für Anträge und Erklärungen der Parteien sowie für Auskünfte, Aussage Gutachten und sonstigen Handlungen hinzugezogener Personen oder Stellen die Schriftform vorgesehen ist, genügt dieser Form die Auf-zeichnung als elektronisches Dokument, wenn dieses für die Bearbeitung des Gerichts geeignet ist.…„

mittlung einer Unterschrift daraus ergibt, daß für den bestimmenden Schriftsatz heute die hand-schriftliche Unterzeichnung als zwingende Formvoraussetzung verlangt wird. Daher wurde im Re-ferentenentwurf das Unterschriftserfordernis auch für bestimmende Schriftsätze als Ordnungs-vorschrift ausgestaltet. Mit der Ausgestaltung als OrdnungsOrdnungs-vorschrift hätte die in sich nicht ganz widerspruchsfreie Rechtsprechung überwunden werden können, die für den bestimmenden Schrift-satz einerseits auf die Unterschrift ganz verzichtet (Telegramm/Fernschreiben),142 andererseits als zwingendes Formerfordernis auf ihr Vorhandensein in der Kopiervorlage (Telefax) und ihrer Wie-dergabe in der Fernkopie besteht. Eine Gleichstellung der vorbereitenden und der bestimmenden Schriftsätze wäre daher wünschenswert gewesen.

Die Ansicht des Gesetzgebers, daß durch die Entscheidung des GmS-OGB die Rechtslage hinreichend geklärt sei, kann nicht geteilt werden.

Zunächst ist offensichtlich unklar, ob die Entscheidung des Senats, daß eine eingescannte Unter-schrift oder ein Hinweis darauf, daß der Urheber wegen der Übertragungsform nicht unterzeichnen kann, eine abschließende Aufzählung enthält. Dies zeigt die Entscheidung des FG Hamburg. Das FG Hamburg143 hat zeitlich nach der Entscheidung des GmS-OGB entschieden, daß bestimmende Schriftsätze auch durch Computerfax ohne eingescannte Unterschrift formwirksam übermittelt wer-den können. In dem zu entscheiwer-denwer-den Fall hatte ein Steuerberater das Dokument lediglich mit einer PC-Schreibschrift-Schriftart unterschrieben. Laut FG Hamburg könne es für die Frage der Wahrung des Zwecks der Schriftform keinen Unterschied machen, ob die Unterschrift eingescannt oder nur in einer anderen Schrifttype geschrieben wurde. Zum einen gäben Telegramm und Fernschreiben das Bild des Namenszuges ebenfalls nicht wieder, zum anderen ließe sich bei der Verwendung eines Computerfaxes nicht feststellen, wann und wie der Namenszug eingescannt und in die entspre-chende Datei kopiert wurde. Denkbar wäre, daß die Unterschrift aus Anlaß der Übermittlung dieses einen Schriftsatzes eingescannt wurde, denkbar wäre aber auch, daß die einmal eingescannte Unter-schrift als Textbaustein gespeichert wurde, um bei Bedarf in ein Dokument kopiert zu werden. Über die Authentizität des Schriftstücks und die Person seines Verfassers bzw. Absenders könne ein in letztgenannter Form hergestellter Schriftsatz keinen stärkeren Beweis erbringen, als ein Schriftsatz ohne „Unterschrift, aber mit erkennbarem Verfassernamen“. Diese Rechtsprechung des FG Ham-burg geht weit über die Entscheidung des Gemeinsamen Senats,144 aber auch über die hier

142 RGZ 139, 45; RGZ 151, 82, 86; BGH, JR 1955, 266; BGH, NJW 1962, 1505, 1507; BGH, MDR 1971, 576; BGH NJW 1976, 966, 967; BGH NJW, 1980, 291; BGH, NJW 1983, 36.

143 FG Hamburg, K&R 2001, 174.

144 Vgl. auch die Anmerkung von Vehslage zu diesem Urteil, CR 2001, 162 f.

forderte Abschaffung des Erfordernisses der eigenhändigen Unterschrift für bestimmende Schrift-sätze hinaus. Zwar ist richtig, daß ein Computerfax mit eingescannter Unterschrift keinen höheren Beweiswert hat als ohne eine solche. Allerdings ist in diesem Zusammenhang nicht der Beweiswert entscheidend, sondern die Frage, ob das Dokument bei bloßer Namensnennung unter dem Text kei-nen Zweifel daran läßt, daß es tatsächlich mit Wissen und Wollen dem Gericht zugeleitet wurde und nicht nur einen Entwurf darstellt. Die Unterschrift soll dazu dienen, den Schriftsatz von einem ver-sehentlich abgesandten Entwurf zu unterscheiden145 und um Klarheit über dessen Ernstlichkeit zu gewinnen. Dies stellt sich bei bloßer Namensangabe als problematisch dar, da es durchaus üblich ist, unter Dokumente neben der (oft unleserlichen) handschriftlichen bzw. eingescannten Unter-schrift auch maschinenUnter-schriftlich den Namen zu setzen. Befindet sich unter dem Dokument ledig-lich der maschinenschriftledig-liche Name des Verfassers, bestehen große Zweifel, ob es sich bei dem Dokument nicht um einen bloßen Entwurf handelt.146 Bemerkenswert ist aber, daß sowohl der Refe-rentenentwurf als auch der Regierungsentwurf in der Fassung vom 06.09.2000 für die Erkennbarkeit des Abschlusses der Erklärung bei der Textform in der jeweiligen Begründung zu § 126b ZPO-E eine Namensnennung, einen Zusatz wie „Diese Erklärung ist nicht unterschrieben.“, ein Faksimile, eine eingescannte Unterschrift oder ähnliches genügen lassen wollten. Da aber auch die Textform ein der Abschlußfunktion genügendes Anhängsel zur Abgrenzung zu einem Entwurf enthalten muß, konnte die Begründung nur so verstanden werden, daß die bloße Namensnennung für ausreichend gehalten wurde. Glücklicherweise ist diese Aushöhlung der Abschlußfunktion in der endgültigen Fassung des Gesetzes unterblieben. Nur mit Namensnennung „unterschriebene“ Dokumente kön-nen somit nicht als bestimmende Schriftsätze formwirksam eingereicht werden. Etwas anderes kann auch nicht gelten, sofern der Schriftsatz, wie in dem zu entscheidenden Fall, mittels einer PC-Schreibschrift-Schriftart unterschrieben wird. Auch hierdurch wird nicht ausreichend deutlich, daß es sich nicht um einen bloßen Entwurf handelt.

Auch sticht die Ungleichheit der Regelungen hinsichtlich bestimmender elektronischer und her-kömmlicher Schriftsätze ins Auge. Bei den herkömmlichen bestimmenden Schriftsätzen ist weiter-hin die eigenhändige Unterschrift erforderlich, während bei elektronischen Schriftsätzen laut Recht-sprechung keine der Unterschrift entsprechende qualifizierte elektronische Signatur erforderlich ist, sondern eine eingescannte Unterschrift und sogar ein bloßer Hinweis auf die Übermittlungsform genügt. Diese Ungleichheit hätte durch die Schaffung einer Ordnungsvorschrift auch für bestim-mende Schriftsätze vermieden werden können.

145 RGZ 151, 82, 84.

146 So auch Borges, K&R 2001, 196, 205.

Desweiteren bleibt offen, wie es gerechtfertigt werden soll, daß bestimmende Schriftsätze, die mit-tels eines elektronischen Dokuments übermittelt werden, nicht mit einer qualifizierten elek-tronischen Signatur versehen werden müssen (eine eingescannte Unterschrift genügt nach dem GmS-OGB), wohingegen dies bei vorbereitenden elektronischen Schriftsätzen in der Regel erfor-derlich sein soll. Zwar handelt es sich bezüglich der vorbereitenden Schriftsätze lediglich um eine Ordnungsvorschrift. Trotzdem bleibt es unverständlich, weshalb bei diesen Schriftsätzen, bei denen grundsätzlich geringe Anforderungen an die Schriftform gestellt wurden, eine strengere Schriftform die Regel darstellen soll, als sie bei bestimmenden Schriftsätzen verlangt wird.