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10. ERGEBNISSE

10.8. Zusammenfassung

In Ansehung aller zusammengetragenen empirischen Befunde lässt sich in einer abschließenden Zusammenfassung aller Ergebnisse zu den Forschungsfragen eine Schlussfolgerung ziehen, die im Zusammenhang mit Projekten des BMI und der nachgeordneten Dienststellen ein differenziertes Bild zeichnet.

Die Forschungsfragen dieser Arbeit lauten:

„Inwiefern wird die konkrete Organisationskultur eines Bereiches innerhalb des BMI, für den ein Projekt wirksam werden soll, im Rahmen der Projektarbeit durch das Projektteam im Rahmen der Umwelt- und/oder Risikoanalyse thematisiert?“

„Wird die konkrete Organisationskultur des Organisationsbereiches, für den ein Projekt wirksam werden soll, innerhalb des Projektes beachtet?“

„In welcher Weise wird die konkrete Organisationskultur des Organisationsbereiches, für den ein Projekt wirksam werden soll, innerhalb des Projektes beachtet?“

„Welche Aspekte der konkreten Organisationskultur des Organisationsbereiches, für den ein Projekt wirksam werden soll, werden innerhalb des Projektes beachtet?“

„In welchen Phasen des Projektprozesses wird die konkrete Organisationskultur des Organisationsbereiches, für den ein Projekt wirksam werden soll, beachtet?“

Aus der Dokumentenanalyse und den Expert*inneninterviews ergibt sich, dass bei wesentlichen Proponent*innen von Projekten des BMI und der nachgeordneten Dienststellen ein sehr deutlich ausgeprägtes Bewusstsein für die Allgegenwärtigkeit von Organisationskultur und deren Wechselwirkungen (sowohl in förderlicher als auch hinderlicher Weise, wobei die „Beharrungstendenz“ der Organisationskulturen der betroffenen Organisationseinheiten mehrfach ausdrücklich angesprochen wird) mit Projekten besteht. Das Wissen um Ebenen und wesentliche Aspekte von Organisationskultur und des Begriffes an sich (wie zum Beispiel das Merkmal des gemeinsamen Lernens) ist stark ausgeprägt, aber dennoch – und das trotz ausdrücklicher Intention der Richtlinie des BMI – wird in Projekten diese Richtlinie überwiegend nicht angewendet und die Organisationskultur der von Projekten betroffenen Organisationseinheiten überwiegend nicht ausdrücklich thematisiert. Wenn die Organisationskultur betroffener Organisationseinheiten thematisiert wird, dann eher implizit und in eher unverbindlicher Form. Dabei erfolgt in den seltensten Fällen eine systematische und methodische Analyse, sondern es werden eher Erfahrungen und Einschätzungen herangezogen. In der Beachtung der Organisationskultur von betroffenen Organisationseinheiten in Projekten kommt überwiegend die kulturelle Ebene der Artefakte, Symbole in den Blick, wohingegen die Ebenen der selbstgewählten Werte und der Grundannahmen selten bis keine ausdrückliche Beachtung finden. Dies unterstreicht den Befund, dass eine systematische Analyse von Organisationskultur im Projektzusammenhang kaum im Fokus von Projektarbeit im BMI und den nachgeordneten Dienststellen steht.

In den Fällen der Beachtung von Organisationskultur wird überwiegend im Rahmen einer Umweltanalyse bzw. Stakeholder*innenanalyse eine Einschätzung vorgenommen.

Im Rahmen einer Risikoanalyse hingegen nicht, wenn auch den interviewten Personen bewusst ist, dass Organisationskultur förderliche, hinderliche (und hier die mehrfach ausdrücklich erwähnte Beharrungstendenz) und ambivalente Aspekte in Bezug auf Veränderungsmanagement aufweist. Als Zweck einer Beachtung von Organisationskultur in Projekten werden sowohl die Vorbeugung gegen bzw. die Überwindung von Hindernissen als auch die Nutzung von unterstützenden Faktoren und der Wunsch nach Projektzielerreichung genannt. Wenn die Organisationskultur betroffener Organisationseinheiten im Projektprozess ausdrücklich in den Blick kommt, dann zu einem sehr starken Teil bei der Bewältigung, Überwindung von Problemen, allerdings vielfach schon in der Umsetzungsphase oder danach.

Hier kann daher abschließend zur Hauptforschungsfrage gesagt werden, dass in Projekten des BMI und der nachgeordneten Dienststellen die konkrete Organisationskultur eines Bereiches, für den das Projekt wirksam werden soll, durch das Projektteam im

Rahmen der Projektarbeit überwiegend nicht ausdrücklich, sondern eher implizit und unverbindlich thematisiert wird und dies zum Teil in der Umweltanalyse, jedoch nicht im Rahmen der Risikoanalyse.

In Bezug auf die Subforschungsfrage 1 ist zu sagen, dass die konkrete Organisationskultur des Organisationsbereiches, für den ein Projekt wirksam werden soll, innerhalb des entsprechenden Projektes zwar vielfach – jedoch überwiegend nicht ausdrücklich und ohne systematischen, methodischen Zugang mit einem nicht hohen Verbindlichkeitsgrad - beachtet wird, obwohl die Richtlinie des BMI dies ausdrücklich (zumindest im Zusammenhang mit Projektfortschrittsberichten) festhält. Für das Nichtthematisieren werden Gründe genannt: u.a. Rechtsordnung, der die Organisationskultur nicht wichtig sei.

Im Hinblick auf die Subforschungsfrage 2 ist zu sagen, dass die Beachtung – sofern sie erfolgt – in unterschiedlicher Weise vorgenommen wird: vom bloßen ansprechen, über eine Beteiligung von Repräsentant*innen der betroffenen Organisationskultur, bis hin zu einer systematischen Analyse der Organisationskultur (von der allerdings nur eine interviewte Person berichtet). Eine vom Forscher vermutete Beachtung in Form konkreter Maßnahmenplanung wurde nicht erwähnt. Die Weise der Beachtung war in aller Regel keine proaktive bzw. präventive (dies wird von drei Expert*innen erzählt), sondern erfolgte überwiegend reaktiv beim Auftreten von Problemen. Als Ziele („Wozu?“) wurden überwiegend der Umgang mit durch die Organisationskultur bedingten erwarteten Problemstellungen artikuliert und nur in einem Fall die Nutzung förderlicher Aspekte im Projektzusammenhang. In einem Fall wird davon berichtet, dass das Ziel der Beachtung sozusagen ein Placebo war, um zu verhindern, dass nach Projektende der Vorwurf entsteht, man habe sich nicht dafür interessiert.

Die Beachtung findenden Aspekte der konkreten Organisationskultur, auf die die Subforschungsfrage 3 fokussiert, sind überwiegend auf der Ebene der Artefakte angesiedelt und im sprachlichen Bereich (verwendete Begriffe und ihre Konnotation im Projektzusammenhang, um sprachliche Barrieren zu vermeiden oder zu überwinden) verortet. In selteneren Fällen geht es um Struktur, Macht und die Fehlerkultur. Der Wert der „Verantwortung“ wird einmal thematisiert, die Werte der „Kameradschaft“ und der

„Freiwilligkeit“ sogar im Einzelfall genutzt, um im Projektsinn Unterstützung zu erlangen.

Als Phasen von Projekten, innerhalb derer die konkrete Organisationskultur des vom Projekt betroffenen Organisationsbereiches beachtet wird, wird überwiegend die Umweltanalyse genannt, was sich mit der – in diesem Fall nicht ausdrücklichen – Vorschriftenlage in der Richtlinie des BMI deckt, aber auch die Begriffe Stakeholderanalyse (sic!), oder Planungsphase, Umsetzungsphase erwähnt werden. In den Fällen, in denen durch die Expert*innen die Umweltanalyse angesprochen wird, wird im Sinne der Definition des Begriffes im Rahmen dieser Arbeit davon ausgegangen, dass dies auch zutreffend ist.

Im Rahmen einer Risikoanalyse erfolgt gemäß den Interviewinhalten keine Beachtung der konkreten Organisationskultur. In einem Interview wird berichtet, dass die Organisationskultur eines Organisationsbereiches in einem konkreten Fall gemäß der Vermutung der interviewten Person so wirkmächtig gewesen ist, dass das Projektergebnis nach Fertigstellung des Projektabschlussberichtes bis heute gar nicht umgesetzt ist, weil es zu stark in diese Organisationskultur eingreifen würde. Insofern kann in Abwandlung von Drucker`s Aussage gesagt werden: „Culture eats the project!“