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10. ERGEBNISSE

10.2. Die Forschungsfrage

Auf dieses grundsätzliche Thematisieren stellt die Hauptforschungsfrage der gegenständlichen Arbeit ab:

„Inwiefern wird die konkrete Organisationskultur eines Bereiches innerhalb des BMI, für den ein Projekt wirksam werden soll, im Rahmen der Projektarbeit durch das Projektteam im Rahmen der Umwelt- und/oder Risikoanalyse thematisiert?“

Aus der Richtlinie des BMI dazu ergibt sich, dass im Sinne eines „Sollens“ die Veränderungen der Organisation/Kultur in Projektfortschrittsberichten zu beschreiben sind.

(vgl. BMI 2016, S. 5) Aus diesem Sollensanspruch heraus ist anzunehmen, dass – wenn sinnvolle und möglichst tatsachengetreue Projektfortschrittsberichte verfasst werden – eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit der Organisationskultur der betroffenen Organisationseinheit(en) erfolgt, denn sonst würde sich die Frage stellen, wie die Inhalte der Projektfortschrittsberichte zustande kommen und nach welchen Parametern eine Veränderung der Organisationskultur beurteilt wird. Durch den Wunsch, dass Veränderungen zu beschreiben sind, ergibt sich aus der Wortbedeutung zwingend, dass Kultur zu zwei Zeitpunkten zu erfassen ist: nämlich vor einer Veränderung (d.h. spätestens vor Umsetzung des Projektergebnisses, in aller Regel sinnvoller Weise aber früher) und danach. Aus der Richtlinie, die ja als Erlass eine schriftliche Weisung mit Bindungswirkung ist, würde sich die hohe Wahrscheinlichkeit ergeben, dass in Projekten des BMI und der nachgeordneten Dienststellen Organisationskultur so gut wie immer thematisiert wird.

Darüber hinaus hält die Richtlinie auf S. 12 zum Thema „Umweltanalyse“ fest, dass die relevanten Projektumwelten – und als solche kann wohl auch die Organisationseinheit, die von einem Projekt betroffen ist, gelten – und deren Beziehungen zueinander hinsichtlich Konflikten, aber auch positiven Wirkungen zu analysieren sind. (vgl. BMI 2016, S. 12) Auch aus diesem Grund kann ebenfalls eine Thematisierung von Organisationskultur in Projekten des BMI erwartet werden.

Alle acht interviewten Expert*innen äußern sich zur Frage der Thematisierung von Organisationskultur der betroffenen Organisationseinheiten in Projekten des BMI und der nachgeordneten Dienststellen, wobei allerdings keineswegs von einer durchgängigen expliziten Thematisierung gesprochen werden kann:

„Maximal implizit in dem Sinn, dass uns bewusst war, dass wir alle, die in dem Projekt gearbeitet haben, zum Teil auch Teil dieser Kultur waren bzw. sind.“ (Interview 1, Z 64 – 66)

Auch hier wird wieder deutlich, dass zwischen dem Bewusstsein (und damit dem Wissen) um die Gegenwärtigkeit von Organisationskultur und der eigenen Involviertheit darin und der Aufgabe, diese daher im Rahmen der Projektarbeit explizit zu thematisieren, nicht immer eine Verbindung hergestellt wird.

„Zwei Projekte sind mir in Erinnerung, bei denen das Thema Organisationskultur doch eine größere Rolle im Rahmen der Projektarbeit spielte: die […] und […]“ [Auslassungen, um Rückschlüsse auf die interviewte Person zu vermeiden, W.S.] (Interview 2, Z 42 – 45)

Es wird einmal ausdrücklich erwähnt, dass vor allem der Umfang, in dem man sich mit der Organisationskultur der betroffenen Organisationseinheit im Rahmen von Projekten beschäftigt, von der Frage des Projektgegenstandes beeinflusst wird. Dabei wird aber nur ein „mehr oder weniger“ angesprochen, aber nicht, dass eine Beschäftigung mit Organisationskultur gänzlich entfallen könne. Dies wird dadurch bestärkt, dass die Äußerung damit eingeleitet wird, dass dies „wenig“ Beachtung fand, aber nicht völlig ausgeblendet wurde.

„In Summe wurde das wenig beachtet, wobei es aus meiner Sicht auch vom Projektgegenstand abhängt, ob dies mehr oder weniger erforderlich ist.“ (Interview 2, Z 37 – 38)

Die nachfolgenden Interviewpassagen verdeutlichen dieses Bild. Die Heterogenität der Aussagen reicht von „bisher nur in einem Projekt“ bei einer interviewten Person, die aber bereits in mehreren Projekten involviert war, über die ansatzweise Abbildung in dem einen oder anderen Projekt (aber offenbar nicht in allen, an denen die interviewte Person mitwirkte), das rudimentäre Ansprechen (das aber überwiegend dann erfolgte, wenn völlig neue Arbeitsweisen einzuführen waren), sowie die implizite Thematisierung bis hin zu einem klaren „Nein“.

„Hmmm ….bisher wurde nur in einem Projekt darauf geachtet.“ (Interview 3, Z 59) „Beim einen oder anderen Projekt wurde dies ansatzweise abgebildet, weil die Frage gestellt wurde, ob das Vorhaben in die gegebene Struktur hineinpasst. Wenn man Struktur als Teilaspekt von Kultur sehen will.“ (Interview 4, Z 43 – 46)

„[…] kam die Organisationskultur rudimentär ins Gespräch und vor allem dann, wenn es um völlig neue Arbeitsweisen ging […]“ (Interview 4, Z 60 – 61)

„Vielleicht unbewusst. Aber als Thema aktiv in die Projektarbeit hereingeholt wurde sie nicht.“ (Interview 5, Z 29 – 30)

„In erster Linie würde ich sagen, dass in Projekten die Organisationskultur eine untergeordnete Rolle spielt.“ (Interview 6, Z 4 – 5)

„Man hat schon darauf geschaut, allerdings aus unterschiedlichen Perspektiven bzw.

mit unterschiedlichen Auffassungen. Man hat sich bemüht, darauf zu schauen, würde aber sagen, dass das Bemühen auseinanderdriftet mit dem tatsächlichen Wahrnehmen der Organisationskultur. Es gibt aber auch eine große Bandbreite beim Zugang zu Organisationskultur: […]“ (Interview 6, Z 35 – 40)

„Nein. Ich kann das auch erklären: nachdem ich oft für gesamt Österreich zuständig bin, ist es schlicht fast nicht möglich, in einer derart generalisierenden Weise auf Organisationskultur bzw. Organisationskulturen zu blicken.“ (Interview 7, Z 42 – 45)

Dieses ausdrückliche „Nein“ der Thematisierung der Organisationskultur wird in diesem Einzelfall mit dem Umfang der jeweiligen Projekte (nämlich österreichweit) begründet und ergänzt, dass aus dieser Perspektive die Betrachtung nur generalisierend sein könne, was aber als fast nicht möglich eingeschätzt wird. Diese Einschätzung kann einerseits damit zu tun haben, dass die Analyse von Makrokulturen tatsächlich als methodisch und zeitlich sehr aufwändig gesehen wird (vgl. Schein, Schein 2018, S. 209ff) und andererseits, dass innerhalb der Organisationskultur des BMI viele (nämlich in letzter Konsequenz in jeder einzelnen Organisationseinheit) weitere Organisationskulturen bestehen, die schon mengenmäßig (noch ohne sie zu analysieren) in der für Projekte veranschlagten Zeit kaum erfasst werden können.

„Vor allem bei der Ist-Stands-Analyse, aber eher implizit.“ (Interview 8, Z 57)

„Bei Probebetrieben blicken wir eher unmittelbar auf die Organisationskultur, weil uns das bei der Auswahl der Dienststellen hilft, die einen Probebetrieb durchführen sollen.“

(Interview 8, Z 80 – 83)

Hier zeigt sich, dass auf organisationskulturelle Themen durchaus in der Praxis im Einzelfall Bezug genommen wird, wenn man sich aus Projektsicht einen nützlichen Effekt erhofft bzw. erwartet.