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Die Daten der vorliegenden Untersuchung stammen aus einer Längsschnittstudie über die berufliche und soziale Integration sowie die subjektive Lebensqualität von Menschen mit psychischen Erkran-kungen. Im Rahmen dieser Studie wurden in den Jahren 1999 und 1998 (Pilotstudie), 2000 und 2001 in zwei psychiatrischen Kliniken im Kanton Zürich knapp dreihundert Personen, die sich in stationärer psychiatrischer Behandlung befanden, mittels eines strukturierten Fragebogens befragt. Einschlusskri-terien waren die Diagnose einer schizophrenen oder affektiven Erkrankung und ein Alter zwischen zwanzig und fünfzig Jahren, während Suchterkrankungen und fehlende Deutschkenntnisse als Aus-schlusskriterien festgelegt wurden. Rund 183 der ursprünglich befragten Personen waren in den Jahren 2000 bis 2004 zu einer zweiten bzw. dritten Befragung bereit. Einige Personen nahmen nur an der Erst- und Zweitbefragung, andere nur an der Erst- und Drittbefragung teil. Da zusätzlich zu den quan-titativen Daten der Studie eine qualitative Erhebung zum Thema Lebensqualität durchgeführt werden sollte, wurden im Jahr 2006 diejenigen Personen, die an der dritten Befragung teilgenommen hatten, schriftlich um die Teilnahme an einem eineinhalbstündigen qualitativen Interview gebeten. Sechzehn Personen erklärten sich hierzu bereit.

6.4.2 Instrumente und Variablen

Die Befragung im Rahmen der drei Erhebungen der Längsschnittstudie erfolgte mittels eines vollstän-dig strukturierten Fragebogens. Dabei wurde die subjektive Lebensqualität anhand des von der WHO entwickelten Instruments erhoben. Die soziodemografischen Variablen umfassten Geschlecht, Alter, Wohnsituation, Bildung, Einkommen und Erwerbsstatus. Als soziale Variablen wurden fünf verschie-dene soziale Rollen, die Anzahl aller sozialen Rollen und die wahrgenommene soziale Unterstützung erhoben. Psychosoziale Variablen umfassten die wahrgenommene Stigmatisierung, ein defensives Stigma-Coping im Sinn von Rückzug und Geheimhaltung sowie konkrete stigmatisierende

Erfahrun-gen. Zudem wurden verschiedene, in den letzten zwölf Monaten aufgetretene Lebensereignisse erho-ben sowie die wahrgenommene Belastung durch diese Ereignisse zum Zeitpunkt ihres Auftretens so-wie zum Zeitpunkt der Befragung. Die erhobenen klinischen Variablen beinhalteten Merkmale der Erkrankung und der psychiatrischen Behandlung. Erhoben wurden hier die Diagnose, das Ersterkran-kungsalter, die Erkrankungsdauer, die Anzahl bisheriger psychiatrischer Hospitalisierungen, die Dauer allfälliger Hospitalisierungen im vergangenen Jahr sowie die Einnahme von Medikamenten und der Alkoholkonsum. Ebenfalls wurde die subjektive Belastung durch psychische Symptome erfasst. Alle Prädiktorvariablen wurden kategorisiert, um statistische Probleme mit allfälligen schiefen Verteilun-gen und Ausreissern zu umgehen sowie für die AuswertunVerteilun-gen Dummy-Variablen zu bilden.

Für die qualitativen Interviews wurde anhand der Fragestellungen ein Leitfaden entwickelt, der im Gespräch als Strukturierungshilfe dienen und sicherstellen sollte, dass alle Fragen gestellt wurden. Die Interviews wurden auf Schweizerdeutsch geführt und bei der Transkription in die Standardsprache übertragen.

6.4.3 Auswertungen

Deskriptive Statistiken dienen der Beschreibung der Stichprobe zu den drei Zeitpunkten. Allfällige Zusammenhänge zwischen soziodemografischen, sozialen, psychosozialen und klinischen Variablen werden mittels einfacher inferenzstatistischer Verfahren wie χ2-Tests, t-Tests und einfachen Varianz-analysen eruiert.

Für die Analyse der Daten aus der Längsschnittstudie kommen Mehrebenenmodelle zum Zug. Dieser Zugang erlaubt es, die Besonderheiten des Datensatzes statistisch adäquat zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich einerseits um eine relativ grosse Anzahl an fehlenden Werten aufgrund der Ausfalls-quote. Daneben konnten viele Personen auch nicht zum geplanten Zeitpunkt für die Zweit- und Dritt-befragung kontaktiert werden, so dass die Zeitabstände zwischen den Befragungen beträchtlich vari-ierten. Der Ansatz der Mehrebenenmodelle löst dieses Problem der unregelmässigen Zeitabstände zwischen den Erhebungen und der ungleichen Anzahl der Messungen und erlaubt es, alle vorhandenen Daten in die statistischen Analysen einzubeziehen. Die zu den drei Zeitpunkten erhobenen Daten wer-den dabei als innerhalb der Person gruppiert – „nested within person“ –, d.h. als hierarchisch struktu-rierte Daten verstanden. Bei den hier angewendeten „random coefficient models“ handelt es sich um lineare Regressionsmodelle mit zwei Ebenen. Mit diesen Modellen lassen sich Zusammenhänge einer abhängigen Variablen mit der Zeit modellieren. Aufgrund der Annahme, dass die Regressionslinien zwischen den Personen variieren, wird für jede Person eine individuelle Regressionslinie geschätzt.

Die Regressionskoeffizienten (Achsenabschnitt und Steigung) auf dieser Ebene variieren um eine für die Stichprobe oder Population gültige Gesamtlösung („fixed“), und werden als Zufallsvariablen ange-sehen, d.h. als zufällig („random“) aus einer Verteilung aller möglicher Koeffizienten stammend. Der unerklärte Varianzanteil der abhängigen Variablen wird in mehrere Komponenten aufgeteilt, wobei diese gegenüber einfachen Regressionen komplexere Fehlerstruktur eine genauere Schätzung der Reg-ressionskoeffizienten für die Gesamtlösung erlaubt. Darüber hinaus können sowohl über die Zeit

ver-änderliche Prädiktoren (z.B. die subjektive Symptombelastung) wie auch zeitlich unverver-änderliche Prädiktoren (z.B. das Geschlecht) in die Modelle einbezogen und deren Effekte auf die abhängige Variable getestet werden. In Bezug auf die Regressionsgleichung kann dieser Effekt als Gruppenun-terschied im Achsenabschnitt (hypothetisches Beispiel: Frauen haben eine geringere subjektive Le-bensqualität als Männer) und der Steigung (Frauen haben nach einem Klinikaufenthalt einen schnelle-ren Anstieg der subjektiven Lebensqualität) verstanden werden.

Bei der Modellbildung folge ich einer schrittweisen, datengeleiteten Suchstrategie, bei der ich mit einfachen Modellen beginne und diese sukzessive erweitere. Dies liegt auch deshalb nahe, weil es weder theoretische noch empirische Anhaltspunkte gibt, bestimmte statistische Zusammenhänge und Einflüsse – insbesondere multivariater Art – a priori zu postulieren und dann zu testen (vgl. 5.2). So wird für den Zeiteffekt und die Effekte der einzelnen Variablen der soziodemografischen, sozialen, psychosozialen und klinischen Prädiktorengruppen ein separates Modell errechnet (Einzelmodelle).

Diejenigen Variablen mit signifikanten Koeffizienten in den Einzelmodellen werden dann innerhalb der Gruppe zusammen in einem Modell getestet (Gruppenmodelle), zum Schluss wird ein Modell mit allen in den Gruppenmodellen signifikanten Variablen berechnet (Gesamtmodell).

Die qualitativen Interviews werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Hierbei ist zwar das Material durch die Gesprächsführung anhand des Leitfadens vorstrukturiert, es werden aber keine vorformulierten Kategorien oder Ausprägungen an das Material herangetragen. Vielmehr sollen die Kategorien mittels einer inhaltlichen Strukturierung erstellt und so Aussagen über den Gegenstand (Lebensqualität) sowie über den emotionalen und kognitiven Bezug der Befragten dazu gewonnen werden.

7 Ergebnisse der quantitativen Erhebung