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7.1 Analyse der Ausfälle

7.2.6 Klinische Variablen

Einen Überblick über die erhobenen klinischen Variablen gibt Tabelle 10. 61% der teilnehmenden Personen hatten die Diagnose einer schizophrenen Erkrankung, 39% die Diagnose einer affektiven Erkrankung. Frauen waren signifikant häufiger von affektiven Erkrankungen betroffen (p<0,01). Et-was weniger als die Hälfte der Teilnehmenden (44%) waren im Alter von unter 25 Jahren zum ersten Mal erkrankt. Auch hier zeigten sich Geschlechtsunterschiede. Während bei der Hälfte der Männer (51,8%) die Erkrankung vor dem 25. Lebensjahr begann, waren dies bei den Frauen in nur 32,8% der Fall (p<0,05). Das Ersterkrankungsalter hing mit der Diagnose zusammen. 53,2% der Personen mit einer Schizophrenie waren vor dem 25. Lebensjahr zum ersten Mal erkrankt, bei Personen mit einer affektiven Erkrankung waren es nur 30,9% (p<0,01).

Tab. 10: Deskriptive Statistik der klinischen Prädiktoren

t1 t2 t3

Diagnose Männer F2 (Schizophrenien)

F3 (Affektive Erkrankungen)

Erkrankungsdauer (psychische Beschwerden) unter drei Jahren drei bis zehn Jahre Dauer der Hospitalisierungen letztes Jahr nicht hospitalisiert

bis zwei Monate

SCL-90-R/BSI Psychische Belastung GSI Mittelwert, Standardabweichung F2

SCL-90-R/BSI Anzahl Symptome PST Mittelwert, Standardabweichung F2 SCL-90-R/BSI Intensität der Belastung PSDI Mittelwert, Standardabweichung

F2

37% der Personen waren seit drei oder weniger Jahren psychisch erkrankt58, bei 23% waren es zwi-schen drei und zehn Jahren, während 40% seit mehr als zehn Jahren mit der Erkrankung lebten. Hier ergaben sich Unterschiede zwischen den diagnostischen Gruppen59. Personen mit einer Schizophrenie-Diagnose waren eher länger erkrankt: 33% dieser Gruppe hatte eine Erkrankungsdauer unter drei Jah-ren (affektive Erkrankungen: 43,7%), 19,6% waJah-ren zwischen drei und zehn JahJah-ren erkrankt (affektive Erkrankungen: 26,8%) und fast die Hälfte (47,3%) seit mehr als zehn Jahren (affektive Erkrankungen:

29,6%; p<0,10). Bei der Anzahl der bisherigen Hospitalisierungen zeigte sich eine grosse Bandbreite (1-41 Mal), im Schnitt waren die Teilnehmenden bei der ersten Befragung zum fünften Mal in einer psychiatrischen Klinik. Personen mit einer affektiven Erkrankung waren bei der Erstbefragung signi-fikant häufiger zum ersten Mal hospitalisiert (53,5% gegenüber 21,4% der Personen mit einer Schizo-phrenie; p<0.001). Auch das Ersterkrankungsalter hing mit den Hospitalisierungen zusammen. So waren Personen, die vor dem 25. Lebensjahr erkrankten, bei der Erstbefragung signifikant häufiger nicht zum ersten Mal in einer Klinik (81% gegenüber 52% der Personen mit Erkrankungsbeginn nach 25 Jahren; p<0.001). Der Anteil jener Personen, die in den zwölf Monaten vor der ersten Befragung nicht hospitalisiert gewesen waren, betrug knapp drei Viertel (76%), in der Zweit- und Drittbefragung waren es zwei Drittel (ca. 66%). Die Anzahl der Hospitalisierungen und deren gesamte Dauer (in Ta-gen) korrelierten signifikant (t1: r= 0,41, p<0,001; t2: r=0,24, p<0,01; t3: r=0,27, p<0,01).

Zu Beginn der Studie nahm ein Viertel (25%) der Teilnehmenden keine Medikamente, dieser Anteil sank auf 15% in der dritten Befragung. Etwa die Hälfte der Personen nahm ein oder zwei psycho-pharmazeutische Medikamente ein, der Anteil derjenigen, die mehr als zwei Medikamente einnahmen mussten, stieg von 24% auf 38%. Personen, die länger erkrankt waren, nahmen häufiger Medikamente (Kendall’s Tau-Beta t1: 0,12, p<0,10; t2: 0,27, p<0,001; t3: 0,27, p<0,01). In der zweiten und dritten Befragung zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Dauer der Psychiatrieaufenthalte und der be-nötigten Medikamente (Kendall’s Tau-Beta t2: 0,25, p<0,001; t3: 0,14, p<0,10). Die Mehrheit der Teilnehmenden konsumierte keinen oder wenig Alkohol (zwischen 67% und 76%), wobei sich kein Zusammenhang mit anderen Variablen zeigte.

Bei allen Kennwerten der SCL-90-R/BSI zeigte sich zwischen der ersten und zweiten Befragung ein deutlicher Rückgang der subjektiven Belastung. Von den psychosozialen Variablen zeigte die Er-werbssituation in der Zweit- und Drittbefragung einen signifikanten Zusammenhang mit Kennwerten der SCL-90-R und des BSI. Für die Zweitbefragung ergab sich ein signifikanter Zusammenhang für den GSI (Psychische Belastung; p<0,05)60, die Bonferroni-korrigierten Post-hoc-Tests zeigten keine Gruppenunterschiede. In Bezug auf die Intensität der psychischen Belastung (PSDI) ergab sich eben-falls ein signifikanter Unterschied (p<0,01), und zwar dahingehend, dass Personen mit einer Stelle auf

58 Diese Zahlen beziehen sich auf die Frage, vor wie vielen Jahren die befragten Personen zum ersten Mal wegen psychischer Probleme in Behandlung gewesen waren (vgl. 6.2.3.5). Für die Variable, die die Erkrankungsdauer anhand der ersten Hospitalisierung misst, ergaben sich bezüglich der diagnostischen Gruppen die gleichen Er-gebnisse.

59 Es zeigte sich ein starker Zusammenhang mit dem Alter. Da dieser Befund logisch ist, wird auf eine Wieder-gabe der entsprechenden Zahlen verzichtet.

60 Auf die Wiedergabe der Zahlen wird zugunsten der Lesbarkeit verzichtet.

dem allgemeinen Arbeitsmarkt subjektiv weniger stark belastet waren als Personen ohne Stelle (p<0,01). In Bezug auf depressive Symptome fühlten sich Personen in einer geschützten Stelle deut-lich stärker belastet als Personen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (ANOVA Depressivitätsskala:

p<0,05). In der dritten Befragung wiesen Personen ohne Stelle sowohl beim GSI wie auch bei den depressiven Symptomen signifikant höhere Belastungen auf (ANOVAs: GSI p<0,01 bzw. Depressivi-tätsskala p<0,05; Gruppenunterschiede GSI p<0,01 bzw. Depressivitätsskala p<0,05). Bei den klini-schen Variablen zeigten sich bis auf die Anzahl Symptome signifikante Unterschiede zwiklini-schen den Diagnosegruppen (vgl. Tab. 10), abgesehen von der Depressivitätsskala aber nur in der zweiten und dritten Befragung. Auch in Bezug auf die Einnahme von Medikamenten ergaben sich Unterschiede zwischen den Gruppen. Die ANOVAs ergaben in den drei Befragungen für alle Kennwerte signifikan-te Resultasignifikan-te (t1: alle p<0,01, t2/t3: alle p<0,001). Personen, die mehr als zwei Medikamente einneh-men mussten, zeigten durchgehend höhere Belastungen als die anderen beiden Gruppen (in allen Post-hoc-Tests ist p<0,01).

In Tabelle 11 werden die Werte getrennt nach Geschlecht mit den T-Werten der Normierungsstich-probe (Franke, 1995, 2000) verglichen. Die T-Werte der Studienteilnehmenden lagen im oberen bzw.

über dem Normbereich von 40-60. Eine Schwierigkeit ergibt sich beim Vergleich der SCL- mit den BSI-Normwerten. Die Kennwerte des BSI werden mit weniger Items als die SCL berechnet. Aus der Tabelle wird bei beiden Geschlechtern die oben beschriebene Stabilisierung bzw. ein minimaler Wie-deranstieg der absoluten Werte zwischen der Zweit- und Drittbefragung ersichtlich. Der Verlauf der T-Werte entspricht diesem Bild jedoch nicht. In der Tabelle sind für die Drittbefragung deshalb zusätz-lich die Normwerte der SCL wiedergegeben. Tabelle 11 zeigt, dass sowohl Frauen wie Männer in der Erstbefragung für alle Kennwerte T-Werte deutlich über der Norm von 60 aufwiesen. Obwohl es im weiteren Verlauf der Studie zu einem Rückgang der subjektiven Symptombelastung kommt, liegen die Werte weiterhin ober- oder knapp unterhalb des Normbereichs. Für die absoluten Werte ergaben t-Tests Unterschiede zwischen Frauen und Männern für die psychische Belastung (GSI), die Intensität der Belastung (PSDI) und die Ängstlichkeits-Skala. Diese betreffen ausschliesslich die erste Befra-gung und liegen nur im Trendbereich (0,05<p<0,10).

Tab. 11: Vergleich der SCL-90-R-Kennwerte mit T-Werten der Normierungs-Stichprobe GSI

Psychische Belastung

PST Anzahl Symptome

PSDI

Intensität d. Belastung Depressivität Ängstlichkeit

Wert T Wert T Wert T Wert T Wert T

Frauen†† t1 1,2 (0,7) 65 51,3 (18,8) 62 2,00 (0,6) 64 1,5 (0,90) 66 1,3 (0,81) 65

t2 0,7 (0,5) 60 36,4 (18,6) 56 1,6 (0,6) 62 1,0 (0,8) 62 0,6 (0,6) 58

t3††† 0,8 (0,6) 68(61) 23,6 (11,4) 63 1,6 (0,7) 64(61) 0,8 (0,9) 63(60) 0,8 (0,8) 61(60) Männer †† t1 1,0 (0,7) 67 46,9 (21,1) 66 1,8 (0,6) 64 1,3 (0,9) 68 1,0 (0,8) 69

t2 0,7 (0,6) 64 37,2 (21,3) 61 1,5 (0,5) 59 0,9 (0,7) 63 0,7 (0,7) 64

t3 0,8 (0,9) 68(64) 24,4 (14,2) 63 1,6 (0,6) 64(59) 0,9 (0,9) 68(64) 0,8 (0,9) 64(65)

T-Werte, Mittelwert 50, Standardabweichung 10, Normbereich 40-60

†† Frauen: t1: n=71; t2: n=66; t3: n=40/Männer: t1: n=110; t2: n=97; t3: n=69

††† Werte der BSI-Normierung, in Klammern entsprechende Werte der SCL-90-R-Normierung