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Blei im Humanblut

3.11 Gesundheitliche Aspekte globaler Umweltveränderungen

3.11.1 Zerstörung der Ozonschicht

Seit Beginn der siebziger Jahre wird weltweit eine Abnahme der Ozonwerte in der Stratosphäre beobachtet. Große lokalisierte Abnahmen der Ozonkonzentration in der Stratosphäre wurden vor allem über den Arktischen Regionen und besonders über der Antarktis verzeichnet. Das Auftreten des Ozonlochs über der Antarktis gehört zu den gravierendsten Veränderungen des Ozongehalts in der Stratosphäre, die jemals beobachtet wurden. Dabei wird die Ozonschicht jährlich wiederkehrend in den Monaten September/Oktober bis Dezember drastisch verdünnt.

Nach heutiger Kenntnis ist die Ausbildung des Ozonlochs eine Kombination von meteorologischer Konditionierung und anthropogener Störung der Ozonchemie.

Für den zeitlichen Ablauf der Ausbildung des Ozonlochs ist neben dem Vorkommen bestimmter Stoffe in der Stratosphäre - hier sind als anthropogen bedingte Stoffe insbesondere Fluorchlorkohlen-wasserstoffe (FCKW), teilhalogenierte FCKW (H-FCKW), Halone sowie Methylbromid von Bedeu-tung - auch das Aufgehen der tieferstehenden Frühjahrssonne entscheidend, deren Strahlung das aus bestimmten chemischen Reaktionen mit Luftschadstoffen hervorgehende Cl2 spalten kann. Die freige-setzten Cl-Atome reagieren mit Ozon unter Bildung von ClO, dessen Konzentration dabei stark an-steigt, ohne daß es zunächst zu einem stärkeren Ozonverlust kommt. Ein Ozonverlust setzt erst dann ein, wenn sich ein neuer katalytischer Zyklus des Ozonabbaus etabliert hat.

Durch die Zerstörung der stratosphärischen Ozonschicht kommt es zu vermehrter Einstrahlung kurz-welliger UV-Strahlen (UV-B) auf die Erde. Ozonmessungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Hohenpeißenberg zeigten während der letzten 25 Jahre eine jährliche Abnahme des Gesamtozonge-haltes von ca. 0,5 %. Demgegenüber steht jedoch kein einheitlich erhöhter Trend in der bodennahen Strahlungsmessung, wenngleich an Einzeltagen mit niedrigen Ozonwerten Erhöhungen der UV-B-Werte um fast 30 % im Vergleich zu Tagen mit „normalem” Gesamtozongehalt gemessen wurden.

Diese Diskrepanz scheint vor allem auf bisher nicht ausreichend genaue und langzeitstabile

UV-Meßsysteme zurückzuführen zu sein. Unter anderem deshalb gibt es noch keine belastbaren Daten für eine Erhöhung der UV-Exposition in bodennahen Bereichen infolge verringerten stratosphärischen Ozons. Um verläßliche Daten über die tatsächliche UV-Strahlung zu erhalten, wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz und vom Umweltbundesamt ein UV-Meßnetz aufgebaut, in dem an vier repräsen-tativen Standorten in Deutschland kontinuierlich die UV-Strahlung mit neu entwickelten, qualitativ hochwertigen Geräten spektral aufgelöst gemessen wird.

Weltweite Vereinbarungen zum Schutz der Ozonschicht enthalten das Wiener Übereinkommen (1985) sowie darauf aufbauend das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen (1987). National erfolgte die Umsetzung mit Hilfe der über diese Regelungen hinaus gehenden FCKW-Halon-Verbots-Verordnung vom 6. Mai 1991. Von dieser Verordnung gingen wichtige Impul-se zur Fortentwicklung des Montrealer Protokolls und der entsprechenden EG-Verordnung (Verord-nung (EG) NR. 3093/94 des Rates vom 15. Dezember 1994 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen) aus. Das Montrealer Protokoll und dessen zusätzliche Verschärfungen zeigen bereits Wirkung. Verglichen mit 1986 ging der weltweite FCKW-Einsatz um über 40 %, in Deutsch-land sogar um mehr als 95 % zurück. Die Geschwindigkeit, mit der die Verpflichtungen verschärft wurden, hat bei vielen Staaten allerdings zu Schwierigkeiten geführt, die getroffenen Vereinbarungen rechtzeitig umzusetzen und zu ratifizieren. Schon mit Rücksicht hierauf wird die Fortschreibung von Verpflichtungen nur auf jeder zweiten der jährlich stattfindenden Vertragsstaatenkonferenzen schwerpunktmäßig behandelt.

Stratosphärischer Ozonverlust und Gesundheit

Die Abnahme der Ozonkonzentration in der Stratosphäre führt - wie oben angegeben - zu einer Zu-nahme der bodennahen UV-Strahlung. Die gesundheitsschädigende Wirkung der UV-Strahlung ist unter anderem abhängig von der Strahlungsintensität und -dauer, der Wellenlänge der Strahlung sowie der individuellen Konstitution und den bestrahlten Körperteilen. Bei der Sonnenbestrahlung des Menschen sind akute und chemische Wirkungen zu unterscheiden, wobei aufgrund der geringen Eindringtiefe der UV-Strahlen nur die Augen und die Haut betroffen sind. Über die Einwirkungen auf die Haut werden auch Effekte auf das Immunsystem vermutet.

Akute Wirkungen auf das Auge können Entzündungen der Hornhaut und der Bindehaut hervorrufen (Photo-Keratoconjunctivitis - Schneeblindheit).

Bei Aufnahme von ultravioletten Strahlen über die Haut können als Akut-Wirkung eine Rötung (Erythem) bzw. verschiedene Stadien des allgemein bekannten Sonnenbrandes auftreten. Zur Ab-schätzung der biologischen Wirkung ist dabei die Erythemwirksamkeit einer Bestrahlung maßgebend, d.h. die Fähigkeit, Hautrötungen hervorzurufen. Die Strahlungsenergie, die auf einer unvorbestrahlten

„kaukasischen” Haut eine gerade noch sichtbare Rötung hervorruft, wird als „Minimale Erythemdo-sis” (1 MED = 180 J/m2) bezeichnet.

Die Tagesdosen erythemwirksamer UV-Einstrahlung besitzen einen ausgeprägten Jahresgang. In Mitteleuropa sind im Sommer bei wolkenlosem, klarem Himmel in Meeresspiegelhöhe bis zu ca. 12

MED pro Tag möglich. Durch den naturgegebenen Einfluß atmosphärischer Trübungen werden im Mittel bis zu 30 % der möglichen Einstrahlung absorbiert. Der Einfluß, den Wolkenfelder ausüben, hängt stark von der Art der Bewölkung und dem Bedeckungsgrad ab. Eine geschlossene Cirrusdecke absorbiert etwa 20 - 30 %. Schichtwolken können dagegen eine Absorption von 70 - 80 % erreichen, so daß eine Erythemwirkung bei Sonnenbestrahlungen nicht mehr gegeben ist.

Geringe, erythemunterschwellige UV-Bestrahlungen wirken in erster Näherung gesundheitsfördernd und sind notwendig für die körpereigene Vitamin-D3-Synthese. Sie werden auch für die Therapie bestimmter Hauterkrankungen eingesetzt.

Erythemüberschwellige oder zu häufige UV-Expositionen erhöhen dagegen die Wahrscheinlichkeit für gesundheitsschädigende Bestrahlungseffekte (Sonnenbrand) beträchtlich.

Als chronischer Effekt am Auge wird eine Trübung der Linse (als Katerakt oder Grauer Star be-zeichnet) angenommen. Unter Laborbedingungen ist ein solcher Effekt, ausgelöst durch UV-B-Bestrahlung, erwiesen. Die Ergebnisse epidemiologischer Untersuchungen sind jedoch nicht eindeu-tig. Wahrscheinlich stellt die UV-B-Bestrahlung einen der verschiedenen Faktoren für die Katerakt-Bildung dar.

An chronischen Effekten der Haut sind neben frühzeitiger Alterung und Pigmentverschiebungen vor allem bösartige Tumoren (Maligne Melanome und verschiedene, als „non-melanome skin cancer“

(NMSC) bezeichnete Hautkrebsformen) von Bedeutung. Maligne Melanome kommen zwar in we-sentlich geringerem Umfang vor als die übrigen bösartigen Hauttumoren (Basalzellkarzinom, Platte-nepithelkarzinom), sind aber wegen ihrer hohen Mortalitätsrate von großer Bedeutung. Es gibt Hin-weise darauf, daß besonders eine vermehrte Sonnenbestrahlung in der Kindheit einer der ursächlichen Faktoren für die Melanombildung ist.

Der bis zum Jahr 2050 zu erwartende anthropogene Ozonabbau wird gegenwärtig auf 3-5 % und bei Zugrundelegung ungünstiger Prognosen auf ca. 11 bis 20 % geschätzt. Der damit verbundene Anstieg der erythemwirksamen solaren UV-Einstrahlung nimmt dann Beträge von ca. 7, 19 oder sogar 34 % an. Bei einem Anstieg der erythemwirksamen UV-Einstrahlung um 1 % ist anhand epidemiologischer Vergleichsuntersuchungen geschätzt worden, daß sich die Erkrankungsraten an Nicht-Melanom-Hautkrebs um ca. 2 % und an malignem Melanom um ca. 0,3 - 0,5 % erhöhen.

Als weiterer Effekt erhöhter UV-Strahlung werden Störungen der körpereigenen Immunabwehr im Sinne einer Immunsupression und damit verbunden eine erhöhte Infektanfälligkeit diskutiert. Zur Abklärung sind weitere Untersuchungen erforderlich.

Auf Grund der dargestellten Wirkungen kommt Aufklärungskampagnen, die die Bevölkerung über mögliche gesundheitliche Risiken einer übermäßigen Sonnenexposition unterrichten und die es er-möglichen, Gefährdungen einzuschätzen und bewußt zu machen und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, besondere Bedeutung zu [s.a. Kap. 3.3.2.3].