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Veränderung des globalen Klimas

Blei im Humanblut

3.11 Gesundheitliche Aspekte globaler Umweltveränderungen

3.11.2 Veränderung des globalen Klimas

Detaillierte Prognosen über zukünftige regionale Klimaentwicklung sind bisher nicht verfügbar, so daß die obigen Aussagen ausreichen müssen, um Rückschlüsse auf mögliche Gesundheitseinflüsse der erwarteten Klimaänderung abzuleiten.

Klimaänderung und Gesundheit

Neben den im folgenden dargestellten möglichen Auswirkungen von Klimaveränderungen auf die Gesundheit des Menschen sind mit Klimaänderungen auch weitreichende Folgen für die Landwirt-schaft, die Pflanzenwelt, die Ausbreitung von Vegetationszonen, auf die Tierwelt sowie den Wasser-haushalt der Erde zu erwarten.

Grundsätzlich zeigen heute vorhandene Erkenntnisse über gesundheitsfördernde oder gesundheitsbe-lastende meteorologische Bedingungen bereits die Empfindlichkeit des Organismus und mögliche Änderungen des Befindenszustandes sowie der Leistungsfähigkeit des Menschen im Hinblick auf eingetretene bzw. zu erwartende anthropogene Klimaänderungen auf. Dabei ist es für die Zuträglich-keitsbetrachtung des Human-Bioklimas als gleichrangig einzustufen, ob die anthropogene Klimaände-rung direkt über die veränderte chemische Zusammensetzung der Atmosphäre zur Wirkung kommt oder ob sich über neue Ein- und Ausstrahlungsbedingungen indirekt die physikalischen Bedingungen, insbesondere Temperatur und Strahlung verändern.

Die hierbei anzustellenden Überlegungen gehen generell von gegenwärtig in den gemäßigten Breiten herrschenden klimatischen Bedingungen und der hier lebenden Bevölkerung aus. Dieser Ausgangs-punkt ist wichtig, weil alle anthropogen bedingten Klimaveränderungen natürlich stets gezielt auf speziell adaptierte Populationen in den jeweiligen Klimaregionen treffen. Es müssen deshalb die Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung zwischen den Klimaregionen der Erde auch sehr stark variieren.

Der Mensch wird über physiologisch relevante Signale, die die thermischen Umgebungsverhältnisse widerspiegeln, veranlaßt, geeignete Maßnahmen zu seinem Schutz zu ergreifen, d.h. sie beeinflussen sein Verhalten. Während einerseits die thermischen Empfindungen einer sehr starken Saisonalität unterliegen und auch die UV-Empfindlichkeit stark in den Monaten variiert, kann bei der Gesund-heitsbelastung durch luftchemische Wirkungsfaktoren nur teilweise von einer „Gewöhnung” oder Akklimatisation im positiven Sinne gesprochen werden.

Eine Anpassung des Wärmehaushalts des Menschen an heiße oder kalte Klimate erfolgte über im langen Prozeß der Evolution entwickelte Mechanismen, so daß jeweils nur eine geringe Toleranz-breite des Energiegleichgewichtes festzustellen ist, d.h. über die Physiologie der Thermoregulation wird eine exakte Einhaltung gesichert. Die zu erwartenden anthropogenen Klimaänderungen gehen jedoch in für die menschliche Entwicklung sehr kurzen Zeitschritten vor sich, so daß eine Adaptation nicht erfolgen kann. Daraus resultiert die Einschätzung, daß diese Klimaänderungen längerfristig einen ungewohnt hohen Belastungscharakter für den menschlichen Organismus haben können.

Thermische Wirkungen: Die thermische Wirkung der Atmosphäre auf den Menschen wird im wesentlichen von den Größen Lufttemperatur, wärmewirksame Strahlung, Windgeschwindigkeit und Luftfeuchtigkeit bestimmt, die gemeinsam auf den menschlichen Organismus einwirken. Unter der Annahme, daß sich Klimaänderungen vor allem in der Zunahme extremer Witterungsereignisse dar-stellen und daß die aus heutiger Sicht sehr seltenen Ereignisse (<1.5 %) künftig häufiger auftreten können, ergeben sich erhebliche Bereiche des thermischen Diskomforts (25 % bis 75 % des Jahres).

Mit thermischem Diskomfort bezeichnet man die thermischen Belastungssituationen, in denen der menschliche Organismus gezwungen ist, die lebensnotwendige Aufrechterhaltung eines ausgegliche-nen Wärmehaushaltes mit entsprechend hohem thermophysiologischem Regulationsaufwand (z.B.

Schweißproduktion bzw. Kältezittern) zu realisieren. Ein erhöhter Grad der Belastung des Menschen ist insbesondere daraus zu erwarten, daß sich voraussichtlich die Zeit belastender sommerlicher Überwärmung verlängern wird.

Mit Hilfe epidemiologischer Methoden kann die Wirkung thermischer Belastungen auf ausgewählte Populationen ermittelt werden. Aus den Reaktionen auf extreme Wettersituationen wird auf mögliche Veränderungen des Gesundheitszustandes unter den Bedingungen einer globalen Temperaturänderung geschlossen. Es wird angenommen, daß es mit Zunahme des Treibhauseffektes auch zu einer Zunah-me von Hitzeperioden komZunah-men wird. Bei Hitzebelastung mit Tagesmitteltemperaturen über 21°C wurde eine deutliche Erhöhung von Morbidität und Mortalität nachgewiesen. Studien in unterschied-lichen Landschaftsklimaten Deutschlands (0,5 Millionen Todesfälle) haben statistisch signifikante Erhöhungen der Sterblichkeit während Witterungsperioden mit übernormalen Tagesmitteltemperatu-ren aufgezeigt. Bereits eine durchschnittliche Häufigkeit solcher Tage führt zu erheblichen Belastun-gen für Menschen besonders mit ErkrankunBelastun-gen des Herz-Kreislauf-, des Atmungs- und des Zentral-nervensystems. Eine zusätzliche Belastung tritt auch heute schon in Großstädten durch die längere Andauer von Belastungssituationen auf. Daß hinsichtlich der erhöhten Mortalität während einer Hitzewelle ein sogenannter „Harvesting“-Effekt von Bedeutung ist, ist nicht auszuschließen. Zur Abklärung, insbesondere auch hinsichtlich der Stärke des vermuteten Effektes, sind jedoch weitere Analysen erforderlich.

Als weitere Folge der globale Erwärmung ist aber auch mit milderem Winterklima zu rechnen. Dies wiederum könnte zu einer Reduzierung von kältebedingter Morbidität und Mortalität führen.

Klimawandel und Schadstoffbelastung der Luft

Die Luftverschmutzung während starker Sonneneinstrahlung bei Hitzeperioden führt zu einer Zunah-me an photochemischen Oxidantien in der Luft (sogenannter SomZunah-mersmog). In Ballungsgebieten ist ferner ein Anstieg von Luftschadstoffen bei länger andauernden stabilen Hochdruckwetterlagen im Sommer anzunehmen.

Aeroallergene

Die Hauptbedeutung der natürlichen Luftinhaltsstoffe für den Gesundheitszustand besteht in der Auslösung von Allergien durch Pollen und Pilzsporen. Es wird geschätzt, daß etwa 10 % der Bevölke-rung dadurch erheblich in ihrem Wohlbefinden und ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt werden.

Die Produktion von Pollen wird wesentlich durch die meteorologischen Bedingungen bestimmt. Sie

ist sowohl von der Witterung des vorangegangenen Herbstes und Winters als auch vom aktuellen Wetter während der Blühzeit abhängig. Die Ausbreitung wird durch Temperatur, Feuchte, Nieder-schlag und Windgeschwindigkeit wesentlich beeinflußt. Bei Veränderung der Produktionsbedingun-gen von Pollen, Pilzsporen oder Bakterien ist ein Einfluß auf das allergische Geschehen zu erwarten.

Ein Anstieg allergischer Beschwerden durch Pollen, Bakterien oder Pilzsporen ist besonders bei einer Häufung trockener, schwach windiger Wetterlagen mit starker Sonnenstrahlung in den Frühjahrs- und Sommermonaten zu erwarten. Indirekte Veränderungen könnten sich über eine klimabedingte Verän-derung der Verbreitungsgebiete von Birke, Hasel und Erle ergeben.

Zunahme von Infektionskrankheiten

Wenn sich infolge Erwärmung die Lebens- bzw. Überlebensbedingungen für Krankheitserreger und deren Überträger (Vektoren) verbessern, ist ein erhöhtes Infektionsrisiko gegeben. Das erhöhte Risiko kann dabei zum einen durch eine Erhöhung der Rate an üblicherweise bereits vorhandenen Krank-heitserregern und Vektoren bzw. das zeitlich längere Vorkommen im Jahresverlauf zum anderen aber auch durch Wieder- bzw. Neueinschleppung von Infektionserregern bedingt sein. Die Frage, ob eine solche Entwicklung im Rahmen der vermuteten Temperaturerhöhungsmarge von 1° - 3° C auch in Deutschland auftreten könnte, läßt sich zur Zeit nicht beantworten. Für Teile Südeuropas ist jedoch eine Zunahme bzw. Neuausbreitung bestimmter Infektionskranheiten in Ansätzen erkennbar.

Modellbetrachtungen und Untersuchungsergebnisse weisen eindeutig starke Belastungen des Orga-nismus durch momentan schon auftretende extreme Klima- und Wetterverhältnisse in allen bioklima-tischen Wirkungsbereichen nach. Hierbei werden schon die Grenzen der Belastbarkeit des gesunden Organismus deutlich. Für in ihrem „Norm”-Reaktionsvermögen eingeschränkte Personengruppen wie Kleinkinder, akut kranke, chronisch geschädigte und ältere Bürger werden sich bei einer Zunahme der Häufigkeit extremer Klima- und Witterungsverhältnisse die Belastungen unzuträglich steigern.

Wesentliche Handlungsziele für den Klimaschutz wurden im Rahmen der von der Bundesregierung unterzeichneten und vom Bundestag ratifizierten Klimarahmenkonvention von Rio de Janeiro 1992 sowie des auf der 3. Vertragsstaatenkonferenz im Dezember 1997 in Kioto (Japan) verabschiedeten Klimaprotokolls festgelegt. Die Bundesregierung hat bereits 1990 als Zielsetzung einer nationalen Klimaschutzstrategie beschlossen, die CO2-Emissionen um 25 % bis 2005 auf der Basis von 1990 zu reduzieren sowie die übrigen Treibhausgase zu begrenzen bzw. zu mindern. Entsprechende Maßnah-menbündel wurden verabschiedet bzw. bereits eingeleitet.