sowie
die
übrigen freien Städtereine Zeit
wichtiger Umbrüche.Erst in
dieserPe-riode teilte
sich die
Stadtbevölkerung unter mitteleuropäischen Einflüssenin
un-terschiedliche rechtliche Großgruppenmit
ständischen Privilegien.4Der
Verlauf dieser Differenzierungist nun
anhandder
Versammlungenzu
untersuchen,an
denen
die
sozialen Gruppenim 15. Jh.
gemeinsame Handlungsspektren herausbil-deten.C.II.3 „dass
sich alle
gemeinsaman
jener Stelle versammeln,wo sie sich seit lan-ger Zeit
versammeln“5
VersammlungenSchon
im 13. und 14. Jh. gab es
möglicherweisebeim
Abschlussvon
Friedens-verträgen einzelne Versammlungenvon
vielen Städtern außerhalbdes oben
be-schriebenen Zusammenhangs einer Krise fürstlicher Herrschaft.
Die
zitiertenBe-stimmungen
zur
Gerichtsbarkeitin den
Verträgendes 13. Jh. mit den
lateinischen Partnern lassen auch gerichtliche Zusammenkünftevon
Städternmit
oder ohne Präsenzvon
fürstlichen Dienstleutenals
denkbar erscheinen.Aber
erst,als der
Polocker Teilfürstam
Ausgangdes 14. Jh.
durch einen Statthalter ersetzt worden war, wurden Versammlungender
städtischen Bevölkerung nachweislich häufig:Für das 15. Jh. gibt es
Einzelhinweiseauf
etwa70
Zusammenkünfte,an
denen gemäßder
Sprachregelungder
Quellen,die
übersie
berichten, „alle
Polocker“ und
damit Mitglieder aller städtischen Gruppen teilnahmen. Versammlungenein-1 „Ot pana Vasilija Dmitrieviča i ot bojar Polockich i ot městičov i oto vsech muž
’Poločan
vseho pospol’stva“. PG 1, Nr. 51, 1435–1436, S.132.
2 Vgl. PG 1, Nr. 86, ca. 1448, S.173.
3 Vgl. GIERKE (1873), S.596.
4 CHOROŠKEVIČzeichnet wichtige Bestandteile des Wandels in der ersten Hälfte des 15. Jh.
nach. Vgl. PG 5, S.186f.; CHOROŠKEVIČ(1974b). Sie erkennt aber in der Entwicklung in
erster Linie die Kontinuität des Erbes der Kiewer Rus’und übersieht die Dimension des Um-bruches. CHOROŠKEVIČ(1982a), S.75; CHOROŠKEVIČ(1982b), S.205, S.208, S.219.
5 PG 2, Nr. 195, 1486, S.111.
zelner Stände lösten allgemeine Zusammenkünfte
in den 80er und 90er
Jahrendes 15. Jh.
raschund
nahezu vollständigab.
Im
Rahmendes
neuen Machtdreiecks zwischen Großfürst, lokalem Statthalterund
örtlichen privilegierten sozialen Gruppen bildetensich im 15. Jh. auf
älteren Grundlagen neue Formen kollektiven Handelns.Mit
ihnen festigtensich
gleich-zeitig Grenzenund
Identitätender
neuen sozialen Gruppen. Diese allmähliche Auseinanderentwicklungvon
Interaktionskettenund
neuen Handlungsfeldernsoll nun
untersucht werden.C.II.3.1 Grundlagen
im
nordosteuropäischen KontextC.II.3.1.1
„alle
Polocker“ Zur
Teilnahmean
VersammlungenUm 1396
wurdeein
Schreiben „Vom
Polocker Statthalter Montihirdund von al-len
Männernvon den
Polotschanen (oto vsech muž ot
Poloč
an)“ a n die
Rigaer geschickt,das den
bestehenden Handelsvertragvon 1392
bekräftigen sollte.1Die
Formulierung „
alle
Männer“in der
intitulatioder
Urkunde erscheint dabeials
wichtige Neuerung
im
Schreibstilder
bisheraus
Polock bekannten Urkunden.Freilich hatten sich schon 1186 gemäß
der
Chronik„ alle“
Polotschanenim
veče
versammelt,und
auchin der Vita der
Evfrosinija war,wie
erwähnt, wiederholtvon
„allen Bojaren“,
„der
ganzen Burgstadt“ und
„dem
ganzen Land“ die
Rede.Auch in
Pskovund
Novgorod waren analoge Formelnin den vom 13. Jh. an
er-haltenen Urkunden üblich. Dennoch sind erst
für die Zeit nach 1390
PolockerUr-kunden erhalten,
in
denendie
Formel„ alle “
verwendet wurde.Im
ganzen15. Jh.
blieb
sie im
schriftlichen Verkehrder
Polockermit Riga
wesentlich. Ihre Über-nahmein den
Schreibstilder
Polockerist eng mit den
Urkundenformeln Rigaszu
verbinden,
wo sie, wie in den
meisten westlichen Städten,seit der
Etablierungder
Rechtsstadt
im 13. Jh.
üblichwar
(„
universi cives“ ).
Den
Polocker Absendern musste sehr daran gelegen sein,von den
Rigaer Empfängern gleichermaßenund mit
ähnlichen oderden
Rigaern verständlichen Mittelnund
Verfahrenals
legitimiert angesehenzu
werden.Der
Formelbestandteil„ aller “ hob den
Anspruchder
Absender hervor,als
Einheit aufzutreten.Er
standfür ein
entstehendes kollektives Bewusstseinvon
Interessen,die
gemeinsamge-tragen
und nach
außen vertreten wurden.Eine
Versammlung wirklich allerPerso-nen der
entsprechenden Gruppenist
damit aber nicht anzunehmen:Ein
Dekretdes
Großfürsten schrieb
1486 den
damals bestehenden ständischen Gruppenfür
ihre Versammlungenzur
Steuererhebung, aber auchfür
ihre anderen Zusammenkünfte vor,„dass sie unsere herrschaftlichen Angelegenheiten alle einig und gemeinsam erledigten (vsi z’
’
hodoju pospolu spravljali) wie von alters her, und dass sich alle gemeinsam an jener Stelle
ver-1 PG 1, Nr. 17, 1396, S.64.
C.II Macht zwischen Statthaltern und Städtern bis um 1490 109
sammeln, wo sie sich seit langer Zeit versammeln. (...) in allen Sachen sollen sie sich so beraten (radilis’), wie wir ihnen das Recht dazu gegeben haben.“1
Damit sind
für die
zweite Hälftedes 15. Jh.
Versammlungenan
einem (nicht näher benannten) bestimmten Platz2als
Gewohnheit belegt sowieein
Aufrufzur
möglichst vollständigen Anwesenheit.Es
bleibt aber unwahrscheinlich, dass wirklich alleund
etwa auchdie
Dienstgruppen,die
nochzu
Endedes 15. Jh. mit der
Burgstadtdie
Landesabgaben leistetenund in der
Näheder
Burgstadt lebten, jeweils vollständig anwesend waren, wennes bei der
gerichtlichen Versammlung– wie so oft – nur um
Handelsangelegenheitender
Eliteder
Städter ging.Viel
eher kamenin
Polockwie in
anderen genossenschaftlich organisierten Gemein-wesenso
viele zusammen, dasssie für alle
gelten konnten.Ein
Beschluss diesernoch
nicht korporativenund
auch nicht repräsentierenden, sondern genossen-schaftlichen Versammlung einer lediglichin der
konkreten Situation hergestellten„Gesamtvielheit
“ der
Leuteam
gewohntenOrt und im
Rahmender
gewöhnlichenund
damit rechtsmäßigen Handlungsweisen verpflichtete auchdie
Abwesenden.3Den
Polockernwar zu
Beginndes 15. Jh. die
Formel„ alle “ im
Verkehrmit Riga
auchin
ihrer Verwendungals
„technische Formel“4 seit
langerZeit geläu-fig: Um
1400 standsie
längst nicht mehrfür die
alte Identitätder
Bürgerschaftals
Gesamtvielheitmit der
Versammlung aller Bürger.Nach der
Institutionalisierungdes
Rates brachtesie
vielmehr seinen Anspruchauf die
Vertretungder
„Gesamt-einheit“ der
Städterals pars pro
totofür die
Korporationder
Stadtzum
Aus-druck.5In Riga ist
bereits1226 ein Rat
nachgewiesen.Die
Gesamtheitder
Bürgerals
Gemeinde trat
in
aller Regelnur in den
Formeln gemeinsammit dem Rat auf ( „ de
gemene borgere
“;
„universi cives“;
„universitas“;
„communitas civium“;
„tota communitas civitatis“; „ arm und
reich“; am
häufigsten „commune civitatis“ ).6 Von 1375 an ist
etwafür
Krakau bekannt, dassin
Urkunden nebstdem
Stadtrat auchdie
„communitas“ und die
„universitas civitatis“
erschienen( „ cale
pospólstwo“;
„tota communitas“;
„totius universitatis civitatis“ ).7
Damit sind aber,wie
dargelegt, keine Gemeindeversammlungen belegt, sondernnur die
Ver-1 „(...) a dela by naši h(ospo)d(a)rs’
’skie vsi z’
’
hodoju pospolu spravljali po davnomu, a symalis(’) by vsi pospolu na tom meste, hde pered tym syimyvalis(’) zdavna. (...) vo vsich by rečach radilis’tak, kak my im pravo dali.“PG 2, Nr. 195, S.111.
2 Bis ins 15. Jh. können sich die Versammlungen auf den Platz vor der Sophienkathedrale in der Burg konzentriert haben. Da sich die Versammelten in der zweiten Hälfte des 15 Jh. als die Stadt Polock bezeichneten, die sich von der Burg unterschied, dürften die Versammlun-gen nach der Mitte des 15. Jh. im Großen Posad stattgefunden haben.
3 Vgl. GIERKE (1873), S.476f., S.489, S.590f. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Fehlende gerügt wurden.
4 Vgl. GIERKE (1873), S.598. Allgemeine Bürgerversammlungen waren im Ostseeraum vor allem in der ersten Zeit nach der Gründung der Rechtsstädte zu Beginn des 13. Jh. verbreitet, bevor der städtische Rat ihre Kompetenzen an sich zog. EBEL (1978), S.185, S.189–194.
5 GIERKE (1873), S.590–595; I. REITER, „Repräsentation“, in: HRG 4, Sp.904–911, hier Sp.905.
6 BUNGE, V. (1878), S.88f.; vgl. ZÜHLKE (2002), S.94.
7 WYROZUMSKI (1992), S.418. In Wilna wurde der Begriff „pospólstwo“erst später verwen-det. DRUŽCYČ(1929), S.381; zu mhd. „gemeine“: LEXER (381992), S.60.
wendung
der
Formelim
technischen Sinn:Nach 1400 ist auch für Riga
nicht mehrvon
einer Bürgerversammlungbei
alltäglichen Gerichtsverfahren auszugehen.Die
Polocker waren damalsnoch
weit davon entfernt, einen Stadtratzu
haben,der als
korporatives Gremiumfür die
geschlossene Gesamteinheitder
Stadt han-delte.1Im
Kontaktmit Riga war
ihnen aberdie
technische Verwendungder For-mel
soweit bekannt, dasssie sich mit
einer gewissen Anzahlvon
Versammelten begnügten,um in den
Dokumentenals „ alle “
handlungsfähig aufzutreten, ohne tatsächlichein
korporatives Repräsentationsgremiumzu
besitzen. Auchin
Polock versammeltensich
offenbarwie in
westlicher gelegenen mitteleuropäischen Städten,die
(noch) keine Schöffenverfassung besaßen,an den
regelmäßigenGe-richten „nicht
alle
Bürger, sondernnur
einezum
Urtheilfinden hinreichende An-zahl.“2
Weitere Aspektevon
Versammlungsformen nach1390
werdenmit
zusätzlichen Quellenzur
Aushandlungdes
Vertragesmit Riga von 1406
umrissen.Dieser Vertrag sollte
die
schriftliche Sprachanwendung sowie insgesamtkollekti-ves
Handelnim
handelsrechtlichen Kontext entscheidend prägen.C.II.3.1.2 „Älteste
“ und
„upperste“– Zur
Führungvon
Versammlungen1399
verfügte Großfürst Vytautasin
einem Schreibenin der
ostslawischen Urkun-densprache,„dass in Polock die Polotschane, gute Leute (dobrym ljudem), das Kreuz darauf zu küssen haben, dass sie den Deutschen im Handel und bei der Waage und in allen Handelsangelegenhei-ten alles im Recht tun (što im činiti němcem vse u pravdu).“3
Deutlicher
als in
allen früheren Texten beschrieber
damit eine Beteiligungder
„Polotschane“ am
rechtlichen Regeln alltäglicher, örtlicher Handelsangele-genheiten.Die
„Guten Männer“
solltensich mit
einemEid
nach innenund
außen kollektiv verpflichten,in
einem bestimmten rechtlichen Handlungsfeld verein-barte Interaktionsregeln einzuhalten.Sie
stärktenin
diesemAkt für
oderals „ die
Polotschane“
ihren kollektiven Statusals
Rechtsträger.Der Eid gab
ihrem Han-delnin
diesem Handlungsfeld Legitimität.Der
Einflussdes
lokalen Herrschafts-trägersund
seiner Amtleute ging damitauf der
Ebeneder
schriftlichen Verein-barungen deutlich zurück. Analog solltenin Riga
„gute Leute gegenüberden
Po-lotschanen“ die
Vereinbarungen beschwören.4Wie im
Smolensker Vertragvon
1229
warendie
„guten Leute“
eherad hoc
hinzugezogene, unbescholteneund
angesehene Männer dennein
gefestigtes Führungsgremium.1 Vgl. POST (1973), S.97.
2 PLANCK (1878), S.65.
3 1401 wiederholte Vytautas den Text auf niederdeutsch gegenüber den Rigaern, als er ihnen berichtete, er habe an die Polocker –und nicht an den lokalen Statthalter –geschrieben, sie sollten den Rigaern auf den neuen Vertrag das Kreuz küssen: „Auch wisset, das wir den Ploczkern geschrebin haben, das zy euch crueczkossinge leisten zollen, euch und den ewirn glych czuu tuun an kowfmanschaczen und an den gewichten, alz das zcwischen euch und een gewonlich und recht ist.“PG 1, Nr. 31, 1401, S.88.
4 „(...) na tom, što im činit(i) němcem vse u pravdu“. PG 1, Nr. 26, 1399, S.80.
C.II Macht zwischen Statthaltern und Städtern bis um 1490 111 Ebenfalls
im
Zusammenhangmit der
Kommunikation über einen neuen Ver-tragist für das Jahr 1400 ein
Briefvon
Rigaer Botenan den Rat von Riga
über-liefert.Das
Schreibenist
einesder
wenigen,die
einen Einblickin den
Ablauf einer Versammlungvon
Polockern geben.In dem
Dokument berichtetendie Bo-ten dem Rat von
Gesprächenmit dem
Großfürsten sowiemit den
Polockern.Der
Großfürst
und
seine Bojaren hättenden
Rigaern befohlen,„dat wij darhen toghen und voruoeren [vorführen, vorbringen, S. R.], wes wij mit en dege-dinghen [ver- oder unterhandeln, S. R.] kunden und gaff uns enen brieff mede an de ploskauwer dat sie den dutschen Copman laten soelden by alle syme alden rechte.“1
Die
Rigaer sollten laut ihrem Berichtbei
ihremGang nach
Polockalso
einen Briefvon
Vytautasan die
Polockermit sich
geführt haben,in dem
dieser „die
Polocker“
aufforderte,die
deutschen Kaufleutebei
ihren „alten Rechten“
und ihrer Handelsfreiheitzu
belassen. Dabeiist
bemerkenswert, dassder
Großfürstdie
Rigaer
mit
ihrer Forderungund
seinem Unterstützungsschreiben nichtzum
Statt-halter, sondernvor „ die
Polocker“
geschickt hatte.Die
Rigaer erhielten folgende Reaktionauf
ihre Maximalforderung,die
immerhinder
Großfürst unterstützt hatte:„Unn die Ploskauwer segeden uns, se wolden erre sake tho hope [zu Hauf, zusammen, S. R.]
gadderen [versammeln, vereinigen, zusammenfassen, S. R.] unn erre clage uppe de dutschen.
Wante de Eldeste segget hijr dat in vortijden de Rat tho der Righe vorboden hebbe (...)“, dass Polocker in Riga mit Überseeischen handeln dürften.
„ Die
Polocker“
antwortetenin
Abwesenheitdes
Statthaltersmit
eineroffen-bar
augenblicklich zusammengestellten „Klage gegendie
Deutschen“.
Darausist auf
einen Beratungsvorgangzu
schließen. Ausdrücklichwar die Rede
davon,„ se
wolden
erre
saketho
hope gadderen“:
Trat damit eine Mengezu
einem Haufen, einer Gerichtsversammlung, zusammen?Es ist an das
erwähnteso
genannte„Haufengericht
“
(„
kopnyj sud“ ) zu
denken. Anschließend wurde ihre Antwort,die
unmittelbarin
diesem Vorgangin
Worte gefasst worden war,von
einem oder mehreren „Ältesten“
(„
Eldeste“) der
Polockerden
Rigaer Boten vorgetragen.Inhaltlich warfen
die
Polockerden
Rigaernvor,
dass dieseden
Polockernin Riga
nicht gestatteten,was sie für sich
selbstin
Polock wünschten. Ausgehendvon
dieser rhetorisch versierten Argumentation entwickeltesich ein umfangrei-cher
Wortwechsel.In
seinem Verlauf sprachendie
Gesandtender
Rigaerzu den
Polockern
„ sie
werren guddeaide
lude“ . Sie
kombinierten folglichdie
Ausdrücke„Älterleute
“ und
„gute Leute“ . Die
solchermaßen Angesprochenen nahmenin der
Quelledie
Funktionvon
Sprechernim
Namen aller versammelten Polocker wahr:Sie
tratenals
momentan Bevollmächtigteder
Gesamtvielheit auf.21 RLU, Nr. 127, 1400, S.98. HILDEBRAND nennt ein weiteres, undatiertes und unediertes Dokument, das erwähnt, dass Rigaer Kaufleute wegen Handelsangelegenheiten angeblich in der ersten Hälfte des 15. Jh. vor „russischen Gemeindeältesten“in Polock vorsprachen. HIL-DEBRAND (1878), S.368, S.370. HILDEBRAND verweist als Beleg auf das Äußere Rigaer Ratsarchiv. Die Suche nach einer Edition der Quelle blieb erfolglos.
2 Vgl. GIERKE (1873), S.504.
Trotz dieser Wortführer konnten
die
Polockerin den
Augender
Rigaer wäh-rendder
Verhandlung aber nicht immereine
passende Antwort finden, stand dochim
Briefder
Rigaer: „alsus hadde wij viele wortmit en, dat sie
nichtwol ene
wijstenwat sie dar
tieghen seggen soelden.“
Offenbar fandenin
solchenMo-menten weitere interne Beratungen
der
Polocker statt.Mit dem
Dokumentist
jedenfallseine
komplexe kollektive Meinungsbildung einer Mengevon
Polockernund die
Vermittlung eines Beschlussesder
versam-melten Polockerin der
Gegenwartder
Rigaer bezeugt.In der
Situation wurde konkretisiert und letztlich durch Sprecherals
Standpunkt „der
Polocker“ vertre-ten, was
diesein der
vorgängigen Beratungals
gemeinsame Meinung beschlossen hatten.Der
Wortwechselder
Rigaermit den
Polockern fand „mit
ihnen“
statt,und
damit nichtnur mit
einem Wortführerder
Polocker.Am
Schlussder
Ver-handlung stand
ein
klarer Willeder
Polocker– sie
übertrugenden
Entscheidin der
Angelegenheitdem
Großfürsten.Das
Dokument zeigtein
klares Bewusstseinder
Polockervon
gemeinsamen handelsrechtlichen Belangen. Erstmals könnenfür
selbstständiges kollektives Handeln
der
Polocker Verfahrender
Beschlussfindungund
Vertretung nachgewiesen werden.Sie
wurden selbstverständlichund
erfolg-reich eingesetzt, obschonder
Statthalterin der
gesamten Interaktion keine Rolle spielte.Damit sind
um 1400 in der
Wahrnehmungder
Deutschen erstmalsein „
El-deste“ , ein
„Ältester“,
oder „gutealte
Leute“
belegt,die der
Versammlungder
freien Polocker beziehungsweise einer Vielzahl
von
Polockernals
Wortführer vorstanden.Im
Sprachgebrauchder
Rigaer Kaufleute wurden aberbald
auch„Oberste