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Wirtschaft und Böden

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Entwaldung und Bodendegradation in Costa Rica

1.3.1.5 Wirtschaft und Böden

1.3.1.5.1 Dezentrale Koordination globaler Bodenfunktionen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich aus der wirtschaftlichen Perspektive mit den Problemen der Bodendegradati-on zu beschäftigen. Man könnte, wie dies z.B. in der Studie Sustainable Netherlands geschieht (ISOE, 1993), die ge-genwärtigen und künftigen wirtschaftlichen Entwicklungstrends aufzeigen und die mit ihnen verbundenen Degrada-tionseffekte analysieren. Dabei käme zum Vorschein, daß die Degradation – läßt man einmal die Be-völkerungsentwicklung außer acht – unter globalem Blickwinkel in Verbindung mit der Abholzung von Wäldern vor allem durch das Vordringen bestimmter Formen der landwirtschaftlichen Bodennutzung verursacht wird. Insbesondere in den Entwicklungsländern macht sich der Mangel an fruchtbaren Böden immer mehr bemerkbar. Dieser Mangel ist nicht nur die Folge des hohen Bevölkerungswachstums, sondern eindeutig auch das Ergebnis einer Über- und Fehlnut-zung von Böden. So verarmen dort durch Nährstoffentzug Böden, durch großflächige und/oder nicht angepaßte Nut-zungen wird die Erosion gefördert und im Zusammenspiel mit der Wasserverknappung die Desertifikation beschleu-nigt. In den Industrieländern stellt sich hingegen Bodendegradation als Folge landwirtschaftlicher Bodennutzung vor allem als Kontamination der Böden dar. Hinzu treten, insbesondere als lokale und regionale Probleme, die Ausweitung der Siedlungsfläche, die Urbanisierung, die Förderung von Bodenschätzen, die Industrialisierung usw. (siehe Kap. D 1.3.3).

Die tieferliegenden Ursachen dieser verschiedenen Formen der Bodendegradation werden über einen Einstieg in die ökonomische Erklärung der Bodennutzung (Allokationstheorie) sichtbarer. Vor allem stellt sich die Frage, inwieweit der Markt überhaupt in der Lage ist, eine globale Problemlösung im Sinne einer Verhinderung der immer rascher vor-anschreitenden Bodendegradation zu gewährleisten.

Böden sind Funktionsträger, d.h. sie bieten in Abhängigkeit von ihren natürlichen und teilweise vom Menschen beein-flußbaren Eigenschaften unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten (siehe Kap. D 1.1.2.1). Jeder Raumausschnitt stellt somit aus ökonomischem Blickwinkel eine Art Nutzungsfunktion dar, bei der die Bodeneigen-schaften die Produktionsfaktoren und die Funktionen den Output repräsentieren. Die Funktionen als Outputkategorien stehen untereinander sowie zu den Bodeneigenschaften in einem komplexen Beziehungsgefüge. In einigen Fällen be-stehen Konfliktbeziehungen, d.h. die Nutzung des Bodens für eine Funktion schließt andere Nutzungsmöglichkeiten

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aus oder mindert sie zumindest, in anderen Fällen liegen Komplementaritätsbeziehungen vor. Hinzu tritt das Problem, daß kurzfristige Nutzung im Widerspruch zu längerfristigen Nutzungszielen stehen kann.

Die Wirtschaft als zentraler Bestandteil der anthropogenen Einflußsphäre ist primärer Nachfrager nach Bodenfunktio-nen und damit als Bodennutzer neben der Bevölkerungsentwicklung und -verteilung primär für die Bodendegradation verantwortlich. Aus ökonomischer Sicht wird Bodendegradation durch eine unbefriedigende Lösung des sogenannten Allokationsproblems in der Zeitachse, d.h. durch eine nichtoptimale Zuweisung knapper Ressourcen zur längerfristi-gen Steigerung der gesellschaftlichen Nettowohlfahrt verursacht. Die Lösung dieses Allokationsproblems, d.h. die Koordination von Bodenangebot sowie der Nachfrage nach den verschiedenen Bodenfunktionen, erfolgt in den mei-sten Ländern dieser Erde in einem Zusammenspiel von Marktbeziehungen und staatlichen Regulierungen (etwa planungsrechtlichen Vorgaben, die den Nutzungsspielraum einzelner Flächen eingrenzen). Läßt man einmal natürliche Einflüsse außer acht, ist eine Bodendegradation daher Folge eines Markt- und/oder Politikversagens, wobei dieses

„Versagen“ sich häufig nur auf bestimmte Bodenfunktionen bezieht. Nachfolgend sollen zunächst vor allem Aspekte des Marktversagens behandelt werden.

Ein die Bodendegradation begünstigendes Marktversagen im Sinne einer (längerfristig) unzureichenden Koordination der vielfältigen anthropogenen Nutzungsansprüche mit den begrenzten (bzw. sogar rückläufigen) Bodennutzungspo-tentialen ist dann zu erwarten, wenn

– keine eindeutige Definition und Durchsetzung von exklusiven Handlungs- und Verfügungsrechten (property rights) an den Böden als Funktionsträgern vorliegt (was wiederum häufig auf Politikversagen zurückzuführen ist),

– die Möglichkeit, andere von der Nutzung der Bodenfunktionen ausschließen zu können, aus nichtrechtlichen Grün-den (etwa aufgrund natürlicher BoGrün-deneigenschaften) ausfällt, d.h. BöGrün-den bezüglich bestimmter Funktionen Kollektivguteigenschaften aufweisen,

– die individuellen Informationen über die langfristigen Nutzen und Kosten der Inanspruchnahme der Bo-denfunktionen bzw. über die Beziehungen zwischen den einzelnen BoBo-denfunktionen unzureichend sind oder kurz-und langfristige Nutzungsinteressen auseinanderklaffen mit dem Ergebnis, daß kurzfristige Entscheidungen domi-nieren, die nicht (oder nicht immer) mit den längerfristig relevanten Anforderungen übereinstimmen,

– zu hohe Transaktionskosten (transaktionales Marktversagen) bestehen und

– gravierende externe Effekte auftreten (was zumeist Folge von Politikversagen ist) und die Lenkungsfunktion der Marktpreise mindern.

Diese Versagenstatbestände treffen in weiten Bereichen zu und sind darum für die weltweit zu beobachtende Boden-degradation von entscheidender Bedeutung. Dies soll nachfolgend näher erläutert werden.

Überprüft man diese Tatbestände der Reihe nach, so können Koordinationsdefizite und damit Bodendegradation zunächst einmal die Folge nicht eindeutig definierter Boden- und Landnutzungsrechte sein. Dies ist etwa der Fall, wenn die rechtliche Rahmenordnung das Recht des Eigentümers, andere von der Nutzung des Bodens auszuschließen, einschränkt oder außer Kraft setzt. Dann wird das Haftungsprinzip eingeschränkt, die Durchsetzung des Verursacher-prinzips erschwert und es besteht die Gefahr, daß andere – ohne in die Nachhaltigkeit der Bodennutzung investieren zu müssen – diese Nichtausschlußsituation zu ihrem (kurzfristigen) Vorteil nutzen. Jede Möglichkeit, die ein solches

„Freifahrerverhalten“ begünstigt – etwa auch Duldung einer rechtlich nicht zulässigen Fremdnutzung von Grund und Boden –, kann somit zu Übernutzungs- oder Ausbeutungstendenzen bzw. zur Fehlnutzung von Böden führen (Hardin, 1968b). Grundsätzlich bestehen mehrere Formen der Regelung von Landnutzungsrechten.

Besonders problematisch unter dem Aspekt der Verhinderung der Bodendegradation ist der freie Ressourcen-zugang (open access), da dort Nutzer, die sich um die langfristige Erhaltung von Bodennutzungspotentialen bemühen, stets befürchten müssen, daß andere die Früchte ihrer Anstrengungen ernten (Hartje, 1993). Die Folge ist vor allem bei zunehmender Bevölkerungsdichte und industrieller Bodennutzung die Gefahr der Übernutzung. Allmende-Systeme werden als Bodennutzungsform zur langfristigen Erhaltung des Bodennutzungspotentials eher skeptisch eingeschätzt, können unter bestimmten Rahmenbedingungen – geringe Opportunitätskosten, eng begrenzte Nutzerzahl, hohe Inter-essenhomogenität, klare Regelung der Kollektivhaftung usw. – aber funktionieren (Ostrom, 1990; Hartje, 1993).

Hier-116 D 1.3.1.5 Wirtschaft und Böden

zu gibt es, insbesondere in den USA, große Forschungsanstrengungen, die unter dem Leitbegriff common property re-sources firmieren (International Association for Common Property Rere-sources).

Faßt man zusammen, so eignet sich der Boden aufgrund seiner räumlichen Abgrenzbarkeit durchaus zur eindeutigen Definition von Handlungs- und Verfügungsrechten. So gesehen trifft der Vorwurf des Marktversagens allgemein nicht zu; viele Erscheinungsformen der Bodendegradation müssen vielmehr eher als Folge eines Politikversagens eingestuft werden. So fehlt in vielen Ländern dieser Erde immer noch eine klare Zuweisung von Handlungs- und Verfü-gungsrechten bzw. die Durchsetzung erworbener Rechte (Weltbank, 1992). In solchen Fällen muß es zwangsläufig zur Über- oder Fehlnutzung, d.h. zur Bodendegradation kommen. Die Zuweisung klarer Handlungs- und Verfügungsrech-te an Grund und Boden sowie die staatliche Gewährleistung dieser RechVerfügungsrech-te zählt darum immer noch zu den zentralen Empfehlungen einer Politik nachhaltiger Bodennutzung.

Eine solche Politik der Zuweisung von Handlungs- und Verfügungsrechten reicht jedoch allein noch nicht aus, um Bodendegradation zu verhindern. Vielmehr können selbst dort, wo aufgrund der bestehenden Rechtsordnung eine ein-deutige Definition und Durchsetzung von property rights grundsätzlich gewährleistet ist, weitere, die Bodendegrada-tion begünstigende KoordinaBodendegrada-tionsdefizite auftreten, die zusätzliche Maßnahmen erforderlich machen.

Solche Koordinationsdefizite resultieren daraus, daß die Handlungs- und Verfügungsrechte primär nur für die Träger-und Ertragsfunktion definiert werden können, dies bei anderen Bodenfunktionen aufgrTräger-und der Wirkungsmechanismen bzw. der natürlichen Bodeneigenschaften jedoch scheitern muß (Micheel, 1994). Betrachtet man z.B. die Lebensraum-funktion, so wirkt sich eine Einschränkung dieser Funktion durch Nutzung des Bodens für Weidelandzwecke (Abhol-zen von Tropenwäldern) nicht nur unmittelbar auf die lokale oder regionale biologische Vielfalt aus, sondern führt aufgrund der ökosystemaren Verflechtung mittelbar auch zu globalen Implikationen. Folglich kann man in bezug auf Böden

– die Lebensraumfunktion als globales Kollektivgut,

– die Regelungsfunktion als Kollektivgut, dessen räumlicher Bezug von den ökosystemaren Zusammenhängen deter-miniert wird, und

– lediglich die Produktions- und die Trägerfunktion als Individualgüter bezeichnen.

Dies bedeutet, daß lediglich für die Träger- und Produktionsfunktion die Formulierung exklusiver Handlungs- und Verfügungsrechte und damit die marktliche Koordination erfolgreich erscheint, dies für die Funktionen mit Kollektiv-guteigenschaften nicht ohne weiteres möglich ist und demzufolge auch unentgeltliche Nutzungsmög-lichkeiten beste-hen. Hier kann es jedoch kurzfristig individuell rational sein, die vorhandenen Nutzungspotentiale möglichst um-fassend auszuschöpfen (zum „Freifahrerverhalten“: Hardin, 1968b; Buchanan, 1968; Weimann, 1991; Gschwendtner 1993). Dann ist aber eine Überbeanspruchung der globalen Umweltfunktionen des Bodens zu erwarten, d.h. es ergibt sich ein Konflikt zwischen individuell kurzfristig rationalem Verhalten und dem global angestrebten Ziel einer langfristigen Erhaltung der Umweltfunktionen (Althammer und Buchholz, 1993). Diese individuell kurzfristige Per-spektive kann zwar grundsätzlich durch eine Schadenserfahrung in Hinblick auf die langfristige Erhaltung einer Res-source verändert werden (Axelrod, 1986; Weimann, 1991), jedoch nur in eingeschränktem Maße, da in der Regel eine unzureichende Wahrnehmung der globalen Wirkungszusammenhänge, insbesondere des individuellen Beitrags zur Schadensverursachung, vorliegt. Eine negative Beeinflussung der langfristigen Umwelterhaltungsfunktionen in dieser Form ist vor allem dann zu erwarten, wenn es bei immer knapper werdender landwirtschaftlicher Nutzfläche und ho-hem Bevölkerungswachstum um das Überleben und damit um die einseitige Betonung der Nutzungsfunktion der Bö-den geht.

Es wird deutlich, daß die Bewertung der verschiedenen Bodenfunktionen in starkem Maße vom Entwicklungsstand ei-nes Landes, der Einwohnerdichte, der verfügbaren Fläche, den Importmöglichkeiten von Nahrungsgütern und dem Gewicht anderer Bodennutzungsbedarfe (etwa für Siedlungszwecke) abhängig ist. Gleichzeitig wird sichtbar, daß an-gesichts des Bevölkerungswachstums und dem tendenziell globalen Rückgang der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen allen Maßnahmen, die zu einer nachhaltigen Steigerung der Ertragskraft (bezogen auf die Nahrungsmit-telproduktion) der Böden führen, besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist. Der Beirat rückt darum Empfehlungen, die diesem Anliegen dienen, in besonderer Weise in den Vordergrund.

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Um die globalen Koordinierungsdefizite zu lösen, reicht die Zuweisung klarer Handlungs- und Verfügungsrechte an Grund und Boden allein auch deshalb nicht aus, weil die individuellen Informationen über die langfristigen Nutzen und Kosten der Inanspruchnahme von Bodenfunktionen bzw. über die Beziehungen zwischen den einzelnen Bo-denfunktionen unzureichend sind oder kurzfristige gegenüber langfristigen Nutzungsinteressen dominieren. Ein gutes Beispiel für diese Informationsprobleme, die eine Marktkoordination erschweren, sind jene „Bodenbelastungen“, die sich aus der Nutzung in der Vergangenheit ergeben (Altlastenproblem). Häufig verfügen nämlich nur die bisherigen Eigentümer über ausreichende Informationen bezüglich möglicher Einschränkungen von Bodenfunktionen. Die poten-tiellen Nachfrager nach Produktions- und Trägerfunktionen stehen dann infolge der gegebenen Unsicherheit bei der qualitativen Beurteilung eines Angebots vor dem Problem,

– entweder das Risiko zu tragen, eventuelle Nutzungsbeschränkungen hinsichtlich des erworbenen Bodens hinneh-men zu müssen,

– umfangreiche Investitionen in eine Informationsakquisition über externe Gutachten mit einem verbleibenden Re-strisiko nicht festgestellter qualitativer Mängel zu tätigen

– oder aber erhöhte Kosten der Verhandlungs- und Vertragsausgestaltung hinzunehmen, um eine Haftung des Vorei-gentümers für etwaige Nutzungsbeschränkungen durchzusetzen.

Diese Alternativen können mit so hohen Risiken und Kosten verbunden sein, daß eine Transaktion unterbleibt. Ande-rerseits kann auch der Anbieter von Böden aufgrund des möglichen Risikos, daß eine bestehende qualitative Beein-trächtigung der Bodenfunktionen bei einer Transaktion erkannt und die Kosten dieser BeeinBeein-trächtigung ihm angelastet werden, zu einem Verzicht auf eine Transaktion veranlaßt werden.

Die beschriebenen Informationsprobleme führen also dazu, daß auch die individuell zuzuordnenden Bodenfunktionen teilweise einer Marktallokation entzogen werden (Hecht und Werbeck, im Druck). Als Folge der unzureichenden Marktallokation von Träger- und Produktionsfunktionen ist zunächst eine ineffiziente Nutzung dieser Funktionen in-nerhalb der räumlichen Abgrenzung des relevanten Bodenmarktes zu konstatieren. Daraus können sich dann globale Konsequenzen ergeben, wenn die lokal ineffiziente Nutzung der Träger- und Produktionsfunktion unmittelbare Aus-wirkungen auf ökologisch relevante globale Bodenfunktionen (etwa die Lebensraumfunktion) auslöst. Zum anderen können sich aus lokalen Engpässen der Bodenfunktionen im Zuge der internationalen Arbeitsteilung langfristig trans-nationale und globale Engpässe ergeben, wenn sich infolge der lokalen Verdrängung von Nutzungsansprüchen die Nachfrage nach diesen Funktionen auf bislang nicht genutzte Flächen in andere Räume (Nutzung von Grenzböden), Regionen oder Staaten verlagert und dort zu weiteren qualitativen Beeinflussungen der Bodenfunktionen führt. Diese Entwicklung könnte z.B. auch den Transfer bodensensibler wirtschaftlicher Aktivitäten aus den OECD-Staaten in die Länder mit geringerem Industrialisierungsgrad verstärken (Sorsa, 1993).

Bodendegradationsprobleme ergeben sich vielfach auch aus einer Verbindung von Informationsproblemen und einem Auseinanderklaffen von kurz- und langfristigen Bodennutzungsinteressen. So ist es vielfach möglich gewesen, über Maßnahmen der sogenannten „grünen Revolution“ (großflächige Mechanisierung, Düngung, Aufbringung von Pflan-zenschutz- und -behandlungsmitteln usw.) die Nahrungsmittelproduktion je Hektar gewaltig zu steigern. Teilweise wurde dies aber mit Bodenerosion, Übersäuerung der Böden oder einer Belastung der Grund- und Oberflächengewäs-ser mit Schadstoffen, d.h. — wie sich erst zeitverzögert herausstellte — mit einer Verletzung wichtiger Nachhaltigkeitsbedingungen „erkauft“. Eine unreflektierte Übertragung solcher Bodennutzungsformen in Länder mit anderen Böden kann dieses Problem des längerfristigen Funktionsverlustes noch verschärfen.

Damit wird aber auch deutlich, daß im Bereich der Bodenmärkte den Transaktionskosten hohe Bedeutung zukommt, und sie zu Ursachen für beachtliche Koordinationsdefizite werden können. Sie betreffen hierbei zumeist weniger die Kosten der Marktimplementation (Kasten 15) , sondern vor allem die Kosten der Ermittlung konkreter Ursache-Wir-kungs-Zusammenhänge und die Verhandlungskosten.

Verstärkt wird diese Problematik durch externe Effekte. Eine effiziente Allokation der Bodenfunktionen wird nämlich auch dann eingeschränkt, wenn als Folge einer wirtschaftlichen Aktivität andere, ohne daß sie hierfür entschädigt wer-den (oder zahlen müssen), beeinträchtigt (oder begünstigt) werwer-den. Bei negativen externen Effekten wird demjenigen, der die wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, nicht die Knappheit der genutzten Bodenfunktion in Form einer ausreichenden Preisinformation vermittelt. Ein markantes Beispiel ist die Beeinträchtigung der Bodenfunktionen infolge von Schadstoffeinträgen aus der Luft. Wird etwa die Produktionsfunktion eines Waldbodens aufgrund von NOx-Einträgen

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anderer eingeschränkt, müßte der Inhaber der Handlungs- und Verfügungsrechte an dieser Funktion, in der Regel der Waldbesitzer, eigentlich in Verhandlungen mit den Emittenten der Luftschadstoffe treten, um von diesem ein Entgelt für die Nutzung des Waldbodens zu erlangen. Der eindeutige Nachweis des Umfangs der Funktionsminderung durch einen bestimmten Schadstoffemittenten ist jedoch infolge der hohen Zahl potentieller Schädiger, der vielfältigen Syn-ergieeffekte und des großräumigen Bezugs, der oft über Ländergrenzen hinausgeht, zumeist nicht möglich. Dieses Problem verschärft sich noch bei unterschiedlichen nationalen Durchsetzungsmöglichkeiten von Ent-schädigungsansprüchen. Daher ist in diesen Fällen nicht mit einer effizienten Allokation der Bodenfunktionen bei de-zentralen Verhandlungslösungen zu rechnen.

1.3.1.5.2 Folgerungen bezüglich eines globalen Handlungsbedarfs

Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß die Koordination des globalen Bodenangebots und der Nachfrage nach den verschiedenen Bodenfunktionen defizitär ist und in beachtlicher Weise Bodendegradation begründet. Dies gilt insbesondere für die Regelungs- und die Lebensraumfunktion. Die eindeutige Definition und Durchsetzung von exklusiven Handlungs- und Verfügungsrechten bedarf somit marktergänzender und/oder alternativer Formen einer Koordination der individuellen Ansprüche an die globalen Bodenfunktionen. Grund-sätzlich geht es dabei um

– eine stärkere Ausrichtung der einzelnen Bodennutzungsformen an längerfristigen Nachhaltigkeitsbedingungen, – die Berücksichtigung von Bodenfunktionen mit Kollektivguteigenschaften in jenen Allokationsentscheidun-gen,

die bislang stark auf die Produktions- und Trägerfunktion ausgerichtet sind, und

– die Durchsetzung einer Allokationsstruktur, die den räumlich divergierenden Bodennutzungspotentialen besser Rechnung trägt.

Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, daß – losgelöst von den Durchsetzungsproblemen – die Formulierung eines Effizienzziels für die verschiedenen Funktionen auf globaler Ebene angesichts der Heterogenität der natürlichen und anthropogenen Rahmenbedingungen in aggregierter Form wenig sinnvoll erscheint und schon an Operationali-sierungsproblemen scheitern dürfte. Dies gilt auch für die Operationalisierung distributiver Ziele vor dem Hintergrund unterschiedlicher sozioökonomischer Wertvorstellungen in den einzelnen Kulturen und den heterogenen wirtschaftli-chen Ausgangsbedingungen. Stets liefe man Gefahr, den individuellen Nachfragern in den einzelnen Staaten Abwei-chungen von ihren individuellen Zielen aufzuerlegen, die in keinem Verhältnis zu einem etwaigen Nutzen einer effizienten Allokation globaler Bodenfunktionen stünden. Daher kann das Anliegen einer besseren weltweiten Koordi-nation der individuellen Ansprüche an die Bodenfunktionen nicht in einer zentral formulierten, konkreten Vorgabe ex-akter lokaler Nutzungsformen globaler Bodenfunktionen liegen. Vielmehr gilt es, den Ursachen der bisherigen Defizi-te einer dezentralen Allokation entgegenzuwirken und Anreize für die Individuen zu setzen, unDefizi-ter Beachtung mögli-cher Engpässe bei globalen Bodenfunktionen möglichst effiziente Nutzungsformen zu entwickeln. Hierzu soll zunächst eine Analyse erfolgen.

Exemplarisch geschieht dies über Tab. 19 in der zeilenweise die einzelnen Bodenfunktionen eingetragen sind, während die Spalte 2 den unmittelbaren Funktionsanspruch verdeutlicht. Dieser Anspruch kann sich, ebenso wie die

Kasten 15

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