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Vorstellung des Transkriptionsverfahrens dieser Arbeit

Im Dokument Das Nicht war zu leise! (Seite 78-83)

rezeptionsorientierte Sprachbetrachtung

4. Das Korpus

4.1 Das Transkriptionsverfahren

4.1.2 Vorstellung des Transkriptionsverfahrens dieser Arbeit

Die von mir verwendete Transkriptionsweise stellt eine Synthese aus den Konzepten von Hen-ne/Rehbock und Ehlich/Rehbein dar.

a) graphisch-organisatorische Darstellung

Für die Erfassung der zu untersuchenden Texte kommen nur die Systeme von H/R und E/R (HI-AT-DOS 2.2) in Frage. Beide bieten für die Datenaufnahme insgesamt acht Felder. Der wesentli-che Unterschied liegt in der graphiswesentli-chen Organisation. Während H/R dem gesprowesentli-chenen Text ei-ne Spalte mit eiei-ner Kommentarzeile sowie den statistischen Angaben und dem Kommentar sechs Spalten widmen, räumen E/R dem gesprochenen Text in einer Spalte vier Kommentarzeilen ein.

Dafür müssen statistische Angaben und weiterer Kommentar in nur drei Spalten unterkommen.

Gegenüberstellend sind dies die Vor- und Nachteile der beiden Systeme:

+ -

Henne/Rehbock HIAT-DOS 2.2 Henne/Rehbock HIAT-DOS 2.2

1. Zeitzählung auf den

Tab. 4.1: Gegenüberstellungen der Vor- und Nachteile der Systeme von Henne/Rehbock und Ehlich/Rehbein

Die Anforderungen der vorliegenden Untersuchungen legen die Verwendung des Systems von E/R nahe. Erstens werden die aufeinander bezogenen und miteinander verschränkten Gesprächs-schritte aufgrund der Partiturschreibweise sehr übersichtlich abgebildet. Zweitens ist der notwen-dige Kommentar in direkter Nachbarschaft zum Text angeordnet, sodass der Blick nicht wie bei H/R hin und her springen muss. Diese beiden Eigenschaften wiegen den Nachteil des gegenüber der siebenspaltigen Notation von H/R verhältnismäßig geringen Platzangebotes für Kommentare überzeugend auf, denn mit E/R bin ich der Ansicht, dass die wichtigsten Eigenschaften eines

31 Besonders der Lautstärke-Kommentar ist unpräzise. ER‘s Flächenzählung ist übersichtlicher.

Transkriptes die Einfachheit und leichte Verwendbarkeit sein sollten.32 Ein Transkript, welches alle relevanten Daten ausführlich zeigt, aber genau deshalb schwer verständlich wird, ist weder für die Analyse noch für die Lektüre erstrebenswert.

Zur Transkripterstellung habe ich das Programm HIAT-DOS 2.2 verwendet, weil dieses sich zur Darstellung aller relevanten verbalen und nonverbalen gesprächs- und gesprächsbegleitenden Er-eignisse am besten eignet. Die Systematik von HIAT-DOS 2.2 sieht folgendermaßen aus:

1. Die allgemeinen Angaben33 zur Transkription werden auf einem Vorblatt eingetragen.

2. Das eigentliche Transkript wird mit folgender Zuordnung in vier Spalten notiert:

Spalte 1: Spalte 2 Spalte 3: Spalte 4:

Kommentar Flächen- zählung

Sprecher-Siglen

Text und Kommentar

Abb. 4.3: Die Spaltenanordnung im Transkriptionssystem dieser Arbeit

In Spalte 1 wird Kommentartext notiert, der zu umfangreich für die Kommentarzeilen ist. Spal-ten 2 und 3 setzen die SpalSpal-ten 1 und 4 optisch voneinander ab. In Spalte 2 erfolgt die Flächenzählung, in Spalte 3 werden die Sprechersiglen eingetragen. Spalte 4 ist so organisiert, dass für den gesprochensprachlichen Text eine Zeile und für Kommentar vier Zeilen pro Partiturklammer zur Verfügung stehen. Ich nutze den Raum folgendermaßen:

Zeile 1: Kommentar: Betonung und Akzentuierung

Zeile 2: gesprochensprachlicher Text, Angaben zu Prosodie, Betonung, Dehnung, Satz- und Wortabbruch Zeile 3: Kommentar: akustisch, semantisch-pragmatisch

Zeile 4: Kommentar: akustisch, semantisch-pragmatisch, NVK Zeile 5: Kommentar: semantisch-pragmatisch, NVK

Abb. 4.4: Die Organisation von Text und Kommentar im Transkriptionssystem dieser Arbeit

Die von der herkömmlichen Praxis abweichende Handhabung, unterschiedliche Kommentarbe-reiche überlappend jeweils zwei Zeilen zuzuordnen, bedarf der Erklärung: Grundsätzlich gibt es für die Lösung des Problems, dass durch die Zeilenstruktur gelegentlich Platzmangel in den Kommentarflächen entsteht, drei Möglichkeiten:

1. Prioritäten: Der Transkribent verzichtet auf bestimmte Kommentare, um anderen mehr Raum zu verschaffen.

2. Komprimierung: Der Transkribent kürzt Kommentare radikal ab oder entwirft ein Abkür-zungssystem.

3. Flexibilität: Der Transkribent nutzt die drei Zeilen systematisch bedarfsgerecht.

32 Ehlich/Rehbein [1976], 22.

33 Datei und Projektname, TranskriptBezeichnung, Name des/der Aufnehmenden, Aufnahmedatum, gerät und -dauer, Zählwerkbeginn und -ende, Transkribent und Korrektor mit jeweiligem Zeitverhältnis von Aufnahme- und Transkriptionsdauer sowie Datum, Copyright, Angaben zum Inhalt, Auflösung der Sprechersiglen.

Nummer 1 kommt für mich nicht in Frage, weil zu viele der untersuchten Gespräche Kommenta-re aus mehKommenta-reKommenta-ren BeKommenta-reichen erfordern. Nummer 2 ist nicht weniger unattraktiv, denn m.E. fühKommenta-ren Abkürzungstabellen wie die von E/R für den visuellen Kommentar zu Verwirrung. Die durch diese Abkürzungen erreichbare Maximierung greifbarer Information wiegt den Nachteil nicht auf. Bleibt also nur Nummer 3. Ich denke, die Wahl ist ein guter Kompromiss: Übersichtlichkeit wird durch eine feste Zuordnung der Kommentarbereiche zu jeweils zwei Zeilen erreicht, Voll-ständigkeit durch das Überlappen der einzelnen Kommentarbereiche untereinander.34

b) Notationsweise

Ich unterscheide zwischen verbalen Zeichen, nonverbalen lautlichen Zeichen, nonverbalen Zei-chen und nonverbalen Ereignissen. Zu den verbalen ZeiZei-chen rechne ich das gesproZei-chene Wort in seiner Erscheinungsform und mit seinen sprechtechnischen Begleiterscheinungen. Die Gruppe der nonverbalen lautlichen Zeichen enthält alle nicht-lexikalisierten lautlichen Produktionen. Ei-ne Interpretation hinsichtlich ihrer kommunikativen Bedeutung findet im Transkript nur in ein-deutigen Fällen statt. Die Klasse ‘nonverbale Zeichen’ enthält alle anderen Formen der nonverba-len Kommunikation. Dagegen grenze ich die nonverbanonverba-len Ereignisse ab: Sie besitzen eindeutig keine kommunikative Funktion, können aber gesprächsrelevant sein. Der Geltungsbereich von Kommentaren wird, wenn der Kommenartext weniger Platz einnimmt als der kommentierte Text, durch nach außen weisende Pfeile markiert (z.B. <- lacht ->).

verbale Zeichen:

Gesprochene Sprache wird klein geschrieben, damit Hauptbetonungen durch Großschreibung der entsprechenden Vokale oder Vokalgruppen gekennzeichnet werden können.

Lautschriftlichen Zeichen werden nicht verwendet. Dialektale oder akzentbedingte Abweichungen von der Stan-dardsprache werden möglichst genau abgebildet und in Zeile 3 kommentiert.

Schwer verständliche Äußerungen werden innerhalb der Zeile 2 in eckige Klammern gesetzt, unverständliche Äußerungen innerhalb der Zeile 2 durch Punkte in eckigen Klammern ersetzt. Bedarfsweise wird der Text in Zei-le 3 kommentiert.

Dehnungen werden im Text selbst durch : , Akzentuierung in Zeile 1 durch > gekennzeichnet.

Rhythmische Markierungen wie Kürzung ( v ) und Stakkato ( . ) werden in Zeile 1 notiert.

Kadenzen am turn-Ende werden im Text so gekennzeichnet:

“ = hoch endend

‘ = hoch endend

= = schwebend endend, , = leicht fallend endend, . = stark fallend endend

Kadenzen innerhalb einer Phonemkette werden nur gekennzeichnet, wenn sie von der normalen Prosodie abwei-chen.

34 Es werden allerdings nicht nur aus Prinzip Kommentarzeilen frei gelassen. Wenn z.B. kein akustischer Kommen-tar benötigt wird, darf auch semantisch-pragmatische Kommentierung in Zeile 3 verzeichnet werden.

Pausen werden im transkribierten Text so gekennzeichnet:

+ für 0.3-0.7 sec., ++ für 0.8-1.2 sec., +++ für 1.3-1.7 sec., usw.

Gesperrte Schrift wird verwendet um schnell gesprochenen Text an langsam gesprochenen Text in Simultanpas-sagen graphisch anzugleichen.35 Erhöhtes oder verringertes Sprechtempo einzelner Wörter wird durch Ge-schwindigkeitsangaben in Zeile 3 kommentiert.

Lautstärke wird vermittels der in der Musik-Notation üblichen Skala (also pp bis ff) in Zeile 3 erfasst.

Wortabbrüche werden innerhalb des transkribierten Textes durch *, Satzabbrüche durch / gekennzeichnet. Wenn der Grund für Wort- oder Satzabbrüche nicht im turn-Wechsel liegt, wird er in Zeile 3 angegeben.

nonverbale lautliche Erscheinungen und Zeichen

nonverbale lautliche Äußerungen wie Lachen, Husten, Schmatzen, sich Räuspern werden in möglichst genauer Umschrift notiert. Sie werden in Zeile 3 kommentiert.

Rückmeldepartikeln werden entsprechend ihrer lautlichen Repräsentation in Zeile 2 notiert. Ich folge dabei H/R’s System und füge ein weiteres Zeichen hinzu: ∼ erscheint zwischen zwei Konsonanten, wenn die Rückmeldeparti-kel eine hoch beginnende und hoch endende Kadenz mit einer Stimmsenkung im mittleren Bereich enthält.

Pausenfüllende Lautäußerungen werden ebenfalls in Zeile 2 notiert.

nonverbale Erscheinungen und Zeichen

Körper-, Kopf- und Blickzuwendung werden ebenso wie Gestik und Mimik in den Zeilen 4 und 5 sowie der Spal-te 1 verzeichnet.

andere gesprächsrelevante Handlungen, wie etwa das Zuschlagen einer Tür beim Verlassen des Raumes, werden ebenfalls in den Zeilen 4 und 5 sowie der Spalte 1 notiert.

nonverbale Ereignisse

Nicht-gestische Aktionen wie z.B. das Öffnen einer Flasche, das Gießen einer Pflanze o.ä. werden in den Zeilen 4 und 5 sowie der Spalte 1 notiert. Das Gleiche gilt für gesprächsrelevante hörbare Ereignisse wie Flugzeuglärm und gesprächsrelevante sichtbare Ereignisse wie das Krabbeln einer Spinne auf dem Esstisch.

35 Auf diese Weise kann die von Ehlich/Rehbein [1976], 27, verwendete Zuordnungslinie vermieden werden.

Eine Gesprächssequenz mit zwei Sprechern sähe also folgendermaßen aus:

* imitiert mit dem > > >

rechten Arm das A und dAnn is der kran UmgefAlln= doch dOch, + wI:rklich=

Umstürzen des Kranes f

empört beteuernd Augen weit offen *

> >

B ach hör doch AUf’, ungläubig

1 grinst Abb. 4.5: Beispiel für eine Partiturfläche

4.1.3 Zum Sinn einer Gesprächs- und Situationstypologie im Rahmen der

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