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Numerus- / Genuskorrektur

Im Dokument Das Nicht war zu leise! (Seite 132-135)

rezeptionsorientierte Sprachbetrachtung

5. Abweichungen und die Funktionen der Bewältigungsreaktionen

5.1 Sprechplanungsänderungen

5.1.2.2 Numerus- / Genuskorrektur

(weste 2 h 6 - 3 h 2)

5.1.2.2 Numerus- / Genuskorrektur

In allen transkribierten Korpora-Teilen sind lediglich eine Numeruskorrektur und sechs Genus-korrekturen enthalten, die keine besonderen Merkmale aufweisen.55 Die Korrekturen werden schnell und ohne auffälliges Zögern durch einfache Berichtigung ausgeführt.

5.1.2.3 Lexemtausch

Der Austausch eines einzelnen Lexems ist unter den SKs nach der Umformulierung am häufigs-ten vertrehäufigs-ten.56 Sechs repräsentative Beispiele diskutiere ich hier:

(52) m1: ... na-s ha* v[ie]lleicht in sOfern: + nbIßchn Unsinnich= ...

--- (uw-6 4 m1 4)

55 Vgl. Anh. 4.2, # 13 (Numerus); # 3, 6, 16, 21, 175 (Genus).

56 Vgl. Anh. 4.2, #2, #17, #27, #44, 46, #55, #58, #66, #95, #106, #116, #178 (Verb); #7, #10, #75, #89, #121,

#128-130, #144, #151, #159, #174 (Subs.); #41, #103 (Präd.adj.); #50, #104 (Präp.); #51, #97 (Adverb[ial]);

# 83, 84 (Subj.); #112, 165 (Pron.); # 117, 121, 128 - 130, 159, 173 (Art.); #153 (Partikel); #23 (unklar).

M1 ertappt sich dabei, dasselbe Füllwort (‘halt’) verwenden zu wollen, dessen Gebrauch er bei M3 kritisiert. Deshalb unterbricht er sich und fügt an dessen Stelle das Modalwort ‘vielleicht’

ein.

(53) hm: ... ++ und es wurde Auch gesagt in XXXXXXX das: die: en: ++ die rol- le des: + u-Unterbezirks ne: des lAndesverbandes n/ e: hier XXXXXX ---

HM wünscht vertrauliche Informationen und formuliert dementsprechend vorsichtig: Nach der Produktion des Verbs ‘gesagt’ schiebt er anstelle des abhängigen Objektsatzes die ortsbestim-mende Präpositionalfügung ‘in XXXXXXX’ ein, bevor er zum erwartbaren Gliedsatz ansetzt.

Unklar bleibt die Verwechslung der Organisationseinheiten ‘Unterbezirk’ und ‘Landesverband’;

doch darf davon ausgegangen werden, dass sich der durch sein Studium gerade mit dieser Partei sehr vertraute Journalist unter anderen Umständen wohl nicht geirrt hätte. Deshalb deute ich den SK-gefolgten Versprecher als logische Folge der Unsicherheit57 – wie auch die SK in (54):

(54) m: ... wo arbeitn sie sElbst mit' marktpolitisch nich sehr gU:t' aber ich mEIne' + das Andere mach ich ---

A’s verunglückte Produktion der Modalwörter ‘eigentlich’, ‘ungefähr’und ‘mindestens’ ließe sich getrennt von den vorangegangenen Äußerungen der beiden Gesprächspartner nur teilweise deuten. Der Kontext zeigt, dass die Verschmelzung der beiden ersten ein Produkt nicht nur der

57 Diese Deutung wird m.E. zusätzlich gestützt durch die unnötige parenthetische Nennung des betroffenen Bundes-landes. Dass beide Gesprächspartner sich an dieser Stelle nicht wohl fühlen, zeigt die analog zerklüftete Antwort von B, die eine Auskunft verweigert. Vgl. auch 5.1.1.4.

Furcht vor der Kritik an ihrer Personalpolitik oder Arbeitsweise58, sondern genauso des vorange-henden, leicht gereizten Abtausches ist: Erstens scheint A zu meinen, sich für das mangelnde Engagement in Partei-Arbeitskreisen entschuldigen zu müssen, und zweitens tritt das Missver-ständnis (Mitarbeit XXXausschuss ≡ ‘full-time-job’) vs. (Mitarbeit Bundestag ≡ ‘full-time-job’) ein. M wollte mit seiner Äußerung zu verstehen geben, dass die Mitarbeit in einem Arbeitskreis nicht selbstverständlich sein müsse; A fasst die Äußerung offenbar so auf, dass die Arbeit im Bundestag an sich kein ‘full-time-job’sein könnte und verteidigt sich. Auf jeden Fall scheint A die Feststellung wichtig zu sein, dass sie zwei ‘full-time-jobs’ ausfülle. Nach dieser etwas un-glücklichen Sequenz äußert sie sich also entweder zur Anzahl der bei ihr beschäftigten Perso-nen59 oder der Tatsache, dass sie einer anderen Person durch ihre Doppeltätigkeit einen Arbeits-platz vorenthält. Was auch das Referendum sei – ganz offensichtlich fühlt A sich mit den herleit-baren Schlüssen nicht wohl, denn sie kritisiert sich selbst („Arbeitsmarktpolitisch nicht sehr gut“), appelliert dabei jedoch an M’s Verständnis („aber ich meine, das andere mach ich ja un-entgeltlich“) und lacht abschließend verlegen. M findet dieses Detail wohl uninteressant, denn er raschelt schon mit seinen Papieren, bevor A ausgesprochen hat, gibt leicht abwesend ein Rück-meldesignal („ja:“) und geht zur nächsten Frage über. M’s gelegentliche eigene Unsicherheit zeigt sich in (55):

(55) m: ... die XXX is ja:=/ bringt ja:=/ hat ja ne gewisse traditiOn auch, ...

--- (p-4-12, 1. 2 m 6-9)

Er möchte die Partei ‘XXX’ mit dem Lexemfeld ‘Tradition’ verbinden. Als abgelehnte Alterna-tiven der gewählten Form ‘XXX hat Tradition’ wären ‘XXX ist traditionsverbunden’ und ‘XXX bringt Tradition mit’ denkbar. Diese prozessuale Auswahl steht in Verbindung mit der offen-sichtlichen Unsicherheit, die sich in der attributiven Abtönung ‘gewisse’ und dem Anfügen des Füllwortes ‘auch’ äußert.

Die Sequenzen in (53) bis (55) ergeben sich aus perönlicher Unsicherheit oder wegen der zu um-schiffenden kommunikativen Klippen. Die SK aus (56) hingegen wäre rein rhetorischer Natur, wenn F5 nicht so erbost über den Verlauf der Diskussion wäre:

(56) f5: ... + also a-aus grÜndn weil du sachst + wir wolln/ wir dÜrfn sie nich instrumentalisieren

--- (asyl-15 6 f5 3-4)

Das Freiwilligkeit verkörpernde Verb ‘nicht wollen’60 wird nach SU durch das verpflichtende

‘nicht dürfen’ getauscht, wodurch die Dringlichkeit der Forderung unterstrichen wird. Die in (56)

58 Es wird nicht ganz deutlich, ob A hier auf eine bestimmte Anzahl von Angestellten oder ihre doppelte Tätigkeit referiert. Hierauf komme ich unter 5.1.2.10 noch einmal zu sprechen.

59 ‘Eigentlich zwei’ hieße soviel wie ‘unter bestimmten Umständen’, ‘ungefähr zwei’ würde bedeuten, dass in etwa die Arbeitskraft von zwei ganztägig angestellten Personen erbracht wird; ‘mindestens zwei’ heißt ‘X ≥ 2’.

60 In diesem Fall fasse ich sinnvollerweise Negation und Verb als eine semantische Einheit auf.

beobachtete Technik wird in (57) gesteigert, indem F5 das ursprünglich gewählte Prädikat ver-neint und durch ein anderes, ihrer Meinung nach ausdruckstärkeres ersetzt:

(57) f5: ... nA gedUldet wird was ä was ä + den mEnschen’ die den flüchtlingn hElfn= + sind doch glÜcklich wenn sie/ nich glÜcklich= sind frOh’

daß sie das Irgendwie doch noch so dUrch + drechseln und biegen könn: wenns Imma schlImma wird, ++ ...

--- (asyl-15, 37 f5 3-6)

5.1.2.4 (umformulierende) Verkürzung

Das von mir ‘Verkürzung’ genannte Phänomen der Elision eines Satzbestandteiles zur Vermei-dung von Formulierungsschwierigkeiten habe ich im transkribierten Korpora-Bereich nur einmal gefunden.61 Im Teil-Korpus ‘wiese’ wird das Modal-Attribut ‘so’ zu ‘viel’ nach SU ausgelassen.

Die ‘umformulierende Verkürzung’ tritt nur viermal auf, und zwar einmal auf Lexemebene und dreimal auf Satzebene.62 Auch hier dient das Auslassen bei Neuansatz in Kombination mit leich-ten Umformulierungen der Erleichterung des Sprechens.

Im Dokument Das Nicht war zu leise! (Seite 132-135)