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Verleger im neunzehnten Jahrhundert

2.2 Der Buchmarkt im neunzehnten Jahrhundert .1 Bedingungen des Buchmarktes.1 Bedingungen des Buchmarktes

2.2.2 Verleger im neunzehnten Jahrhundert

Leslie Howsam bezeichnet die Verlegerpersönlichkeiten des neunzehnten Jahr-hunderts als „powerful individual literary entrepreneurs“.110 Sie waren für die Textauswahl verantwortlich, sie unterstützten Autoren, finanzierten Projekte und stellten die Infrastruktur der Produktion und Distribution bereit. Diese Trias von Drucker, Verleger und Buchhändler hatte bis weit ins sechzehnte Jahr-hundert Bestand und löste sich langsam im frühen siebzehnten JahrJahr-hundert auf, als der Drucker zum ‚Lohnarbeiter‘ des Buchhändlers und damit unabhängig von dem spekulativen Geschäft des Handels wurde. Der Verleger-Buchhändler war schließlich das übliche Bild bis zum neunzehnten Jahrhundert, in dem sich eine zunehmende Trennung in Drucker, Verleger und Buchhändler als separate Tätigkeiten vollzog.111 Mit dieser Trennung entwickelte sich der eigenständige und unabhängige Berufsstand des Verlegers, der im Grundsatz dem heutigen Bild des Verlegers entspricht.

Als Verleger wird jemand bezeichnet, der entweder Besitzer, Geschäftsführer oder auch Cheflektor des Unternehmens ist und hauptverantwortlich Entschei-dungen über das Verlagsprogramm trifft.112 Insbesondere im neunzehnten Jahr-hundert prägten Verlegerpersönlichkeiten das Image inhabergeführter Verlage.

Darüber hinaus waren sie Entscheidungsträger darüber, was, wie, in welcher Form und für wen veröffentlicht wird. Abhängig von ihrem Anspruch konnten Verleger als entscheidende Vermittler von Lesekultur auftreten. Diese Vermitt-lerrolle gestaltete sich vielfältig und umfasste auch das Verständnis einer gewis-sen gate-keeper-Rolle, wie sie der (selbst ernannte) Leviathan des Buchgewerbes, William Longman (1813–1877), für sich in Anspruch nahm. Auf die Frage, ob dem gemeinen Volk die Werke herausragender Autoren, in diesem Fall Thomas Babington Macaulays Critical and Historical Essays (3 Bände, 1843), in kosten-günstigen Ausgaben verfügbar gemacht werden sollten, antwortete er: „I do not think that the public are at all entitled to them“.113 Andere Verleger waren der Mei-nung, dass es leichter und weit profitabler war, 500 Exemplare einer Publikation

110 Howsam, „The History of the Book in Britain, 1801–1914“, 302.

111 Siehe Feather, A History of British Publishing, 4.

112 Siehe Feather, A History of British Publishing, 207. Feather verdeutlicht zudem, dass

„publisher“ sowohl die Person als auch das Unternehmen bezeichnet.

113 Minutes of Evidence Taken before the Royal Commission of Copyright, 16. Mai 1876, William Longman in Copyright Commission: The Royal Commissions and the Report of the Commissioners (London, 1878), 18–25, 20, HathiTrust <http://hdl.handle.

net/2027/mdp.39015052835348>, zitiert in Altick, The English Common Reader, 310.

für eineinhalb Guineen (31½s.) zu verkaufen, als 5000 für eine halbe Krone (2s.

6d.) oder gar 50 000 für einen Shilling.114 Hier traten Verleger nicht nur als gate-keeper auf, sie vermittelten auch ihr Verständnis der Exklusivität von Literatur, die nur für ein gebildetes und wohlhabendes Publikum publiziert wurde. Ein Gegenbeispiel eines Verlegers, der den Unterhaltungswert seiner Publikationen über die Vermittlung kultureller Werte stellte, war Edward Lloyd (1815–1890), der für seine penny bloods, auf ein Massenpublikum ausgerichtete billige und blutige Sensationsliteratur,115 von seinen Illustratoren forderte: „[T] here must be more blood – much more blood!“116 Zwischen diesen Extremen des Verlagswe-sens siedelte sich beispielsweise Joseph Dent an, der konkret als Vermittler von Lesekultur auftrat und es sich zur Aufgabe machte, Literatur allen zugänglich zu machen.

Die Stellung des Verlegers auf dem britischen Buchmarkt ist nicht einfach zu fassen. Die Industrialisierung wirkte sich auch auf den Tätigkeitsbereich und das Selbstverständnis des Verlegers aus und machte sich in veränderten Produkti-ons- und Distributionsmöglichkeiten, aber vor allem in der Zusammensetzung und Ausweitung des Lesepublikums bemerkbar. Hier dominierten zwei Wahr-nehmungspole, die entweder in dem Verleger jemanden sahen, der nur Geld verdienen wollte, oder jemanden, der mit seinen Veröffentlichungen literarische, ästhetische oder politische Ziele verfolgte und hoffte, kein Geld zu verlieren.117 Doch war ihnen allen gemein, dass sie im Spannungsfeld zwischen dem Buch als Kulturgut und dem Buch als Ware tätig waren.118

114 Siehe John Sutherland, Victorian Novelists and Publishers (London, 1976), 15.

115 Siehe Rohan McWilliam, „Lloyd, Edward (1815–1890)“, Oxford Dictionary of al Biography, 2004 <http://dx.doi.org/10.1093/ref:odnb/16831>; Richard D. Altick, Victorian Studies in Scarlet (London, 1972), 58–59, 143.

116 George Augustus Sala, The Life and Adventures of George Augustus Sala, 2 Bde, 2. Aufl.

(London, 1895), I, 209.

117 Siehe Feather, A History of English Publishing, 207.

118 Siehe Ursula Rautenberg und Dirk Wetzel, Buch (Tübingen, 2001), 63–67; Das Buch-MarktBuch: Der Literaturbetrieb in Grundbegriffen, hg. v. Erhard Schütz (Reinbek, 2005), darin Silke Bittkow, et al., „Vorwort“, 5–9, 5–7, und Tom Erben, „Markt“, 266–270; vgl. Dietrich Kerlen, „Das Buch zwischen Kulturgut und Ware“, Bertels-mann Briefe, 136 (1996), 24–26; Georg Jäger, „Keine Kulturtheorie ohne Geldtheo-rie: Grundlegung einer Theorie des Buchverlags“, IASLonline (1994; 2005) <http://

www.iasl.uni-muenchen.de/discuss/lisforen/jaeger_buchverlag.pdf>; Michael A. Utton, „Books Are Not Different After All: Observations on the Formal Ending of the Net Book Agreement in the UK“, International Journal of the Economics of Business, 7.1 (2000), 115–126.

Dieses Spannungsfeld wird in Pierre Bourdieus Konzept des literarischen Fel-des deutlich. Nach Bourdieu ist ein „Feld“ ein autonomer Raum, in dem sich ver-schiedene Akteure positionieren und in Auseinandersetzung miteinander ihre jeweilige soziale Stellung verhandeln. Das Feld, hier der Buchmarkt, wird von Machtstrukturen, einem Regelsystem und den sozialen Positionen der Akteure bestimmt. Verschiedene, sich überlappende und abgrenzende Felder, machen den sozialen Raum oder die Gesellschaft aus. Analog zu dem Begriff des Feldes findet sich auch die Anwendung der Metapher des Spielfeldes, auf dem nach bestimmten Regeln um einen Einsatz gespielt wird. Ausschlaggebend für die soziale Position der Akteure auf dem Feld ist ihr verfügbares Kapital.119

Nach Bourdieu ist „Kapital“ als Macht zu verstehen, die Positionen und Beziehungen regelt. Er unterscheidet drei Kapitalsorten: ökonomisches, kultu-relles und soziales Kapital. Das ökonomische Kapital bezeichnet insbesondere materielle Güter wie etwa Produktionsmittel und Tauschgüter, die sich in Geld-werten messen lassen. Der Begriff des kulturellen Kapitals ist an den des Habitus’

gebunden, der Gewohnheiten meint, die durch das Handeln, Wahrnehmen und Denken von Individuen in einer Gesellschaft erlernt werden und in bestimm-ten Situationen abgerufen werden können. Das kulturelle Kapital lässt sich in drei Unterkategorien aufspalten. Das verinnerlichte oder inkorporierte kultu-relle Kapital umfasst die Bildung von Individuen und erlernte Fähigkeiten, die über längere Zeit erworben werden. Es lässt sich nicht veräußern und ist fester Bestandteil der Person, die es erworben hat; damit gehört es zum Habitus. Als objektiviertes kulturelles Kapital ist materiell übertragbares Kapital an materielle Güter, beispielsweise Bücher, gebunden. Die dritte Form des kulturellen Kapi-tals ist schließlich das institutionalisierte Kapital, das sich in Form von akade-mischen Titeln äußert und so autodidaktische Bildung von institutionalisierter Bildung trennt. Das soziale Kapital beinhaltet die Gesamtheit der persönlichen sozialen Kontakte und ist an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe gebunden. Soziales Kapital resultiert aus Austauschbeziehungen, die stets bestä-tigt werden müssen, aber nicht in erster Linie aufrechterhalten werden, um eine Gegenleistung zu erhalten. Die Kapitalformen sind ineinander transferierbar.

Symbolisches Kapital schließlich ist die Summe des Zusammenspiels der Kapi-talformen und basiert auf Anerkennung, Wertschätzung und Status. Es wird von

119 Siehe Bourdieu, Die Regeln der Kunst, 290–294, 340–346; Boike Rehbein und Gernot Saalmann, „Feld (champ)“ in Bourdieu-Handbuch, 99–103.

anderen wahrgenommen und zuerkannt.120 Titel und Kontakte erleichtern die Zuerkennung von symbolischem Kapital und das Erreichen bestimmter Macht- und Einflusspositionen. Für die Positionierung auf dem Feld spielen folglich die quantitative Verteilung von Kapital und die Verhältnismäßigkeit der verschie-denen Kapitalsorten zueinander eine Rolle.121 Doch nicht nur das Kapital der Akteure beeinflusst die Ausgestaltung des Feldes, sondern auch ihr Habitus.

Nach Bourdieu entsteht der Habitus durch Sozialisation und drückt sich in Gewohnheiten und Haltungen, aber auch in Erscheinungsbildern von Indivi-duen und Gruppen aus. Individuelle Handlungen sind einerseits abhängig von persönlichen Entscheidungen, andererseits unterliegen sie bestimmten gesell-schaftlichen Prägungen. Hierbei ist anzumerken, dass sich der Habitus als Sozialisationselement einer Gesellschaft über Zeit entwickelt und somit jeweils zeitspezifisch ist.122

Es wird deutlich, dass sich Feld und Habitus gegenseitig bedingen. Für den britischen Buchmarkt des neunzehnten Jahrhunderts bedeutet dies, dass Ver-leger als Akteure auf dem Buchmarkt mit ihrem durch die allgemeine Sozia-lisation, aber auch durch die spezifische Lesesozialisation geprägten Habitus zur Konstitution des Buchmarktes beitragen. Sie prägen diesen durch Inter-aktion mit- und Konkurrenz zueinander. Sie verändern ihn mit ihrer Verlags-politik und Zielgruppenausrichtung und bestimmen durch die Verteilung und Verschiebung von Kapital ihre jeweiligen Positionen und ihren Einfluss.123 Ein besonderes Spannungsfeld entsteht zwischen der Produktion von Literatur im engeren Sinn (gekennzeichnet durch einen Überschuss an kulturellem Kapital) und Massenproduktion (gekennzeichnet durch einen Überschuss an ökonomi-schem Kapital). Dieses Spannungsfeld beschreibt Jacques Dubois als „play[ing]

on two game boards … financing one type of literature with the dividends of the other“ und unterstreicht die Schwierigkeiten des modernen Buchmarktes, beide Pole zu vereinen.124

In diesem Spannungsfeld müssen sich Verleger gegen zwei Vorwürfe weh-ren. Zum einen nehmen sie in der Regel weder aktiv an der Produktion der von ihnen verlegten Bücher teil, wie es Drucker tun, noch sind sie an der direkten

120 Siehe Bourdieu, „Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital“, 183–198;

Bourdieu-Handbuch darin Boike Rehbein und Gernot Saalmann, „Kapital (capital)“, 134–140, und Gerhard Fröhlich und Boike Rehbein, „Symbol (symbol)“, 228–230.

121 Siehe Bourdieu, Die Regeln der Kunst, 198–207, 346–353.

122 Siehe Rehbein und Saalmann, „Habitus“, 111–118.

123 Siehe Rehbein und Saalmann, „Feld“, 101.

124 Jacques Dubois, „Pierre Bourdieu and Literature“, SubStance, 29.3 (2000), 84–102, 96.

Distribution der Ware an den Kunden beteiligt wie etwa ein Buchhändler. Zum anderen profitieren sie von der Geistesleistung anderer und bieten Dienstleis-tungen an, die Autoren, Produzenten und Händler verbinden. Aus dieser nicht immer offensichtlichen Serviceleistung erzielen sie Profit. Hier knüpft die zu Anfang aufgeworfene Frage nach der gesellschaftlichen Bedeutung und Notwen-digkeit von Verlegern an. Die Darstellung der Verleger als Profiteure und Oppor-tunisten, wie sie insbesondere von Autoren gesehen wurden,125 ist allerdings simplifizierend. Verleger sind an die wirtschaftlichen Bedingungen des Marktes gebunden und können nicht autonom und unabhängig vom Markt produzieren.

Adams und Barker führen aus, dass die Entscheidung, einen Text zu veröffent-lichen, den Ausgangspunkt für den Lebenszyklus eines Buches darstellt. Hier-mit ist die bewusste Entscheidung gemeint, einen Text für die Verbreitung zu vervielfältigen. Beeinflusst wird die Publikationsentscheidung durch den Autor, eventuell einen Gönner, die Produzenten und den Händler. Adams und Barker machen deutlich, dass das Verlagswesen kommerziell ist, da die Kosten der Pub-likation gedeckt werden müssen und jede altruistische Verlagsentscheidung im Hinblick auf den Erhalt des Unternehmens getroffen werden muss.126

2.2.3 Der schottische Buchmarkt im neunzehnten Jahrhundert Wie bereits dargestellt, konzentrierte sich der britische Buchmarkt auf London.

Doch neben der Metropole entwickelte sich Edinburgh im ausgehenden acht-zehnten Jahrhundert zu einem weiteren Zentrum britischer Buchproduktion.

Hier soll es nicht um die Herausarbeitung einer  – überdies nicht ausgepräg-ten – Opposition der beiden Zentren gehen, sondern um die Darstellung der Besonderheiten des schottischen Buchmarktes im Hinblick auf die Fallstudie der Chambers-Brüder sowie den Einfluss Schottlands auf die Lesekultur des neun-zehnten Jahrhunderts.127 Wie auch England entwickelte sich Schottland von einer agrarischen Gesellschaft zu einer von Urbanität und Industrialisierung gepräg-ten modernen Nation.128 Der Buchmarkt profitierte von den technologischen

125 Zu den gegen Verleger vorgebrachten Vorwürfen siehe George Haven Putnam, Authors and Publishers: A Manual of Suggestions for Beginners in Literature, 7. Aufl. (London, 1904), 1–35; The Grievances between Authors and Publishers: Being the Report of the Conferences of the Incorporated Society of Authors Held at Willis’s Rooms in March 1887 (London, 1887), 8–14; The Hardships of Publishing, passim.

126 Siehe Adams und Barker, „A New Model for the Study of the Book“, 15–17.

127 Vgl. Maurer, Kleine Geschichte Schottlands, 210, 223–224.

128 Vgl. Michael Maurers Beschreibung Schottlands und Englands als „Werkstatt der Welt“. Für Schottland unterstreicht Maurer den Innovations- und Erfindungsgeist

Neuerungen,129 dem Ausbau der Transportwege und dem gesellschaftlichen Wandel. Anteilig waren in Schottland mehr Menschen im Buchhandel beschäf-tigt als in England.

Schotten rühmten sich ihrer überdurchschnittlichen Bildung und einer Gleichheitsideologie, die durch das Ideal des „lad o’ pairts“ transportiert wur-den; unabhängig der Herkunft sollten die Vorzüge schottischer Bildung allen zur Verfügung stehen. Dieses Ideal des ‚tüchtigen Jungen‘ geht auf John Knox (ca.

1514–1572) zurück, der eine kirchlich unterstützte nationale Bildung forderte, um die ‚wahre‘ Religion zu verbreiten. In seinem Book of Discipline (1560) for-derte er, dass jeder den gleichen Zugang zu Bildungsmöglichkeiten haben sollte.

Resultat dieser Ideologie war nicht so sehr eine flächendeckende Alphabetisie-rung, sondern eine vergleichsweise gute Versorgung mit Schulen außerhalb der großen Städte, die Bildung zumindest möglich machte.130 In der Heimatstadt der Chambers-Brüder, Peebles, wurde – wie in anderen ländlichen Gebieten – bereits frühzeitig Wert auf eine gute Schulbildung gelegt. Neben einer grammar school und einer English school bestanden diverse Privatschulen; das Schulgeld bedürftiger Kinder wurde von der Kirche getragen.131 Auch eine Abendschule, die die arbeitende Bevölkerung erreichen konnte, ist für Peebles belegt.132 Doch auch wenn sich die Schulversorgung auf dem Papier als überdurchschnittlich gut darstellte, so blieb Bildung dennoch eine Frage der Herkunft und ob sich

der Wissenschaftler, die stetig wachsende Bedeutung der Schwerindustrie, die Ver-fügbarkeit billiger Arbeitskräfte und die Vernetzung schottischer Unternehmer. Dar-über hinaus hebt er den calvinistisch-presbyterianischen Hintergrund hervor (Kleine Geschichte Schottlands, 213–217).

129 Siehe Kap. 2.2.1; „Chapter One: The Organisation of the Trade“ in The Edinburgh History of the Book in Scotland, III, 17–75.

130 Siehe Douglas M. McIntosh, „Scottish Education: Past, Present and Future“, Inter-national Review of Education, 6.2 (1960), 176–187, 176–180; Helen Corr, „Dominies and Domination: Schoolteachers, Masculinity and Women in 19th Century Scotland“, History Workshop Journal, 40 (1995), 150–164, 151–153; Maurer, Kleine Geschichte Schottlands, 241; Robert Crawford, Scotland’s Books: A History of Scottish Literature (Oxford, 2009), 120–124.

131 Siehe William Dalgliesh, „Parish of Peebles“ in John Sinclair, The Statistical Account of Scotland Drawn Up from the Communications of the Ministers of the Different Parishes, 21 Bde (Edinburgh, 1791–99), XII, 1–17, 7; ESTC T132173, in Eighteenth Century Collections Online <http://find.galegroup.com/ecco/>.

132 Siehe John Elliot, „Parish of Peebles“, The New Statistical Account of Scotland by the Ministers of the Respective Parishes, 15 Bde (Edinburgh, 1848), III, 1–23, 19.

eine Familie den dauerhaften Schulbesuch leisten konnte.133 Dennoch waren die Alphabetisierungszahlen Schottlands im Vergleich zu England etwas höher und Unterschiede zwischen den Geschlechtern waren minimal.134 Bereits seit den 1680er Jahren, also lange vor dem Public Library Act (Scotland), gab es eine gute Versorgung mit Bibliotheken verschiedenster Art.135 Darüber hinaus gedieh bereits im achtzehnten Jahrhundert in Schottland eine Autodidaktenkultur, die hier besonders von den Webern ausging.136

Dass Bildung in Schottland an die Kirche geknüpft war, zeigt sich in der religiös-calvinistischen Einstellung, die zum Fleiß und zur Anspruchslosigkeit antrieb. Erfolge waren wichtig und wurden religiös als Gottes Wille und als Auserwählung gedeutet. Dieses Bewusstsein für die Verbesserung der eigenen Lebensumstände wurde auch bis hin zur Stereotypisierung von anderen wahrge-nommen. Schotten galten als gut (aus-)gebildet, sparsam und ehrgeizig. Darüber hinaus ergriffen sie nützliche Berufe und waren der Meinung, dass das gedruckte Wort der Schlüssel zu Bildung und improvement war.137

Peter Garside und David Finkelstein sind ferner der Meinung, dass Faktoren wie persönliche Anstrengungen und ein Bewusstsein für bürgerliche Verantwor-tung zur Anerkennung des schottischen Buchhandels zu Beginn des neunzehn-ten Jahrhunderts beitrugen.138 Die Copyright-Entscheidung im Fall Donaldson vs. Becket wirkte sich unmittelbar aus. Ende des achtzehnten Jahrhunderts ent-stand ein reger Handel mit günstigen Nachdrucken, die  – neben chap-books, Einblattdrucken und gebrauchten Büchern – die wichtigsten Lesestoffe für das weniger finanzkräftige Lesepublikum waren.139 Auch das wachsende Lesepub-likum und neue schottische Autoren förderten den Buchmarkt.140 Dieser Auf-schwung wurde nur durch die Bankenkrise von 1825/26 zeitweise gemindert,

133 Siehe R. A. Houston, Scottish Literacy and the Scottish Identity: Illiteracy and Society in Scotland and Northern England, 1600–1800 (Cambridge, 1985), 2–11.

134 Siehe Maurer, Kleine Geschichte Schottlands, 240.

135 Siehe John Crawford, „Libraries“ in The Edinburgh History of the Book in Scotland, III, 188–199, 189, 196.

136 Siehe Rose, The Intellectual Life of the British Working Classes, 16.

137 Siehe Maurer, Kleine Geschichte Schottlands, 217, 222; Robin Myers, „The London Scots“ in The Edinburgh History of the Book in Scotland, III, 396–407, 407.

138 Siehe Garside, „Publishing, 1800–1830“, 79; David Finkelstein, „Publishing, 1830–80“

in The Edinburgh History of the Book in Scotland, III, 96–106, 98.

139 Siehe Altick, The English Common Reader, 54; Bell, „Introduction“, 8; Crawford, Scot-land’s Books, 330–331.

140 Siehe Garside, „Publishing, 1800–30“, 79.

in dessen Folge die britische Buchproduktion um etwa 10% zurückging.141 Es ist auffallend, dass nach der Bankenkrise schottische Verlagshäuser überwiegend dynastische Strukturen aufweisen. Eng miteinander verbundene Familienkon-stellationen stellten sicher, dass die erfolgreichen Unternehmen innerhalb der Familien weitervererbt und so dessen Fortbestand gesichert wurde.142

Trotz der eigenständigen Entwicklung des schottischen Buchmarktes bestan-den gegenseitige Handelsbeziehungen mit London. Schottische Verleger nutz-ten Vertragspartner in London, um ihre Publikationen zu distribuieren. Ebenso nutzten Londoner Verlage Vertragspartner in Schottland, um vor Ort ihre Publi-kationen dem schottischen Lesepublikum anzubieten. Archibald Constable war der erste, der für die Londoner Verlage Longman und Murray als schottischer Agent fungierte. Schottische Verleger errichteten jedoch auch Zweigstellen in der englischen Metropole. William und Robert Chambers diskutierten häufig die Frage, ob sie Edinburgh verlassen sollten. Die literarische Gesellschaft, die Advo-cates’ Library und die günstigen Produktionsbedingungen bewogen sie jedoch zum Bleiben.143 Erst nachdem die Brüder 1853 herausfanden, dass ihr Londo-ner PartLondo-ner William Somerville Orr Verkaufszahlen manipulierte,144 gründeten sie eine Zweigniederlassung in London.145 London wurde als Handelszentrum

141 Siehe Simon Eliot, „1825–6: Years of Crisis?“ in The Edinburgh History of the Book in Scotland, III, 91–95.

142 Die erfolgreichste dieser Verlegerfamilien waren die Blackwoods, die ihren Verlag von 1800/4 bis 1980 in Familienhand behalten konnten, ehe er von der französi-schen Verlagsgruppe Ormolu übernommen wurde. Der Verlag John Murray (1768 in London gegründet) wurde erst 2001 an Hodder and Stoughton verkauft. Bis dahin war John Murray der älteste unabhängige Verlag in Familienhand weltweit (siehe

„Blackwood, William“ in Scottish Book Trade Index, Edinburgh, National Library of Scotland <https://www.nls.uk/catalogues/scottish-book-trade-index>; Humphrey Carpenter, The Seven Lives of John Murray: The Story of a Publishing Dynasty, 1768–

2002, hg. v. Candida Brazil und James Hamilton [London, 2008], 1; Crawford, Scot-land’s Books, 291).

143 Siehe „Literary Intelligence [On the Occasion of the Jubilee of Chambers’s Journal]“, The Publishers’ Circular, 15. Februar 1882, 141.

144 Siehe hierzu Chambers Deposit 341.464 (Buchhaltung und Korrespondenz mit W. S.

Orr) und 465 (Anwaltskosten).

145 Siehe „Literary Intelligence [London Branch of Messrs. Chambers]“, The Publish-ers’ Circular, 15.  Februar  1861, 79; „Literary Intelligence [Management of Lon-don Branch]“, 15. April 1861, 167, und auch die Korrespondenz zwischen Robert, William und David Chambers in Chambers Deposit 341.109, Briefe 30 (David an Robert Chambers, 11. Januar 1854) und 31 (William an David Chambers, 1. März 1862).

anerkannt und diente der Erweiterung der eigenen Kompetenzen und der Aus-bildung von Beziehungen. In der Regel verfügten diese „London Scots“ bereits über Erfahrungen auf dem Buchmarkt und hatten in ihrer Heimat eine (buch-bezogene) Ausbildung absolviert.146 Die Betonung der schottischen Identität schottischer Verleger wurde mit zunehmender Akzeptanz auf dem britischen Buchmarkt aufgegeben. Das erfolgreiche wöchentliche Blatt der Chambers-Brüder, Chambers’s Edinburgh Journal, beispielsweise wurde mit der Januarausgabe 1854 als Chambers’s Journal of Popular Literature herausgegeben.147

Zu den am häufigsten nachgedruckten Titeln in Schottland gehörten eine Bibelübersetzung ins Gälische, Kirchenlieder von Dugald Buchanan und der Shorter Catechism der Westminster Assembly,148 der neben der Bibel häufig als Schullektüre verwendet wurde. Darüber hinaus dominierte das schottische Ele-ment der Literatur, in Bezug auf den Verlagsort, der nicht mehr London, sondern Edinburgh war, den thematischen Fokus auf schottische Orte und Ereignisse

Zu den am häufigsten nachgedruckten Titeln in Schottland gehörten eine Bibelübersetzung ins Gälische, Kirchenlieder von Dugald Buchanan und der Shorter Catechism der Westminster Assembly,148 der neben der Bibel häufig als Schullektüre verwendet wurde. Darüber hinaus dominierte das schottische Ele-ment der Literatur, in Bezug auf den Verlagsort, der nicht mehr London, sondern Edinburgh war, den thematischen Fokus auf schottische Orte und Ereignisse