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Verhalten, Werte und soziale Kompetenz mit dem Morphologischen Kasten

6. Beratungssettings – Erstellung des Leitfadens

6.3 Verhalten, Werte und soziale Kompetenz mit dem Morphologischen Kasten

Setting 3: „Bausteine für das Life-Design sammeln“

Der Ablauf der dritten Beratungsstunde (vgl. Abb. 32) hat das Ziel, gemeinsam den Zu-gang zu den Werten, zum Verhalten und zu den sozialen Kompetenzen zu beleuchten.

ZEIT in min

(Wie viel Zeit wird

bean-sprucht?)

THEMA/

FRAGE

(Worum geht es?)

AKTION

(Was geschieht?)

PERSON

(Wer ist dran?) B = Beraterin

L = Lena

MATERIAL

(Was wird benötigt?)

139 Vgl.: KÖTTER/KURSAWE 2015: 51

Z U

10 Aufgreifen des Auftrages von zu Hause

Besprechen des Work-Life-Designs

L erzählt Mitgebrachtes Arbeitsblatt 5 BIG FIVE Erklären des Modells B erklärt Arbeitsblatt

DIN A4

L arbeitet Arbeitsblatt mit Werten evtl. wichtigs-ten Werte aus jeder Zeile und mit Punkt markieren, danach

B erklärt Auftrag für zu Hause:

B erklärt Arbeitsblatt DIN A3 Raster (vgl. Anhang)

Abb. 32: Schematischer Ablauf 3. Beratungssetting; Quelle: Verfasserin

Zunächst wurde der Auftrag von zu Hause, nämlich das Work-Life-Design (vgl. Abb.

33), besprochen.

Abb. 33: Work-Life-Design Lena L.; Quelle: Verfasserin

Dieser Rahmen ist notwendig, um im weiteren Beratungsverlauf immer wieder an diese von der Klientin selbst erstellte Zielvorgabe erinnern zu können.

Für den persönlichen Change-Prozess ist das Bewusstmachen der Werte von großer Bedeutung. Daher wird im dritten Setting überlegt, was das wirklich Bewegende, die Motivatoren, die Ideale, die Maßstäbe, also der innere Kompass sein soll.

Kötter und Kursawe beziehen sich in der Suche nach den Werten auf die Theorie der

„Big Five“. Dazu gehören, so die Autoren, die Offenheit für Erfahrungen (Wunsch nach Kontinuität), die Extraversion (Introversion), die Gewissenhaftigkeit (Spontanität), die Umgänglichkeit (Eigenständigkeit) und die Emotionale Sensibilität (Emotionale Stabi-lität). Diese fünf Haltungen (sie wurden in dunkelroter Farbe hervorgehoben) haben auch gegenteilige Brennpunkte (ebenso in dunkelroter Farbe), die in der Klammer bei-gefügt wurden.140

Zusätzlich zu den Big Five werden nun die Lebenssäulen am Beispiel von Lena L.

hinzugefügt und einander so gegenübergestellt, dass sich daraus eine Tendenz für die Neuausrichtung ableiten lässt.141

140 Vgl. ebd.: 84f

141 Vgl. Abb. 9

Als nächsten Schritt sucht die zu Beratende die für sie passenden Werte und fügt diese in die 45 leeren Felder. Unterstützend können die Werte aus einer Liste142 herangezo-gen werden oder selbst gefunden werden. Das wichtigste Adjektiv aus jeder Zeile wird mit einem Punkt markiert. Alle markierten Adjektive werden nun miteinander verbun-den.143

Die BIG FIVE in Kombination mit ZIELEN

Offenheit für

Er-fahrungen offen positiv

aufge-schlossen

vielseitig organisiert Wunsch nach Kontinuität Extraversion aktiv effizient seriös umsichtig nachdenklich Introversion

Gewissenhaf-tigkeit

genau fleißig zielstrebig gut verständlich

vorahnend achtsam aufrichtig loyal belastbar Emotionale

Stabilität Dienstleistung initiativ

einfalls-reich

Selbstständigkeit innovativ ge- schäfts- orientiert

führungs-stark kritikfähig

realistisch Sicherheit

Spiritualität einfühlsam kompetent glaubwürdig ausdauernd konsequent Gesundheit

Nachhaltigkeit ethisch klug

kommuni-kativ

vertrauens-voll

verlässlich Familie/Freizeit Abb. 34: Beispiel morphologischer Kasten für strategische Neuausrichtung; Quelle Verfasserin

Die Gegenüberstellung der jeweiligen Lebenssäulen trifft die Klientin selbst. (Vgl. Ab-schnitt 3.3 und Abb. 34)

Lena L. hat sich für die folgenden, ihr am wichtigsten erscheinenden, Adjektive entschieden:

aufgeschlossen – effizient – genau – selbstständig – achtsam – lehrend – führungsstark – konsequent – klug.

Die Kombination der Big Five und der persönlichen Schwerpunkte ergibt die Struktur.

(Vgl. Abb. 35 und Abschnitt 3.3)

142 Vgl. Anhang

143 Siehe Beispiel in Abb. 13

Abb. 35: Verknüpfung von Zielen und Werten; Quelle: Verfasserin

Aus der Gegenüberstellung der Lebenssäulen durch die Klientin werden nun die Ad-jektive aus der jeweiligen Zeile erfasst. (Vgl. Abschnitt 3.3)

Am Beispiel von Lena L. sieht das folgendermaßen aus:

Lena L. hat die Bereiche Dienstleistung und Bildung (A und G), Sicherheit und Selbstständigkeit (E und B), Spiritualität und Gesundheit (D und C) sowie die Bereiche Nachhaltigkeit und Familie/Freizeit (H und F) einander gegenübergestellt.

Da Lena L. überlegt, mit dem Dienstleistungsunternehmen in die Selbstständigkeit zu gehen bzw. im Bereich der Bildung weiterhin tätig sein zu wollen, sollen diese beiden Ziele einander gegenübergestellt

A G

A

B C

D

E

F G

H

werden. Folgende Werte sind für sie in diesen beiden Zielfeldern entscheidend: initiativ, einfallsreich, verantwortungsvoll, leistungsbereit und lehrend. Ihre favorisierte Haltung ist lehrend. (Vgl. Abschnitt 3.3)

In den beiden Bereichen Sicherheit und Selbstständigkeit stellt sich für Lena die Frage, ob ein sicheres Einkommen und damit eine Anstellung oder die berufliche Selbstständigkeit erstrebenswert sein könnte.

Die Werte, die Lena L. diesen beiden Bereichen zuordnet, sind innovativ, geschäftsorientiert, führungs-stark, kritikfähig und realistisch, wobei führungsstark für sie dabei am bedeutendsten ist. Führungsstark kann auch in einer Tätigkeit als Angestellte eine wichtige Haltung sein.

Für die Spiritualität und die Gesundheit als weitere Zielbereiche erachtet Lena L. die Eigenschaften ein-fühlsam, kompetent, glaubwürdig, ausdauernd und konsequent als wesentliche Werthaltungen, wobei ihr konsequent am wichtigsten erscheint.

Für die Bereiche Nachhaltigkeit in Kombination mit Freizeit und Familie erachtet Lena L. die Werte ethisch, klug, kommunikativ, vertrauensvoll und verlässlich für wesentlich, wobei sie klug als das Bedeu-tendste einschätzt.

Mit dem Morphologischen Kasten wird es möglich, die Werte auf ihre Konsistenz hin zu prüfen. Dies soll dann eine Hilfe zur Entscheidungsfindung in der Neuausrichtung sein. (Vgl. Abschnitt 3.3)

Mit Hilfe eines Leitfadeninterviews soll die Klientin sich mit folgenden Fragen144 ausei-nandersetzen, die ihr helfen, ihr persönliches Life-Design zu entwerfen: Dazu gehören geografische (z.B. Region, Land, Stadt …), physikalische (z.B. Arbeitsort …), organi-satorische (z.B. welches Dienstverhältnis) und zwischenmenschliche (z.B. wie gestal-tet sich der Umgang mit den Kolleg/innen …) Fragen. Außerdem werden Fragen ge-stellt, die die Geschwindigkeit, die Verlässlichkeit, das zeitliche Volumen oder die Si-cherheit des Dienstverhältnisses betreffen.

144 Vgl. KÖTTER/KURSAWE 2015: 127ff

E B

D C

H F

Das ausgearbeitete Leitfadeninterview (vgl. Abschnitt 5.2) mit Lena L. gestaltet sich nun wie folgt:

Geografisch:

➢ In welcher Region/in welchem Land möchten Sie arbeiten und leben?

Salzburg.

➢ Wird die Stadt oder das Land bevorzugt?

Stadt.

Physikalisch:

➢ Arbeiten Sie lieber drinnen oder draußen?

Drinnen.

➢ Gehen Sie gerne auf Dienstreise? Wenn ja, wie oft im Monat?

Ja, drei- bis viermal pro Monat.

➢ Wo arbeiten Sie am liebsten? Am Schreibtisch, unterwegs, in einem Team … In einem Team.

➢ Wo arbeiten Sie am liebsten? Im Dienstleistungssektor, in der Produktion … Im Dienstleistungssektor.

➢ Möchten Sie von vielen Menschen umgeben sein oder von wenigen?

Von wenigen, ich bevorzuge ein kleines Team.

➢ Welche Faktoren (z.B. Licht, Lärm, Luft …) sollen die Arbeit beeinflussen?

Helle Räume mit Blick ins Grüne, frische Luft, die beim Öffnen des Fensters ins Büro kommt.

Organisatorisch:

➢ Wären Sie lieber angestellt oder selbstständig?

Angestellt.

➢ In Vollzeit oder Teilzeit?

Vollzeit.

➢ Soll der Arbeitgeber ein Unternehmen, eine Non-Profit-Organisation oder eine staatliche Einrichtung (Beamtenstatus) sein?

Ein Unternehmen, das sich für Nachhaltigkeit einsetzt und diese Linie bis zum kleinsten Detail verfolgt.

➢ Welches Unternehmen bevorzugen Sie? Konzern, KMU … KMU.

➢ Welche Werte sollte Ihr künftiger Arbeitgeber vertreten?

Nachhaltigkeit, Verlässlichkeit, verantwortungsbewusst, zielorientiert, klare Aufträge.

➢ Welche Kultur, Philosophie, welches Image sind Ihnen wichtig?

Kultur der Wertschätzung gegenüber Mitarbeiter/innen und Kund/innen, Philosophie einer sozi-alen Mitgestaltung an unserer Gesellschaft.

➢ Wie wichtig sind Aufstiegschancen?

Sehr.

Zwischenmenschlich:

➢ Wie sollen die Beziehungen zu den Kollegen sein?

Spannungsfrei, kein Mobbing, herzlich, freundlicher Umgangston, klare und wertschätzende Kommunikation miteinander.

➢ Wie viel direkten Kontakt zu den anderen brauchen Sie?

Hängt von der jeweiligen Arbeitssituation ab; in einem gemeinsamen Projekt mehr, ansonsten weniger.

➢ Wie hoch ist der Anteil des direkten Kontaktes zu anderen?

50 %.

➢ Wer sollen die Kontaktpersonen sein?

Klienten, Erwachsene, Kinder, Kunden, Kollegen, Senioren, Migranten …

➢ Möchten Sie in einem Team arbeiten? Wenn ja, in welcher Art von Team?

In einem kleinen Team mit max. fünf Personen.

Geschwindigkeit:

➢ Arbeiten Sie langsam, moderat, schnell, sehr schnell …?

Sehr schnell.

➢ Arbeiten Sie immer gleichmäßig oder in einem unterschiedlichen Tempo?

Unterschiedliches Tempo, dennoch schnell; mache manchmal auch mehrere Dinge gleichzeitig.

➢ Sind Sie den ganzen Tag sehr beschäftigt oder gibt es auch Phasen des Leer-laufs?

Ich bin immer sehr beschäftigt; es gibt kaum Phasen des Leerlaufes.

Verlässlichkeit:

➢ Möchten Sie einen Job, bei dem Sie in der Früh (in den nächsten Wochen, im nächsten Jahr?) schon genau wissen, was Sie erwartet?

Nein.

➢ Bevorzugen Sie einen Beruf, in dem Sie ständig neue Herausforderungen ha-ben?

Ja.

➢ Wie unterschiedlich soll sich Ihre Arbeit gestalten?

Ich liebe die Abwechslung; ich bin kreativ und flexibel und möchte keine monotone Arbeit ma-chen.

➢ Lieben Sie Notfalleinsätze bzw. brauchen Sie Hochdruck beim Arbeiten?

Nein, das muss jetzt auch nicht sein.

Zeit:

➢ Wie lange möchten Sie am Tag/in der Woche/im Monat arbeiten?

Am Tag acht bis zehn Stunden, in der Woche 40–50 Stunden, im Monat maximal 200 Stunden.

➢ Wie lange darf der Arbeitsweg dauern?

Maximal 30 Minuten.

➢ Ist die Arbeit mit dem Feierabend vorbei oder nehmen Sie sie mit nach Hause?

Wenn etwas dringend zum Fertigstellen ist, dann nehme ich die Arbeit auch mit nach Hause.

➢ Wie oft möchten Sie Überstunden machen oder am Wochenende arbeiten?

Überstunden höchstens zehn pro Woche, am Wochenende möchte ich nur im äußersten Notfall arbeiten müssen.

Sicherheit:

➢ Wünschen Sie sich einen sicheren Job fürs Leben?

Ja, obwohl ich weiß, dass es den nicht gibt.

➢ Sind Ihnen kurze Verträge mit viel Flexibilität sympathischer?

Nein.

➢ Suchen Sie finanzielle Sicherheit?

Ja, auf jeden Fall.

➢ Wollen Sie einen Job, den Sie überall ausüben können?

Nein, das muss nicht sein.

➢ Wie wichtig ist Ihnen die Altersvorsorge?

Sehr wichtig.

➢ Wird Ihr Job auch in zehn Jahren noch existieren?

Ich hoffe.

➢ Wollen Sie sich kontinuierlich weiterbilden?

Ja, unbedingt. Ich bin begeistert vom lebenslangen Lernen.

Andere Faktoren:

➢ Gibt es Menschen, deren Pläne Ihre Karriere beeinflussen können?

Nein.

➢ Werden Sie langfristig mobil sein können?

Das hoffe ich doch.

➢ Welche Karriere ist wichtiger, Ihre oder die Ihres Partners/Ihrer Partnerin?

Ich habe keinen Partner/keine Partnerin.

➢ Wie wichtig ist es Ihnen, schnell den perfekten Beruf zu finden?

Sehr wichtig, denn ich bin seit über einem Jahr arbeitslos.

➢ Haben Sie Kinder/Enkelkinder, die noch nicht versorgt sind?

Eine studierende erwachsene Tochter, die sich aber selbst versorgt. Die andere Tochter steht bereits im Berufsleben.

Der nächste Setting-Schritt ist nun das Gestalten und das Verhalten im beruflichen Kontext. Kötter und Kursawe schlagen vor, die Stellenbewerbung „umzudrehen“145, nämlich dahingehend, dass die Bewerberin eine Stellenausschreibung zu ihrer eige-nen Person entwirft, mit deren Hilfe sie sich dann bei einem Unternehmen bewirbt beziehungsweise die passende Stelle gezielt suchen kann.

Um sich nun über die eigene Marke Gedanken zu machen und konkret sein Können und seine Persönlichkeit auf dem Arbeitsmarkt anzubieten, beauftragt die Beraterin die Klientin, zu Hause eine persönliche Stellenausschreibung zu gestalten. Ziel dabei ist es, sich mit sich selbst intensiv zu beschäftigen und über die eigenen Fähigkeiten bestmöglich zu reflektieren.

Zum Abschluss überreicht die Beraterin der Klientin den dritten Buchstaben für das Motivationsarmband. (Vgl. Abb. 36)

Abb. 36: Motivationsarmband 3. Buchstabe; Quelle: Verfasserin

Im Rückblick auf die dritte Beratungsstunde kann festgehalten werden, dass es eine sehr interessante und informative Beratungsstunde war. Das Aussuchen der Werte, die für die Klientin am wichtigsten waren, ist ein sehr subjektiver und individueller Pro-zess. Auch die Klientin war über die erzielten Ergebnisse erstaunt.

145 Vgl. ebd.: 135

Z U K

Schon beim Besprechen des Arbeitsauftrages „Work-Life-Design“ kam es zu längeren Ausführungen der Klientin. Da diese Form der proaktiven Beratung auch für die Bera-terin ein Pilotprojekt ist, musste die geplante Stunde überzogen werden, um in Hinkunft den zeitlichen Rahmen besser einschätzen zu können. Die Beraterin konnte Folgen-des beobachten: Je engagierter und intensiver sich die Klientin mit dem Thema ausei-nandersetzt, umso mehr zeitliche Ressourcen braucht der Beratungsprozess. Das ist für die Beraterin ein wichtiges Ergebnis aus dieser Form der Beratung.

Sowohl bei der Auswahl der Werte als auch beim Setzen des „Werte-Fokus“ war die Zeit zu knapp, da immer wieder darüber geredet wurde, warum welcher Wert für die Klientin bedeutsam ist. Freilich könnte man diese Diskussionen auch abkürzen und auf die vorgegebene Zeit verweisen. Dies wollte die Beraterin jedoch nicht tun, weil durch den Dialog über die Werte, über das Verhalten und über die damit verbundenen sozialen Kompetenzen sich immer deutlicher herauskristallisiert hat, welche berufliche Neuausrichtung die Klientin beschreiten möchte.