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Leitfaden für Beratungssettings

5. Persönliche Strategieentwicklung anhand eines Leitfadens

5.2 Leitfaden für Beratungssettings

Die persönliche Strategieentwicklung beginnt idealtypisch zunächst mit dem Start des ersten Beratungssettings, wobei die Problemdefinition, nämlich die berufliche Neuaus-richtung, bereits am Telefon beim Erstkontakt erfasst wurde.

Beim ersten Treffen werden die einzelnen Schritte und vor allem der Ablauf der sieben Beratungssettings besprochen. Dabei ist eine wertschätzende Gesprächskultur die wichtigste Basis für einen erfolgreichen Setting-Verlauf.

Patzak und Rattay zählen zu den wichtigsten Merkmalen einer guten Gesprächskultur, dass die Beraterin „in der Sache klar, eindeutig und konsequent“ sein soll, weiters „zur Person hin akzeptierend und wertschätzend“ sein soll, einen der Situation entspre-chenden Rahmen wählen und aktiv zuhören können soll.112

Die Klientin ist dabei diejenige, die das Tempo und die Inhalte beeinflusst. Die Aufgabe der Beraterin ist es, zu erkennen, wann die Klientin mehr Zeit braucht oder wann sie von der Planung abweichen möchte. Immer das Ziel vor Augen habend, muss mög-licherweise der Zeitplan abgeändert werden oder müssen Inhalte gestrichen bzw. eine andere, besser geeignete Vorgehensweise eingesetzt werden. Deshalb ist der hier vorgegebene Zeitplan nicht als absolut zu betrachten, sondern immer im Tempo und in der Verfassung der Klientin mitzudenken.

Anders als in den herkömmlichen Beratungssitzungen ist es in diesem Konzept das Ziel, dass die Klientin die Designerin ihres beruflichen Lebensplanes sein soll. Gleich-zeitig wird nicht – wie in der Beratung ursprünglich üblich – ein reiner Dialog gewählt,

112 Vgl. PATZAK/RATTAY 2018: 343

sondern ein aktives und handlungsorientiertes, kreatives und gemeinsames Planen der Neuausrichtung zwischen Klientin und Beraterin, vergleichbar mit dem konkreten Planzeichnen eines Architekten, der gemeinsam mit seinem Kunden den bestmögli-chen Plan entwirft. In Anlehnung an die Methode des „Design Thinkings“113 wird der ursprüngliche Fünf-Phasen-Prozess mit einigen Tools aus der strategischen Planung erweitert und für diese Beratungssettings adaptiert. Die zentrale Frage in dieser Me-thode von „Design-Thinking“ lautet: „Wie will ich leben?“ Parallel dazu dienen die Be-ratungssettings als Initialzündung für die weiteren Ideen, die zu Hause und im Freun-deskreis weiterentwickelt werden, denn alleine, so Marius Kursawe und Robert Kötter,

„entwickelst du nur halb so gute Ideen wie im Team. Die Zweifel werden größer und der Mut zur Veränderung kleiner, wenn du im stillen Kämmerlein über deine Situation nachdenkst“.114 Gerade im Alter von 50+ ist es wichtig, sich auf eine neue Form des aktiven Handelns einzulassen, um gleichsam die Veränderung nicht nur mental, son-dern auch physisch erleben und damit verinnerlichen zu können.

Die Setting-Stunden sind mit 60 Minuten anberaumt, wobei nach jeder Stunde auch ein Auftrag für zu Hause mitgegeben wird. Um genügend Zeit zur Ausarbeitung geben zu können, werden die Abschnitte zwischen den jeweiligen Stunden mit zwei bis drei Wochen geplant. Sollte eine Klientin jedoch schneller vorgehen wollen, so ist dies nach individueller Absprache möglich, allerdings soll es auch hierbei zu einem regelmäßigen Intervall kommen.

Dieser Leitfaden ist eine individuell abänderbare Grobplanung und wird zunächst auf Grund des Erstgespräches am Telefon bzw. per E-Mail erstellt. Sollte im Beratungs-setting-Verlauf eine andere Vorgehensweise für sinnvoll erachtet werden, so kann die-ser Leitfaden abgeändert werden. Die Anzahl von sieben Stunden ist ebenfalls variabel und kann bei Bedarf auch erweitert werden. Fünf Bereiche werden darin festgehalten:

die Zeit, das Thema, das Ziel, der Meilenstein sowie die Aktion innerhalb der Stunde und zu Hause. (Vgl. Abb. 18)

113 Vgl. KÖTTER/KURSAWE 2015: 8

114 Ebd.: 8f

Datum Thema Ziel Meilenstein Aktion

Abb. 18: Grobplanung Beratungssettings; Quelle: Verfasserin

1. Setting: Von „WER bin ich?“ zu „Ich bin WER!“

Das Thema in dieser Stunde lautet: Von „WER bin ich?“ zu „Ich bin WER!“ Das Ziel ist es, dass die Klientin in dieser Stunde ihre Vision finden soll. Die Methode von Storytel-ling und von Mindmapping sollen diesen Prozess unterstützen. Der Meilenstein (vgl.

Abschnitt 5.3), der in dieser Stunde erreicht wird, lautet: Die wichtigsten Lebenssäulen sollen für Lena definiert werden und mit den entsprechenden Lebensinhalten befüllt werden. Die Aktion dieser Stunde ist das Erstellen einer Mindmap, und zu Hause wird Lena angeregt, in ihrem befreundeten sozialen Umfeld den Ideenkorb (vgl. Abschnitt 6.1) auszuprobieren.

2. Setting:„Ich weiß WOHIN und wähle aus.“

Das zweite Setting findet nach ca. 14 Tagen statt, um genügend Zeit für die selbst-ständige Bearbeitung des Auftrages zu Hause zu haben. Das Thema in dieser Stunde lautet: „Ich weiß WOHIN und wähle aus.“ In dieser Sitzung werden zunächst die Ziele definiert und mit der ABC-Analyse strukturiert, um so eine Priorisierung der wichtigsten Ziele erreichen zu können. Der Meilenstein in dieser Stunde ist es nun, vom beruflichen Ist-Zustand zum beruflichen Wunschzustand (zumindest gedanklich) zu finden. Das aktive Handeln der Klientin geschieht über die ABC-Analyse innerhalb der Stunde und über das Entwickeln eines „Work-Life-Designs“ zu Hause.

3. Setting:Bausteine für das Life-Design sammeln

Weitere 14 Tage später wird in der dritten Stunde das Thema „Bausteine für das Life-Design“ erarbeitet. Das Ziel dieser Stunde ist es nun, mit Hilfe eines Leitfadeninter-views (vgl. Abschnitt 5.2) das Verhalten, die Werte und die sozialen Kompetenzen zu definieren, wobei das Ergebnis dieser Überlegungen eine Gegenüberstellung der Le-benssäulen (vgl. Abschnitt 6.3.) und der Werte sein soll. In dieser Stunde soll der Mei-lenstein dazu dienen, herauszufinden, was wirklich wichtig ist. Das aktive und an-schauliche Handeln geschieht in dieser Einheit mit Hilfe des Morphologischen Kastens innerhalb der Stunde und mit dem Erstellen einer persönlichen Stellenbeschreibung115 als Auftrag für zu Hause.

115 Vgl. KÖTTER/KURSAWE 2015: 134

4. Setting:Design your job

Nach weiteren 14 Tagen kommt die Klientin zur vierten Beratungsstunde, die das Thema „Design your job“ in den Vordergrund stellt. Das Ziel dabei soll sein, dass die zu Beratende ihr eigenes Potenzial entdeckt. Der Meilenstein in dieser Stunde lautet:

Möglichst viele Berufsmöglichkeiten generieren, um daraus auswählen zu können. In der Beratungsstunde wird daher eine SWOT-Analyse der Berufsstärken und -schwä-chen durchgeführt, aus der sich die verschiedenen Möglichkeiten der berufli-schwä-chen Ver-änderung ergeben, während der Auftrag für zu Hause lautet, ein Job-Bingo116 zu er-stellen.

5. Setting:Berufliche Neuorientierung inmitten von globalen Veränderungen Wieder 14 Tage später soll das Thema „Berufliche Neuausrichtung inmitten der globa-len Veränderungen“ bearbeitet werden. Für Berufe, die die Zukunft braucht, sind an-dere Schwerpunkte erforderlich als früher. Deshalb soll auch diesem Gedanken in der Beratung Raum gegeben werden. Dabei gilt es herauszufinden, welche Umweltfakto-ren für die neue berufliche Ausrichtung mitzudenken sind. Der Meilenstein dieser Stunde lautet: Die Berufsmöglichkeiten im Kontext der Umwelt klären. Innerhalb dieser Stunde wird eine Umweltanalyse117 und ein Lebens-Equalizer118 erstellt, während zu Hause der Auftrag lautet, die USP – die Besonderheit und Einzigartigkeit der zukünfti-gen beruflichen Tätigkeit – zu erarbeiten. Gemeint ist damit, den Lebens-Equalizer zu visualisieren119, um herauszufinden, welche Parameter in der beruflichen Neuausrich-tung die wichtigsten sind. Für diese doch zeitintensive Arbeit zu Hause ist es notwen-dig, der Klientin ein dreiwöchiges Intervall des nächsten Treffens einzuräumen.

6. Setting:Berufemarkt der Zukunft

Der Beratungstermin, der also drei Wochen später stattfindet, beschäftigt sich mit dem Thema Berufemarkt der Zukunft. Dabei wird der Frage nachgegangen, welche Berufe die Zukunft braucht (z.B.: Wird es den gewünschten Beruf in ein paar Jahren noch geben oder wird er der Technik weichen müssen?). Das Ziel dieser Stunde ist es, das

116 Vgl. ebd.: 152

117 Vgl. MUSSNIG/MÖDRITSCHER/OBERCHRISTL 2013: 589ff

118 Vgl. KÖTTER/KURSAWE 2015: 182

119 Vgl. ebd.: 215ff

unternehmerische Denken anzuregen. Der eigene Wunsch soll sich im wirtschaftli-chen, unternehmerischen Denken wiederfinden, da auch davon der Erfolg der Bera-tungsstunden und später dann der Erfolg der beruflichen Neuausrichtung abhängen.

Deshalb lautet der Meilenstein dieser Stunde: Berufsmöglichkeiten finden, die der Markt braucht. Dazu soll die Methode der Ansoff-Matrix120 dienen. Der Auftrag für zu Hause soll im Anschluss daran eine Feldforschung121 sein, bei der es darum geht, die Job-Ideen die in der „Welt draußen“ zu untersuchen. Auch hier wird der Klientin ein dreiwöchiges Setting-Intervall eingeräumt.

7. Setting:Masterplan für die weitere Vorgehensweise erstellen

Nach weiteren drei Wochen wird nun das vorläufig letzte Intervall geplant. Sollte sich jedoch herausstellen, dass die Klientin weitere Stunden braucht, dann wird im Einzel-fall darauf eingegangen und die Beratung ausgedehnt, je nachdem, wo sich noch Handlungsbedarf zeigt. In dieser Stunde geht es darum, einen Masterplan für den wei-teren Bewerbungsprozess gemeinsam zu erstellen. Ziel dieser Stunde ist das struktu-rierte Zusammenführen der nächsten Schritte. Der Meilenstein für dieses letzte Setting ist die Finalisierung des Beratungsprozesses. Am Schluss wird der fertige Masterplan an Lena L. übergeben, und die Settings werden damit abgeschlossen.