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Marketingstrategien für „Unternehmerinnen“: Ansoff-Matrix

3. M/O/T-Management-Modell – Adaption

3.5 Marketingstrategien für „Unternehmerinnen“: Ansoff-Matrix

Wenn hier von den sogenannten „Unternehmerinnen“ die Rede ist, so sind nicht in erster Linie jene Frauen gemeint, die ein Unternehmen gründen wollen, sondern vor

60 STERNAD/MÖDRITSCHER 2018: 6

allem jene, die unternehmerisch denken können. Dies hat nämlich den Vorteil, geziel-ter und effektiver in der persönlichen Neuausrichtung voranzukommen. Eine Ungeziel-ter- Unter-nehmerin, die ein Unternehmen gründet, überlegt zunächst, nachdem sie sich ihre Ziele gesetzt hat, welchen Nutzen der Kunde davon hat. Um die persönliche Neuaus-richtung in diesem Sinne verstehen zu können, soll zunächst auf die Überlegungen der Marketingstrategien im wirtschaftlichen Kontext von Unternehmen eingegangen werden.

Joachim Beck, Wilfried Mödinger und Sybille Schmid61 sehen einen Wandel in den Markt- und Umweltbedingungen. Neue Wachstumszentren wie beispielsweise Ost-asien oder Südamerika schaffen zwar neue Absatzmöglichkeiten, aber auch eine grö-ßere Konkurrenz. In den Massenmärkten, so die Autoren weiter, ist es mittlerweile zu einer Marktsättigung gekommen. Das hat zur Folge, dass immer kleinere Marktseg-mente, die sogenannten Marktnischen, an Attraktivität gewinnen. Ein weiteres Phäno-men ist das ZusamPhäno-menwachsen von Märkten, was zur Folge hat, dass UnternehPhäno-men mit neuen Technologien, neuen Wettbewerbern und neuen Spielregeln konfrontiert werden. Auch die gesellschaftlichen, ethischen, sozialen und moralischen Gesichts-punkte werden immer mehr proklamiert und die diesbezügliche Verantwortung einge-fordert. Hinzu kommen laut den drei Wirtschaftswissenschaftlern die ökologischen Herausforderungen, denen sich der Mensch nicht mehr entziehen dürfe. Und schließ-lich fließt auch hier der rasante Anstieg der technischen Veränderungen62 und die da-mit verbundene Schnelllebigkeit da-mit hinein.63

Helmut Muthers und Wolfgang Ronzal haben sich in ihrer Broschüre „Marketing 50+“

mit den Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels auf den Markt der Zukunft be-schäftigt. Sie regen an, sich zu überlegen, was ältere Kunden wirklich wollen und wie man das Unternehmen fit macht für Kunden 50+. Sehr plakativ bringen sie es auf den Punkt, wenn sie davon ausgehen, dass unsere Gesellschaft immer älter, weniger an der Zahl und multikultureller werden wird. Sie prägen die Formel „grau = kaufkräftig“.

Sie zählen einige der Bedürfnisse auf, die Menschen ab 50+ genießen, wie beispiels-weise Beratung, Sitzmöglichkeit, große Schrift bei Verträgen, Diskretion, Freundlich-keit des Personals oder einfach zu bedienende Automaten. Sie lieben es zu reisen, zu lernen, schätzen aber auch finanzielle Sicherheit, Lebensqualität, Zeit und Komfort und sind bereit, für Qualität mehr zu bezahlen. Sie wollen nicht wie „Alte“ behandelt und

61 Vgl. BECK/MÖDINGER/SCHMID 2011: 11ff

62 Vgl. VUCA-Welt; Erklärung in Kapitel 2

63 Vgl. BECK/MÖDINGER/SCHMID: 2011: 13f

herumgeschubst werden. In der Gesellschaft 50+ gilt die Regel „Wertschöpfung durch Wertschätzung“. Menschen im Alter von 50+ schätzen den Mehrwert, den ein Unter-nehmen anbietet. Daher, so Muthers und Ronzal, brauchen die UnterUnter-nehmen der Zu-kunft „Mut zum Alter“, denn das wird in HinZu-kunft die kauffreudige Zielgruppe sein.64 Dies ist gleichsam der Ist-Zustand der wirtschaftlichen Ausgangslage.

Da hinein, so die Autoren Beck, Mödinger und Schmid, erfolgt das Bewusstmachen der Begriffe und Merkmale einer Strategie. Dazu werden zunächst die Ziele definiert, also die Überlegung, welche Richtung eingeschlagen werden soll. Die Marketingstra-tegie setzt bei den Zielen an und überlegt weiter, wie diese Ziele erreicht werden sol-len. Und schließlich gibt es einen dritten Aspekt, der sich die Frage stellt, was dafür eingesetzt werden soll. Neben diesen strategischen Schlüsselfragen fügt sich noch die Marktwahlstrategie ein, in der es vor allem darum geht, zu überlegen, wer die Ziel-märkte bzw. die Zielgruppen bildet.65

Darüber hinaus muss sich die Unternehmerin vor allem auch Gedanken machen, wie sie Wachstum im Unternehmen generieren kann. Gernot Mödritscher und Dietmar Sternad listen in ihrem Buch „Qualitatives Wachstum“ die Gründe auf, warum Untnehmen dieses anstreben sollten: Qualitatives Wachstum, so die beiden Autoren, er-möglicht Wettbewerbsvorteile, wie zum Beispiel durch die Kostenführerschaft, durch die Differenzierung oder durch den Fokus auf eine bestimmte Nischen-Zielgruppe. Da-mit wesentlich verbunden ist die Einzigartigkeit der Unternehmen. Als zweiter Grund wird das Erzeugen eines zusätzlichen Kundennutzens genannt, durch den wiederum die Preise und Deckungsbeiträge gesteigert werden. Ein weiterer Aspekt kann das umfassende Thema der Nachhaltigkeit sein. Ein Unternehmen heute nachhaltig, also enkeltauglich zu präsentieren, steigert in jedem Fall die Qualität des Unternehmens.

Und schließlich kann, so Mödritscher und Sternad, das Wachstum in einem Unterneh-men auch Sinn stiften.66 Die beiden Autoren erläutern, wie und wodurch sich das zei-gen kann: „Das gilt für Mitarbeiter, die stolz darauf sind, für ein nachhaltiges Unterneh-men zu arbeiten, das qualitativ hochwertige Leistungen anbietet, ebenso wie für Kun-den, für die Qualitätsprodukte und -dienstleistungen ihre Lebensqualität erhöhen, für Partner, für die eine langfristige Zusammenarbeit dauerhaft Wert schafft, aber auch für die Eigentümer und Führungskräfte, wenn ihnen bewusst wird […], welchen Beitrag

64 Vgl. MUTHERS/RONZAL 2012: 15ff

65 Vgl. BECK/MÖDINGER/SCHMID: 2011: 13f

66 Vgl. STERNAD/MÖDRITSCHER 2018: 8f

ihr Unternehmen über das Erzielen monetärer Gewinne hinaus für die Gesellschaft leistet.“67

Um nun zu überlegen, welchen Markt man mit welchem Angebot bedienen möchte, soll die Produkt-Matrix nach Ansoff68 ein hilfreiches Element anbieten. (Vgl. Abb. 14) Mit ihr gelingt es, die Überlegungen zu strukturieren. In der folgenden Vier-Felder-Ta-belle werden die vier Aspekte für Wachstum veranschaulicht: Marktdurchdringung, Produktentwicklung, Marktentwicklung und Diversifikation69.

MÄRKTE/ KUNDEN

Marktdurchdringung Marktentwicklung

Produktentwicklung Diversifikation

Abb. 14: Wachstumsmöglichkeiten nach H.I. Ansoff; Quelle erstellt: Verfasserin

McKinsey, die international führende Unternehmensberatung mit dem Hauptsitz in der Schweiz, publizierte das Buch „Planen, gründen, wachsen“70. Darin wird unter ande-rem erläutert, mit welchen Fragen man sich im Blick auf Markt, Konkurrenz und keting auseinandersetzen sollte, um erfolgreich sein zu können. Im Bereich der Mar-ketingstrategie ist es hilfreich, so das Autorenteam, darüber nachzudenken, welcher

67 Ebd.: 9f

68 Vgl. ANSOFF 1966

69 Vgl. BECK/MÖDINGER/SCHMID 2011: 90

70 Vgl. ETH Zürich/Mc KINSEY&COMPANY 2016: 92

PR O D U K T E/ A N G E BOT E

NEUGEGENWÄRTIG

NEU GEGENWÄRTIG

Marktanteil angestrebt wird und wie dieser gehalten bzw. vergrößert werden kann. Au-ßerdem ist zu überlegen, wie man sich von der Konkurrenz differenziert, das heißt welche USP (Unique Selling Proposition) aus der Sicht der Kunden formuliert wurde.

In weiterer Folge sollten Überlegungen zu den Bereichen Marktübersicht, Marktseg-mentierung, Kundenstruktur, Markttrends, Konkurrenz und Marketingmix angestrebt werden, auf die jedoch an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden kann.71

In der persönlichen Lebensausrichtung geht dieser Prozess sehr ähnlich vor sich. Be-ginnend mit den Zielen, die bereits erarbeitet wurden, Beruf, Persönlichkeit, Bildung, Zeit und soziales Umfeld und mit Hilfe der erarbeiteten Werte soll nun in einem nächs-ten Schritt überlegt werden, wie und wodurch damit quantitatives und qualitatives Wachstum generiert werden kann. Die Modifikation der Marketingstrategien aus der Wirtschaft zu einer Marketingstrategie für die persönliche Neuausrichtung soll, wie im Folgenden dargestellt, angedacht werden:

Ausgehend von den beruflichen Vorstellungen, wird in Anbetracht dessen, dass es zu einer beruflichen Neuausrichtung kommen soll, überlegt, welchen Qualifikationen und Fertigkeiten, aber auch welchen Visionen und Werten sich die Klientin im Beratungs-setting gegenübergestellt sieht. Es könnte zum Beispiel sein, einer Sekretärin im Alter von 52 Jahren wurde gekündigt. Sie hat jedoch – nach dem Erstellen ihres persönli-chen Wertekatalogs – festgestellt, dass ihr der Umgang mit Menspersönli-chen ein besonderes Anliegen ist. Sie möchte nun die Ausbildung zur Pflegeassistentin bzw. zur Seniorin-nenbetreuerin machen. Mit Blick auf den immer größer werdenden Mangel an Pflege- und Betreuungspersonal in Altenheimen begibt sich die Klientin damit in einen gegen-wärtig bestehenden Markt, der sie in dieser Funktion zwar braucht, jedoch auf Grund der mehrmals genannten Veränderungen (Schnelllebigkeit, Komplexität …) vor neue Herausforderungen stellt. Denn (noch) nicht alles kann durch Maschinen ersetzt wer-den. Und dennoch muss sie als Pflegekraft in Hinkunft immer mehr den technischen Anforderungen gerecht werden, um zwischen dem Patienten/der Patientin und dem Computer vermitteln zu können. Es braucht Leute, die sich neu einstellen wollen. Es zählen dabei das Verständnis und die Bereitschaft, sich mit technischen Geräten aus-einandersetzen zu wollen, mehr als das Wissen um die Pflege. Vor diesen Herausfor-derungen muss eine Neuausrichtung für Frauen mit 50+ betrachtet werden.

71 Vgl. ebd.: 92f

Um diese komplexe Ideenentwicklung zu veranschaulichen, gibt es die Möglichkeit des Job-Bingo.72 Gemeint ist damit, eine Tabelle mit 36 Feldern anzulegen, deren Spalten folgende Begriffe beinhalten: Arbeitsort, Tätigkeit, Arbeitsinhalte, Arbeitszeit, mit wem?

und Emotionen. Diese Spalten werden mit jeweils sechs verschiedenen Möglichkeiten beschrieben oder bemalt und schließlich miteinander verbunden. (Vgl. Abschnitt 6.5) Dabei geht es nicht in erster Linie darum, jeden Schritt wohlüberlegt und geplant zu verbinden, sondern spontan Möglichkeiten damit zu kreieren, um so zu Ideen der be-ruflichen Neuausrichtung zu gelangen.

Ein weiteres Design-Element bei der visualisierenden Darstellung der beruflichen Neu-ausrichtung ist der Lebens-Equalizer oder, wie Kötter und Kursawe ihn auch nennen, der Life-EQ.73 Das Ziel bei der Veranschaulichung des Life-EQ ist es, zu erkennen, welche Bestandteile für das Leben wichtig sind und wann sie sich in Harmonie mitei-nander befinden. Für die berufliche Neuausrichtung wurde der Life-EQ zum berufli-chen Lebens-Equalizer umfunktioniert, um so die drei favorisierten Berufsmöglichkei-ten zu hinterfragen. Ein Equalizer bietet die Möglichkeit, bei zu lauBerufsmöglichkei-ten oder zu dumpfen Tönen Veränderungen herbeizuführen, damit dann der bestmögliche Ton erklingt. Für die berufliche Neuausrichtung soll ebenso dieses feine Verändern und Hinterfragen das Ziel sein. (Vgl. Abschnitt. 6.5)