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Vergleich der M odelle

Privatisierung und Reprivatisierung in Bulgarien - Ein Modellvergleich mit Ost-Deutschland

II. Vergleich der M odelle

/. Institutionen, rechtliche Stellung und Besetzung a) Ostdeutschland

aa) Institutionen

Obwohl dies noch nicht sehr lange her ist, wurde häufig übersehen, daß die Treuhandanstalt, die zur Durchführung der Privatisierung und

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vatisierung geschaffen wurde, noch von der letzten DDR-Regierung ge- gründet wurde. Dies ist insofern von Bedeutung, als dabei der Tätigkeits- bereich und dessen Grenzen umrissen wurden. Gemäß § 1 des Gesetzes über die Treuhandanstalt war dieser die Privatisierung allen volkseigenen Vermögens aufgegeben. Damit ist zugleich auch festgestellt, daß die Treu- handanstalt nicht für eine allgemeine Entsozialisierung gedacht war und daher auch nicht die Auflösung der zwangsweise geschaffenen genossen- schaftlichen Betriebe zu deren Aufgaben rechnete.

bb) Die Rechtsstellung der Treuhandanstalt (T H A ) ist die einer An- stalt des öffentlichen Rechts, die seit dem Einigungsvertrag der Bundesre- gierung und ressortmäßig dem Finanzminister unterstellt wurde. Struktu- riert wurde die T H A am Vorbild von Kapitalgesellschaften; sie hat einen

״ Verwaltungsrat“ benannten Aufsichtsrat, der den Vorstand der T H A wählt, beruft und abberuft.

cc) In § 4 Abs. 2 Treuhandgesetz wurde diesbezüglich ausdrücklich fest- gelegt, daß die in diese Gremien zu berufenden Persönlichkeiten hohe fachliche Qualifikationen und Erfahrungen bei Führung und Sanierung von Unternehmen aufweisen müssen. Dies ist nach eigener Kenntnis des Verfassers auch bei einem großen Teil der Mitwirkenden der Fall; beson- ders im Verwaltungsrat finden sich hochkarätige Manager bekannter deut- scher Unternehmen ebenso wie erfahrene hohe Beamte aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen.

b) Bulgarien

aa) Die im Privatisierungsgesetz umschriebene Aufgabe wurde einer

״ Agentur für Privatisierung“ übertragen, deren Stellung, Zusammenset- zung, Aufgaben und Finanzierung im Privatisierungsgesetz näher geregelt werden.

bb) Die Agentur für Privatisierung ist als staatliches Organ beim M ini- sterrai konstruiert, besitzt Rechtspersönlichkeit und wird aus dem Staats- haushalt finanziert. Es wurde im Privatisierungsgesetz ausdrücklich festge- legt, daß die Finanzierung dieser Agentur nicht aus Privatisierungsmitteln erfolgen solle.

cc) Die Agentur ist folglich dem Ministerrat direkt unterstellt, also noch etwas regierungsnäher als die Treuhandanstalt. Die Agentur für Privatisie- rung ist ähnlich wie die T H A zweigliedrig konstruiert und weist wie diese als wichtigstes Organ den Aufsichtsrat und den von diesem zu wählenden und abzuberufenden ״geschäftsführenden D ire kto r“ auf, der mit dem Prä- sidenten der T H A zu vergleichen ist.

dd) Berufungen in den Aufsichtsrat geschehen durch den Ministerrat und die Volksversammlung. Hinweise auf besondere Kenntnisse und Er- fahrungen der Kandidaten finden sich im Gesetz nicht.

184 Dieter P f a ff

c) Vergleich

Die Agentur für Privatisierung und die T H A sind in ihrer rechtlichen Konstruktion durchaus vergleichbar: Daß die im Treuhandgesetz veran- kerten Qualitätsanforderungen für die personelle Besetzung im bulgari- sehen Gesetz keine Entsprechung finden, erscheint dann als nicht so be- deutungsschwer, wenn man sich vor Augen hält, daß es in Bulgarien Fachleute mit den im Treuhandgesetz geforderten Qualitätsmerkmalen nicht geben kann, weil in sozialistischer Zeit Erfahrungen in Unterneh- mensführung und Sanierung nicht in der gemeinten Weise gemacht wer- den konnten. Bemerkenswerterweise wurde aber im Privatisierungsgesetz festgelegt, daß für den Zeitraum von zwei Monaten nach Erlaß dieses Ge- setzes und bis zur Gründung der Privatisierungsagentur Wirtschaftsprüfer eine Tätigkeitserlaubnis vom Finanzministerium erhalten können (§ 12 der ״ Ergänzenden Bestimmungen“ ). Diese - zumeist westlichen - Fach- leute wurden vor allem für Fragen der Bewertung und Eröffnungsbilanz benötigt. Ob und in welchem Maße solche Tätigkeit sich segensreich in Bulgarien auswirkte, kann von hier aus nicht beurteilt werden. Die Erfah- rungen in der ehemaligen D D R lassen freilich nicht allzu viel Optimismus entstehen.

2. A ufgaben u nd Gegenstände der Privatisierung a) Treuhandanstalt

Bereits im ersten Treuhandgesetz wurde expressis verbis festgelegt, daß die T H A die Privatisierung der staatlichen Unternehmen un d die Herstel- lung wettbewerbsfähiger Unternehmen zu erreichen habe, die den Bedin- gungen des Marktes und der Zielsetzung der sozialen Marktwirtschaft ent- sprechen. Damit ist die Zielsetzung mit Privatisierung und Sanierung bzw.

Umstrukturierung - und letztlich auch Liquidierung sanierungsunfähiger Unternehmen - beschrieben.

b) A gentur fü r Privatisierung

Anders als in Deutschland hat die bulgarische Agentur lediglich die Priva- tisierung staatlicher und kommunaler Unternehmen durchzuführen, ohne dabei einen Sanierungsauftrag erfüllen zu müssen.

Ausgenommen von dieser Tätigkeit sind auch in Bulgarien die landwirt- schaftlichen Betriebe und der landwirtschaftlich genutzte Grund und Bo- den.

Immobilien ehemals enteigneter Privateigentümer, die in Staatseigen- tum überführt wurden, wurden durch das ״ Gesetz über die Restitution des Eigentums an verstaatlichten Im m obilien“ zurückübertragen.

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Angemerkt sei an dieser Stelle, daß dieses Gesetz, das in manchen Hin- sichten dem deutschen Vermögensgesetz (jedenfalls was die Aufgaben- Stellung angeht) entspricht, in Bulgarien ähnliche Schwierigkeiten auslö- sen wird, wie sie auch in Ostdeutschland beim Zusammentreffen von Privatisierung und Restitution zu beobachten sind. Wie in Ostdeutschland wurde auch in Bulgarien die Restitution enteigneten Privatvermögens nicht im Privatisierungsrecht, sondern sondergesetzlich (wie z. B. durch das zuvor genannte Gesetz) geregelt. Im Privatisierungsgesetz und in den

״ Ergänzenden Bestimmungen“ dazu (§ 6) wurden solche Friktionen dann auch berücksichtigt, indem den Eigentümern ein ähnliches Recht gegen- über der Privatisierungsstelle bzw. den Neueigentümern von Unterneh- mensimmobilien eingeräumt wurde, das allerdings in enger zeitlicher Frist geltend gemacht werden muß und im negativen Falle einen Entschädi- gungsanspruch auslöst.

c) Vergleich

Bereits aus dem Vorhergesagten wurde die wesentlich begrenztere A uf- gabenstellung der bulgarischen Agentur für Privatisierung sichtbar. Der Grund für das Fehlen eines Sanierungs- bzw. Strukturauftrages muß in den Finanzen gesucht werden: Eine so aufwendige, teure und womöglich nicht kalkulierbare Aufgabe wie die Sanierung bzw. die letztendliche Liquidie- rung von Unternehmen (zusammen mit entsprechenden Abfindungs- forderungen) kann in Bulgarien nicht finanziert werden.

Interessant ist der für die Reprivatisierung von Grundstückseigentum eingeschlagene Weg einer Rückübereignung durch Gesetz, die dann ver- fahrensmäßig geltend zu machen ist. Der in Ostdeutschland eingeschla- gene Weg der Einräumung eines Anspruchs a u f Rückübereignung wird freilich - wie die Praxis zeigt - kaum mehr Verfahrensprobleme auslösen als das ohnehin schon der Fall ist. Immerhin ist aber der den früheren Eigentü- mern nach bulgarischem Recht nun eingeräumte Vindikationsanspruch ju- ristisch von schwererem Gewicht - wenn auch die gesetzten Grenzen für seine Realisierung ihn wiederum praktisch erheblich schwächen.

3. Grundsätze, M ethoden, Initiativen, Verfahrensgrundsätze a) D eutschland

Der im Vermögensgesetz verankerte Grundsatz ״ Rückgabe vor Ent- Schädigung“ gilt auch für die Privatisierung der staatlichen Unternehmen und ist gerade hier der Auslöser schwieriger und investitionshemmender Streitigkeiten, wenn - wie häufig zu beobachten - Privatisierungs- bemühungen der T H A von Rückgabeansprüchen der Alteigentümer be- troffener Grundstücke erschwert oder gar vereitelt werden.

Die Privatisierung durch Restitution, d. h. Rückübertragung enteigneter und verstaatlichter Unternehmen auf deren frühere Inhaber bzw. Inhaber von Gesellschaftsanteilen, stellt eine Verbindung zwischen den Aufgaben der Treuhandanstalt und der für die Restitution verantwortlichen Vermö- gensämter her. Aber auch diese Form der Privatisierung wird dann durch Restitutionsansprüche behindert, wenn etwa - wie die Praxis immer wie- der zeigt - ein zurückübertragenes Unternehmen in seiner ״ sozialistischen Zwischenperiode“ etwa einen Zuwachs an Grund und Boden erfahren hat oder umgekehrt ehemals dazugehörige Immobilien umgewidmet oder auch von Privatpersonen erworben wurden. Bekanntlich wird versucht, diese Friktionen durch eine klare ״ Vorfahrtregelung für Investoren“ zu vermindern, aber damit freilich der Grundsatz ״ Rückgabe vor Entschä- digung“ in sein Gegenteil verkehrt. Aber auch hier zeigt die Praxis, daß Investitionszusagen leicht gemacht und entsprechende Bescheinigungen schnell erteilt werden.

b) Auch in Bulgarien werden die Ziele einer Privatisierung der Unter- nehmen einerseits und einer zumindest teilweisen Restitution von anderen Vermögenswerten andererseits auf verschiedenen Ebenen und durch ver- schiedene Rechtsgrundlagen angestrebt.

aa) Es wurde bereits weiter oben darauf hingewiesen, daß die Eigentü- mer von Immobilien, die zu privatisierenden Unternehmen gehören, ein grundsätzliches Recht auf Geltendmachung ihrer dinglichen Rechte ein- geräumt erhielten. Sollte diese Restitution fehlgehen, wird den Berechtig- ten eine Entschädigung und zwar in Geschäftsanteilen des jeweiligen Unternehmens entrichtet, die dem Wert des beanspruchten Immobilienei- gentums entsprechen soll (A rt. 18 Privatisierungsgesetz in Verbindung mit

§ 6 ״ Ergänzende Bestimmungen“ ).

Die zuvor für die deutsche Situation skizzierte Spannungslage zwischen Privatisierungswünschen und Restitutionsansprüchen von Alteigentü- mern ist hinsichtlich der zu privatisierenden bulgarischen Unternehmen bei weitem nicht von der Bedeutung wie in Deutschland, wei! die vor dem Kriegsende in Bulgarien existierenden Privatunternehmen in Zahl und Bedeutung nicht mit den deutschen verglichen werden können. So ist viel- leicht erklärlich, daß die Frage der Restitution von Unternehmenseigen- tum in Bulgarien - soweit gesehen werden kann - nicht besonders geregelt wurde. Möglicherweise sind w ir aber auf eine offene Frage gestoßen, deren Bedeutung sich erst in der Zukunft erweisen könnte.

bb) Eine gewisse Vergleichbarkeit zeigen die in Deutschland und in Bulgarien betretenen Wege und Methoden der Privatisierung: Wie in Deutschland wird auch gemäß dem Privatisierungsgesetz in Bulgarien zunächst eine Umwandlung der staatlichen Unternehmen in verschiedene Rechtsformen des Gesellschaftsrechts, also in GmbH und Aktienge- sellschaft, vorgenommen. Inhaber der Gesellschaftsanteile bzw. Aktien ist

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auch in Bulgarien zunächst die Agentur für Privatisierung, die sodann - wie die T H A - den Auftrag hat, diese Aktien bzw. Anteile zu verkaufen.

Die erste U m wandlungsverordnung des Ministerrats (Nr. 36 vom 28.7.

1989) wurde jetzt durch das Privatisierungsgesetz verstärkt. In § 1 des Pri- vatisierungsgesetzes ist ausdrücklich festgelegt, daß die Umwandlung in

״ Handelsgesellschaften“ , also Gesellschaften des neuen Handelsgesetzes vom 16.5.19917,zu geschehen habe.

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Die daran anschließende Privatisierung bestehe sodann in der

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gung dieser Anteile auf natürliche und juristische Personen. Diese Uber- tragung ist in den A rt. 25 ff. Privatisierungsgesetz eingehender geregelt. Sie geschieht nämlich durch Verkauf solcher Anteile, ganzer Unternehmen, von Unternehmensteilen oder auch von Vermögensbestandteilen liqui- dierter Unternehmen an natürliche und juristische Personen. Diese For- mulierung differenziert also nicht zwischen Inländern und Ausländern, scheint also auch einen unbegrenzten Aktien- bzw. Anteilskauf durch aus- ländische natürliche und juristische Personen zuzulassen. Dies ist immer- hin deswegen bemerkenswert, weil in anderen ehemals sozialistischen

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Ländern an dieser Stelle Ängste laut werden, es könne auf diesem Wege eine ״ Überfremdung“ der Wirtschaft durch ausländisches Kapital eintre- ten. Wie wenig weitsichtig solche Meinungen sind, wird ohne weiteres deutlich, wenn man sich den Investitionsbedarf dieser Länder und zugleich deren Währungsstabilität betrachtet.

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Die Übertragung der Gesellschaftsanteile bzw. Aktien soll in Bulgarien auch durch Versteigerung von Aktienpaketen, öffentliche Ausschreibung oder auch einzelne Kaufverträge geschehen.

Da das bulgarische Recht insofern keine weiteren Beschränkungen

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hält, müßten also auch die in Ostdeutschland praktizierten Ubertragungs- formen und Erwerbswege zulässig sein, d.h. also auch beispielsweise ein

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Unternehmenserwerb durch Management-buy-out. Eine gewisse Ahn- lichkeit mit den noch zu Zeiten der DDR-Regierung entwickelten Vorstel- lungen über eine Vermögensbeteiligung der Unternehmensmitarbeiter über einzelne Anteilsrechte weisen die im bulgarischen Privatisierungsge- setz eingeräumten Sonderrechte (A rt. 5) für Arbeitnehmer auf, die in bis zur Höhe von 20 % des Grundkapitals Anteile in Form von stimmrechtslo- sen Namensaktien erwerben können (näheres dazu unten).

cc) Initiativen

Entsprechend den der T H A zugewiesenen Aufgaben liegt bei dieser auch die Initiative für die Durchführung der Privatisierungs-, Sanierungs- und Liquidationsverfahren. In diesem Punkt ist Bulgarien einen anderen Weg gegangen, der dem in Ungarn und der ČSFR beschrittenen nicht unähnlich ist: Anträge auf Privatisierung können nämlich neben der Agentur selbst auch der Ministerrat, die Geschäftsführer der umgewandelten GmbHs

bzw. Aktiengesellschaften, die Arbeitnehmer solcher Gesellschaften und - bei kommunalem Unternehmenseigentum - auch die Gemeinderäte der entsprechenden Kommune stellen.

Entscheidungen über Privatisierungsanträge treffen - je nach Bilanz- wert des betreffenden Objekts - die Agentur entweder allein oder (bei größeren Objekten über 200 M ill. Leva) diese zusammen mit dem M ini- sterrat.

Nicht beurteilt werden können gegenwärtig die für die Privatisierung maßgeblichen Verfahrensgrundsätze: Diese sind gemäß § 16 der ״ Ergän- zenden Bestimmungen“ zum Privatisierungsgesetz bis zum 30. Oktober

1992 zu erlassen (gewesen). Sie liegen dem Verfasser noch nicht vor.

c) Vergleich

In Ostdeutschland war der noch in der ersten Fassung des Treuhandgeset- zes enthaltene Hinweis, daß man dem Sparer ein ״ verbrieftes Anteilsrecht am volkseigenen Vermögen“ einzuräumen beabsichtige (Präambel vor § 1 Treuhandgesetz), nach Feststellung der hoffnungslosen finanziellen Situa- tion fallengelassen worden. Man hatte wohl bald erkannt, daß eine

Privati-» •

sierung durch teilweise Übertragung von Unternehmensanteilen auf die Belegschaft kein Geld in die Kasse bringt und daß diese Anteilsinhaber auch darüber hinaus keine Investitionsmittel aufzubringen in der Lage sind. Die ״ Beteiligung der Werktätigen am Unternehmensvermögen“ ist aber ein alter Traum aus sozialistischer Zeit und offenbar auch in Bulgari- en noch nicht ausgeträumt. Die den Arbeitnehmern eingeräumten Vor- zugsrechte sind ein Ausdruck davon. Doch betragen sie auch in Bulgarien nur 20% und begründen dann drei Jahre kein Stimmrecht - sie bedeuten aber 20% weniger Kapitalkraft.

4. Berechtigungen, Bevorzugungen, Benachteiligungen a) Deutschland

Erwerber von Unternehmen oder Unternehmensanteilen kann im deut- sehen Privatisierungsrecht jede natürliche oder juristische Person sein, un- abhängig von ihrer Nationalität. Nur die Restitution ist naturgemäß auf die früheren Rechtsinhaber und deren Erben beschränkt. Vorzugsrechte für Arbeitnehmer oder ähnliches sind danach nicht vorgesehen: Der gerade bei kleineren Unternehmensteilen gern praktizierte Management-buy-out führt mitunter zu ähnlichen Ergebnissen, beruht aber nicht auf einer ge- setzlichen Bevorzugung, sondern ist nur Ausdruck der freien Gestaltungs- möglichkeiten beim Anteilserwerb.

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b) Bulgarien

Wie oben schon bemerkt wurde, kann - soweit gesehen werden kann - auch nach bulgarischem Privatisierungsrecht grundsätzlich jedermann entsprechende Anteile bzw. Aktien erwerben, unabhängig von der Natio- nalität.

Einschränkungen werden aber geschaffen, um einer Wiederansamm- lung staatlichen Eigentums entgegenzusteuern, indem juristischen Perso- nen mit mehr als 50% staatlicher oder kommunaler Beteiligung gemäß A rt. 5 Abs. 4 Privatisierungsgesetz auferlegt wird, sich einen etwaigen An- teilserwerb vorher von der Agentur schriftlich genehmigen zu lassen.

Das Privatisierungsgesetz und seine ״ Ergänzenden Bestimmungen“

enthalten zudem einige in Deutschland unbekannte Verfügungsbeschrän- kungen, wie z. B. die Umwandlung befristeter Mietverhältnisse an solchen Unternehmen und deren Gebäuden in unbefristete.

Allerdings ist auch wieder eine Befristung dieses Schutzes vorgesehen, um den Erwerb nicht allzu sehr zu beengen. Bemerkenswert ist aber vor al- lem eine Regelung (§ 9 Ergänzungsbestimmungen), wonach die an der Pri- vatisierung beteiligten Erwerber eine Erklärung über die Herkunft der M ittel einzureichen haben, mit denen sie sich an der Privatisierung beteili- gen - mit Strafandrohung für unwahre Erklärungen!

Eine weitere Besonderheit ist mit dem Verkauf staatlicher und kom- munaler Unternehmen oder abgesonderter Unternehmensteile gemäß A rt. 30 ff. Privatisierungsgesetz verbunden: Danach kann das Eigentum an solchen Unternehmen oder Vermögensteilen gemäß A rt. 34 Privati- sierungsgesetz im Wege einer Kaufoption, durch Vereinbarung von Rück- kauf und Weiterverkaufsbeschränkungen, eines Ratenkaufs unter Eigen- tumsvorbehalt, aber auch unter aufschiebender oder auflösender Bedingung übertragen werden. Als Beispiele solcher Bedingungen wer- den etwa die Beibehaltung der Zweckbestimmung des Objektes, die Er- haltung von Arbeitsplätzen, die Durchführung von vereinbarten Investi- tionen, die Erzielung bestimmter Ergebnisse genannt. M it diesen Bestimmungen wird in Bulgarien offenbar versucht, Spekulationskapital oder Gelder dunkler Herkunft aus der Privatisierung fernzuhalten. Daß solches Bemühen aber schwer durchzusetzen sein wird, liegt auf der Hand.

Sicher ist freilich, daß kein ernsthafter Investor, der ein Unternehmen ja nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten strukturieren und führen möchte, sich auf derlei Einschränkungen einlassen wird. So verständlich gegenwärtig die in solchen Bedingungen ausgedrückten Befürchtungen der Arbeitnehmer der zu privatisierenden Unternehmen sein mögen - sol- che Einschränkungen können zum Teil die gegenwärtigen mißlichen Ver- hältnisse zementieren bzw. stellen den Versuch dar, auf diesem Umwege doch wieder alte Vorstellungen von Unternehmens- und Wirtschaftspla- nung einbringen zu können.

Auch in der deutschen Privatisierungspraxis werden immer wieder Zusagen über die Erhaltung von Arbeitsplätzen verlangt. Zunehmend werden solche Vereinbarungen auch noch durch Vertragsstrafen für den Fall der Nichteinhaltung abgesichert. Wie die Praxis aber ebenfalls zeigt, gibt es Schwierigkeiten bei der gerichtlichen Durchsetzbarkeit sol- cher Klauseln oder mannigfache Versuche, solche mitunter etwas eilig gegebenen Zusagen auszuhöhlen; selbstredend sind solche Zusagen dann völlig irrelevant, wenn man den betreffenden Betrieb Konkurs ge- hen läßt.

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