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Die Internationalisierung der Jugoslawien-Krise 1991/92

Die Entwicklung der Jugoslawienkrise seit 1991 hat eine bedeutende Ver- änderung zunächst der europäischen, mittlerweile auch der weltweiten, durch die Vereinten Nationen repräsentierte Haltung zur Frage der Ein- mischung in innere Angelegenheiten m it sich gebracht. Noch in der ersten Jahreshälfte 1991 wurde die sich verschärfende Auseinandersetzung in Ju- goslawien zwischen den nach Unabhängigkeit strebenden Republiken Slo- wenien und Kroatien einerseits und der jugoslawischen Bundesregierung andererseits als innere Angelegenheit dieses Mitgliedstaates sowohl der Vereinten Nationen wie auch der KSZE angesehen. A rt. 2 (7) der VN- Charta wie auch die Prinzipien der Schlußakte von Helsinki untersagten unmißverständlich jegliche Einmischung in diesen K onflikt.

Genau drei Monate nach der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens am 25.Juni 1991 beschloß der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 25.September seine Resolution 713 (Text Europa-Archiv 21/1991, S.D 550), die u.a. ein Waffenembargo über Jugoslawien wegen des Kon- flikts in diesem Lande verhängte. Binnen dieser Zeit hatte sich die An- schauung dieses Konflikts international so weit verändert, daß ein Ein- wand, es handele sich um eine innere Angelegenheit, nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden konnte.

Den Weg zu einer Einschaltung der Vereinten Nationen hat entschei- dend das Handeln der KSZE gebahnt. Einen ersten wichtigen Schritt unternahm die KSZE bei der ersten Tagung des durch die Charta von Paris neugeschaffenen Rats der Außenminister in Berlin am 19. Juni 1991 unmittelbar vor dem bewaffneten Eingreifen der jugoslawischen Volks- armee in Slowenien am 27.Juni 1991. Bei der KSZE-Ratstagung zeichnete sich die drohende Verschärfung der Krise schon ab. Der Rat konnte an diesem K onflikt nicht Vorbeigehen. Dennoch war die durch Prinzip V I der Schlußakte von Helsinki gezogene Grenze, das Verbot der Einmischung in innere Angelegenheiten, nur dadurch zu überwinden, daß die jugoslawische Regierung selbst davon über- zeugt werden konnte, das Thema auf die Tagesordnung des Rates zu bringen. Die Erklärung des Rates vom 19.Juni 1991 (Text: Europa- Archiv 14/1991 S. D 355) vermerkt demgemäß, daß der jugoslawische Außenminister den Rat über die Entwicklung in Jugoslawien inform iert habe. Die damalige jugoslawische Regierung entschloß sich, diesen Weg

zu beschreiten, weil sie sich in ihrer schwierigen innenpolitischen Ausein- andersetzung mit den konfliktbereiten Kräften im Lande Unterstützung von der KSZE-Gemeinschaft erhoffte. Die KSZE-Auí3enminister be- kündeten in der zitierten Erklärung demgemäß auch ihre ״ freundschaft- liehe Besorgnis und Unterstützung im Hinblick auf die demokratische Entwicklung, die Einheit und territoriale Integrität Jugoslawiens“ . Zugleich unterstrichen sie, ״ daß es allein den Völkern Jugoslawiens obliegt, über die Zukunft des Landes zu entscheiden“ . Die Möglichkeiten für einen Dialog zwischen den beteiligten Parteien seien noch nicht erschöpft.

Schon Ende Juni 1991, nach den Unabhängigkeitserklärungen Sloweni- ens und Kroatiens, wurden die Forderungen vor allem in Deutschland drängender, die Unabhängigkeit dieser Staaten anzuerkennen. Die beiden im Kampf stehenden Republiken drängten selbst darauf in der Hoffnung, hierdurch international Unterstützung, gegebenenfalls auch durch Sank- tionsentscheidungen des VN-Sicherheitsrates zu gewinnen. Die Vereinten Nationen hielten sich aber wie einst beim Sezessionsversuch Biafras in Ni- geria betont zurück.

Nach der KSZE-Ratstagung, aber noch vor der Unabhängigkeitser- klärung, hatten die EG-Außenminister am 23. Juni erklärt, ״ daß es seitens der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten keine Anerkennung eines einseitigen Souveränitäts- bzw. Unabhängigkeitsaktes eines oder mehre- rer jugoslawischer Republiken geben werde“ . An der Einheit Jugoslawi- ens wurde hier wie beim KSZE-Rat deutlich festgehalten.

M it dem Ausbruch des offenen militärischen Konflikts gerieten die KSZE-Teilnehmerstaaten unter Handlungsdruck. In Berlin hatten sie ge- rade eben den Dringlichkeitsmechanismus geschaffen (Text: Europa-Ar- chiv 14/1991 S. D 358 ff.), durch den 13 Staaten auch gegen den Willen der Betroffenen eine Sitzung des durch die Charta von Paris neugeschaffenen Ausschusses Hoher Beamter ( A H B ) binnen kurzer Zeit einberufen konn- ten. Die erste Dringlichkeitssitzung fand am 3./4.Juni 1991 in Prag statt.

Entscheidungen des A H B waren an das Konsensprinzip der KSZE gebun- den. Im Gegensatz zur Einberufung der Sitzung bedurfte es im weiteren der Zustimmung Jugoslawiens.

Diese war nicht leicht zu erhalten. Die Verhandlungen des A H B gestal- teten sich schwierig und wurden lange aufgehalten, weil der Abstimmungs- prozeß in Belgrad, wie weit man dem Druck der KSZE-Staaten nachgeben wollte, sich hinzog. Zugleich wurde deutlich, daß die jugoslawische Regie- rung gänzliche Isolierung scheute. So war das Ergebnis des 1. Dringlich- keits-AHB ein Kompromiß zwischen dem Versuch der KSZE-Staaten, auf die Krise in Jugoslawien einzuwirken, und dem jugoslawischen Bemühen, dies möglichst abzuwehren. Das veröffentliche Kommunique (Text: Euro- pa-Archiv 21/1991 S. D 435 ff.) macht dies deutlich.

Der A H B versuchte, zwischen den streitenden Parteien durch die Ent- sendung einer Mission der guten Dienste den politischen Dialog zu erleich- tern, weil es vor allem nötig erschien, den Kampf zu beenden und die Ver- handlungen zwischen den Parteien über eine bessere Verfassungsordnung (nach Vorstellung der KSZE-Staaten immer noch) für das ganze Jugosla- wien zu kommen. Die jugoslawische Seite hielt sich diese Mission durch die von ihr verlangte Formel ״ wenn und sobald sie von Jugoslawien angenom- men worden ist“ fern. Die Zustimmung wurde auch später nie erteilt, so daß es nicht zu der Mission der guten Dienste kam. Der Vermittlungsver- such wurde Ende August in anderer Form durch die sog. Carrington-Kon- ferenz in die Wege geleitet.

Gleichwohl wurde beim 1. D ringlichkeits-AH B bei der Regelung der

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(später so genannten) Überwachungs-Mission nach Jugoslawien ein erster über die Rats-Erklärung vom 19. Juni hinausgehender Schritt unternom- men, der der KSZE die Befassung mit dem Jugoslawien-Konflikt auch wei- terhin ermöglichte. Zum einen vertagte sich der A H B nur, indem er be- schloß, daß ein zusätzliches Treffen vom Vorsitzenden einberufen werden könnte, ohne daß es also noch einmal der Prozedur für den Dringlichkeits- mechanismus bedurfte. Damit tagte der A H B zum Jugoslawienthema seit- dem praktisch in Permanenz. Zum anderen forderte der A H B (״ Mission nach Jugoslawien“ ) die volle Durchführungeiner Waffenruhe durch alle ju- goslawischen Beteiligten (und) Rückkehr aller bewaffneten Einheiten an ihre früheren Standorte. Damit wurden die Parteien des inneren Konflikts gleichrangig angesprochen. Ebenso begrüßte der A H B die EG -Initiative für eine Beobachtermission zur Stabilisierung der Waffenruhe, die am 7. Juli 1991 in Brioni zwischen der EG und Jugoslawien vereinbart wurde.

In dem Brioni-Abkommen vom 7.Juli 1991 (Text: Europa-Ar-chiv 21/1992 S.D 537) wird die Internationalisierung des Konflikts einen Schritt weiter geführt. Zwar fand das Treffen auf Einladung der jugoslawi- sehen Regierung zwischen der Ministerebene der EG und Vertretern aller Parteien der jugoslawischen Krise statt. Aber es heißt auch, daß die EG- Troika geeignete Bedingungen für friedliche Verhandlungen zwischen al- len Parteien schaffen sollte, wodurch alle schon auf gleicher Ebene stehend behandelt werden. Weiter heißt es, in Jugoslawien sei eine neue Lage ent- standen, die . . . Verhandlungen zwischen verschiedenen Parteien erfor- dert. Schließlich wird bis zum 1. August 1991 eine Frist gesetzt für die Aufnahme von Verhandlungen ohne Vorbedingungen über alle Aspekte der Zukunft Jugoslawiens. Auch wenn hier noch einmal die territoriale Unversehrtheit im Sinne des ganzen Jugoslawiens genannt wird, so bleibt auch das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das die Unabhängigkeitser- klärungen Sloweniens und Kroatiens stützt, nicht unerwähnt.

Die wiederaufgenommene Dringlichkeitssitzung des A H B vom 8./9. August 1991 führte die Entwicklung wieder einen Schritt weiter.

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(Text: Europa-Archiv 21/1991 S. D 541 f.). Die neuerliche Sitzung wurde erforderlich durch den Fortgang des Krieges im Lande. Der A H B forderte ultimativ die Aufnahme der Verhandlungen zwischen den Konfliktpartei- en über die Zukunft Jugoslawiens bis zum 15. August 1991. Der A H B ver- suchte vergeblich, diese Verhandlungen selbst in Gang zu setzen. Hierzu verweigerte die jugoslawische Delegation ihre Zustimmung. Sie versprach aber, die Verhandlungen bis zu dem genannten Datum aufzunehmen. Die serbische Seite erfüllte diese Zusage nicht. Daher kam es am 27. August

1991 zu einer außerordentlichen EPZ-Ministertagung in Brüssel, bei der die EG eine Frist bis zum 1. September für den Beginn einer Friedenskon- ferenz setzte. Sie drohte an, die Konferenz notfalls auch nur mit denjeni- gen Konfliktparteien durchzuführen, die dazu bereit seien. (Text: Europa- Archiv 21/1991 S. D 543 f.) Unter der Drohung, daß eine Konferenz notfalls ohne Serbien zu einer Anerkennung der abtrünnigen Republiken führen könnte, lenkte Serbien ein. Zum 1. September wurde die Friedens- konferenz nach Den Haag einberufen.

Bei der AHB-Sitzung vom 8./9. August war die Internationalisierung des Konflikts auch inhaltlich ־bedeutend vorangetrieben worden. Zwar gelang es diesmal noch nicht, gegen jugoslawischen (serbischen) Wider- stand durchzusetzen, was in der folgenden Dringlichkeitssitzung vom 3./4. September (Text: Europa-Archiv 21/1991 S. D 546) mit folgenden Worten ausgedrückt wurde: ״ Der A H B betont, daß keine gewaltsam her- beigeführten territorialen Gewinne oder Veränderungen innerhalb Jugo- slawiens hingenommen werden können“ . Am 4. September wurde das Gewaltverzichtsprinzip der Schlußakte von Helsinki nicht nur für Völker- rechtlich anerkannte Staaten für anwendbar gehalten, sondern auch für ei- nen Konflikt zwischen Gliedstaaten. Damit erhielten die innerstaatlichen Grenzen Jugoslawiens völkerrechtliche Relevanz.

Um die Anerkennung der Verbindlichkeit der Prinzipien der Schlußak- te von Helsinki war seit Beginn der Befassung der KSZE mit der Jugosla- wien-Krise gerungen worden. In der Sitzung vom 8./9. August 1991 kam der A H B einer solchen Aussage schon beträchtlich nahe, indem es dort hieß (Text: Europa-Archiv von S. D 541 ), der A H B fordert die betroffenen Parteien auf, auf der Grundlage aller im KSZE-Prozeß vereinbarten Grundsätze und Verpflichtungen eine friedliche Regelung anzustreben und sich jeglicher Anwendung von Zwang und G ew alt. . . zu enthalten, die das Ergebnis der Verhandlungen . . . präjudizieren könnten. Noch deutli- eher erklärte der A H B , daß die Anwendung von Gewalt zur Erreichung politischerZiele unzulässig sei.

Der Unterschied zwischen dem August- und September-Ergebnis des A H B ergab sich aus dem nach dem 27. August auf Jugoslawien (Serbien) ausgeübten Druck der EG. Als Serbien ernstlich seine Isolierung fürchten mußte, stimmten die jugoslawischen Vertreter im A H B der Aussage zu,

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daß KSZE-Prinzipien auch für den ursprünglich innerstaatlichen K onflikt Anwendung finden.

Die Eröffnungserklärung der Haager Konferenz vom 7. September (Europa-Archiv 21/1991 S. D 547f.) wiederholte die Aussage des A H B vom 04. September noch einmal: ״ W ir versuchen, daß wir eine friedliche Lösung anstreben, die sich auf alle im KSZE-Prozeß vereinbarten Grundsätze und Verpflichtungen stützt“ .

M it dem am 3. September 1991 erzielten Durchbruch des A H B wurde es nun auch möglich, die Vereinten Nationen in die Jugoslawienkrise einzu- schalten. M it Rücksicht auf das Einmischungsverbot bezüglich innerer Angelegenheiten des A rt. 2 (7) der VN-Charta hatte es bis dahin keine aus- reichende Unterstützung im Sicherheitsrat für dessen Tätigwerden gege- ben, zumal Jugoslawien als Vorsitzland der Blockfreienbewegung lange auf das Wohlwollen der Drittweltstaaten einschließlich China und nicht zuletzt auch der Sowjetunion rechnen konnte.

Die Haltung der Sowjetunion in den Vereinten Nationen änderte sich nach dem Fehlschlag des Putsches vom 19. August 1991. Die anderen Staa- ten gaben ihren Widerstand gegen eine Befassung des Sicherheitsrates auf, nachdem durch das Wirken des KSZE und der EG sich der Charakter des Konflikts soweit gewandelt hatte, daß KSZE-Regeln anwendbar wurden.

Wesentlich für die Einschaltung des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen war letztlich, daß sich Jugoslawien selbst damit einverstanden erklärte.

Der UN-Sicherheitsrat weist in seiner ersten Resolution vom 25. Septem- ber 1991, die sich mit Jugoslawien befaßt (SR-Resolution 713, Europa-Ar- chiv 21/1991 S. D 550 ff.), ausdrücklich auf die vorausgegangene Entwick- lung hin: ״ unter Hinweis auf die in der Charta der Vereinten Nationen verankerten diesbezüglichen Grundsätze und in diesem Zusammenhang im Hinblick auf die Erklärung der Teilnehmerstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vom 3. September 1991,derzu- folge durch Gewalt herbeigeführte Gebietsgewinne oder -Veränderungen innerhalb Jugoslawiens nicht akzeptabel sind“ .

Nur zögernd und nur unter Druck hatte Jugoslawien (Serbien) inner- halb der KSZE, wo ja wegen des Konsensprinzips seine Zustimmung er- forderlich war, und schließlich auch in den Vereinten Nationen der fortschreitenden Internationalisierung des Konflikts zugestimmt. Die Durchführung der Haager Konferenz unter maßgeblichem Einfluß der EG war ein weiterer Schritt zur internationalen Regelung des Jugosla- wienkonflikts. Seit Beginn der Konferenz am 7. September unternahm Serbien alles, um sich der aktiven Mitarbeit an ihr zu entziehen und statt dessen weitere gewaltsame territoriale Veränderungen anzustreben.

Die EG-Außenminister reagierten hierauf mit der Erklärung von Haar- zuilensvom 6. Oktober 1991 (Text: Europa-Archiv 21/1991 S. D 555 f.). Sie verstärkten den Druck auf Serbien durch die Aussage, ״ daß eine politische

Lösung im Hinblick auf die Anerkennung der Unabhängigkeit derjenigen Republiken, die dies wünschen, gesucht werden sollte, und zwar am Ende eines Verhandlungsprozesses, der in gutem Glauben geführt wird und alle Parteien einbezieht“ .

Auch wenn Jugoslawien (Serbien) die internationale Konferenz hinneh- men mußte, versuchte es dennoch, jedenfalls verbal die Version eines in- ternen Konflikts aufrecht zu erhalten. So wurde - mit konsensbedingter Zustimmung Jugoslawiens - gesichtswahrend im Kommunique der 4. AHB-Sitzung zu Jugoslawien am 10. Oktober 1991 (Text: Europa-Ar- chiv 21/1991 S. D 556ff.) von einem ״ nicht internationalisierten bewaffne- ten K o n flik t“ gesprochen. Tatsächlich aber blieb auch diese AHB-Sitzung nicht mehr hinter dem bereits erreichten Stand zurück. Sie nahm vielmehr die EG-Formel vom 6. Oktober über die intendierte Unabhängigkeit der Gliedstaaten des zerfallenden Jugoslawien auf.

Die Carrington-Konferenz erarbeitete in der Folgezeit einen Lösungs- Vorschlag für das Jugoslawienproblem, der von allen Beteiligten mit Aus- nähme Serbiens angenommen wurde. Serbien weigerte sich insbesondere, für die Regelung der Minderheitenfrage für sich gleiche Pflichten zu ak- zeptieren, die es hinsichtlich der Serben in Kroatien und Bosnien-Herze- gowina forderte. Darüber erreichte die Carrington-Konferenz im Dezem- ber 1991 den toten Punkt.

Unter dem Eindruck des sich verschärfenden Krieges in Kroatien, als die Bilder von der sinnlosen Zerstörung Vukovars und Dubrovniks die Welt empörten, erhöhten die EG-Außenminister den Druck auf Serbien, das unter dem Schirm der Carrington-Konferenz vollendete Tatsachen im Kriege schaffen wollte. Der serbische Versuch, alle von Serben bewohnten Gebiete Kroatiens in ein Großserbien einzugliedern, konnte nur durch die internationale Anerkennung Kroatiens (und Sloweniens) abgewehrt werden, nachdem deutlich geworden war, daß Serbien den Konferenzweg zur Lösung des Jugoslawienproblems nicht in gutem Glauben begehen wollte.

Die EG-Außenminister öffneten den Weg zur Anerkennung mit den von ihnen am 16. Dezember 1991 verabschiedeten Richtlinien für die An- erkennung neuer Staaten in Osteuropa und in der Sowjetunion (Text: Eu- ropa-Archiv 3/1992 S. D 120f.). Für die Anerkennung der jugoslawischen Republiken zogen sie in einer Erklärung vom gleichen Tage (Europa-Ar- chiv a.a.O.S.D 121) die Schlußfolgerung. Danach sollte die Unabhängig- keit all jener jugoslawischer Republiken anerkannt werden, die alle von der EG aufgestellten Bedingungen erfüllten. Das erforderte die Er- klärung, ob sie die Anerkennung der Unabhängigkeit wünschten und ob sie die Verpflichtungen der beschlossenen Richtlinien vor allem betreffend Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte sowie Unverletz- lichkeit aller Grenzen und friedliche Streitregelung akzeptierten. Außer­

dem sollten sie die Bereitschaft zur Annahme der Grundsätze des Carring- ton-Entwurfs für die friedliche Regelung des Jugoslawien-Konflikts er- klären.

A u f der Grundlage dieses EG-Beschlusses kam es seit dem 15. Januar 1992 zur Anerkennung Kroatiens und Sloweniens durch alle EG-Staaten und ihnen sehr bald folgend durch die überwiegende Zahl der európai- sehen Staaten. Kroatien, Slowenien wurden am 23. März 1992, Bosnien- Herzegowina am 30. A p ril 1992 Mitgliedstaaten der KSZE und alle drei wurden gemeinsam am 22. Mai 1992 in die Vereinten Nationen aufgenom- men. Damit waren sie endgültig als gleichberechtigte Staaten etabliert.

Die Entwicklung der Krise führte innerhalb eines Jahres im Ergebnis dazu, daß ein Konflikt, der anfangs vor allem als interne Angelegenheit Ju- goslawiens gesehen wurde, durch das entschlossene Insistieren der Teil- nehmerstaaten der KSZE auf Beachtung der Prinzipien der Schlußakte von Helsinki zu einem internationalen K onflikt wurde, in den sich dann auch die Vereinten Nationen einschalteten.

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Deutsches R otes Kreuz, Bonn

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