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Ursprungsrekonstruktion mittels morphologischer Merkmalsstrukturen

Trennpuffersysteme Quellen Gewebe physik. Bedingungen

4. Ergebnisse der morphologischen Studien

4.3. Mathematische Betrachtungen zur provenienztypischen Strukturierung morphologischer Merkmale

4.3.2. Ursprungsrekonstruktion mittels morphologischer Merkmalsstrukturen

Zur Beantwortung der Eingangs diesen Kapitels gestellten zweiten Frage wurde die entsprechenden Arbeitsschritte an einem um die Variable „Hellbraun“ sowie um die badischen Altdouglasienbestände erweiterten Gesamtdatensatz vorgenommen. Wie die Tabelle 4-4 zeigt, ergeben sich nun drei Faktoren mit Eigenwerten über „1“, welche immerhin nahezu 80% der Gesamtvarianzen des Datensatzes erklären können.

Es wurden jedoch die ersten fünf Faktoren für die weiteren Schritte herangezogen (vgl. Kapitel 3.2.2.).

2hoher Anteil von „kegelförmig“ nur bei K08, Darrington ! 0

K11 K10 K08 K06 K02 K04 K05 K03 K07 K01 K09

5 10 15 20 25

Kaskadenrdl. InlandInsel Vancouver

rdl. Pazifik- Küste

Rescaled Distance Cluster Combine

Population

Ursprungsgebiet

Tab. 4-4: Faktoranalyse des Gesamtdatensatzes: Verwendete Variablen sowie Eigenwerte und Erklärungsfähigkeit der extrahierten Faktoren

Variable Faktor-Nr. Eigenwerte Anteil an Gesamt-varianz [%]

kummulativer Anteil d. Var.

[%]

braun 1 2,65128 37,9 37,9

dkbraun 2 1,65302 23,6 61,5

eispitz 3 1,25336 17,9 79,4

gedrungen 4 0,88778 12,7 92,1

hellbraun 5 0,55456 7,9 100

kegelfrömig 6 0 0 100

h.rotbraun 7 0 0 100

Den Zusammenhang mit den „Ursprungsvariablen“ erläutert die Tabelle 4-5, welche die Faktorladungen der jeweiligen Eigenvektoren auflistet.

Tab. 4-5: Rotierte Faktormatrix des Gesamtdatensatzes inklusive badischer Altbestände:

Eigenvektoren der extrahierten Faktoren

Variable Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3 Faktor 4 Faktor 5

braun -,13427 -,82556 -,06132 -,53354 -,10954

dkbraun -,17497 -,02042 ,04804 ,97032 -,15855

eiförmig-spitz -,83285 -,22948 -,49261 ,09075 -,05288

gedrungen -,03033 ,03371 ,99543 ,05798 -,06076

hellbraun ,08910 ,16062 -,05672 -,12630 ,97319

kegelförmig ,88962 ,20795 -,36375 -,14555 ,10875

h.rotbraun ,29590 ,88588 ,02588 -,31030 ,17521

Bezeichnung: Pazifik-Faktor (nördl.

Küste)

Allgem.Viridis Faktor

Inlandsfaktor BC-Faktor Südlicher Küsten Faktor

Betrachtet man die Eigenvektoren der Faktoren, so stellt man jeweils zwei bis drei dominierende Variablen fest, welche hohe Faktorladungen aufweisen. Lediglich der Faktor fünf verfügt über nur eine enge Korrelation, und zwar mit der Variablen „hellbraun“. Er wird im Analogieschluß aus den in Kapitel 4.1. bezeichneten Gründen3 daher als „Südlicher Küstenfaktor“ bezeichnet. Dies geschieht an dieser Stelle ohne geographische Präzisierung, da der Farbton nur im fraglichen Material und nicht in Referenzherkünften vorliegt. Die

3 Farbe Hellbraun vom Verfasser an Var. glauca (südl. Inlandsvorkommen) häufig beobachtet; vgl. S. 74.

Bezeichnung ist somit für Abkömmlinge von Küstenpopulation zu verstehen, deren Habitat südlich von dem der hier vertretenen Vergleichsprovenienzen liegt.

Wie bereits bei der rotierten Faktormatrix aus dem Datensatz der Vergleichsprovenienzen (Tab. 4-3), zeichnet sich der Pazifik-Faktor durch eine enge, positive Korreleation mit der Variablen „kegelförmig“ sowie durch eine negative mit der Variablen “eiförmig-spitz“ aus. Auch der „Viridis-Faktor“ verfügt über einen vergleichbaren Eigenvektor wie in Tabelle 4-3, wobei sich bei beiden Faktoren eine Stabilisierung der jeweils wichtigsten Korrelationen ergibt. Beim Inlandsfaktor zeigt sich nun eine eindeutige Korrelation mit dem Merkmal „gedrungen“; die Faktorladung der Variablen „eiförmig-spitz“ hat sich abgeschwächt, die von

„kegelförmig“ verstärkt. Dies gilt ebenfalls für den BC-Faktor, der mit der Variablen „hellrotbraun“ hier über eine dritte bedeutende Faktorladung verfügt (Tab. 4-5).

Die Eigenvektoren der Faktoren entsprechen damit weitgehend denen des Vergleichsdatensatzes, woraus eine ähnliche Gruppierung der Stichproben wie in der vorangegangenen Clusteranalyse dann erwartet werden kann, wenn

a) die Merkmalskombinationen der Populationen unbekannter Abstammung unabhängig vom neuen Standort ausgeprägt werden und wenn

b) eine enge Verwandtschaft zu den Vergleichsprovenienzen besteht und / oder

c) die Variation der gewählten Merkmalskombinationen in relativ engen Grenzen erfolgt.

Da die Anzahl der Populationen um 63 % im Datensatz erhöht wird, wäre beim gänzlichen Fehlen ähnlicher Merkmalskombinationen eine starke Änderung der Eigenvektoren zu erwarten. Im vorliegenden Fall bleibt sogar der Erklärungswert des „Viridis-Faktors“ mit 23% der Gesamtvarianzen unverändert (Tab. 4-2, 4-4), lediglich die Faktoren „Inland“ und „BC“ verlieren an Bedeutung, während der Pazifikfaktor nun zum bedeutendsten Faktor aufsteigt. Hieraus kann gefolgert werden, daß ein relativ hoher Anteil der fraglichen Populationen ähnliche Merkmalskombinationen wie die Gruppe um K01 und K07 zeigt und diese Gruppe verstärkt wird. Die Annäherung in der Bedeutung der Faktoren „Inland“ und „BC“ (vgl. Tab. 4-2, 4-4), läßt eine ausgeglichene Gruppenstärke erwarten. Dies erfordert zumindest die Auffüllung der Gruppe um K09 und K06.

Die Abbildung 4-6 zeigt das Ergebnis der hierarchischen Clusteranalyse des Gesamtdatensatzes. Zunächst kann festgestellt werden, daß die Gruppierung der Referenzprovenienzen entsprechend der Grundstruktur von Abbildung 4-5 erfolgt. Weiterhin ist die aus der Faktoranalyse erwartete Erweiterung der Gruppen „Nördliches Inland“ um den Bestand B06 (Heidelberg) sowie die Clusterung der Bestände B01, B05 und B07 mit der Gruppe der Pazifik-Provenienzen zu beobachten. Die Fraser-Provenienz K03 wird in diesem größeren Datensatz erwartungsgemäß mit gewissem Abstand zu der Gruppe der Inlandsdouglasien gestellt. Die Bestände B04, B03 und B02 zeigen sich als separate Gruppe, auf hohem Abstandsniveau von den übrigen Populationen und Beständen deutlich getrennt.

Die Obergruppe der „östlichen“ Provenienzen (vgl. Abb. 4-5) wird auch hier aufgebaut (Abb. 4-6). Dabei bleibt die Cascaden-Gruppe unverändert, der Abstand zur erweiterten Inlandsgruppe erhöht sich allerdings. Eine zweite Obergruppe der „nördlichen“ Provenienzen wird nun gebildet, welcher die unveränderte Gruppe der Populationen der Insel Vancouver angehört. Auf leicht verringertem Abstandsniveau clustern

Abb. 4-6: Dendrogramm der Clusterung des Gesamtdatensatzes auf der Basis faktoranalytisch kombinierter morphologischer Merkmalsmuster Erläuterungen im Text

hier zwei getrennte Gruppen von Pazifik-Populationen: Es sind dies auf kleinem Abstand K07 und B01 sowie untereinander mit weiterem Abstand die Provenienz K01 und die Bestände B07 bzw. B05.

Einzelheiten zu den Ähnlichkeiten in der Ausprägung der morphologischen Strukturen zwischen den badischen Altbeständen sowie den Vergleichsprovenienzen wurden in Kap. 4.2. eingehend erörtert. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.

0

K10 K08 K09 K06 K03 K02 K04 K05 B06

K07 B01 B07 B05 K01 B04 B03 B02

5 10 15 20 25

K11

Kaskaden

Rescaled Distance Cluster Combine

Population

Ursprungsgebietrdl. InlandInsel Vancouverrdl. Pazifik-Küste

dl. Pazifik- Küste

Abb. 4-7: Beispiele von Formen der Endknospe bei der Küstendouglasie: links eiförmig spitz (FA Freiburg-Stadt), rechts kegelförmig (FA Staufen).

4.4. Diskussion

Obwohl die allgemeine Botanik zunehmend auch morphologische Merkmale quantitativ analysiert, um Unterschiede innerhalb und zwischen Taxa zu verifizieren (EHRENDORFER 1991), wird diese Methode in der Forstbotanik wenig eingesetzt. Die Arbeit von AAS und Kollegen über die geographische Variation der Nadelmorphologie bei der Weißtanne demonstrierte hier das Potential, Brücken zu älteren, morphologisch descriptiven Studien aufzubauen (AAS et al. 1994). Dabei muß eine Merkmalsausscheidung, wie sie in Kap.

3.1.1. erfolgte, zwei Kriterien Rechnung tragen: Die Bandbreite der vorliegenden Variation muß erfaßt werden und geeignete Übergangsgestalten zur Verknüpfung zwischen unähnlichen Formen (botanisches Stetigkeits-Kriterium: SITTE 1991) müssen definiert werden. Die notwendige Aggregation auf wenige Haupttypen darf beide Kriterien nicht verletzten.

Im vorliegenden Fall haben sich die gewählten Form- und Farbtypen bewährt. Das Ausscheiden von Zwischentypen erleichterte die Entscheidung der Zuordnung der Individuen sowie die spätere Interpretation der Ergebnisse. Ebenfalls bewährt hat sich die quantitative Beschreibung der beobachteten Variation innerhalb einer Population in Form prozentualer Anteilstrukturen, trotz der mathematischen Besonderheiten4 solcher Datensätze. Die Verwendung jungen Pflanzenmaterials läßt eine gewisse Unsicherheit in der Datengewinnung befürchten. Wie der Vergleich der Ergebnisse zwischen den Herkünften K01 und K07 zeigt, finden sich innerhalb eines Teilareals jedoch weitgehend übereinstimmende Merkmalsstrukturen (Abb. 4-3), woraus ein Einsatz dieser Methode bereits in einem frühen Stadium abgeleitet werden kann. Auch Untersuchungen der Knospen-Phänologie an frei abgeblühten Nachkommenschaften von P. menziesii unter verschiedenen Umweltbedingungen ergaben Unterschiede zwischen Altersstadien lediglich im Bezug auf den Knospenbildungszeitpunkt, nicht jedoch bezüglich des Austriebszeitpunktes (LI & ADAMS 1993), welcher durch Form und Farbe der Knospen unterschiedlich beeinflußt werden kann (s.u.).

4 I.e. gegenseitge Abhängigkeit der Variablen bei fehlender Normalverteilung.

Die in der Faktoranalyse extrahierten Faktoren lassen sich sehr gut erklären, wodurch dieser oft vernachlässigte Analyseschritt als gelungen bezeichnet werden kann (BÜHL & ZÖFEL 1996). Form- und Farbstrukturen der Populationen mit jeweils drei bzw. vier Variablen werden dabei auf nur fünf Faktoren reduziert. Durch die jeweiligen Faktorladungen kann die Wirkung der Variablen abgeschätzt werden (HARTUNG & ELPELT 1989).

Die hohen und eindeutigen Ladungen von „dunkelbraun“, „hellbraun“ sowie „gedrungen“ (vgl. Tab. 4-5) weisen diese Variablen als „diskriminierende“ Faktoren aus, während die teilweise geringere, mehrfache Ladung der Variablen „hellrotbraun“ und „eiförmig-spitz“ diese als verbreitete und in weiten Bereichen schwankende Merkmalsausprägungen entlarvt. Insgesamt laden alle Variablen zumindest einmal auf einen Faktor hoch, d.h. mit Werten über |0,826| (vgl. Tab. 4-5), - ein weiteres Indiz für die Eignung als Descriptoren.

Betrachtet man die Ausführungen in Kapitel 2.5. im Zusammenhang mit den Ergebnissen der in der vorliegenden Arbeit gebildeten morphologischen Strukturen, so werden weitere Erklärungen für bestimmte botanische Beschreibungen offenbar. MAYR hat beispielsweise seine Erfahrungen u.a. im Jahre 1885 auf einer Reise mit der 1883 (!) fertiggestellten „North Pacific Railway“5 gewonnen (vgl. MAYR 1906, S. 40 ff.). Von der Ostküste kommend, hat er die nördliche Inlandsdouglasie zuerst gesehen6, welche in den vorliegenden Stichproben (K06, K09) über unterschiedliche Anteile dunkelbrauner und brauner Merkmalsträger verfügt.

Auch in der anschließend besuchten Kaskaden-Region überwiegt ein Braunton in der Färbung der Douglasienknospen. (vgl. Abb. 4-3). Auf der Rückreise aus Japan im Jahre 1887 betreibt er dendrologische Studien in Süd-Kalifornien und unterscheidet von da an zwei Arten der heute als P. menziesii bezeichneten Art, nämlich P. douglasii und P. glauca (MAYR 1901). Das Areal der ersteren ist deckungsgleich dem der heute als Var. viridis bekannten Form, während er für die zweite Art das Vorkommen „vom britischen Territorium7 bis nach Mexiko“ angibt (MAYR 1901), welches dem der Inlandsdouglasie entspricht. Die Reisebeschreibungen lassen den Schluß zu, daß Mayr die Inlandsdouglasie lediglich in der Region um den Pend Oreille-See in Idaho (s.o.) in ihrem natürlichen Areal gesehen hat (MAYR 1906, S. 51). Dies wird durch die Tatsache gestützt, daß MAYR beim wichtigsten und auffälligsten Merkmal, der relativen Länge und Stellung der Brakteen (vgl. Kap.

2.5.1.), auf Beschreibungen von SARGENT8 zurückgreift (MAYR 1906, S. 405). Beim Besuch der Wälder hätte er unzweifelhaft dieses selbst bemerken müssen. So sind seine Unterscheidungen von drei Formen der „Art“ P.

glauca offensichtlich auf andere Studien, etwa im Versuchsgarten zu Grafrath, zurückzuführen. Schließlich berichtet MAYR von im Wuchs erheblich kümmernden Inlandsdouglasien des dortigen Versuchsgartens, welche noch nicht geblüht hatten (MAYR 1906, S. 405).

Da nach FROTHINGHAM (ders. 1909) bis 1870 das Saatgut für Europa hauptsächlich aus dem Nordwesten der USA stammte, ist es nicht verwunderlich, wenn sich in deutsch-sprachigen, dendrologischen Publikationen die Farbtöne „(Rot-)braun“ bzw. „Kastanienbraun“ immer wieder finden. Wie die Darstellung 4-3 zeigt, dominieren die dunkleren Brauntöne im nördlichen Areal der Douglasie, d.h. im Inland, auf Vancouver und im Bereich der Kaskaden. An dieser Stelle muß bereits angenommen werden, daß die erwähnte abweichende Farbbeschreibung (Hellbraun) von MITCHELL (1974) auf die Verwendung anderer Ökotypen in britischen Arboreten zurückzuführen ist.

Dieser Schluß gilt für die Analysen der Knospenformen ebenfalls. Wie die Abbildung 4-3 verdeutlicht, treten die Merkmalsträger der einzelnen Knospenformen in unterschiedlichen Häufigkeiten in den jeweiligen Populationen auf, wobei in den Regionen von Vancouver und den Kaskaden die „eiförmig-spitzen“ Knospen

5 STIER et al. 1972, S. 133

6 „Tritt man von Osten her (...) in das Gebirge ein, so erscheint (...) ein Wald, der (...) Erinnerungen an (die) europäischen Alpen wachruft. Die Lärchen (...) leuchten in goldgelber, herbstlicher Färbung aus dem dunklen Grün der Douglasien hervor;“ (MAYR 1906, S. 40-41).

7 Anm. d. Verf.: gemeint ist British Columbia in Canada.

8 SARGENT 1898

überwiegen. Die Kegelformen überwiegen im Bereich der Pazifikküste. Setzt man, in Übereinstimmung mit obigem Befund, auch hier eine Beschaffung das Saatgutes für die Arboreten aus dem Nordwesten des Verbreitungsgebietes der Douglasie voraus, so erklären sich die botanischen Beschreibungen der Küstendouglasie in der deutschsprachigen Literatur von den Anfängen bis in die Gegenwart. Dabei stehen die Werke von SAINT-PAUL (1901) bis SCHÜTT und Mitarbeiter (dies. 1984) für die Nennung der „Eiform“, das von H (1895) für die Kegelform sowie das von KRÜSSMANN ( 1972) für die „Eikegelform“. Eine

„Spindelform“ wurde in der vorliegenden Arbeit nicht unterschieden, wohl aber eine synonyme Zwischenform

„langgestreckt-kegelförmig“, welche in der vorliegenden Arbeit unter die Formenklasse „kegelförmig“

subsummiert wurde. Diese trat bei den Herkünften K01 und K07 mit Häufigkeiten von 3,5% bis 34% sowie mit Häufigkeiten zwischen 3,5 und 17% bei badischen Beständen (B04 bzw. B02, B03) auf. Es ist nicht auszuschließen, daß Träger dieses Merkmales in anderen Provenienz als den hier untersuchten in größeren Häufigkeiten beobachtetet werden können. Erst nach der Publikation von MITCHELL (ders. 1974), welcher die Spindelform erwähnt, wird diese Beschreibung auch in der deutschen Literatur9 verwandt (FITSCHEN 1987, SCHÜTT et al. 1992). Die Verwendung anderer Ökotypen in den Sammlungen der britischen Arboreten wäre somit eine Erklärung für die abweichende Beschreibung. Es ist also auch aus den Studien an diesem Merkmal zwingend eine Ausdehnung morphologischer Studien zu fordern. Erst dann wird es möglich sein, die Frage zu entscheiden, ob die Zwischenform „langgestreckt-kegelförmig“ einer Formenklasse „spindelförmig“

zugeschlagen werden muß. Aus der persönlichen Beobachtung des Verfassers10 an einigen Exemplaren der Var.

glauca, welche über hellbraune, spindelförmige Knospen verfügen (vgl. Abb. 4-2), können jedoch nur Vermutungen über eine derartige Merkmalsvariation in Provenienzen aus dem südlichen Verbreitungsgebiet angestellt werden, welche es zu verifizieren gilt.

Bei der Inlandsdouglasie kann die Beschreibung der Knospenform von MAYR (1906) als „gedrungen“

bestätigt werden (Abb. 4-3). Es werden sowohl Kegel- (vgl. MAYR 1901) als auch Eiformen beobachtet (s.a.

Kap. 3.1.1.), die über eine breite Basis verfügen, welche teilweise die Dimension der Länge übertreffen (vgl.

Abb. 4-2).

Andere Merkmale der Knospengestalt waren weniger hilfreich bei der Unterscheidung von Ökotypen. Das Kriterium der abstehenden ode gar zurückgeschlagenen Knospenschuppen beispielsweise (MAYR 1906, SCHENCK 1939, S. 484), war nur in Verbindung mit bestimmten Farb- bzw. Formkombinationen als Zusatzmerkmal hilfreich. Hier sind weitere Untersuchungen notwendig.

Das Kriterium des Wachsüberzuges auf den Knospenschuppen (MAYR 1906) konnte in den vorliegenden Untersuchungen als hilfreiches Nebenkriterium bestätigt werden. Die nördlichen Inlandsprovenienzen ( hier:

K06, K09) verfügen über mehr als 80% von Merkmalsträgern, welche einen Wachsüberzug auf den Knospen aufweisen. Dieser Anteil nimmt sowohl nach Westen als auch nach Süden ab. Merkmalsträger mit einzelnen Wachsflecken treten in Stichproben aus Washington mit unterschiedlichen Anteilen bis zu etwa 50% auf. Beide Kriterien kommen nebeneinander in den Populationen vor. Einzelne Wachsflecken finden sich zumeist am unteren Drittel der Knospe, wie bereits in frühen Beschreibungen erwähnt (H 1895, BEISSNER & FITSCHEN

1930, KRÜSSMANN 1972).

Insgesamt bleibt festzustellen, daß mit Hilfe des Pflanzenmaterials aus einem Provenienzversuch eine umweltunabhängige Variation von Knospengestaltsmerkmalen nachgewiesen werden konnte, welche für bestimmte Regionen des natürlichen Areals der Douglasie typische Strukturen aufweist. Vergleichsdaten in der Literatur fehlen hierzu. Lediglich die Arbeiten aus Provenienzversuchen über Zeitpunkte von Knospenbildung

9 Die genannte Publikation von MITCHELL wurde von SCHÜTT ins deutsche Übertragen, vgl. Literaturverzeichnis:

MITCHELL 1974.

10 s.a. Kap. 4.1. S.74, Kap. 4.3.2. S. 81.

und Vegetationsbeginn belegen eine regionaltypische Variation eben dieser Merkmale im natürlichen Areal der Douglasie (KLEINSCHMIT et al. 1974, KLEINSCHMIT 1984, NATHER 1985) sowie deren Erblichkeit (z. B.

REHFELDT 1983, LI & ADAMS 1993). Studien über anatomische bzw. histologische Veränderungen im Gewebe der Knospen von P. meziesii führte die Arbeitsgruppe von OWENS11 durch, welche ein Ende der Knospen-Dormanz erst mit dem Einsetzen der Frühholzbildung im Kambium feststellen konnte (RENSING & OWENS

1994). Über die physiologische Steuerung von Knospenbildung und Knospenruhe ist erst wenig bekannt (MOHR & SCHOPFER 1992). Die Perception photoperiodischer Reize in den Knospen (Blattprimordien) wird angenommen (LYR et al. 1992, S. 441). In einem solchen Falle sind sowohl Form (Lichtbrechung) als auch Farbe (Lichtreflexion) der Knospen von entscheidendem Einfluß!

Eine Kombination der verschiedenen Gestaltsmerkmale ermöglicht eine Gruppierung bekannter Provenienzen entsprechend dem Vorkommen im natürlichen Areal sowie die Zuordnung von Populationen unbekannter Provenienz zu einem möglichen Ursprungsgebiet, wie die vorgenommene Clusteranalyse zeigt. Die Knospenmorphologie erhält dadurch eine neue Bedeutung bei der botanischen Bestimmung von Ökotypen und Varietäten, allerdings nicht bei Einzelindividuen, sondern bei Gruppen von Individuen (Populationen). Somit konnten BEISSNER & FITSCHEN (1930, S. 88) widerlegt werden, welche eine Brauchbarkeit der Knospengestalt zur Unterscheidung von Taxa völlig ausgeschlossen hatten. Diese Ansicht ist bis heute weit verbreitet (vgl.

LEINEMANN 1997).