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Untersuchungen zur Produktfreisetzung aus dem Intermediat

3.3 Mechanistische Untersuchungen zur dualen Photoredox-/Selen- π -Säure-Katalyse

3.3.2 Mechanistische Untersuchungen am Beispiel der intramolekularen Acyloxylierung

3.3.2.1 Untersuchungen zur Produktfreisetzung aus dem Intermediat

Als erster Schritt der weiteren mechanistischen Untersuchungen wurde analysiert, ob die bei der in-termolekularen Veresterung beobachtete, direkte Oxidation des Intermediats auch im Fall der intra-molekluaren Acyloxylierung verantwortlich für die Produktfreisetzung war. Das benötigte Substrat 177a wurde ausgehend von trans-Hex-3-ensäure (162a) und PhSeBr in 89% Ausbeute erhalten (Gleichung 3.16).[330]

Et OH

O PhSeBr NEt3 (1.0 Äq.) DCM, 23 °C, 30 min 89%

O O Et

SePh +

1.0 Äq.

162a 103 177a (3.16)

Die nachfolgenden Versuche der oxidativen Freisetzung des Laktons155awurden analog zum intermolekularen Fall durchgeführt (vgl. Tabelle 3.20). Die erhaltenen Ergebnisse waren bei Verwen-dug des Laktons 177anoch eindeutiger als für die azyklische Verbindung148a(Tabelle 3.21). Bei der gleichzeitigen Nutzung beider Katalysatoren konnte nur ein minimaler und beim alleinigen Ein-satz von (PhSe)2 überhaupt kein Umsatz des Substrats festgestellt werden (Einträge 1 und 2).

Letztere Beobchtung traf auch auf die Verwendung von PhSeBr zu. Lediglich die ausschließliche Nutzung des Photokatalysators134resultierte in der Bildung des Produkts155ain 74% Ausbeute.

Das Intermediat 177akonnte in Kombination mit der Säure162aebenfalls als Präkatalysator ein-gesetzt werden, wodurch das Lakton 155ain einer exzellenten Ausbeute von 89% erhalten wurde (Einträge 4 und 5). Analog zum azyklischen Substrat, wurde während der Produktfreisetzung unter Verwendung von PyrOMe eine im Lauf der Reaktion stark abnehmende Reaktionsgeschwindigkeit beobachtet, vermutlich aufgrund des gemutmaßten inhibierenden Effekts des gebildeten Diselenids.

Dieses konnte in beiden Fällen nach erfolgter Reaktion in 70% (Eintrag 3) bzw. 58% Ausbeute (Eintrag 5) isoliert werden. Die erhaltenen Ergebnisse unterstreichen die Rolle der Selenofunktio-nalisierungsintermediate148aund 177aals integraler Bestandteil des Katalysezyklus und belegen, dass die Produktfreisetzung aus den Intermediaten 148a und 177a über ihre direkte Oxidation abläuft. Ein genaueres Bild über die mechanistischen Teilschritte der Produktfreisetzung wurde im Rahmen der massenspektrometrischen und zyklovoltammetrischen Untersuchungen erhalten (vgl.

Unterunterabschnitt 3.3.2.5, Unterabschnitt 3.3.3).

Tabelle 3.21: Untersuchungen zur Freisetzung des Produkts155a aus dem Intermediat 177a unter ver-schiedenen oxidativen Bedingungen.a, [320]

(PhSe)2

PyrOMe

MeCN (0.1 M), 465 nm Luft, 16 h, 23 °C

( )

O O Et

SePh

O O Et

177a 155a

134

Eintrag (SePh)2 [Mol-%] PyrOMe [Mol-%] PhSeBr Ausbeute [%]b

1 5 5 — Spuren

2 5 — — k.R.

3c — 5 — 74

4 — — 1.0 Äq. k.R.

5d,e — 5 — 89

a1.00 mmol des Edukts177a wurden verwendet; bisolierte Ausbeute;c70% (PhSe)2

reisoliert; ddas Alken 162a (1.0 Äq.) wurde als Substrat verwendet zusammen mit 20 Mol-% des Intermediats177a;e58% (PhSe)2reisoliert.

3.3.2.2 Die Rolle von O2: 2-e- versus 4-e-Oxidationsmittel

Im Anschluss wurde die Rolle von O2 näher untersucht. Aus mechanistischer Sicht bestanden die Möglichkeiten, dass O2 entweder als 2-e- oder als 4-e-Oxidationsmittel fungiert. Im erst-genannten Fall wäre das Reduktionsprodukt H2O2, wohingegen im letztgenannten Szenario H2O das Endprodukt der O2-Reduktion wäre. Um zwischen beiden Redoxpfaden zu unterscheiden, wur-den verschiewur-dene Reaktionslösungen nach erfolgreicher Produktbildung auf die jeweils gebildeten Sauerstoffspezies untersucht.

Der Nachweis von mutmaßlich gebildetem H2O2 wurde qualitativ mittels Iod-Stärke-Papier durchgeführt. Während der Zyklisierung der Säure 162awurde in Intervallen von einer Stunde je eine Probe entnommen und auf die Bildung von H2O2 getestet.[320] Eine weitere Probe wurde nach vollständiger Produktbildung in analoger Weise untersucht (Tabelle 3.22). Zu keinem Zeit-punkt der Reaktion konnte eine detektierbare Menge an H2O2 festgestellt werden (Einträge 1-5).

Um sicherzugehen, dass die Messung bei Anwesenheit von H2O2 positive Ergebnisse liefert und eine ausreichende Empfindlichkeit für die Detektierung kleiner Peroxidmengen aufweist, wurden Kontrollexperimente durchgeführt (Einträge 6 und 7). In diesen wurden separaten Reaktionslösun-gen nach erfolgreicher Produktbildung unterschiedliche MenReaktionslösun-gen an H2O2 hinzugefügt und mittels Iod-Stärke-Papier auf Peroxide getestet. Sowohl bei einer finalen H2O2-Konzentration von 100 mm, als auch bei einer sehr geringen Konzentration von ~10 mmwar der Peroxidtest positiv. Aus diesen Ergebnissen wurde geschlossen, dass H2O2während der Reaktion, wenn überhaupt, in sehr geringen Konzentrationen gebildet wird und nicht das terminale Reduktionsprodukt von O2 darstellt. Die An-wesenheit größerer Mengen an Peroxid in der Reaktionslösung konnte somit ausgeschlossen werden.

Diese Ergebnisse erscheinen auch vor dem Hintergrund der Reisolierung des Diselenidkatalysators plausibel, da viele Diselenide durch das Einwirken von Peroxiden in die entsprechenden

Selenoxosäu-ren überführt werden.[82,90,91]Eine Reisolierung des Katalysators in Anwesenheit stöchiometrischer Mengen H2O2 wäre demnach nicht wahrscheinlich.

Tabelle 3.22:Untersuchungen zur Bildung von H2O2bei der Zyklisierung der Säure162amittels Iod-Stärke-Nachweis.a, [320]

5 Mol-% (PhSe)2

5 Mol-% PyrOMe MeCN (0.1 M), 465 nm 23 °C, Luft, 16 h

( ) OH

O

O O Et

Et

162a 155a

134

Eintrag Zeit [h] Iod-Stärke-Nachweis

1 1 negativ

2 2 negativ

3 3 negativ

4 4 negativ

5b 16 negativ

6b,c 16 positiv

7b,d 16 positiv

a1.00 mmol des Edukts162awurden verwendet;bvollständiger Umsatz; cextern hinzugefügtes H2O2, 100 mm finale H2O2 -Konzentration; dextern hinzugefügtes H2O2, ~10 mm finale H2O2-Konzentration.

Der Nachweis von möglicherweise gebildetem Wasser wurde mittels ESI-Massenspektrometrie in Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Dr. Konrad Koszinowski (Georg-August-Universität Göttingen) durchgeführt.[331]Da H2O selbst aufgrund seiner geringen Masse mit den uns zur Verfügung stehen-den Mitteln nicht nachweisbar war, wurde ein indirekter Nachweis gewählt. Dieser basierte auf der Hydrolyse einer wasserempfindlichen Verbindung mit18O-markiertem H2O, gefolgt von der massen-spektrometrischen Untersuchung des 18O-angereicherten Analyten. Der erste Schritt bestand in der Identifikation einer geeigneten Verbindung, die vorhandenes H2O verlässlich bindet, ohne dass es zur Kreuzreaktion mit einem der anwesenden Reaktionsteilnehmer kommt, und deren hydrolysierte Spezies ein guter Analyt für die massenspektrometrische Analyse ist. Als Kandidaten für die Rolle des Analyten wurden die in Abbildung 3.11 abgebildeten Säurechloride in Betracht gezogen. Im Zuge der Untersuchungen stellte sich Phosphorylchlorid (180) als ideale Verbindung zum Nachweis von Wasser in der Reaktionslösung heraus. Die Hydrolyse des Sulfonsäurechlorids 178 konnte im Massenspektrum nicht nachgewiesen werden und Verbindung179wies nur einen geringen Grad der Hydrolyse auf. Bei der Verwendung des Säurechlorids 180 kam es hingegen selektiv zur Monohy-drolyse, und das resultierende Dichlorid konnte verlässlich per Massenspektrometrie nachgewiesen werden.

Nachdem ein geeigneter Analyt identifiziert werden konnte, wurde der Einfluss der Atmo-sphäre auf den Sauerstoffeinbau in das Säurechlorid untersucht. In zwei Kontrollexperimenten

Me Cl S

O O

Cl P Cl O Cl P Cl

O O

O

- vollständige Monohydrolyse - gute Detektierbarkeit - keine Reaktion mit dem Lakton oder dem Photokatalysator

178 179 180

Abbildung 3.11: Getestete Analyten für den Nachweis von H2O infolge der Hydrolyse mittels ESI-Massenspektrometrie.[320,331]

wurde zu einer trockenen und entgasten Lösung von POCl3 (180) in MeCN unter Argon bzw.

16O2 jeweils H218O hinzugefügt (Tabelle 3.23, Einträge 1 und 2). In beiden Fällen wurde der Ein-bau von 18O mit einer Isotopenreinheit von 94% bzw. 84% beobachtet. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Atmosphäre nur einen vernachlässigbaren Einfluss auf den 18O-Einbau hatte und haupt-sächlich die Hydrolyse des Säurechlorids für das beobachtete Isotopenmuster verantwortlich war.

Aufbauend auf den Kontrollexperimenten wurde die Zyklisierung des Alkens162aunter einer18O2 -Atmosphäre durchgeführt (Eintrag 3, Gleichung 3.17). Das eingesetzte Lösungsmittel wurde vor der Reaktion gründlich getrocknet und entgast, um jedwede Verunreinigung mit 16O2 oder H216O auszuschließen. Nachdem per 1H-NMR-Spektroskopie ein vollständiger Umsatz des Substrats fest-gestellt werden konnte, wurde zur Reaktionslösung POCl3 hinzugefügt und die erhaltene Mischung mittels ESI-Massenspektrometrie analysiert. Es wurde ein durchschnittlicher 18O-Einbau von 73%

ermittelt. Darüber hinaus konnte bei der Untersuchung des in der Zyklisierung gebildeten Laktons 155akeinerlei18O-Markierung des Produkts festgestellt werden. Diese Ergebnisse belegten die Bil-dung von H2O während der Reaktion und bestätigten die Rolle von O2 als 4-e-Oxidationsmittel.

Zusätzlich konnte durch den fehlenden Einbau von 18O in das Produkt gezeigt werden, dass es sich bei der entwickelten dualen Photoredox-/Selen-π-Säure-Katalyse um ein artifizielles Oxidase-Protokoll handelt. Es konnte an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden, ob es im Lauf der Reaktion zur Bildung von sehr geringen Mengen an H2O2 kommt, das sofort weiterreduziert

Tabelle 3.23: Untersuchungen über den Einbau von H218 O2 in das Säurechlorid180zum Nachweis von H2O mittels ESI-Massenspektrometrie.a, [320,331]

Eintrag Bedingungen

18O-Einbau [P] [%]

18O-Einbau [P]2H [%]

mittlerer

18O-Einbau [%]

1 POCl3, H218O,

Argon 94 94 94

2 POCl3, H218O,

16O2

84 84 84

3b

162a, 5 Mol-%

(PhSe)2, 5 Mol-%

PyrOMe, POCl3, 465 nm, 18 O2

72 73 73

a[P] = P(16O)OCl2;b1.00 mmol des Edukts162awurden verwendet.

wird, oder ob die Disproportionierung intermediär gebildeten Superoxids für die Bildung von H2O verantwortlich ist.[332,333]

5 Mol-% (PhSe)2

5 Mol-% PyrOMe MeCN (0.1 M), 465 nm 23 °C, 18O2, 16 h dann POCl3 (0.1 Äq.)

( ) OH

O

O O Et

Et + HPO(18O)Cl2

16O

162a 155a

134

181

(3.17)