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3.1 Selenkatalysierte intramolekulare Aminierung zur Synthese von Indolen

3.1.2 Optimierung der Reaktionsbedingungen

In einem ersten Schritt der Optimierung der Reaktionsparameter wurden verschiedene Lösungsmittel als Reaktionsmedium untersucht. Als Testsubstrat für alle Optimierungsschritte wurde Verbindung 98agewählt. Die Standardbedingungen, von denen ausgehend die Optimierung durchgeführt wurde, bestanden aus dem Einsatz von 10 Mol-% (PhSe)2, 1.05 Äq. NFSI und einer Spatelspitze Mole-kularsieb 4Å im entsprechenden Lösungsmittel mit einer Konzentration von 0.1m. Die Reaktionen wurden 16 Stunden bei Raumtemperatur unter einer Argonatmosphäre gerührt und die Ausbeuten mittels1H-NMR-Integration mit 4-Bromanisol als internem Standard bestimmt. Die Ergebnisse der Variation des Lösungsmittels sind in Tabelle 3.1 zusammengefasst.

Die besten Ausbeuten mit 47% beziehungsweise 46% wurden in Toluol und Benzol erzielt (Tabelle 3.1, Einträge 1 und 2). Diese Ergebnisse sind analog zu der Zyklisierung der Benzoesäuren 67 unter Verwendung des identischen Katalysatorsystems.[167] In DCM wurde das Produkt in einer vergleichbaren Ausbeute von 43% erhalten (Eintrag 3). Bei der Verwendung von etherischen Lösungsmitteln konnte das Indol 99a nur in geringen Ausbeuten von 11-14% erhalten werden, der Einsatz von MeNO2, MeCN odern-Hexan resultierte ebenfalls nur in geringer Produktbildung

Tabelle 3.1: Optimierung des verwendeten Lösungsmittel für die selenkatalysierte Indolbildung ausgehend von dem Tosylamid98a.a

NHTs Me

NTs Me 10 Mol-% (PhSe)2

NFSI (1.05 Äq.) Lösungsmittel (0.1 M), MS 4Å, 23 °C, 16 h

E/Z = 1:1.598a 99a

Eintrag Lösungsmittel Ausbeute [%]b

1 Toluol 47

2 Benzol 46

3 DCM 43

4 THF 14

5 Et2O 12

6 1,4-Dioxan 11

7 MeNO2 10

8 MeCN 9

9 n-Hexan 17

10 MeOH k.R.

11 DMF k.R.

12 DMSO k.R.

a170µmol des Edukts98awurden verwendet;bbestimmt mit-tels 1H-NMR Spektroskopie mit 4-Bromanisol als internem Standard.

(Einträge 4-9). In sehr polaren Lösungsmitteln konnte kein Umsatz beobachtet werden. Mögliche Ursachen für diese Beobachtungen sind ungünstige Wechselwirkungen der Lösungsmittel mit den empfindlichen, oxidierten Selenspezies (DMF, DMSO) oder ein konkurrierender nukleophiler Angriff des Lösungsmittels auf das intermediäre Seleniraniumion (MeOH). Die genauen Gründe für die Unverträglichkeit dieser Lösungsmittel mit der Zyklisierung blieben jedoch unklar.

Nach der Ermittlung des optimalen Reaktionsmediums wurde der Einfluss verschiedener Se-lenkatalysatoren auf die Zyklisierung untersucht. Neben Diphenyldiselenid wurden das elektronen-reichere 4,4'-Dimethoxyderivat100b, Dibenzyldiselenid (101), das Biphenyldiselenid102und Phe-nylselenbromid (103) eingesetzt (Tabelle 3.2). Da zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, ob das Vorhandensein einer Se – Se-Bindung für die Katalyse erforderlich ist, sollte der Einsatz von Phenylselenbromid Erkenntnisse für die Beantwortung dieser Frage liefern. Die Verwendung des Biphenyldiselenids 102 sollte in Folge einer potentiell auftretenden Spaltung der Se – Se-Bindung im Verlauf der Reaktion die Rekombination der Bindung durch die räumliche Nähe der Se-Zentren

und somit die Regeneration des aktiven Katalysators erleichtern.

Tabelle 3.2:Optimierung des verwendeten Katalysators bei der Bildung der Indole99.a

NHTs Me

NTs Me 10 Mol-% Katalysator

NFSI (1.05 Äq.) Toluol (0.1 M), MS 4Å, 23 °C, 16 h

E/Z = 1:1.598a 99a

SeSe Se

Se

OMe

MeO

SeSe

SeSe

SeBr

47%b 13%b 37%b 20%b 38%b,c

100a 100b 101 102 103

a170µmol des Edukts 98awurden verwendet; bbestimmt mittels1H-NMR Spektroskopie mit 4-Bromanisol als internem Standard;c20 Mol-% wurden verwendet.

Vergleichbare Ausbeuten zur Verwendung von Diphenyldiselenid konnten nur mit Dibenzyldi-selenid und Phenylselenbromid erhalten werden. Die ähnliche Performanz des Benzylderivats 101 war wenig überraschend und wurde auch in anderen Arbeiten beobachtet.[181]Der Einsatz von Phe-nylselenbromid als Katalysator lieferte Verbindung99ain 38% Ausbeute. Diese Beobachtung steht in starkem Gegensatz zu den von Breder et al. berichteten Imidierungen[162] und Acyloxylierun-gen,[167]bei denen die Verwendung von Phenylselenbromid als Katalysator die Produktbildung ver-hinderte. Vor allem vor dem Hintergrund der zur Acyloxylierung identischen Reaktionsbedingungen (vgl. Schema 1.8) ist dieses Ergenis verblüffend und legt den Schluss nahe, dass das Vorhandensein einer Se – Se-Bindung für den katalytischen Umsatz nicht essentiell ist. Darüber hinaus lassen die hier gemachten Beobachtungen, unabhängig von der Verwendung von Diphenyldiselenid oder Phe-nylselenbromid, ein gemeinsames Intermediat als wahrscheinlich erscheinen. Bei der Verwendung des Methoxyderivats 100b wurde erstaunlicherweise nur eine geringe Ausbeute von 13% erhalten, obwohl sich methoxylierte Diselenide in konzeptuell ähnlichen Funktionalisierungen als geeignete Katalysatoren erwiesen haben.[169] Ein ähnliches Ergebnis wurde durch den Einsatz des Biphenyl-diselenids102erzielt. Um auszuschließen, dass die Produktbildung auf Spuren von Palladium oder Eisen aus früheren Reaktionsschritten zurückzuführen ist, wurden PdCl2 und FeCl3 anstelle des Selenkatalysators eingesetzt. In beiden Fällen konnte keine Reaktion beobachtet werden.

Neben der Art des Lösungsmittels hatte auch dessen Qualität und die verwendete Atmo-sphäre einen Einfluss auf die Produktbildung. Wurde die Reaktion an Luft durchgeführt sank die erhaltene Ausbeute des Produkts 99a auf 20% und bei der zusätzlichen Verwendung von nicht wasserfreiem Toluol wurde die Zielverbindung in nur 13% Ausbeute gebildet (Tabelle 3.3, Einträge 2 und 3). Einen weitaus signifikanteren Einfluss auf die erzielte Ausbeute hatte die Variation der Reaktionstemperatur (Einträge 4-6). Bei Verringerung der Temperatur auf 0 ℃ wurde eine deut-lich verminderte Reaktivität beobachtet, was in einer geringen Ausbeute von 13% resultierte. Durch die sukzessive Erwärmung des Reaktionsgemisches auf 40 ℃ beziehungsweise 100 ℃ konnte die Produktbildung bis auf 61% Ausbeute gesteigert werden. Eine weitere Vergrößerung der erzielten Ausbeute gelang durch die Variation der Katalysatorbeladung (Einträge 7-14). Interessanterweise

Tabelle 3.3: Optimierung der Reaktionstemperatur, der Katalysatorbeladung und der Verwendung von Additiven bei der Synthese der Indole99.a

NHTs Me

NTs Me x Mol-% (PhSe)2

NFSI (1.05 Äq.) Additiv Toluol (0.1 M), MS 4Å, Temp., 16 h

E/Z = 1:1.598a 99a

Eintrag Katalysatorbeladung

[x Mol-%] Temperatur [℃] Additiv (Äq.) Ausbeute [%]b

1 10 23 — 47

2c 10 23 — 20

3c,d 10 23 — 13

4 10 0 — 13

5 10 40 — 54

6 10 100 — 61

7 20 100 — 61

8 5+5 100 — 70

9 5 100 — 66

10 2.5 100 71

11 1 100 — 56

12 — 100 — Spuren

13e 5 100 — 63

14e 2.5 100 — 65

15 2.5 100 2,6-Di-t-butylpyridin

(1.0) 46

16 2.5 100 AcOH (1.0) 60

17f 2.5 100 — 29

18g 2.5 100 — 18

a170µmol des Edukts98awurden verwendet;bbestimmt mittels1H-NMR Spektroskopie mit 4-Bromanisol als in-ternem Standard;can Luft; dungetrocknetes Toluol wurde verwendet;ePhSeBr wurde als Katalysator verwendet;

fKonzentration war 0.3m;gKonzentration war 0.5m.

resultierte eine Zunahme der eingesetzten Katalysatormenge nicht in einer erhöhten Ausbeute (Ein-trag 7). Durch die schrittweise Verringerung der Katalysatorbeladung konnte die Ausbeute hin-gegen gesteigert werden, bis zu einem Maximum von 71% bei der Verwendung von 2.5 Mol-%

(PhSe)2 (Eintrag 10). Die weitere Herabsetzung der Katalysatormenge auf 1 Mol-% resultierte in einer verminderten Produktbildung und das Weglassen des Katalysators verhinderte die Produkt-bildung, was die Notwendigkeit der Selenspezies für eine erfolgreiche Zyklisierung belegt (Einträge 11 und 12). Im Fall hoher Katalysatorbeladungen lassen sich die Beobachtungen vermutlich auf eine unter den Reaktionsbedingungen zu rasche Zersetzung des NFSI zurückführen, was einen voll-ständigen Umsatz des Substrats verhindert. Katalysatorbeladungen unter 2.5 Mol-% resultieren hingegen wahrscheinlich in einer zu niedrigen Konzentration der katalytisch aktiven Spezies, was sich durch eine stark verlangsamte Reaktionsgeschwindigkeit ausdrückt. Wurde PhSeBr als Kataly-sator verwendet, konnten auch bei hohen Temperaturen mit (PhSe)2vergleichbare Ausbeuten erzielt werden (Einträge 13 und 14). Um eine Beteiligung Brønsted-saurer Spezies im Katalysezyklus auszuschließen, wurde der Reaktionsmischung die nicht-nukleophile Base 2,6-Di-tert-butylpyridin hinzugefügt (Eintrag 15). Unter diesen Bedingungen wurde das Produkt 99a in moderaten 46%

Ausbeute erhalten, was Brønsted-Säure-Katalyse für die untersuchte Umsetzung unwahrschein-lich macht. Die leicht verringerte Ausbeute ist vermutunwahrschein-lich auf eine konkurrierende Wechselwirkung desLewis-basischen Pyridins mit katalytisch aktiven Selenspezies zurückzuführen. Ähnliche Wech-selwirkungen wurden von anderen Autoren im Zusammenhang mit Selenelektrophilen diskutiert (vgl.

Unterabschnitt 1.2.2),[18,141,169] und vergleichbare Ausbeuteeinbußen wurden von Breder et al.

im Kontext der selenkatalysierten Imidierung bei der Verwendung pyridinhaltiger Diselenide beob-achtet.[162]Durch die Zugabe vonBrønsted-Säure konnte keine Steigerung der Ausbeute erreicht werden, wie von Denmark und Mitarbeitern für die asymmetrische Selenofunktionalisierung be-richtet.[112] Eine erhöhte Konzentration der Reaktionsmischung hatte ebenfalls keinen positiven Effekt und resultierte in stark verminderten Ausbeuten (Einträge 17 und 18).

NHNs

p-NsCl, Pyridin MsCl, Pyridin

DCM, 23 °C 89%

2.5 Mol-% (PhSe)2

1.05 Äq. NFSI, MS 4Å, Toluol, 100 °C, 62%

2.5 Mol-% (PhSe)2

1.05 Äq. NFSI, MS 4Å, Toluol, 100 °C, 60%

Me

NHMs Me NH2

Me DCM, 23 °C

71%

NNs Me

E/Z = 1:1.5 E/Z = 1:1.5 E/Z = 1:1.5

NMs Me

104a 105

106

107

108 Schema 3.4: Synthese der Sulfonaniline105und107ausgehend vom Anilin104a.

In einem letzten Optimierungsschritt wurden die Sulfonsubstituenten am Stickstoff variiert.

Neben dem Tosylanilid 98awurden die Nosyl- und Mesylderivate 105 und 107 synthetisiert. Die Synthesen gelangen analog zur Darstellung von Verbindung98adurch Umsetzung des Anilins104a mit den entsprechenden Sulfonsäurechloriden (Schema 3.4) in sehr guten Ausbeuten. Die Natur der Sulfonsubstituenten hatte nur eine geringe Auswirkung auf die Ausbeuten der Indolbildung.

Weder das elektronenärmere Derivat 105 noch das leicht elektronenreichere Derivat 107 lieferte das entsprechende Produkt 106 beziehungsweise108 in einer zum Tosylderivat 98a verbesserten

Ausbeute. Die Ersetzung der Sulfonsubstituenten durch Acylgruppen resultierte im Verlust jeglicher Reaktivität im Bezug auf die Zyklisierung.[1] Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass der pKS-Wert der N – H-Bindung für eine erfolgreiche Umsetzung von entscheidender Bedeutung ist.

Lediglich die Sulfonamide sind mitpKS ≈12-15 azide genug um unter den Reaktionsbedingungen deprotoniert zu werden.[205–207] Ähnliche Ergebnisse wurden von anderen Forschungsgruppen im Rahmen verwandter Zyklisierungen dokumentiert.[202–204,208,209]