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Selenkatalysierte Zyklisierung der Tosylanilide 98

3.1 Selenkatalysierte intramolekulare Aminierung zur Synthese von Indolen

3.1.3 Untersuchung der Substratbreite der selenkatalysierten Indolbildung

3.1.3.2 Selenkatalysierte Zyklisierung der Tosylanilide 98

112a 114 104x 115

Schema 3.6:Synthese des Diaminostilbens104xausgehend von 2-Bromanilin (112a) nachMuñiz[212]und geplante Zyklisierung zum Bisindolin115.

Die Tosylierung der erhaltenen Aniline erfolgte analog zur Darstellung von Verbindung 98a durch Umsetzung mitp-TsCl und Pyridin als Base in DCM bei Raumtemperatur.[201] Unter diesen Bedingungen konnten alle Aniline in guten bis exzellenten Ausbeuten in die Tosylamide98überführt werden (Tabelle 3.6).

3.1.3.2 Selenkatalysierte Zyklisierung der Tosylanilide 98

Als erstes wurde der Einfluss der Substituenten am Alkenteil auf die Produktbildung untersucht (Schema 3.7, 99a–l). Sowohl aliphatisch als auch alizyklisch substituierte Alkene ergaben die ent-sprechenden Indole in guten bis sehr guten Ausbeuten. Neben unverzweigten Ketten wurden auch in allylischer Position verzweigte oder funktionalisierte Substrate toleriert, ohne dass ein negati-ver Einfluss auf die Ausbeute festgestellt wurde (99c und 99e). Die besten Ausbeuten wurden bei der Verwendung arylsubstituierter Substrate erzielt. So konnten die Stilbenderivate 98g und 98h in nahezu quantitativer Ausbeute in die korrespondierenden Indole überführt werden. Im Fall des Substrats 98h wurde eine regioisomere Produktmischung erhalten. Die Ursache ist vermutlich eine intramolekulareipso-Substitution der Seleneinheit in Folge der Oxidation durch NFSI, begüns-tigt durch den elektronenreichen Anisylsubstituenten. Die nachfolgende Öffnung des dreigliedrigen Rings in Intermediat II durch Eliminierung verläuft vermutlich nicht regiospezifisch und resultiert in der beobachteten Regioisomerenmischung. Ein ähnliches Verhalten wurde in vergleichbaren Zy-klisierungsreaktionen beobachtet.[213] Die erfolgreiche Umsetzung alkyl- und benzylsubstituierter Tosylanilide stellt eine wichtige Erweiterung analoger Ringschlussreaktionen unter radikalischen Be-dingungen dar, die auf die Zyklisierung von Stilbenderivaten beschränkt sind.[213]Ein radikalischer Mechanismus erscheint vor diesem Hintergrund für die vorliegende selenkatalysierte Umsetzung un-wahrscheinlich. Unterstützt wird diese Annahme durch die erfolgreiche Synthese des Cyclopropylde-rivats99k, bei der keinerlei ringgeöffnete Produkte erhalten wurden. Für die effektive Zyklisierung

Tabelle 3.6:Tosylierung der ortho-vinylierten Aniline 104.[1]

98b 98c 98d 98e 98f

98g 98h 98i 98j 98l

98n 98o 98p 98q 98r

98s 98t 98u 98v 98w

98x

des sterisch gehinderten Anilins 98l musste die Katalysatorbeladung auf 5 Mol-% erhöht werden.

Unter diesen modifizierten Bedingungen konnte das Tetrahydrocarbazol99lin 66% Ausbeute erhal-ten werden. Eine Limitierung der entwickelerhal-ten Methodik stellt die Verwendung terminaler Alkene dar. Weder das Indol 99i noch Verbindung99jkonnten unter den optimierten Reaktionsbedingun-gen erhalten werden. Bei der Verwendung des Substrats98j kam es anstelle der intramolekularen Aminierung zur Bildung des Produkts der intermolekularen Imidierung mit NFSI in 71% Ausbeute.

Die Ursache der Inkompatibilität terminaler Alkene mit den Reaktionsbedingungen ist unklar. Ei-ne Möglichkeit ist die zu geringe Stabilisierung des intermediären Seleniraniumions, was zu eiEi-ner zu kurzen Lebenszeit dieser Spezies führen könnte um eine erfolgreiche Funktionalisierung zu er-möglichen. Alternativ könnte eine ungenügende Stabilisierung der Intermediate in ihrer oxidativen Zersetzung resultieren, was eine erfolgreiche Produktbildung verhindert.

Substitution am aromatischen Kern des Anilins hatte kaum Einfluss auf die Zyklisierungsreak-tion (Schema 3.7, 99n–w) Sowohl elektronenziehende als auch -schiebende Substituenten ermög-lichten die Produktbildung in exzellenten Ausbeuten, ebenso wie Substitution in der 4-, 5- oder 6-Position. Lediglich die Anwesenheit von Seitengruppen in der 7-Position führte zu verminderten isolierten Ausbeuten (Schema 3.7,99p). Ursächlich ist vermutlich die sterische Wechselwirkung des

Substituenten in der 7-Position mit der Tosylamidgruppe, was in einer für die Zyklisierung ungüns-tigen Ausrichtung des Nukleophils resultiert. Zusätzlich zu den exzellenten Ausbeuten zeichnete sich die selenkatalysierte Indolbildung auch durch die große Toleranz funktioneller Gruppen aus.

Neben Ethern, Nitrilen, Estern und Substraten mit labilen C – H-Bindungen wurden auch verschie-dene Halogenide unter den Reaktionsbedingungen toleriert. Die letztgenannten Funktionalitäten sind vor allem vor dem Hintergrund einer Übergangsmetall-katalysierten Weiterderivatisierung von großem Interesse. Die Zyklisierung des Diaminostilbens98xanalog zuMuñiz[212]lieferte das Bisin-dolinderivat115 nur in einer geringen Ausbeute von ca. 15% als Bestandteil einer untrennbaren Produktmischung. Der Nachweis der Bildung von Verbindung115gelang durch den Vergleich mit Literaturdaten.[212]Das Hauptproblem bei der Umsetzung von Verbindung98xwar die geringe Lös-lichkeit unter den Reaktionsbedingungen. Da das katalytische System sehr polare Lösungsmittel nicht toleriert, konnte die Produktbildung für dieses Substrat nicht optimiert werden.

R1

99a 99b 99c 99d 99e

99f 99g

99h

99h 99i 99j

99k 99l 99n 99o 99p

99q 99r 99s 99t 99u

99v 99w 115

Schema 3.7: Untersuchung der Substratbreite der selenkatalysierten Indolbildung (oben) und mechanis-tisches Szenario für die Bildung des Produkts 99h; Werte in Klammern beziehen sich auf per 1 H-NMR-Spektroskopie bestimmte Ausbeuten;adas intermolekulare Imidierungsprodukt mit NFSI wurde in 71% Aus-beute erhalten;b5 Mol-% (PhSe)2 wurden verwendet.[1]

Aufbauend auf den exzellenten Ergebnissen bei der Zyklisierung elektronenziehend substituier-ter Anilinderivate wurde der Einsatz vinyliersubstituier-ter Amonipyridine als Substrate der selenkatalysierten Aminierung untersucht. Die entwickelte Methodik böte unter Verwendung dieser Edukte einen al-ternativen Zugang zu funktionalisierten Azaindolen,[214–216] einer Verbindungsklasse, die aufgrund ihrer biologischen Aktivität von großem synthetischem Interesse ist.[217–222] Die Synthese der or-tho-vinylierten Aminoypridine verlief analog zu den Anilinderivaten 104 per Suzuki-Miyaura -Kupplung[210] und lieferte die Produkte117a–d in sehr guten Ausbeuten (Tabelle 3.7). Die nach-folgende Tosylierung[201]führte jedoch nur im Fall der Aminopyridine117aund 117dzur Bildung der monotosylierten Produkte 118a und 118d (Tabelle 3.8). Bei Verwendung der Aminopyridine 117b und 117c wurde anstelle der gewünschten Funktionalisierung die zweifache Tosylierung an der Aminogruppe oder an der Aminogruppe und am aromatischen N-Atom beobachtet. Da die Di-funktionalisierung nicht unterdrückt werden konnte, wurde zur Darstellung des Derivats118ceine alternative Syntheseroute gewählt, die auf der Ditosylierung der Aminogruppe gefolgt von deren Monodetosylierung[223]beruhte. Auf diese Weise konnte das Produkt118cdurch Behandlung des in der Tosylierung generierten Ditosylderivats mit TBAF in THF in einer akzeptablen Ausbeuten von 37% erhalten werden. Die Synthese der Verbindung 118b gelang durch die Verwendung von NaH als Base in THF und Durchführung der Reaktion bei 0 ℃ in 52% Ausbeute.

Tabelle 3.7:Synthese der ortho-vinylierten Aminopyridine117.[1]

Br

Tabelle 3.8:Synthese der tosylierten Aminopyridine118.[1]

Ph ver-wendet;bdas Rohprodukt wurde mit TBAF (1.1 Äq.) in THF be-handelt.

Um eine effektive Zyklisierung der Aminopyridine 118 zu gewährleisten musste die Kataly-satorbeladung auf 5 Mol-% erhöht werden. Unter diesen modifizierten Bedingungen konnten die

Azaindole 119a,119b und 119d in 57-87% Ausbeute erhalten werden (Tabelle 3.9). Bei der Ver-wendung des Substrats118ckonnte trotz vollständigen Umsatzes nur ein Nebenprodukt in ca. 50%

Ausbeute isoliert werden, bei dem es sich nicht um das Startmaterial handelte. Dieses Nebenprodukt wies ebenfalls zwei vinylische H-Atome auf, was per1H-NMR-Spektroskopie bestätigt werden konn-te. Die genaue Struktur dieser Verbindung konnte jedoch nicht aufgeklärt werden. Die erhaltenen Ergebnisse zeigen eindrucksvoll die große Robustheit der entwickelten Selen-π-Säure-katalysierten Zyklisierungsreaktion und ihre Toleranz gegenüber einer Vielzahl funktioneller Gruppen. Besonders im Bezug auf die elektronische Struktur des Substrats zeichnet sich die Methodik durch eine breite Anwendbarkeit aus. Kurze Zeit nach unserem Bericht schilderten Zhao et al. ein analoges Zy-klisierungsprotokoll, dass die hier gemachten Beobachtungen bezüglich der Toleranz funktioneller Gruppen und diverser elektronischer Strukturen der Substrate bestätigte.[224]

Tabelle 3.9:Selenkatalysierte Zyklisierung derortho-vinylierten Aminopyridine118zur Synthese der Azain-dole119.[1]

Ph NHTs

5 Mol-% (PhSe)2 NFSI (1.05 Äq.) Toluol 0.1 M, 100 °C,

MS 4Å, 16 h N

Ts Ph N N

118 119

N N

N N

57% 78% 0% 87%

NTs N

Ts N

Ts N

Ts

Ph Ph Ph Ph

119a 119b 119c 119d