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Unterschiede in der archivischen und bibliothekarischen Nachlasserschließung

2 Nachlasserschließung – Geschichte und Status quo

2.3 Unterschiede in der archivischen und bibliothekarischen Nachlasserschließung

Die Darstellung der Regelwerke und Erschließungsmethoden hat bereits Unterschiede der beiden Sparten gezeigt, die im Folgenden noch einmal kontrastiert werden. Aber besonders die Gemeinsamkeiten bei der Erschließung von Nachlässen und zukünftige Optionen sollen Erwähnung finden.

Zeigt auch die Entwicklung der Ordnungsmodelle die Nähe der bibliothekarischen und archivischen Methoden im Bereich der Nachlasserschließung, lassen sich doch Unterschiede bei der Ordnung und Verzeichnung benennen, die aus der Fokussierung auf literarische Nachlässe einerseits und Nachlässe von Politikern und Staatsmännern anderseits sowie aus der Übertragung der spartenspezifischen Erschließungstraditionen resultieren.

Vereinfacht dargestellt kann resümiert werden, dass Bibliotheken (literarische) Nachlässe nach formalen Kriterien ordnen, indem sie bei einer notwendigen Neuordnung die vier Hauptordnungsgruppen Werke, Briefe, Lebensdokumente und Sammlungen (plus ggf.

einer Gruppe für provenienzfremdes Material) zu Grunde legen und den Bezug von Autor und Werk bzw. von Person und Unterlage fixieren.277 Innerhalb der vier Ordnungs-gruppen wird zwar nach unterschiedlichen Ordnungsmethoden verfahren, die auch sach-liche Untergliederungen ermögsach-lichen, in der archivischen Ordnung stellt jedoch die Gliederung des Materials nach sachthematischen Aspekten den primären Zugriff dar. Die vier formalen Ordnungsgruppen werden auch in der archivischen Ordnung genutzt, treten aber hinter sachlichen Klassifikationen zurück.278 Diese Vorgehensweise resultiert aus der erwähnten Fokussierung der archivischen Erschließung auf Nachlässe von Politikern, Staatsmännern u.a., für die sich eine sachthematische Gliederung z.B. nach Wirkungsstationen anzubieten scheint. Aber auch das Verständnis vom „prozess-orientierten“ Archivgut im Gegensatz zum „autorengenerierten“279 Bibliotheksgut zeichnet sich hier ab.

Die Forderung nach der Beibehaltung einer bereits bestehenden, ggf. vom Nachlasser selbst erzeugten oder autorisierten Ordnung des Materials wird von bibliothekarischer und archivarischer Seite erhoben, von den Archivaren wurde diese in der Vergangenheit jedoch stärker betont. Während in bibliothekarischen Beiträgen häufig auch die Unordnung der Neuzugänge beschrieben und daraus die Notwendigkeit einer

277 Für Nachlässe anderer Disziplinen ist in den Fassungen der Regeln zur Erschließung von Nachlässen und

Autographen ein Hinweis auf ein abweichendes Ordnungsschema vorgesehen.

278 Vgl. z.B. die Ordnung des Nachlasses von Gebhard Müller; vgl. dazu: Nachlaß Gebhard Müller (2000).

279 Brachmann (1999), S. 29.

Neustrukturierung abgeleitet wurde,280 fokussierten Archive stärker darauf, auch ein Mindestmaß an überlieferter Ordnung zu erhalten.281 Auch dies ein Unterschied, der zwar auch auf die Verschiedenartigkeit der von der jeweiligen Sparte bearbeiteten Nachlässe zurückzuführen ist, sich jedoch stärker noch von den Erschließungsmethoden für die jeweiligen Hauptsammelgüter abzuleiten scheint. Innerhalb eines Systems, dass die Erschließung des Hauptsammelguts an Registratur, Aktenplan und Geschäftsordnung orientiert, erscheint es folgerichtig, den Fokus auch bei der Nachlasserschließung auf die Beibehaltung überlieferter Ordnungen und auf die Erhaltung bzw. Erstellung und Verzeichnung von Sachakten zu legen.282 Heute besteht jedoch Konsens darüber, dass Nachlässe beim Ordnungsvorgang auf vorarchivische (Teil)-Ordnungen zu überprüfen und diese möglichst zu erhalten bzw. bei einer notwendigen Neuordnung zu doku-mentieren sind. Im bibliothekarischen Regelwerk ist diese Forderung ebenfalls verankert.283 Andererseits wird anerkannt, dass sich persönliche Nachlässe von der amtlichen Schriftgutüberlieferung auch insofern unterscheiden, als häufig eben keine – durchgehende – vorarchivische Struktur vorliegt, und dann eine Neustrukturierung notwendig ist.284

Eine stärker auf Strukturierung und Zusammenfassung der Nachlassunterlagen nach sachthematischen Gesichtspunkten gerichtete Arbeitsweise hat auch zur Folge, dass der Bezug zwischen Unterlage und Person sekundäres Kriterium werden kann. So werden z.B. die Verfasser von in Sachakten enthaltenen Korrespondenzen und anderen Dokumenten teils nur in Auswahl aufgeführt. Während die Bildung von Sachakten und die Zuordnung der Unterlagen nach inhaltlichen Kriterien aus der bibliothekarischen Perspektive mitunter als aufwändig erachtet wird, besteht Konsens bei der Erhaltung vorgefundener Sachkonvolute.

Die „bibliothekarische“ Erschließung (literarischer) Nachlässe legt einen besonderen Akzent auf die Werk- und Brieferschließung. Das für beide Gliederungsgruppen angewendete, in der Fachliteratur als „Autorenprinzip“285 benannte Verfahren, das die Zuordnung des Materials über die Person herstellt, macht die Nähe zur bibliothekarischen Erschließung von Druckschriften und Autografen deutlich. Allerdings folgt auch die „bibliothekarische“ Nachlasserschließung spezifischen, auf die Besonderheit des Materials ausgerichteten Vorgaben und Empfehlungen. Die Bedeutung von Personen- und Körperschaftsnamen zeigt sich auch in der Nutzung der

280 S. Dachs (1965), S. 91f. und Meyer (1996), S. 179f..

281 Vgl. Mommsen (1963), S. 61; Schmid (2004), S. 16.

282 Vgl. Mommsen, S. 63f..

283 RNA (1997), S. 9; RNA (2009), S. 11.

284 Keller-Kühne (2001), S. 139; Höötmann (2004), S. 5.; Treffeisen (2007), S. 302f..

285 S. Dachs (1982), S. 10 u. S. 16 ff..

Personennamendatei und der Gemeinsamen Körperschaftsdatei, die Teil der bibliothekarischen Nachlasserschließung ist, von Archiven jedoch nur in Teilen bedient wird.

Zurückgeführt wird diese unterschiedliche Akzentuierung auch auf differierende Benutzeranforderungen. In Archiven stehe die Frage „1. ‚Wo kam das Stück zu den Akten?‘ und 2. ‚In welchem Zusammenhang ist es entstanden?‘“286 im Vordergrund, während ein Benutzer der bibliothekarischen Nachlassbestände eher nach „Briefe[n] oder Manuskripte[n] von XY“287 frage. Ob diese Thesen sich in der Arbeitsrealität bestätigen lassen, ist zu hinterfragen. Für die Hauptsammlungsgüter der Bibliotheken und Archive scheint eine Differenzierung der Benutzererwartungen angebracht, auf Nachlässe übertragen ist dies fraglich. Benutzeranforderungen entstehen nicht allein aufgrund der Besonderheiten der bestandshaltenden Institution, sondern aufgrund der nachgefragten Medienarten und des wissenschaftlichen Interesses. Differenzieren lassen sich die Benutzererwartungen im Bereich der Nachlassbenutzung auf der Ebene der wissenschaftlichen Disziplinen und der Nachlassarten. Die Fragestellungen eines Literaturwissenschaftlers an einen Nachlass mögen sich z.B. von denen eines Politik-wissenschaftlers oder NaturPolitik-wissenschaftlers unterscheiden. Ebenso unterschiedlich kann die Herangehensweise an verschiedene Nachlasstypen sein. Dem Nachlass eines Schriftstellers wird man sich über dessen Werk nähern, dem Nachlass eines Politikers z.B. über seine Funktionen und Wirkungsstätten. Aber auch diese Aussagen können so allgemein nicht getroffen werden. Hier wäre dann z.B. weiter nach dem angestrebten Forschungsergebnis zu fragen. Im Hinblick auf eine Briefedition werden die Fragen an einen Bestand andere sein als im Rahmen der Erarbeitung einer Biografie - unabhängig vom Fachgebiet und unabhängig davon, wo sich der Nachlass befindet. Dies zumal, da sich eine Aufteilung der Zuständigkeiten nach Nachlasstypen so strikt nicht durchgesetzt hat.

Unterschiede zeigen sich auch in der Verzeichnung bzw. Katalogisierung der Nachlässe.

Der summarischen, häufig eine Vielzahl unterschiedlicher Dokumenttypen umfassenden Verzeichnung mit näherer Bestimmung durch einen Enthält-Vermerk z.B. steht die bibliothekarische Katalogisierung mit der formalen Zuordnung von Urheber und Werk, von Verfasser, Adressat und Brief usw. sowie einer formalen Beschreibung gegenüber, aber auch hier sind Konvolutbildungen – auch über Materialarten hinweg - vorgesehen und üblich. Eine unterschiedliche Handhabung drückt sich auch in den spartenspezifischen Beschreibungselementen aus. Als Beispiel kann hier die Titelangabe

286 Illner (1999), S. 99.

287 Dachs (1965), S. 91.

genannt werden. Die archivische Titelangabe z.B. hat den Charakter einer Inhaltsangabe, die ihre Aussagekraft durch die Stellung der Verzeichnungseinheit in der Klassifikation und eine nähere Bestimmung durch Enthält- oder Darinvermerke erfährt, die Formulierung ist vom Bearbeiter gestaltbar. Die bibliothekarische Titelangabe folgt dagegen auch bei der Nachlasserschließung – je nach Materialart – der Vorlageform und wird nach den Maßgaben des bibliothekarischen Regelwerks gebildet. Solche Unterschiede werden besonders bei der Zusammenführung von Erschließungsdaten unterschiedlicher Institutionen und Sparten relevant und verdeutlichen die Bedeutung von Austauschformaten. 288

Nicht nur die bibliothekarische Weise der Nachlassordnung, auch die Katalogisierung wurde von archivarischer Seite kritisiert. So beschreibt Gerhard Schmid eine flexible Handhabung bei der Bestimmung der Verzeichnungseinheit als typisch archivarische Herangehensweise, bei der nicht jeder Brief, jedes Dokument usw. eine Verzeichnungs-einheit bilde, sondern überlieferte Faszikel und Konvolute auch mit einer zusammenfassenden Inhaltsangabe erfasst werden können. Die bibliothekarische Vorgehensweise kritisiert er als eine auf literarische Nachlässe verengte Sicht folgendermaßen:

„Bei der Verzeichnung jedoch ist nach wie vor zu konstatieren, dass die Handschriftenbibliothekare, jedenfalls wenn sie sich an die geltenden Regeln halten, das starre Gerüst der Einheitsaufnahme nach den Regeln für die Alphabetische Katalogisierung (RAK) auch auf Nachlasshandschriften anwenden.

[…] So wenig man Bücher auf der Grundlage archivischer Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze adäquat erfassen kann, so wenig sind die bibliothekarischen Regeln mit ihrer Fixierung auf die formalisierbaren Merkmale von Autor und Werk geeignet, eine Überlieferung vollständig und richtig zu beschreiben, die über weite Strecken kaum formalisierbar ist, und bei der Autor und Werk zum Teil nur untergeordnete Bedeutung besitzen oder ganz irrelevant sind. Es kann grundsätzlich nicht aufgehen, wenn Briefe und alle Arten von Lebensdokumenten als ‚Werke‘ behandelt und in das Prokustesbett einer bibliothekarischen Einheitsaufnahme gepresst werden.“289

Vor dem Hintergrund der hier vorgestellten Erschließungsmethoden wirkt diese Kritik ungenau. Weder wird aufgegriffen, dass das bibliothekarische Regelwerk eine andere Gliederungsstruktur für Nachlässe anderer Disziplinen erwähnt, noch wird die unterschiedliche Verfahrensweise zwischen den Ordnungsgruppen gesehen, die nicht nur für Lebensdokumente sachliche Ordnungen und Konvolutbildungen vorsieht.

Kritik wird von archivarischer Seite auch an der Anwendung der Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA) auf besondere Beständearten geübt. Aktuell

288 Vgl. hierzu die Darstellung von Richter (2004).

289 Schmid (2004), S. 18.

steht besonders der Umgang mit Verlagsarchiven im Blickfeld. So sieht Thekla Kluttig einen Zusammenhang zwischen einer zu starken Konzentration auf Autorenkorrespon-denzen und Autografen und einer Vernachlässigung anderer Verlagsüberlieferungen und der Anwendung der RNA:

„Speziell in der westdeutschen Verlagsarchivierung ist eine Konzentration auf solche Unterlagen [gemeint sind Autorenkorr. u. Autografen, Anm. der Verf.] aber nicht zu verleugnen. Symptomatisch dafür steht die verbreitete Orientierung an den ‚Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen‘ (RNA), die für die Bearbeitung und Erschließung von Nachlässen und Autografen in Archiven, Bibliotheken, Forschungseinrichtungen und Museen entwickelt wurden und die für die Anwendung auf Verlagsarchive nicht oder nur in sehr engen Grenzen geeignet sind.“290

Am Ende der archivischen Erschließung stehen klassischerweise ein Findbuch und / oder ein Inventar als Gesamtüberblick über einen Bestand, während bestandsübergreifenden Rechercheinstrumenten eine untergeordnete Bedeutung zukommt bzw. zukam.291 Aktuelle Entwicklungen weisen in eine neue Richtung, auch wenn die Diskussionen sich nicht konkret auf die Nachlassbearbeitung, sondern auf die Erschließung von Archivgut allgemein beziehen. Von besonderer Relevanz ist in Zeiten des Internets die Möglichkeit, Erschließungsinformationen über das Internet bereitzustellen und Browsingstrukturen, z.B. für die Navigation in Findbüchern, anzubieten. Die im Archivbereich laut werdende Forderung nach der Verwendung einheitlicher Datenstrukturen zielt auch darauf, im Archivbereich eine institutionenübergreifende Recherche zu ermöglichen.292

Die bibliothekarische Praxis dagegen strebte schon früh neben dem Standortkatalog als Übersicht über den Einzelbestand auch die nachlassübergreifende Verzeichnung an. Im Nachweis werden so alle Unterlagen aus den Nachlässen einer Bibliothek oder eines Literaturarchivs in einem alphabetischen Katalog zusammengeführt.293 Institutionen-übergreifend findet dieses Prinzip seine Fortsetzung in der Zentralkartei der Autographen (s. Kapitel 2.4.2) bzw. in neuerer Zeit in dem Verbundinformationssystem Kalliope – mit der Einschränkung, dass die Suchergebnisse nicht im Bestandszusammenhang präsentiert werden – aber auch hier wird an Weiterentwicklungen gearbeitet.

Archivische und bibliothekarische Methoden der Nachlasserschließung wachsen aber immer enger zusammen. U.a. die Retrievalmöglichkeiten moderner Datenbanken, die z.B. bestandsübergreifende Recherchen ohne einen Mehraufwand bei der Verzeichnung ermöglichen, weil die getrennte Verzeichnung in Repertorien und alphabetischen Katalogen lange obsolet geworden ist, besonders aber die zunehmende Bereitstellung

290 Kluttig (2009), S. 23.

291 Vgl. Treffeisen (2007), S. 309.

292 Kutzner (2008), S. 274.

293 Vgl. hierzu bereits Lülfing (1962), S. 84 sowie Ott (1987), Sp. 53.

von Erschließungsdaten im Internet lassen die Unterschiede der archivischen und der bibliothekarischen Nachlasserschließung heute geringer und eine engere Kooperation möglich erscheinen. Die Weiterentwicklung im Bereich der Datenpräsentation und besonders der Austauschformate, auf die im Zusammenhang mit der kooperativen Erschließung noch eingegangen wird, ermöglicht zudem, „dass die bereichsspezifisch generierten Daten gemeinsam suchbar und präsentierbar werden […]“.294

Auch durch solche institutionenübergreifenden Portale verschwimmen die Grenzen zwischen den Institutionen für den modernen Benutzer zunehmend. Hinzu kommt, dass Suchanfragen verstärkt auch unspezifisch – in Bezug auf Medientypen und auch auf die bestandshaltende Institution - gestellt werden. Dies haben nicht nur die Benutzer-befragungen im Rahmen der vorliegenden Untersuchung gezeigt (s. Kapitel 5). Die Nutzung von Suchmaschinen für – zumindest erste – Rechercheanfragen nimmt zu.

Darüber hinaus werden zunehmend Digitalisate oder Surrogate von unterschiedlichen Medien von den bestandshaltenden Institutionen angeboten. In der Literatur wird aufgrund dieser Entwicklungen die Frage nach einer virtuellen Wiedervereinigung von Bibliothek und Archiv (sowie Museum) gestellt.295

Aber nicht nur die technische Entwicklung führt zu einer Annäherung beider Sparten.

Auch ein Blick in die Fachliteratur zeigt, dass sich zu den oben genannten Unterschieden zwischen archivischer und bibliothekarischer Erschließungspraxis leicht Positionen finden lassen, die diese wieder relativieren. Eine mangelnde Inhaltserschließung, fehlende Sachbezüge und eine überbetonte Formalerschließung werden nicht nur von den Archivaren, sondern auch von den Bibliothekaren selbst aus unterschiedlichen Gründen kritisiert.296 Auch zur sachlichen Ordnung von Korrespondenzen gibt es unterschiedliche Ansichten. Die Zusammenfassung der Korrespondenzen in einer separaten Ordnungsgruppe wurde ebenfalls von Archivaren für bestimmte Bestände schon früh favorisiert.297 Auch für die bibliothekstypische bestandsübergreifende Verzeichnung von Korrespondenzpartnern lassen sich – auch für die Zeit vor Einführung von Datenbanken - Fürsprecher im Archivbereich finden.298 Die auf die Erschließung von Schriftsteller- und Gelehrtennachlässe spezialisierten Literaturarchive nehmen eine Sonderstellung ein. Wie oben beschrieben stehen sie in der archivischen und / oder der bibliothekarischen Tradition. Die Unterschiede zeigen sich z.B. in der verwendeten Fachterminologie. Die dargestellten Ordnungsschemata der Literaturarchive unterscheiden sich auf der Ebene

294 Brübach (2008), S. 9.

295 Siehe dazu Ernst (2003).

296 Vgl. hierzu Dachs (1982), S. 20; vgl. hierzu auch Rogalla von Bieberstein (1985), Sp. 315; Weber (2000), S. 964.

297 Richter (1961), Sp. 339f..

298 Vgl. Schmid (1981), S. 67.

der Nachlassgliederung allerdings hauptsächlich durch die Benennung und die Abfolge der Gliederungsgruppen. Sie lassen sich aber mit Einschränkungen doch abbilden auf die Grobgruppen Werke, Briefe, Dokumente und Sammlungen (und provenienzfremdes Material). Nicht zuletzt ist als Gemeinsamkeit, die auch in der Darstellung der Regelwerke deutlich wurde, die Betonung einer rationellen, am jeweiligen Bestand orientierten Erschließung zu nennen, die flexibel unterschiedliche Detaillierungsgrade ermöglicht.

In der Tendenz erschließen Bibliotheken – und auch Literaturarchive - Nachlassbestände also formaler und legen einen Akzent besonders auf Werke und Korrespondenzen sowie auf die formale Beschreibung der Unterlagen. Besonders Personen- und Körperschaftsnamen fungieren als wichtige Sucheinstiege. Archive dagegen tendieren zur sachlichen Strukturierung, die formale Gliederung nach Materialarten tritt in den Hintergrund. Entsprechend ist die Verzeichnung stärker durch inhaltliche Elemente gekennzeichnet. Dennoch wird die Erschließungsmethode vorwiegend vom jeweiligen Bestand und den überlieferten Unterlagen bestimmt. Ein staatliches oder kommunales Archiv wird bei der Erschließung eines Schriftstellernachlasses einen Hauptakzent auf das schriftstellerische Werk legen und eine Bibliothek bei den Unterlagen eines Nachlassers, der zugleich Politiker und Wissenschaftler war, die überlieferten Dokumente ggf. nach Wirkungsstationen oder anderen sachthematischen Zugriffen strukturieren und Sachakten belassen.299

Die Adäquatheit von Erschließungsmodellen ist aus Benutzersicht unabhängig von der bestandshaltenden Institution und kann sich nur in der Anwendung auf das jeweilige Material und in der Erzeugung von geeigneten Sucheinstiegen, unter denen Personennamen von besonderer Relevanz sind, für die Benutzer beweisen. Vor dem Hintergrund einer institutionenübergreifenden Präsentation von Erschließungsdaten ist eine bezugsabhängige Erfassung von Informationen zu beachten, Personennamen z.B.

dürfen nicht nur im Kontext einer Aufnahme auffindbar sein, sondern durch die Erfassung in adäquaten Feldern auch als eigenständiger Sucheinstieg.

Die Unterschiede zwischen Bibliothek und Archiv werden üblicherweise auf der Ebene ihrer Funktionen und Sammlungsgüter festgeschrieben. Autoren- bzw. prozess-generiertes Sammlungsgut, Publikationen bzw. Unikate, auf Verbreitung und Zugänglich-machung ausgerichtetes (Bücher) bzw. durch die Wandlung zur historischen Quelle charakterisiertes Sammelgut sowie aktive Sammeltätigkeit und organisches Bestandswachstum stehen sich gegenüber. Gerade durch diese trennenden

299 Um die tatsächliche Behandlung von Nachlassmaterial vergleichend gegenüberstellen zu können, wäre eine zusätzliche Untersuchung erforderlich.

Charakteristika aber wird deutlich, dass Nachlässe eine Schnittmenge der Sammlungsgüter bilden, für deren Erschließung eine Kombination von archivischen und bibliothekarischen Methoden zur Anwendung kommen muss.