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5 Die Sicht der Benutzer - Benutzerinterviews und Onlineumfrage

5.3 Die Onlinebefragung

Wie bereits in Kapitel 5.1 ausgeführt, wurde die Meinung der Benutzer zu unterschiedlichen Erschließungsmethoden und Angeboten des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 neben der Befragung mittels persönlicher Interviews auch mit dem Instrument der Onlineumfrage erfragt. Wie die Interviews war auch die Umfrage darauf

ausgerichtet, Kenntnisse über die Benutzergruppe zu gewinnen und Tendenzaussagen über die aktuelle Erschließungsleistung und –methode sowie eine Bewertung von Erschließungsalternativen und neuen Angeboten aus Benutzersicht zu erhalten. In Kapitel 5.1.2 wurden bereits die Vorannahmen vorgestellt, auf deren Basis der Gesprächsleitfaden für die Interviews und die Onlineumfrage erstellt worden war. Die formulierten Vorannahmen basieren auf den Erkenntnissen, die die Auswertungen der Vor-Ort-Benutzungen und schriftlichen Anfragen ergeben hatten, und auch auf den Einschätzungen, die aus der Praxis der Archivarbeit resultieren. Die für die Onlineumfrage relevanten Hypothesen werden im Folgenden noch einmal dargelegt:

1: Eine Groberschließung aller Bestände des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 wird gegenüber einer Detailerschließung weniger ausgewählter Bestände von den Benutzern favorisiert.

2: Eine Erschließungsform, die gegenüber einer tiefen Formalerschließung durch bewusste Informationsreduktion in bestimmten Bereichen der Dokumentenbeschreibung charakterisiert ist, wird von den Benutzern des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 akzeptiert.

Auch die Präsentation von vorgefundenen Ordnungen wird von den Benutzern angenommen.

3: Allgemeine Angaben zu Beständen, wie Informationen zur Biografie des Bestandsbildners und zur Herkunft von Beständen sowie die Darstellung der Nachlassgliederung sind für die Benutzer des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 relevant.

4: Die Praxis der tiefen Formalerschließung im Deutschen Exilarchiv 1933-1945 ist nur in Teilen an den Kompetenzen und Erwartungen der Benutzer orientiert; angebotene Detailinformationen werden von den Benutzern nicht uneingeschränkt verstanden und benötigt.

Aussagen zur ersten Annahme wurden gewonnen, indem den Probanden die Alternativen – alle Nachlässe grob erschließen oder ausgewählte detailliert – zur Wahl vorgelegt wurden. Die zweite Aussage wurde geprüft, indem um bestimmte Detailangaben reduzierte Titelaufnahmen zur Bewertung gestellt wurden. Anhand von Beispielen wurde auch nach der Akzeptanz von alternativen Erschließungsmodellen (Beschreibung einer überlieferten Ordnung; Beschreibung einer vorgefundenen Unordnung) gefragt. Die Relevanz bisher nicht angebotener Informationen wurde am Beispiel von knappen biografischen Angaben zum Nachlasser und einer Kurzinformation zur Herkunft eines Bestandes geprüft. Auch die Bedeutung von Nachlassübersichten wurde erfragt. Um zu Aussagen über die Relevanz einer detaillierten Formalerschließung zu finden, wurden die Probanden nach der Verständlichkeit unterschiedlicher Angaben befragt. Außerdem wurden sie um eine Einschätzung der Bedeutung von Detailangaben für ihre wissenschaftliche Arbeit gebeten.

Im folgenden Kapitel werden die einzelnen Stufen bei der Erarbeitung der Onlineumfrage und deren Durchführung dargelegt.

5.3.1 Methode und Konzeption

Zur Durchführung von Benutzerbefragungen stehen unterschiedliche Befragungsarten zur Wahl. Nachfolgend wird dargestellt, welche Gründe zu der Entscheidung für eine Onlineumfrage führten.

Als Grundformen der Befragung stehen sich die papiergestützten, sogenannten „Paper-and-pencil-Befragungen“494 und die computergestützten Befragungen gegenüber. Beide Formen zeichnen sich durch unterschiedliche Vor- und Nachteile aus. Papiergestützte Befragungen bieten, je nach Absicht einer Umfrage, den Vorteil, dass auch „computer-ferne oder computer-abstinente Befragtengruppen einbezogen werden können“.495 Als Nachteil der papiergestützten Befragungen lässt sich feststellen, dass sie kostenintensiver sind und Erschließungsdaten aus Onlinekatalogen sich in einem Papierfragebogen nicht authentisch darstellen lassen. Als problematisch stellen sich in Paper-and-pencil-Befragungen auch Filterfragen dar, da die Filterung vom Probanden selbst zu leisten ist. Weiterhin bergen papiergestützte Umfragen das Risiko einer hohen Anzahl unvollständiger Fragebögen, da sie den Befragten die Möglichkeit zum Überspringen von Fragen lassen.

Computergestützte Befragungen lassen sich alternativ z.B. als „Befragung mit Hilfe eines Terminals in den Räumen der Bibliothek“496 oder als Onlineumfrage durchführen. Da die Auswertung der Benutzeranfragen des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 bereits die Tendenz zeigte, dass ein nennenswerter Teil der Anfragenden über das Internet auf die Bestände des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 bzw. auf das Exilarchiv als potenziell relevantes Archiv aufmerksam geworden war, wurde als Form der schriftlichen Befragung die Onlinebefragung gewählt. Dabei wurde im Vorfeld ermittelt, dass ca. 84% der relevanten Benutzer, die Bestände des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 im Erhebungs-zeitraum 2006 - September 2008 nutzten, eine Emailadresse angegeben hatten.

Die Vorteile dieser Erhebungsform lagen in der raschen Durchführbarkeit und den vergleichsweise geringen Kosten. Außerdem stellt eine Onlinebefragung für die Befragten einen geringen Aufwand dar, weil das Versenden der Antwort per Briefpost entfällt. Die Entscheidung für eine Onlineumfrage basierte aber vor allem auf den Vorteilen im Bereich der Präsentation. Da das Erkenntnisinteresse darin lag, Bewertungen von

494 Dollinger (2003), S. 876.

495 Fuchs (2008), S. 13.

496 Ebenda, S. 13.

Erschließungsleistungen, d.h. Katalogdaten, zu erhalten, bot die Onlineumfrage den Vorteil, dem Befragten die entsprechenden Katalogdaten als Screenshot am Bildschirm in Farbe zu veranschaulichen und so einen Medienbruch zu vermeiden. Zudem ermöglichte die Onlinebefragung eine automatisierte Plausibilitätskontrolle. Es konnten Pflichtfragen definiert werden, die vom Befragten beantwortet werden mussten, um die nächste Frage zu erreichen. Der Gefahr, dadurch Fragebogenabbrüche herbeizuführen, stand der Vorteil gegenüber, eine bessere Qualität bei den komplett ausgefüllten Fragebögen zu erhalten.

Auch Filterfragen, die je nach Antwort zum Überspringen von Fragen oder zu offenen Nachfragen führten, konnten leicht umgesetzt werden.

5.3.2 Grundgesamtheit und Stichprobe

Neben der Befragungsmethode ist auch der Umfang der Befragung von Bedeutung für die erwarteten Ergebnisse. Die dabei zu berücksichtigenden Größen, Grundgesamtheit und Stichprobe, und deren Verhältnis zueinander sind Gegenstand des folgenden Abschnitts.

Für die vorliegende Untersuchung war es schwierig, eine Grundgesamtheit, d.h. eine Gesamtmenge von Personen, auf die sich die Ergebnisse der Befragung beziehen sollten, exakt zu beziffern. Vergleichbar mit der Zielsetzung in den Interviews diente auch die Befragung dazu, Tendenzen ermitteln und Hinweise für eine Anpassung der Erschlie-ßungsmethoden zu erhalten. Anforderungen der Nutzer sollten erforscht, Verständnisschwierigkeiten und Akzeptanzgrenzen erkannt werden. Ziel war es, von den Probanden Bewertungen der aktuellen Erschließungsleistung und alternativer Ordnungs- und Erschließungsmodelle zu erhalten. Die zu bewertenden Beispiele stammten allesamt aus dem 2006 freigeschalteten Archivalienkatalog des Deutschen Exilarchivs 1933-1945.

Als Möglichkeit, eine Grundgesamtheit zu bestimmen, wurde erwogen, die Benutzer des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 zur Grundgesamtheit zu zählen, die den Archivalienkatalog des Archivs zumindest theoretisch benutzt haben könnten, d.h. alle Benutzer seit Freischaltung des Katalogs im September 2006. Dies schien zunächst als Voraussetzung zu einschränkend zu sein, da Erschließungsdaten des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 seit Abschluss der Retrokonversion des Grundbestandes der Zentraldatei der Autographen Ende 2004 z.B. auch über Kalliope497 online zur Verfügung standen. Wenn auch die Einbettung der Erschließungsdaten in eine allgemeine Autografendatei eine andere Onlineumgebung darstellte als die Nachlassdatenbank des Deutschen Exilarchivs 1933-1945, bieten beide jedoch gegenüber einem ortsgebundenen

497 http://kalliope.staatsbibliothek-berlin.de/.