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Fragenkatalog, korrespondierende Hypothesen und Kategoriensystem Die zum Zeitpunkt der Auswertung gültige Benutzungsordnung für das Deutsche

4 Die Sicht der Benutzer – Benutzeranfragen und Vor-Ort- Vor-Ort-Benutzungen

4.2 Auswertung der Anträge für die Benutzung vor Ort

4.2.1 Fragenkatalog, korrespondierende Hypothesen und Kategoriensystem Die zum Zeitpunkt der Auswertung gültige Benutzungsordnung für das Deutsche

Exilarchiv 1933-1945426 sieht vor, dass die Zulassung zur Benutzung auf einem dafür vorgesehenen Formular schriftlich zu beantragen ist. Die Benutzung wird genehmigt, wenn ein dienstliches, fachliches, wissenschaftliches oder berufliches Interesse nachgewiesen wird, wobei Zulassungsbeschränkungen nicht restriktiv gehandhabt werden. Auf dem Formular ist das Thema der Arbeit anzugeben.

Gegenstand der hier vorgenommenen Auswertung waren die Anträge auf Zulassung zur Benutzung der Jahre 2006 und 2007. Dabei wurden nur die Anträge berücksichtigt, die sich auf eine Vor-Ort-Benutzung bezogen.427 Insgesamt wurden 106 (2006: 49, 2007:

57) Benutzungsvorgänge ausgewertet. Dabei wurde nicht unterschieden, ob die Benutzer das Archiv nur an einem Tag oder für einen längeren Forschungsaufenthalt besuchten.428

Folgende Fragestellungen und Hypothesen lagen der Auswertung zu Grunde:

Frage 1: In welchem Kontext erfolgte die Benutzung?

Hypothese 1: Die Benutzung erfolgt überwiegend in einem wissenschaftlichen Kontext (Veröffentlichungen, Forschungsarbeiten, –projekte, Ausstellungen).

Kategorien:

Wissenschaftliches Interesse: Forschungsarbeit (Seminararbeit, Magisterarbeit, Diplom-arbeit, Dissertation, u.a., hier nicht: andere wiss. Veröffentlichung); Forschungsprojekt (an einer Universität angesiedelt); Veröffentlichung (Veröffentlichung in Zeitschriften, Buchpublikation, Ausstellungskatalog, Edition [Werk- , Briefedition], Biografie; hier nicht:

Seminararbeit, Magisterarbeit, Dissertation, Habilitation, u.a. Forschungsarbeiten);

Ausstellungen (hier nicht: Ausstellungskatalog)

426 Zusätze zur Benutzungsordnung vom 20. November 1997 für Benutzer/innen des DEA.

427 Ein Antrag ist auch für die Bestellung von Kopien auszufüllen.

428 Für die Arbeit an einem Projekt ist innerhalb eines Kalenderjahres nur einmal ein Benutzungsantrag zu

stellen.

Berufliches / fachliches Interesse (z.B. Lehrerfortbildung, Suche nach Urkunden im Rahmen von Rechtsgutachten)

Frage 2: Welchen inhaltlichen Schwerpunkt weisen die Vor-Ort-Benutzungen auf?

Hypothese 2: Die Bestände des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 werden überwiegend für die Erarbeitung von thematischen und biografischen Darstellungen genutzt, selten für textkritische Studien.

Kategorien:

Biografische Darstellungen

Thematische Darstellungen (Darstellungen zu Institutionen, Gruppen, politischen Bewegungen, Länderstudien u.a.)

Arbeiten zu einem Werk (textkritische Studien, Übersetzungen, Interpretationen, Editionen u.a.)

Sonstiges

Frage 3: Welchen Wissenschaftsdisziplinen sind die Forschungsarbeiten und –projekte zuzuordnen?

Hypothese 3: Die Forschungsarbeiten und –projekte haben in der Mehrzahl einen geisteswissenschaftlichen Hintergrund.

Kategorien429:

Geisteswissenschaften: Geschichtswissenschaften; Literatur-, Theater-, Medienwissenschaften

Sozial- und Verhaltenswissenschaften: Erziehungswissenschaft; Sozialwissenschaften [Soziologie, Publizistik und Kommunikationswissenschaften, Politikwissenschaften];

Rechtswissenschaften

Natur- und Lebenswissenschaften: Medizin

Bemerkung: Die Zuordnung zu diesen Kategorien erfolgte bei Nennung der Disziplin und auch bei Nennung z.B. des Doktorvaters, wenn dieser bekannt und einer Disziplin zuzuordnen war.

Frage 4: Weisen die Benutzungsvorgänge einen Bezug zum Themenfeld deutschsprachige Emigration 1933-1945 auf?

Hypothese 4: Die Mehrzahl der Vor-Ort-Benutzungen weist einen Bezug zum Themenfeld auf.

429 Wissenschaftsdisziplinen nach der DFG-Systematik der Fächer, Fachkollegien, Fachgebiete und Wissen- schaftsbereiche.

Unter: http://www.dfg.de/dfg_im_profil/zahlen_und_fakten/download/dfg_fachsystematik_03_07.pdf Nach der Probecodierung wurden nur die Fachgebiete als Kategorien belassen, zu denen Benutzungs- vorgänge vorlagen.

Kategorien:

Exilrelevantes Themenfeld (enger Bezug zum Themenfeld, z.B. Edition einer Exilkorrespondenz, Untersuchung zur Exilsituation in einem bestimmten Aufnahmeland;

verwandte Themen, z.B. eine Biografie, die die Emigrationszeit der Person mit umfasste;

Arbeiten zum Thema Widerstand 1933-1945, in denen die deutschsprachige Emigration 1933-1945 thematisiert wurde)

Kein Exilbezug

Bemerkung: Die Zuordnung erfolgte aufgrund der Fachkenntnisse der Verfasserin, ggf.

unter Hinzuziehung einschlägiger Nachschlagewerke.

Frage 5: Beziehen sich die Benutzungsvorgänge überwiegend auf Material zu bestimmten Personen, zu Themen oder auf ganze Nachlässe?

Hypothese 5: Überwiegend beziehen sich die Benutzungsvorgänge auf Personen.

Kategorien:

Benutzung bezogen auf einen Bestand (Als auf einen Bestand bezogen wurde ein Benutzungsvorgang dann gewertet, wenn ein konkret benannter Bestand zur Einsicht gewünscht wurde.)

Benutzung von Unterlagen zu einer Person (Benutzungsvorgänge, bei denen bestandsübergreifend Material von/an/über eine oder mehrere bestimmte Personen zur Einsicht gewünscht wurde)

Benutzungsvorgänge zu einem Thema / Themenfeld (Benutzungsvorgänge, bei denen bestandsübergreifend Material zu einem bestimmten Thema zur Einsicht gewünscht wurde)

Frage 6: In welchem Erschließungszustand liegen die benutzten Bestände vor?

Hypothese 6: Die benutzten Bestände sind überwiegend nicht katalogisiert.

Kategorien:

Nicht/kaum erschlossene Bestände: Es liegen keine Verzeichnisse zu einem Bestand vor.

Vorgeordnet: Es liegen Verzeichnisse, zumindest zu einem umfangreichen Teil des Bestandes vor (z.B. Briefschreiberlisten, Manuskripttitel-Listen, u.a.).

Katalogisierte / teilweise katalogisierte Bestände: Zu einem Teil oder zu allen Unterlagen eines Bestandes liegen Katalogisate in Form von konventionellen Zettelkatalogen oder Titelaufnahmen im Archivalienopac des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 vor.)

Bemerkung: Die Zuordnung erfolgte aufgrund der Kenntnis der Verfasserin.

4.2.2 Ergebnisse

Frage 1: In welchem Kontext erfolgt die Benutzung?

Hypothese 1: Die Benutzung erfolgt überwiegend in einem wissenschaftlichen Kontext (Veröffentlichungen, Forschungsarbeiten, –projekte, Ausstellungen).

Auswertung:

Die Hypothese konnte durch die Auswertung bestätigt werden. Die Mehrzahl der Vor-Ort-Benutzungen stand in einem wissenschaftlichen Kontext (Insgesamt: 93%, 2006: 86%, 2007: 100%). Unter diesen überwogen mit 50% sonstige Veröffentlichungen (Buchveröf-fentlichungen sowie Zeitschriftenbeiträge), gefolgt von Forschungsarbeiten und Forschungsprojekten mit 34% und Ausstellungsvorhaben mit 16%. Im Kontext fachlichen und beruflichen Interesses (z.B. die Vorbereitung eines Kabarettabends, Abgleich zweier verteilt vorliegender Nachlassbestände) wurden die Bestände selten (4%) genutzt. In 3% konnte kein Kontext benannt werden.

Abb. 16, Benutzungskontext 2006+2007, N = 106

Alle Vor-Ort-Benutzungen, die im Zusammenhang mit Forschungsarbeiten und -projekten standen (das waren 32% der Gesamtzahl), wurden weiter differenziert.

Abb. 17, Forschungsvorhaben 2006+2007, N = 34

Analog zu dem Ergebnis der Auswertung von Benutzeranfragen war auch für die Vor-Ort-Benutzungen festzustellen, dass Studienanfänger selten den Weg ins Archiv finden. Von den Forschungsarbeiten waren nur insgesamt 3% Seminararbeiten (2006: keine Nutzung in diesem Zusammenhang, 2007: 6%). Es überwogen Dissertationen (Gesamt: 53%, 2006: 50%, 2007: 56%). An einer Magister- oder Diplomarbeit arbeiteten 32% (2006:

39%, 2007: 25%), 12% (2006: 11%, 2007: 13%) an Forschungsprojekten.

Frage 2: Welchen inhaltlichen Schwerpunkt weisen die Vor-Ort-Benutzungen auf?

Hypothese 2: Die Bestände des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 werden überwiegend für die Erarbeitung von thematischen Darstellungen und biografischen Arbeiten genutzt, selten für textkritische Studien.

Auswertung:

Die Annahme, dass die Bestände des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 überwiegend für thematische Darstellungen sowie für biografische Studien genutzt werden, konnte durch die Auswertung bestätigt werden. 46% der Benutzer arbeiteten an biografischen Studien (2006: 45%, 2007: 47% ), 31% an thematischen Darstellungen (2006: 27%, 2007:

35%). 12% (2006: 10%, 2007: 14%) der Benutzungen stand im Zusammenhang mit Arbeiten zu einem Werk.

Abb. 18, Inhaltliche Schwerpunkte 2006+2007, N = 106

Aus 11% der Benutzungsanträge war allerdings keine Angabe zu inhaltlichen Schwerpunkten zu entnehmen (2006: 18%, 2007: 4%).

Frage 3: Welchen Wissenschaftsdisziplinen sind die Forschungsarbeiten und –projekte zuzuordnen?

Hypothese 3: Die Forschungsarbeiten und –projekte haben in der Mehrzahl einen geisteswissenschaftlichen Hintergrund.

Abb. 19, Wissenschaftsdisziplin 2006+2007, N = 34

Auswertung:

Die Annahme, dass der überwiegende Teil der Forschungsarbeiten und –projekte, für die Bestände vor Ort benutzt wurden, einen geisteswissenschaftlichen Hintergrund hatte, konnte verifiziert werden. 73% der Forschungsarbeiten (2006: 75%, 2007: 72%) standen im Zusammenhang mit geisteswissenschaftlichen Forschungen.

Frage 4: Weisen die Benutzungsvorgänge einen Bezug zum Themenfeld deutschsprachige Emigration 1933-1945 auf?

Hypothese 4: Die Mehrzahl der Vor-Ort-Benutzungen weist einen Bezug zum Themenfeld auf.

Abb. 20, Exilbezug 2006+2007, N = 106

Auswertung:

Die Hypothese, dass die Mehrzahl der Benutzer auf dem Gebiet der Exilforschung arbeitet bzw. eine Exilthematik mit berührte, ließ sich bestätigen (Insgesamt: 82%, 2006: 76%, 2007: 88%). Als exilrelevant wurden Benutzungsvorgänge eingestuft, wenn der Benutzer auf dem Anmeldebogen ein Thema mit Bezug zur Exilforschung (z.B.

Verfassen einer Biografie, die die Emigrationszeit der porträtierten Person mit umfasste, oder Arbeiten zum Thema Widerstand 1933-1945, in denen die deutschsprachige Emigration 1933-1945 thematisiert wurde) oder ein explizites Exilthema (z.B.

Wissenschaftler im Exil in der Türkei, Schriftstellerinnen im Exil u.a.) angegeben hatte.

Eindeutig ohne Bezug zum Themenfeld Exil waren lediglich 1% der Vor-Ort-Benutzungen (2006: 2%, 2007: keine Anfrage ohne Exilbezug). Allerdings ließ sich aus 17% (2006:

22%, 2007: 12%) der Benutzungsbögen keine Aussage zur Fragestellung ermitteln.

Frage 5: Beziehen sich die Benutzungsvorgänge überwiegend auf Material zu bestimmten Personen, Material zu Themen oder auf ganze Nachlässe?

Hypothese 5: Überwiegend beziehen sich die Benutzungsvorgänge auf Material zu Personen.

Abb. 21, Benutzungsinteresse 2006+2007 (Thema, Person, Nachlass/Bestand), N = 106

Auswertung:

Im ausgewerteten Zeitraum interessierten sich die Benutzer überwiegend für die Durchsicht ganzer Bestände oder Teile davon (Gesamt: 48%, 2006: 45%, 2007: 51%).

Bestandsübergreifend wurden Materialien von/an/über bestimmte Personen und Materialien zu bestimmten Themen seltener zur Einsicht vor Ort angefragt. Die Hypothese ließ sich durch die Auswertung nicht bestätigen.

Bei den Personen, von/an/über die Material gesucht wurde, handelte es sich in 96% der Fälle um deutschsprachige Emigranten.

Frage 6: In welchem Erschließungszustand liegen die benutzten Bestände vor?

Hypothese 6: Die benutzten Bestände sind überwiegend nicht katalogisiert.

Abb. 22, Erschließungszustand der benutzten Bestände 2006+2007, N = 393

Auswertung:

Insgesamt wurde Material aus 393 Beständen benutzt. Eingesehen wurden insgesamt 111.916 Einheiten.430 Dabei wurden Bestände, die von mehreren Benutzern heran-gezogen wurden, mehrfach gezählt. Die Annahme, dass die benutzten Bestände über-wiegend nicht katalogisiert sind, konnte nicht bestätigt werden.

Die Differenz - 41% (2006: 41%, 2007: 41%) nicht katalogisierte Bestände und 59%

(2006: 59%, 2007: 59%) katalogisierte Bestände - relativiert sich allerdings, wenn man berücksichtigt, dass bei der bestandsübergreifenden Suche nach Material von/an/über bestimmte Personen ungeordnete Bestände nicht herangezogen werden können, weil es nicht möglich ist, unsortierte Unterlagen ohne Anhaltspunkt aufgrund einer Anfrage auf Material von/an/über bestimmte Personen durchzusehen.

Der Erschließungszustand der benutzten nicht katalogisierten Bestände war in insgesamt 45% der Fälle vorgeordnet, in 55% weniger oder nicht erschlossen. Hier unterschieden sich die Werte in 2006 und 2007 jedoch voneinander. In 2006 waren 47% der benutzten nicht katalogisierten Bestände kaum oder nicht erschlossen, in 2007 waren es 63%. Es

430 Der Begriff Einheiten meint z.B. ein Manuskript, einen Brief, einen Sonderdruck und unterscheidet sich daher von der Blattzahl. Eine Einheit kann mehrere Blätter umfassen.

lässt sich als Tendenz daher nur resümieren, dass auch ungeordnete Bestände häufig zur Einsicht vor Ort bestellt werden.

Abb. 23, Erschließungszustand der nicht katalogisierten Bestände 2006+2007, N = 161

Die benutzten katalogisierten Bestände waren in 97% der Fälle über Zettelkataloge recherchierbar, 3% waren im Archivalienopac nachgewiesen.