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Bibliothekarische Ordnungsmodelle und Regelwerke Die Erkenntnis der Bibliothekare, dass

2 Nachlasserschließung – Geschichte und Status quo

2.2 Erschließungsmethoden

2.2.1 Bibliothekarische Ordnungsmodelle und Regelwerke Die Erkenntnis der Bibliothekare, dass

„die Katalogisierungsmethoden in diesem Sammlungsbereich sich in vieler Hinsicht von den sonst in den Bibliotheken, d.h. vor allem in ihren Druck-schriftenabteilungen, gebräuchlichen,[sic!] unterscheiden und sich auch nach der Art des zu verzeichnenden Materials unterscheiden müssen,“141

verlangte eine intensive Auseinandersetzung mit der Problematik und mit den aktuellen Entwicklungen in dem angrenzenden Bereich der Archivwissenschaft.

Die für die Bücher und auch für die mittelalterlichen und nachmittelalterlichen Hand-schriften übliche Vorgehensweise, „das Einzelstück […] bibliographisch zu fixieren“142, war auf die in Nachlässen überlieferten Unterlagen nicht unmittelbar anwendbar. Die Erschließung war abzustimmen auf den „additiven Charakter“143 des Nachlassmaterials.

Die Strukturierung der überlieferten Unterlagen, das Inbeziehungsetzen wurde als primäre Aufgabe zunächst für die Tätigkeit der Nachlassordnung und später auch der Nachlasskatalogisierung definiert. Ordnungsschemata wurden vorgestellt, unterschied-liche Gliederungsmethoden diskutiert. Eine Einteilung des Nachlassmaterials in Ord-nungsgruppen hatte bereits Axel von Harnack144 vorgenommen. Aus der Gliederung in die von ihm benannten Gruppen wurden weitere Vorschläge zur Ordnung – vorwiegend bezogen auf literarische Nachlässe - erarbeitet. Dabei ist die Anwendung eines festen Gliederungsschemas145 von der Ordnung des Materials nach einem in den unteren Gliederungsebenen freien Ordnungsmodell, das aus der überlieferten Zusammensetzung des Nachlasses zu entwickeln ist, zu unterscheiden.

Im Falle einer notwendigen Neuordnung hat sich für literarische Nachlässe im Verlauf der Diskussionen die Grobgliederung in vier Hauptgruppen herausgebildet,146 die zur Basis des bibliothekarischen Regelwerks wurde147 und breite Anwendung gefunden hat. Die Strukturierung von Nachlassmaterial in die Gliederungsgruppen Werke / Briefe / Lebensdokumente / Sammlungen lässt sich zurückführen auf die Dominanz von Schriftsteller-, Wissenschaftler- und Künstlernachlässen in bibliothekarischen Sammlungen.

141 Lülfing (1962), S. 84.

142 Schmidt (1965), S. 75.

143 Ebenda, S. 74.

144 Harnack (1947), S. 262ff.; vgl. hierzu auch Hoffmann (1963), S. 51ff..

145 Ein frühes Bsp. ist das Gliederungsschema der Polnischen Akademie der Wissenschaften. S. dazu:

Kolankowski (1957), S. 124f..

146 Dachs (1982), S. 12.

147 Die Möglichkeit einer sachlichen Gliederung ist im Regelwerk ebenfalls vorgesehen.

Der Zugriff auf das Material erfolgt mit dieser Strukturierung in „Material-hauptgruppen“148 – innerhalb des Provenienzprinzips – auf der ersten Gliederungsebene überwiegend nach formalen Kriterien, nicht nach der Chronologie der beruflichen Tätigkeit oder anderen strukturierende Merkmalen, die unterschiedliche Materialarten nach inhaltlichen Kriterien zu Ordnungsgruppen und Akten bündeln. Eine anschließende Feingliederung kann unterschiedlichen, auch sachlichen Kriterien folgen.

Der Autor und sein Werk sind primär Ausgangspunkt der ersten Ordnungsgruppe (Werke), die Ordnung des Materials erfolgt nach dem bereits von Karl Dachs be-schriebenen „Autorenprinzip“149. Diese formale Herangehensweise, die sich nicht nur in der Ordnung, sondern auch in der sich anschließenden Katalogisierung des Materials niederschlägt, lässt sich auch zurückführen auf die Übertragung von Teilen der bibliothekarischen Formalerschließung auf den Bereich der Nachlasserschließung. Die Zuordnung von Autor und Werk und die Charakterisierung von Dokumenten durch weitere formale Merkmale sind Elemente der bibliothekarischen Formalerschließung, auch wenn die Nachlasserschließung hier deutliche Modifizierungen zeigt, z.B. mit der Katalogisierung von Konvoluten als zusammenfassender Beschreibung einer Vielzahl von Dokumenten. Die Gruppe der Werke kann bei der Nachlassbearbeitung zudem breit angelegt sein, Vorstufen aller Art, ggf. auch inhaltlich anschließende Korrespondenzen oder Dokumente können darunter gefasst sein. So definiert zeigt sich dann auch in dieser primär formalen Zuordnung eine sachlich-inhaltliche Strukturierung, die unterschiedliche Materialarten mit sachlichem Zusammenhang in einer Ordnungsgruppe vereint.

Nicht nur für die Gruppe der Werke, auch für Briefe wird üblicherweise der Bezug über die Person hergestellt, die Ordnung erfolgt meist alphabetisch nach Verfassern.

Allerdings ist in bibliothekarischen Beiträgen zur Nachlassordnung und in den Regelwerken die Beibehaltung von bereits sachthematisch strukturiert vorliegenden Korrespondenzen auch explizit vorgesehen.150 Nach dem Pertinenzprinzip wird bei der inneren Ordnung der sogenannten Lebensdokumente und Sammlungen verfahren, denen in der bibliothekarischen Nachlasserschließung jedoch tendenziell eine nachgeordnete Bedeutung zukommt.151

Bestandteil der bibliothekarischen Nachlasserschließung ist weiter eine – im besten Fall an den Erfordernissen des jeweiligen Bestandes ausgerichtete, häufig detaillierte -

148 RNA (2009), S. 61.

149 Dachs (1982), S. 10.

150 Karl Dachs hat in seinem Beitrag ausführlich unterschiedliche Herangehensweisen diskutiert, die hier nicht

nachgezeichnet werden sollen. Zudem wird auf die sachliche Strukturierung bei der Darstellung der

jeweiligen Regelwerke Bezug genommen. S. dazu Dachs (1982), S. 16ff..

151 Vgl. hierzu Dachs (1982), S. 12 sowie RNA (2009), S. 11f..

formale Beschreibung der Unterlagen, die den bibliothekarischen Regelwerken zur Katalogisierung (RAK-WB) nahe steht und sich ebenfalls von der archivischen Herangehensweise unterscheidet. Der Erfassung von Personennamen bzw. Namen von Körperschaften und der Funktionszuweisung derselben (Verfasser, Adressat, dokumen-tierte Person u.a.) kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Nutzung von Normdateien ist auch im Bereich der bibliothekarischen Nachlasserschließung noch nicht völlig etabliert, ist aber – vorangebracht besonders durch die Normdatennutzung in Kalliope (s. Kapitel 2.4.2) – durchaus verbreitet und im bibliothekarischen Regelwerk Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA) verankert.152

Personenangabe und auch der Kollationsvermerk mit der Angabe von Art, Umfang und Anzahl stehen auch in Nähe zur Dokumentbeschreibung des Autografenhandels, auf den hier jedoch nicht weiter eingegangen werden soll.

Wie bereits dargestellt, werden in Bibliotheken aber nicht nur literarische Nachlässe erschlossen. Die Aufteilung der Nachlässe von Schriftstellern, Wissenschaftlern und Künstlern auf Bibliotheken und Literaturarchive, die von Politikern, Staatsmännern und anderen Personen des öffentlichen Lebens auf Archive, hat sich zwar als Tendenz, nicht aber grundsätzlich durchgesetzt. Die Verwendung der Bezeichnung „bibliothekarisches Grundschema“153 ist in diesem Sinne unpräzise, weil sie meist ein Ordnungsschema nur für literarische Nachlässe beschreibt. Bereits bei der Erschließung mancher Wissenschaftlernachlässe, besonders aber z.B. von Politikernachlässen oder Mischnachlässen, die von Bibliotheken verwahrt werden, ist es angezeigt, ein differierendes Ordnungsschema und eine stärker inhaltlich ausgerichtete Erschließung zu Grunde zu legen, um der Biografie des Nachlassers und den überlieferten Unterlagen gerecht zu werden – zumal, wenn eine überlieferte Ordnung oder Teilordnung erhalten werden kann. Aber auch innerhalb eines solchen differierenden Ordnungsmodells fänden die Katalogisierungsregeln mit einer formalen Charakterisierung der Unterlagen An-wendung, Personennamen als Sucheinstiege blieben auch dann ein wichtiges Element.

2.2.1.1 Die Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA)

Die Entstehung der Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen154 weist zurück auf Empfehlungen, die als Versuch einer Vereinheitlichung der Nachlass-erschließung dem Vortragsband zur Tagung der Deutschen Handschriften-Bibliothekare

152 Siehe dazu Kapitel 2.2.1.1f. sowie 7.2.1.

153 Dachs (1982), S. 12.

154 RNA (1997); aktuelle Fassung: RNA (2009).

am 11. und 12. Januar 1962 in Wolfenbüttel155 als Anhang angefügt waren, und denen 1967 die Richtlinien der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Katalogisierung von Nachlässen und Autographen156 folgten. Auch in den Richtlinien Handschriften-katalogisierung der Deutschen Forschungsgemeinschaft157 wurde der Katalogisierung von Nachlässen und Autografen erneut ein kurzes Kapitel gewidmet, das neben der Nachlass-definition und Empfehlungen zum Personaleinsatz kurze Hinweise zur Katalogisierung von Manuskripten, Sammlungen, persönlichen Dokumenten und Briefen enthält.

In beiden Publikationen findet sich einleitend der Hinweis darauf, dass Aufwand und Ergebnis bei der Erschließung von Nachlässen in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen.158 Dass diese nachvollziehbare Forderung so explizit für die Erschließung von mittelalterlichen Handschriften und nachmittelalterlichen Buchhandschriften nicht ausgesprochen wurde, ist einerseits als Wissen um die Masse der unerschlossenen Bestände und die Unterschiedlichkeit der in einem Nachlass überlieferten Unterlagen zu deuten, lässt sich andererseits aber vielleicht auch als Abstufung lesen, in der neu-zeitliche Nachlässe in der Bedeutung unterhalb der mittelalterlichen Handschriften und nachmittelalterlichen Buchhandschriften rangieren, setzt man voraus, dass eine rationelle Methode – wie auch immer definiert – das Ziel jeder Erschließungsleistung ist.

1991 erschien mit Der Einsatz der Datenverarbeitung bei der Erschließung von Nachlässen und Autographen159 eine ausschließlich auf die Erschließung von Nachlässen und Autografen ausgerichtete umfangreichere Richtlinie, die angesichts der technischen Entwicklungen auf Normierungen bei der Erfassung von Nachlassmaterial, die Verwendung von Normdateien und einen dadurch ermöglichten Datenaustausch zielte (s.

dazu auch Kapitel 3.3.3).160 Die dort vorgestellten Empfehlungen sollten für Nachlassbestände in Bibliotheken und Archiven gleichermaßen gelten,161 obwohl sich, wie Ewald Grothe in seinem Beitrag zur kooperativen Erschließung schreibt, „unter den elf Mitgliedern der Arbeitsgruppe kein einziger Archivar“162 befand,163 und die Richtlinien am bibliothekarischen Regelwerk (RAK-WB) orientiert waren. Diese Empfehlungen

155 In: Zur Katalogisierung mittelalterlicher und neuerer Handschriften (1963), Anhang.

156 Richtlinien (1967).

157 Richtlinien (1973).

158 Zur Katalogisierung mittelalterlicher und neuerer Handschriften (1963), S. 183; in diesem Sinn auch in

Richtlinien (1973), S. 16 und in den folgenden Regelwerken.

159 Der Einsatz der Datenverarbeitung (1991).

160 1983, 1985 und 1992 waren bereits erweiterte Auflagen u.d.T. Richtlinien Handschriftenkatalogisierung

erschienen.

161 Der Einsatz der Datenverarbeitung (1991), S. 5.

162 Grothe (2006c), S. 284.

163 Dies obwohl die Kultusministerkonferenz schon 1979 in einer nachträglichen Protokollnotiz zur „Empfehlung

der Kultusministerkonferenz für das Sammeln von Nachlässen in Bibliotheken und Literaturarchiven und

ähnlichen Einrichtungen“ vermerkt hatte, dass die Empfehlung – u.a. zur Anwendung der DFG-Richtlinien

von 1967 bei der Katalogisierung – sich nicht auf die Nachlässe von Staatsmännern, Politikern, leitenden

Beamten, Militärs und politischen Publizisten richte. Damit schloss man alle Nachlässe aus, die man in der

Zuständigkeit von kommunalen und staatlichen Archiven glaubte. S. hierzu: KMK (1980).

mündeten 1997, diesmal auch unter Mitarbeit eines Archivars, in die Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA).164

Die RNA, die gegenüber der 1991 erschienenen Richtlinie stark gekürzt wurden, gliedern sich in drei Teile: Richtlinie Nachlässe und Autographen, Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA) und Empfohlene Beschreibungskategorien.

Alle Ausführungen der Richtlinie, in der allgemeine Grundsätze für die Nachlass-erschließung dargestellt werden, sind explizit als Empfehlung für eine rationelle Nach-lasserschließung und die Vereinheitlichung der Erfassung ausgewiesen.165

In den Ausführungen zur Ordnung von Nachlässen wird für die Strukturierung von literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Nachlässen das bereits erwähnte Ordnungsschema mit den Hauptgruppen Werkmanuskripte, Korrespondenzen, Lebens-dokumente, Sammlungen empfohlen, falls keine vorgefundene Ordnung übernommen werden kann. Die weitere Untergliederung des Grundschemas variiert in Abhängigkeit vom jeweiligen Fachgebiet und dem im Nachlass überlieferten Material. Für Nachlässe von Politikern, Verwaltungsfachleuten u.a. wird auf die Ausführungen von Hermann Schreyer und die von ihm 1962 dargelegte Gliederung verwiesen.

Nach dem Selbstverständnis der Herausgeber eignet sich das Regelwerk für die Bearbeitung von Nachlässen unterschiedlicher Disziplinen und für unterschiedliche bestandshaltende Institutionen. Aus archivarischer Sicht wurde die Eignung für die Bearbeitung von Nachlässen in Archiven jedoch – auch nach einer bereits erfolgten Überarbeitung der Richtlinien - in Frage gestellt: „Die RNA sind vor allem auf Literaten und Künstler bezogen, nicht jedoch auf die in Archiven eher vertretenen Politiker und Verwaltungsbeamten. Daher sind und bleiben sie nur eingeschränkt für archivische Bestände nutzbar.“166

Merkmal des Regelwerks ist ein formaler ordnender Zugriff auf das überlieferte Material in Kombination mit weiteren Strukturierungsmöglichkeiten. Für die Gruppe der Werk-manuskripte, zu der auch Werkstattpapiere, Vorstufen, Druckvorlagen u.a gehören, ist für literarische Nachlässe die Gliederung nach literarischen Gattungen und für wissenschaftliche Nachlässe eine Gliederung nach der Fachsystematik der jeweiligen Wissenschaft vorgesehen, ggf. in Kombination mit einer alphabetischen oder chronologischen Strukturierung.167 Als zweckmäßigste Methode für die Bearbeitung von Korrespondenzen wird die alphabetische Ordnung nach Korrespondenzpartnern mit

164 RNA (1997).

165 Ebenda, S. 8.

166 Treffeisen (2007), S. 307.

167 RNA (1997), S. 10.

anschließender chronologischer Ordnung empfohlen. Zu den genannten möglichen Gliederungspunkten (Briefe an den Nachlasser, Briefe vom Nachlasser, Briefe Dritter)168 finden sich in der Literatur zusätzliche Überlegungen, z.B. Briefe von und an den Nachlasser als zusammengehörende Korrespondenzen chronologisch ineinander zu ordnen.169 Diese Alternative wurde in der Diskussion um die Überarbeitung des Regelwerks erneut überdacht, in die Version von 2009 aber nicht als Empfehlung auf-genommen. Für reine Geschäftsbriefe wurde in der frühen Fachliteratur170 – auch von bibliothekarischer Seite – die Ordnung nach Pertinenz-Gesichtspunkten und die Zusammenfassung in Akteneinheiten empfohlen, im Regelwerk aber – wohl aus pragmatischen Gründen, da eine inhaltliche Strukturierung von Korrespondenzen aufwändig ist - nicht verankert. Die Beibehaltung einer bereits vorliegenden Zuordnung von Korrespondenzen zu Sachakten wird im Regelwerk jedoch ausdrücklich empfohlen.171 Vereinfachte Konvolutbeschreibungen sind z.B. für Gratulations- und Kondolenzschreiben sowie Familienbriefe vorgesehen.172 Lebensdokumente werden unterschieden in „Dokumente der privaten Lebensführung“ und „Dokumente, die aus beruflicher, organisatorischer, gesellschaftlicher oder politischer Tätigkeit erwachsen sind“.173 Für diese Gruppe ist die weitere Ordnung nach Sachbetreffen vorgesehen.

Sammlungen werden in vom Nachlasser selbst angelegte Sammlungen, Materialien zur Familie des Nachlassers und Material, das nach dem Tode des Nachlassers über ihn und sein Werk gesammelt wurde,174 gegliedert und ggf. weiter nach Sachbetreffen differenziert. Die Gruppe der Sammlungen ist demnach eine Mischung aus Unterlagen, die zum Nachlasskern gehören, und provenienzfremdem Material.

Bei den Hinweisen zur Erschließung wird – wie sich bereits im Titel des Regelwerks ausdrückt - deutlich, dass die RNA einen Fokus auf den institutionenübergreifenden Autografennachweis setzen. Für Briefe an den Nachlasser und von diesem sowie für Autografen anderer Verfasser wird die Lieferung der Erschließungsdaten an die Zentral-datei der Autographen gefordert, für Manuskripte, Lebensdokumente und Sammlungen erscheint die Erfassung im Nachlassverzeichnis als ausreichend. In den Ausführungen zur Gestaltung von Titelaufnahmen werden besonders für die Gruppe der Werke und Briefe formale Beschreibungselemente wie Titel (im Sinne der vorliegenden Form),

168 Ebenda, S. 10f..

169 Dachs (1982), S. 19.

170 Ebenda, S. 19.

171 RNA (1997), S. 11.

172 Ebenda, S. 11.

173 Ebenda, S. 11.

174 Ebenda, S. 11.

Kennzeichnung als Manuskript oder Typoskript, formale Charakterisierung des Stückes (Brief, Karte, Telegramm usw.), Ort und Datum benannt.175

Auf diese einleitenden Ausführungen folgen im zweiten Teil die Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen, die obligatorische und fakultative Beschreibungselemente unterscheiden. Zu den obligatorischen Bestandteilen einer Titelaufnahme werden Angaben zu Personen und Körperschaften, Materialart, Titel (wenn vorhanden), Art/Umfang/Anzahl, Benutzungsbeschränkungen und Sperrvermerk (wenn vorhanden) gezählt. Als fakultative Kategorien (je nach Materialart differierend) werden u.a. Ausreifung, Begleitmaterial, Beschreibstoff (Einband, Wasserzeichen), Entstehungsdatum, Editionshinweise (Literaturhinweise, Bezugswerke), Entstehungsort, Erhaltungszustand (Restaurierungsmaßnahmen), Format, Fußnoten, Inhaltsangaben / Regesten, literarische Gattung, Sprache, Provenienz (Erwerbung, Verlust), Schrift benannt.176 Für die Ansetzung der Personen- und Körperschaftsnamen wird auf die Normdateien PND und GKD verwiesen. Ansetzungsregeln sind Bestandteil des Regelwerks, eine Verweisung auf die entsprechenden Passagen in den RAK-WB erfolgt an dieser Stelle nicht, ist jedoch in der Neufassung von 2009 verankert. Auch für die Ansetzung von Personennamen werden obligatorische und fakultative Beschreibungs-kategorien unterschieden. Allerdings wird diese Grenzziehung aufgeweicht, indem auch fakultative Elemente unterteilt werden in solche, die angegeben werden sollen177 und solche, die zusätzlich angegeben werden können.178 Generell wird für alle im Regelwerk genannten fakultativen Angaben ausgesagt, dass diese „auf jeden Fall besetzt werden [sollen], wenn entsprechende Daten und Informationen vorliegen bzw. mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden können“.179 Für die Erschließungsarbeit im Deutschen Exilarchiv 1933-1945 wird an späterer Stelle problematisiert, wie „vertretbarer Aufwand“

zu definieren ist, bzw. welche Relationen dabei zu beachten sind. Die Kernelemente der RNA und die Angaben zu deren Ausgestaltung sind orientiert an dem bibliothekarischen Regelwerk RAK-WB.

Der Schwerpunkt des Regelwerks Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen liegt auf der Standardisierung von Dokument- und Konvolutbeschreibungen mit dem Ziel, Rahmenbedingungen für den Austausch von Katalogisierungsdaten zu schaffen und die technischen Möglichkeiten auch für den Bereich der Nachlasserschließung nutzbar zu machen. Die Zentralkartei, bzw. -datei der Autographen als Instrument für den institutionenübergreifenden Nachweis der

175 Ebenda, S. 12f..

176 Ebenda, S. 43ff..

177 Ebenda, S. 21.

178 Ebenda, S. 22.

179 Ebenda, S. 44.

Erschließungsdaten im Blick, liegt die Priorität auf der Definition von Kernkategorien, die eine eindeutige Identifizierung der Unterlage und die elektronische Datenlieferung an die Zentraldatei ermöglichen. Die im Regelwerk angeführten Empfohlenen Beschreibungskategorien entsprechen in der Struktur dem Maschinellen Austauschformat für Bibliotheken - MAB 2.

Ausführungen zur Bestandsbildung und –abgrenzung, zur Nachlassgliederung, zur Übernahme überlieferter Ordnungen oder Teilordnungen bzw. zur inneren Ordnung der Bestände und zu Anreicherungen werden in den RNA nur angerissen.

Zur Erschließungstiefe findet sich analog zu den Vorgängerpublikationen in der Vor-bemerkung zum Regelwerk die Aussage, dass „bei der Erschließung Aufwand und Ergebnis in ein angemessenes Verhältnis zu bringen“180 seien. Die Titelaufnahme soll dem Benutzer nicht die Einsichtnahme ersparen, sondern an den Bestand heran-führen,181 die Beschreibung solle sich „nach den Erfordernissen des zu bearbeitenden Materials“182 richten. Eine detaillierte Beschreibung von Briefinhalten ist nur in Ausnahmefällen in Form von Kurzregesten vorgesehen,183 für Korrespondenzen sind generell Konvolutaufnahmen zu erstellen,184 nur bei wertvolleren Manuskripten wird eine Umfangs- und Formatangabe für nötig erachtet.185

Die Entwicklung des bibliothekarischen Regelwerks zur Nachlasserschließung mit dem Ziel, einen Standard für die Erschließung von Nachlässen und Autografen zu definieren und ein bibliotheksübergreifendes Nachweisinstrument zu begründen sowie – in späterer Zeit – Normdateien zu nutzen, ist vor dem Hintergrund der Entwicklung des funktional differenzierten Bibliothekssystems im allgemeinen Bibliothekswesen186 zu sehen.

Entfallen auch Elemente wie Fremddatenübernahme und Leihverkehr sowie – zumindest in der eindeutigen Abgrenzung – kooperativer Bestandsaufbau - schließen die Entwicklungen im Bereich der Nachlass- und Autografenerschließung doch eindeutig an die allgemeinen bibliothekarischen Entwicklungen hin zu Kooperation und Vernetzung an (vgl. hierzu auch Kapitel 2.4). Die durch dieses Umfeld begünstigte Etablierung eines Standards wurde zusätzlich unterstützt, weil eine DFG-Förderung von Nachlass-erschließungsprojekten die Anwendung des Regelwerks und die Datenlieferung an die Zentralkartei der Autographen bzw. die Kalliope-Datenbank voraussetzte. Diese

180 Ebenda, S. 8.

181 Ebenda, S. 9.

182 Ebenda, S. 5.

183 Ebenda, S. 13.

184 Ebenda, S. 13.

185 Ebenda, S. 12.

186 Zur Entwicklung des funktional differenzierten Bibliothekssystems s. Bibliotheken und Informations- gesellschaft (2006), S. 36ff..

möglichkeit galt nicht nur für Literaturarchive und Bibliotheken, sondern auch für nachlasshaltende Archive.187

Obwohl aus den RNA das Bestreben, eine Annäherung von bibliothekarischer und archi-vischer Nachlasserschließung zu erreichen, herauszulesen ist, und auch Archivare an der Erarbeitung beteiligt waren,188 hat sich das Regelwerk, das den Charakter einer Empfehlung hat, in der archivischen Nachlasserschließung nicht als Standard durchgesetzt (vgl. dazu Kapitel 2.2.2).

2.2.1.2 Die Neubearbeitung der Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA)

Unter der Federführung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien, wurde das bibliothekarische Regelwerk jüngst überarbeitet. Stärker als bei der Ausgabe von 1997 war es das Ziel der Überarbeitung, die Regeln zur Erschließung interdisziplinärer zu fassen und die archivische Praxis der Nachlasserschließung im Regelwerk stärker aufzugreifen. An der Erarbeitung waren Vertreter aus Bibliotheken, Archiven und Literaturarchiven beteiligt, Meinungen zum Regelwerksentwurf wurden eingehend über eine Diskussionsliste ausgetauscht, Anregungen von archivarischer Seite sind in den Regelwerksentwurf eingeflossen.189 Im Folgenden werden einige Veränderungen gegenüber der vorherigen Fassung dar-gestellt. Grundlage der Darstellung ist die Fassung vom April 2009, der verschiedene Zwischenversionen vorausgingen. Im Einzelfall wird auf Zwischenversionen Bezug genommen.

Die Neufassung unterscheidet sich von der 1997er Fassung einerseits in einer stärkeren Ausrichtung auf den zusätzlichen Anwenderkreis der Archive. Deutlich wird diese Aus-richtung bereits im verwendeten Vokabular. Statt Titelaufnahme, Unterlage und Beschreibung verwendet die Neufassung des Regelwerks z.B. mit den Begriffen Verzeichnungseinheit und verzeichnen konsequenter die archivische Terminologie. Das Bemühen, die RNA stärker für archivische Anwender zu öffnen, ist an unterschiedlichen Stellen herauszulesen.

Das archivische Anliegen der Sachaktenbildung und –bewahrung wurde in der Neu-fassung des Regelwerks verankert, indem der Gliederungspunkt (Lebens-)Dokumente

187 Vgl. dazu: Taddey (2001).

188 Ebenda, S. 160f..

189 Ein Redaktionsteam hat den so entstandenen Entwurf nochmals überarbeitet, bevor er der Fach-

öffentlichkeit zur letzten Abstimmung vorgelegt wurde. Dieser Redaktion gehörte auch die Verfass. der vor-

liegenden Untersuchung an.

eingeführt wurde. In den Vorstufen zur letzten Fassung waren unterschiedliche Versuche unternommen worden, die Sachakten einzubinden, z.B. indem die Gruppe Lebensdokumente auf Lebensdokumente/Sachakten erweitert wurde. Auf die Möglichkeit, sachlich zusammengestellte Konvolute zu belassen, wird im Text mehrfach hingewiesen, so z.B. in den Erläuterungen zur Gruppe Korrespondenz und Lebens-dokumente.190 Ob damit das archivische Verständnis von Sachakten hinreichend bedient wurde, wird sich zeigen. In den Richtlinien für die Titelaufnahme und Repertorisierung von Nachlässen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg heißt es dazu:

„Die Regeln für die Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA) sehen für

„Die Regeln für die Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA) sehen für