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Für die Gesundheitsversorgung in Deutschland sind die Universitätsklinken von großer Bedeu-tung, da ca. 10 % aller stationären Fälle in einem Universitätsklinikum behandelt werden.322 Da-neben haben sie die Aufgabe, Medizinstudenten und Fachärzte auszubilden sowie For-schungsprojekte durchzuführen. Träger ist in der Regel das jeweilige Land. Die in anderen Krankenhäusern übliche zweigeteilte Art der Finanzierung, in der Betriebskosten vor allem von den Krankenkassen und Investitionskosten von den Ländern getragen werden, ist für Universi-tätskliniken zu erweitern. Aufgrund ihrer Höhe sind Drittmittel ebenso wichtig für die Betrach-tung. Gesetzliche Grundlage für die Dreiteilung und die Trägerschaft ist z. B. in Niedersachsen

§ 1 - 3 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG).323 Auf der Basis des Krankenhausfi-nanzierungsgesetzes (KHG) werden dabei die Investitionskosten von Krankenhäusern durch das Land getragen.324 Darüber hinaus erfolgt die Krankenhausplanung durch die Bundeslän-der.325

Die Quelle von Kosten innerhalb eines Universitätsklinikums ist nicht leicht zu ermitteln. Das ärztliche Personal übernimmt bspw. verschiedene Aufgaben, die auch aus unterschiedlichen fi-nanziellen Mitteln stammen (siehe dazu Tabelle 2). Da derzeit in vielen Bereichen keine genaue Zuordnung der Kosten vorhanden ist, ist anzunehmen, dass Quersubventionierungen in ver-schiedenen Richtungen existieren.326

321 Vgl. Schmidt / Möller (2007; S. 3 - 9)

322 Vgl. Ott (2005; S. 79)

323 Vgl. NHG (2007)

324 Vgl. KHG (2007) und Neubauer / Beivers (2008; S. 68 - 70)

325 Vgl. Neubauer / Beivers (2008; S. 67)

326 Vgl. Ott (2005; S. 80)

Tabelle 2: Finanzquellen von Universitätskliniken in Deutschland

Krankenversorgung Lehre / Forschung

Kosten für Investitionen Bund, Land Bund, Land

Lfd. Betriebskosten v. a. Krankenkassen Land

Drittmittel

Quelle: Ott (2005; S. 80)

Niedergelassene Ärzte im ambulanten Sektor werden dagegen direkt von den KVn finanziert.

Diese erhalten Kopfpauschalen von den Krankenkassen für die Abrechnung. Die unterschiedli-che Investitionsfinanzierung der beiden Sektoren führt zu einer Verzerrung zwisunterschiedli-chen dem am-bulanten und dem stationären Sektor. Diese duale Art der Finanzierung wird immer wieder als Kritikpunkt diskutiert und der monistischen Finanzierung (Finanzierung über die Vergütung) ge-genübergestellt. Der Sachverständigenrat gibt an, dass sich die Investitionen zu sehr an lan-despolitischen und weniger an betriebswirtschaftlichen Aspekten orientieren.327 So entsteht ein zunehmender Konkurrenzdruck zwischen den Krankenhäusern, während gleichzeitig die Bud-gets vor allem im stationären Sektor sinken.328

Weiterhin ist zu erwähnen, dass die Gesamtfinanzierung innerhalb der letzten 15 Jahre kontinu-ierlich abgenommen hat. 1991 lagen die KHG-Investitionen bei 3,6 Mrd. €, 2006 waren es dann nur noch 2,7 Mrd. €. Betrachtet man den Mittelzuschuss am Bruttoinlandsprodukt (BIP), so hat er sich in den alten Bundesländern von 1991 mit 0,19 % des BIPs bis 2006 auf 0,10 % des BIPs knapp halbiert. Derzeit werden Diskussionen über eine leistungsorientierte Investitionsmittelver-gabe geführt, die sich an den DRGs orientieren soll.329

Neueste Forschungen gehen davon aus, dass Universitätskliniken mehr und mehr engere Ko-operationen mit Wirtschaftsunternehmen eingehen werden. Trotz dieser Vernetzung werden immer wieder Kritiken laut, dass die Forschungen an Universitätskliniken bzgl. ihrer Qualität und Effizienz fraglich wären. Der Grund sei in nicht ausreichend vorhandenem Wettbewerb zu su-chen.330 Universitätskliniken sind allerdings, wie bereits beschrieben, zu einem großen Teil in ih-rem Handlungsspielraum von der Politik abhängig. Bailey äußert sich zu der Frage nach dem Wettbewerb wie folgt:

„Maßnahmen des öffentlichen Sektors können Wettbewerbsvorteile schaffen oder zu ihrer Dau-erhaftigkeit beitragen. Sie können Vorteile jedoch auch untergraben oder sogar zerstören“.331 Neben der Frage des reinen Wettbewerbs werden Fragen nach Qualitätswettbewerb häufig dis-kutiert. In diesem Zusammenhang fällt dann der Begriff 'Pay for Performance' (PfP). Dabei han-delt es sich um eine Verknüpfung zwischen Qualität von medizinischen Leistungen und der

327 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung und Entwicklung im Gesundheitswesen (2007; S. 108), Neubauer / Beivers (2008; S. 68 - 70), Leber et al. (2008; S. 83 f.), Strehl (2008; S. 128) und Felder et al. (2008)

328 Vgl. Gürkan (1999; S. 527)

329 Vgl. Rürup (2008)

330 Vgl. Hänseroth et al. (2005; S. 4)

331 Bailey (1998; S. 101)

he der Vergütung. Hierbei würden nicht mehr die Leistungen an sich, sondern der Erfolg vergü-tet werden. Diskutiert wird weiterhin, dass es möglich wäre, die Einführung von PfP auf Daten der externen Qualitätssicherung nach § 137 SGB V aufzubauen. Bisher wird das ganze Thema in der Literatur jedoch eher kritisch gesehen, trotzdem nimmt das Interesse daran stark zu.332 Die Entwicklung von Strategien für eine Positionierung im Markt ist seit vielen Jahren weltweit in Konsumbranchen etabliert. Ohne eine entsprechende Strategie ist ein Überleben am Markt kaum möglich. Für Krankenhäuser war es dagegen bis vor kurzem nicht denkbar, sich über-haupt mit diesem Thema zu beschäftigen. Die Branche wuchs wie von selbst, und kranke Pati-enten kamen natürlich in die Krankenhäuser. Die Grundfrage, ob Krankenhäuser sich im Wett-bewerb behaupten müssen und Konzepte zur Untersuchung und Entwicklung von Strategien notwendig sind, beantworten Pfaff et al. mit zwei Gegenfragen. Erstens wäre die Frage, ob ein Krankenhaus in der Zukunft unternehmerisch geführt werden muss und zweitens: sind Informa-tionen über die Stakeholder strategierelevant? In ihrer Antwort führen sie auf, dass die strategi-sche Ausrichtung die Aufgabe der Zukunft sei und es auch Wunsch der Politik sei, den Wettbe-werb immer mehr auszuweiten.333

Im Rahmen von Strategien von Krankenhäusern der Zukunft formulierten Müschenich et al.:

„Das Krankenhaus ist das Betriebssystem der Gesundheitswirtschaft“.334 Dieses Betriebssystem Krankenhaus steht aber nicht nur mit anderen Krankenhäusern im Wettbewerb, sondern Wett-bewerb ist im Laufe der letzten Jahre zunehmend mit anderen Einrichtungen entstanden. Es handelt sich um Rehabilitations-Anbieter, Pharmaunternehmen oder Ärztehäuser. Universitäts-kliniken könnten mit diesen Konkurrenten Schwierigkeiten bekommen, da sie selbst große Klini-ken und in ihrer Struktur in der Regel den Ländern zugeordnet sind. Eine schnelle Reaktion im Wettbewerb ist somit nicht leicht.335

Warum Wettbewerbsstrategien für Universitätskliniken immer wichtiger werden, liegt in finan-zieller Sicht gesehen zumindest nahe: Es stehen immer weniger finanzielle Mittel zur Verfü-gung. Defizitäres Wirtschaften können sich die Länder im 21. Jahrhundert nicht mehr erlauben.

Doch auch die Vergangenheit der Universitäten spielt im heutigen Handlungsbedarf eine Rolle.

Die Geschichte der letzten 100 Jahre hat die Strukturen und ihre Ausrichtung entscheidend ge-prägt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts strebte Humboldt den Gedanken von Volluniversitäten in Deutschland an. Es sollte eine bewusste Abgrenzung von den Spezialuniversitäten in Frank-reich sein. Die neu gegründete Universität in Berlin sollte damals als Musterbeispiel fungieren.

Eine Weiterentwicklung dieses Gedankens fand nicht statt. Trotzdem wurden alle Universitäten in der Folgezeit hierauf ausgerichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden alte Strukturen über-nommen und an alte Traditionen aufgrund von Unsicherheiten angeknüpft. Trotzdem bestanden viele Freiheiten im Handeln, da Elemente der Regulierung nicht vorhanden waren. In der dama-ligen DDR sind dagegen Schwerpunkte gesetzt und Fachgebiete konzentriert worden.

332 Vgl. Lüngen et al. (2008)

333 Vgl. Paff et al. (2004; S. 151)

334 Müschenich et al. (2007; S. 154)

335 Vgl. Braun von Reinersdorff (2007; S. 254 - 268)

ge war in diesem Fall die systematisch geplante Volkswirtschaft und ihre zukünftige Entwick-lung. Allerdings war die Schwerpunktbildung in der damaligen DDR nicht dazu gedacht, Wett-bewerb zu forcieren, vielmehr sollte das Gegenteil bewirkt und eine Konkurrenzsituation unter-einander sollte vermieden werden. Verschiedene Versuche zur Schwerpunktbildung und Kon-zentration in der Bundesrepublik Deutschland der 1950er und 1960er Jahre schlugen speziell in den Bundesländern Niedersachsen und Baden-Württemberg von Seiten des jeweiligen Ministe-riums fehl.336

So ist noch heute Wettbewerb für Universitäten und damit für Universitätskliniken keinesfalls selbstverständlich. Henningsen spricht sogar in diesem Zusammenhang von Tabuisierung bzw.

vertritt die Auffassung, dass das Wort Wettbewerb für diesen Bereich ein 'Un-Wort' darstellt.337 D`Aveni vertritt die Auffassung, dass in der Gesundheitsbranche heute der Aufbau von Preis-, Leistungs-, Zeit- und Wissensvorteilen, Marktbarrieren sowie finanziellen Stärken möglich sein muss, um überhaupt eine Wettbewerbsumgebung zu schaffen.338 Universitätskliniken befinden sich in vielen Bereichen im Wettbewerb um Patienten auf dem freien Markt. Sie wollen diesel-ben Patienten wie andere Krankenhäuser in ihrer Umgebung. Im Gegensatz zu nicht öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern oder niedergelassenen Praxen verfügen die Universitätskliniken aber über weniger Flexibilität in ihrem unternehmerischen Handeln. Ein schnelles Reagieren ist jedoch entscheidend. Freie Entscheidungsmöglichkeiten sind in Punkten wie z. B. Finanzierung, Kreditaufnahme, Investitionen in Neubauten oder Organisationsänderungen für Universitätskli-niken nicht erlaubt, da sie Landesbetriebe sind.

Bei Feldern des Wettbewerbs ist hier die sektorenübergreifende Versorgung anzusprechen.

Krankenhäuser und damit auch Universitätskliniken sind nach Aussage von Schräder / Zich oder Wasem ideal geeignet, um Integrierte Versorgung voranzutreiben. Sie halten rund um die Uhr ein umfassendes Versorgungs-, medizinisches Pflege- und Hotellerieangebot sowie medi-zinisch-apparative Geräte vor. Außerdem verfügen sie über innerbetriebliche Integrationserfah-rungen, Behandlungsstandards und arbeiten berufsgruppenübergreifend zusammen.339 Die Kli-niken selbst sind seit der Einführung der DRGs (siehe Abschnitt 6.2 Auswirkungen der DRGs-Einführung auf den stationären Sektor) an erhöhter Integration interessiert, um Patienten später von vorgelagerten Einrichtungen zu übernehmen und nach dem stationären Aufenthalt früher an nachgelagerte Einrichtungen abzugeben.340

Im Bereich der Forschung sind die eingeworbenen Drittmittel im Laufe der Jahre kontinuierlich gestiegen. Doch trotzdem zeigt der Vergleich, dass der effektive Marktanteil seit den 1960er Jahren in der Auftragsforschung rückläufig ist. Im Bereich von sogenannten 'An-Instituten' fan-den viele Neugründungen statt, wobei die Finanzierung der Institute in der Regel vollständig über Drittmittel erfolgte. Der Verlust von Marktanteilen in der Forschung ist in der Konkurrenz zu

336 Vgl. Hänseroth et al. (2005; S. 4 - 10 und S. 35 f.)

337 Vgl. Henningsen (2003)

338 Vgl. D`Aveni (1995; S. 42 ff.) und Braun von Reinersdorff (2007; S. 77)

339 Vgl. Schräder / Zich (2006; S. 60 f.) und Wasem (2003; S. 6 f.)

340 Vgl. Neubauer (2004; S. 807 - 808)

außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu suchen (wie z. B. Max-Planck-Institute oder Frauenhofer-Institute).341 Die Friedrich-Ebert-Stiftung stellt hierzu eine These auf:

„Um im internationalen Wettbewerb Spitzenplätze zu erreichen, müssen neue Strukturen für Eli-tehochschulen entstehen, in denen regional die besten Fachbereiche und die besten außeruni-versitären Forschungsinstitute zu neuen, klar profilierten Forschungshochschulen zusammen-geführt werden“.342

Auch in der Lehre ist die Wettbewerbsposition nach Erhardts Auffassung, vor allem im internati-onalen Vergleich, nicht herausragend. Es fehlen in Deutschland Spitzenuniversitäten wie bspw.

Harvard in den USA. Hochschulen können Aufnahmekapazitäten und Betreuungsintensität nicht selber regeln. Lehrende können nicht marktgerecht vergütet werden. Es fehlen eigenverantwort-liche Gestaltungsspielräume.343 Trotzdem wird von den Universitäten erwartet, dass sie sich in Forschung und Lehre national und international positionieren und klare Merkmale einer Diffe-renzierung herausstellen.344

Pellert hält Differenzierung im Zusammenhang mit Universitäten für positiv. Anhand von Spezia-lisierung lassen sich bestimmte Fähigkeiten für Institute oder Abteilungen herausstellen, so dass eine Positionierung durch ein ausgewiesenes Expertenwissen erfolgen kann.345

Im Wettbewerb zu stehen bedeutet für Kliniken außerdem, sich mit den Schnittstellen zu ande-ren Sektoande-ren zu befassen. Grundlage der Problematik an den Schnittstellen zwischen ambulant und stationär ist bereits der § 39 SGB V. Er gibt vor, dass eine ambulante Leistung der stationä-ren immer vorzuziehen ist. Eine genaue Definition hierfür existiert jedoch nicht. Krankenhaus-ärzte sehen Schnittstellenprobleme mit niedergelassenen Ärzten z. B. bei der bisherigen Be-handlung der Patienten oder bei Informationsweitergabe von niedergelassenen Ärzten bei dem Wechsel des Patienten vom ambulanten in den stationären Bereich.346 Innerhalb bisheriger For-schungen weisen Klinikärzte auf eine unzureichende Versorgungsqualität der Schnittstellen zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor hin. Vor allem die Kommunikation zwi-schen den Sektoren scheint eine Schwachstelle des Systems zu sein. Während Patienten nach der stationären Entlassung einen Entlassungsbrief mit Diagnosen, durchgeführter Diagnostik, chirurgischen Eingriffen, Medikationen sowie Laborergebnissen für den niedergelassenen Arzt erhalten, gibt es lediglich einen Überweisungsschein mit der Diagnose bei der Weiterleitung vom Hausarzt zum Facharzt und vom Facharzt in das Krankenhaus. Bereits durchgeführte Dia-gnostiken o. ä. werden auf dem Überweisungsschein nicht aufgeführt. Facharzt oder Kranken-haus sind also auf eine erneute Durchführung angewiesen, um anhand von Ergebnissen, The-rapieentscheidungen treffen zu können. Es hat sich gezeigt, dass Untersuchungen zufolge die alleinige Anfrage an den Patienten nach Krankheitsbild, Medikation, Allergien und Unverträg-lichkeiten oder bisheriger Diagnostik zu 40 % von der hausärztlichen Krankenakte abweicht.347

341 Vgl. Hänseroth et al. (2005; S. 25 und S. 34)

342 Rehburg (2007; S. 5)

343 Vgl. Erhardt (2002; S. 3 - 6)

344 Vgl. Rehburg (2007; S. 6)

345 Vgl. Pellert (2003)

346 Vgl. Schulze-Raestrup (2003)

347 Vgl. Ommen et al. (2007; S. 913 f.)

Zur Überwindung solcher Probleme können Ärzte ihre Patienten auch in beiden Sektoren be-handeln. Hierzu können Kooperationsverträge geschlossen werden. Der niedergelassene Arzt hat dann die Möglichkeit, seinen an das Klinikum überwiesenen Patienten weiter im stationären Bereich zu betreuen.348

Neben Schnittstellenproblemen existieren für Universitätskliniken weitere Aspekte, die bei Über-legungen zu Wettbewerbsstrategien eine Rolle spielen. Es handelt sich um die Frage, ob Zent-rumsstrukturen sinnvoll sind oder nicht, um dauerhaft eine starke Marktposition zu erreichen. Es ist ein genereller Trend von Spezialisierung in der Wirtschaft zu beobachten. Spezialisierung ist in der Medizin zunehmend im Zusammenhang mit Zentrenbildung zu finden. In seinen 'Allge-meinen Empfehlungen' zur Universitätsmedizin weist der Wissenschaftsrat explizit auf die Not-wendigkeit der Umstrukturierung zu Zentren hin. Fraglich ist für ihn, ob eine Entwicklung der medizinischen Versorgung entlang der Fächer sinnvoll ist, da eine Ausrichtung mehrerer Diszip-linen zu einer Arbeitseinheit in der Regel qualitätssteigernd und effizienzverbessernd sei. Die Effizienzverbesserung ist hierbei notwendig, weil Veränderungen in der Finanzierung von Uni-versitätsmedizin anstehen. Es müssten flexible Organisationsformen geschaffen werden, die sich an den Patienten und die Entwicklungsprozesse anpassen können. Dabei sollten idealer-weise Bereiche verschiedener Kliniken oder Abteilungen zu Profilzentren (Organisationsver-bünden) zusammengeschlossen werden.349

Die Gründe für die Zentrenbildung innerhalb eines Krankenhauses können verschieden sein.

Ein patienten- oder problemorientiertes Zentrum schließt sich zusammen, um komplexe Krank-heitsbilder interdisziplinär zu behandeln. Der Grund für ein ressourcenorientiertes Zentrum liegt in der Regel in gemeinsam genutzten apparativen Einrichtungen. Ebenso spielen Abrechnungs-vorteile oder Fördergelder für die Bildung von Zentren eine Rolle. Ein Problem kann u. U. die rechtliche Zulässigkeit im Bezug auf den tatsächlichen Versorgungsauftrag darstellen. Innerhalb eines Zentrums arbeiten entweder verschiedene Fachabteilungen zusammen, wobei die Arbeit zeitweise eine rein interdisziplinäre Kooperation darstellen kann, oder aber der Bereich, der das Zentrum umfasst, ist aus den allgemeinen Abteilungsstrukturen herausgelöst. Der Grad der or-ganisatorischen Zusammenführung ist in den bisherigen Zentren unterschiedlich.350 Durch sol-che Zentren können Krankenhäuser eine Steigerung der Fallzahlen erreisol-chen, da durch die Spezialisierung ein Erfahrungsvorsprung umgesetzt werden kann. Außerdem erlangt die Leis-tung eine besonders hohe Qualität.351

Im Hinblick auf Wettbewerbsstrategien erfordert die Zentrenbildung jedoch nicht nur eine interne Untersuchung, sondern auch die Berücksichtigung externer Faktoren. Aus Sicht der Kranken-kassen kann ein Zentrum eine gute Versorgungsform sein, auch im Hinblick auf Angebote, die nicht zum Kollektivvertragssystem gehören.352 Krankenhäuser selbst müssen aber noch andere Sachverhalte beachten. Sie benötigen bspw. Einweiser für die Akquisition von Patienten.

348 Vgl. Volz / Sych (2001; A.1532)

349 Vgl. Wissenschaftsrat (2007; S. 5 - 14), Siess (2003; S. 138 - 145) und Richter-Kuhlmann (2006; A 384 - 388)

350 Vgl. Kuhla (2007; S. 952), Straub / Müller (2007; S. 147 - 152) und Haier et al. (2009)

351 Vgl. Neubauer / Minartz (2009; S. 6 - 7)

352 Vgl. Straub / Müller (2007; S. 147 - 152)

renbildungen können Ängste bei niedergelassenen Ärzten dahingehend auslösen, dass Patien-ten bei einer 'Rundum-Versorgung' nicht mehr in die Praxis zurückkommen, sondern dauerhaft im Zentrum behandelt werden. Im Rahmen der Verlagerung von bestimmten Prozessen inner-halb der Behandlungskette gibt es auch verschiedene Ansatzpunkte. Nicht nur durch IV-Verträge lässt sich eine sektorenübergreifende Versorgung realisieren, sondern auch Koopera-tionsverträge bieten eine Möglichkeit, Patienten sektorenübergreifend zu behandeln und gleich-zeitig niedergelassene Ärzte mit einzubinden. Für Verlagerungen kommen vor allem prä- und poststationäre Leistungen infrage. Für niedergelassene Ärzte ist es u. U. interessant, diesen Prozessabschnitt zu erbringen, da sie zusätzliche Vergütungen generieren können. Für eine Klinik kann dies im Hinblick auf die Verkürzung der Verweildauer interessant sein, um höhere Zuweisungen zu erhalten.353 Das Aufgreifen von Coopetition-Strategien bei der Umsetzung könnte hier eine Option sein. Gleichzeitig ist die Vermarktung eines Zentrums unter Marketing-aspekten ein besonderer Gesichtspunkt. Dabei können gegenüber den Krankenkassen und Pa-tienten Vorteile, wie eine gute Koordination während des gesamten Behandlungsablaufs oder Bezugspersonen bei der Behandlung, eingebracht werden. Die Entstehung von Zentren ist im-mer mehr zu 'Organzentren' (z. B. Brust-, Schlaganfall- oder Tumorzentrum) zu beobachten.

Hier wird dann interdisziplinäre Betreuung angeboten.354