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5.1 Selektivverträge

5.1.1 Selektivverträge zur sektorenübergreifenden Versorgung

5.1.1.4 Integrierte Versorgung

von DMP.220

DMP können ebenfalls der integrierten Versorgung zugeordnet werden. Sie sind dabei ein Un-terpunkt des Bereichs Produkt-Integration. Sie sollen Koordination und Kooperation verschiede-ner Leistungsebenen für ausgewählte Krankheitsbilder optimieren.221 Ein Problem der DMP ist die Koppelung an den Risikostrukturausgleich. Hierdurch sind die

„Anforderungen an die Dokumentation derart hoch, dass viele Leistungserbringer die Program-me ablehnen (aber sie aus finanziellen Gründen trotzdem praktizieren), aber sie auf der ande-ren Seite für die Krankenkassen essentiell werden“.222

5.1.1.4 Integrierte Versorgung

Vor dem Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) waren die Möglichkei-ten der Umsetzung von sektorenübergreifender Versorgung beschränkt. Im Krankenhaus fan-den sie hauptsächlich über das Belegarztwesen statt. Vereinzelte Konsiliararztverträge zwi-schen einem Krankenhaus und einem niedergelassenen Arzt können als Vorläufer der IV-Verträge angesehen werden. Mit der Einführung des § 140a-h SGB V in der Gesundheitsreform 2000 eröffnete der Gesetzgeber erstmals sektoren- und fachübergreifende Zusammenarbeit durch Verträge der Integrierten Versorgung.223 Sie wurden zwar als innovative Versorgungsform diskutiert 224, allerdings war das Interesse an den IV-Verträgen äußerst gering, da keine ent-sprechenden finanziellen Anreize für eine Umsetzung geschaffen wurden 225. Der Sachverstän-digenrat monierte in seinem Gutachten daher auch mehrfach die geringe Umsetzung von Integ-rierter Versorgung.226

218 Vgl. SGB V (2004)

219 Vgl. Gemeinsame Bundesausschuss (2009)

220 Vgl. Sachverständigenrat für die Konzentrierte Aktion im Gesundheitswesen (2003; S. 242 f.)

221 Vgl. Amelung / Janus (2006; S. 14 f.)

222 Amelung et al. (2009; S. 12)

223 Vgl. GRG (1999)

224 Vgl Mühlbacher (2004; S. 17)

225 Vgl. Knieps (2008; S. 27)

226 Vgl. Sachverständigenrat für die Konzentrierte Aktion im Gesundheitswesen (2003; S. 242 f.)

Das GMG vom 14. November 2003, das zum 01. Januar 2004 in Kraft getreten ist, besserte den

§ 140 SBG V nach und schuf Anreize in der Vergütung bei den Verträgen zur Integrierten Ver-sorgung. Ab 2004 konnte 1 % der Gesamtvergütung sowie der Krankenhausvergütung als An-schubfinanzierung für diese Vertragsart verwendet werden. Die Ergebnisse zeigten nach Aus-sage des Sachverständigenrates im Gutachten von 2007, dass die Anschubfinanzierung der richtige Anreiz sei, da ein Umdenken der Krankenkassen stattgefunden hätte.227 Argumente ge-gen die Anschubfinanzierung waren, dass für die ausgegliederten finanziellen Mittel aus dem ambulanten und stationären Bereich keine verursachungsgerechte Bereinigung existierte.228 Ein Jahr später, zum 31. Dezember 2008, endete dann die Anschubfinanzierung.229 Bezüglich der Vertragsinhalte hat der Gesetzgeber eine niedrige Regulierungsstufe vorgegeben, so sind Form und Inhalte den Vertragspartnern überlassen worden.230

Im GMG ist weiterhin geregelt worden, dass Krankenhäuser ebenfalls Vertragspartner von IV-Verträgen sein können.231 Das bot den Krankenhäusern erstmals die Möglichkeit, mit den nie-dergelassenen Ärzten in direkten Wettbewerb zu treten.232

Die Erwartungen des Gesetzgebers lagen insbesondere in einer Versorgung mit hohem Quali-tätsniveau für Patienten und in wirtschaftlichem Handeln der Leistungsfinanzierer. Die Gedan-ken galten dabei vordringlich chronisch KranGedan-ken oder Patienten mit Mehrfacherkrankungen.

Gleichzeitig wurde die Möglichkeit geschaffen, dass diese Patienten neue Behandlungsmetho-den in Anspruch nehmen konnten. Die Integrierte Versorgung sollte Behandlungsmetho-den Übergang zwischen den Schnittstellen ambulant und stationär oder stationär und Rehabilitationsmaßnahmen er-leichtern.233 Daneben bietet diese neue Versorgungsform laut Bischoff-Everding et al. die Mög-lichkeit, die durch demografische Entwicklung und die regional begrenzten Strukturbesonderhei-ten der neuen Bundesländer entstandenen Probleme zu lösen.234 Im ersten Bericht des Sach-verständigenrates nach den Änderungen durch das GMG kritisiert der Rat, dass nach wie vor zu geringe medizinische und ökonomische Anreize vorhanden sowie bisherige Versuche in der sektorenübergreifenden Versorgung nicht ausreichend sind.235

Das GKV-WSG brachte dem Gesundheitssystem dann wesentliche Neuerungen. Als neue Re-gelung innerhalb des GKV-WSG sollten Selektivverträge „bevölkerungsbezogene Flächende-ckung der Versorgung ermöglichen“.236 Der Abschluss von Verträgen war demnach nicht mehr unmittelbar an den § 140a-f SGB V gebunden. Dies ist besonders unter dem Gesichtspunkt der Anschubfinanzierung wichtig, da diese zum 31. Dezember 2008 ausgelaufen ist. Ohne

227 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung und Entwicklung im Gesundheitswesen (2007; S. 117 ff.)

228 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung und Entwicklung im Gesundheitswesen (2009; S. 667)

229 Vgl. SGB V (2004) und Deutscher Bundestag (16. Wahlperiode)

230 Vgl. Knieps (2008; S. 30)

231 Vgl. GMG (2003)

232 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung und Entwicklung im Gesundheitswesen (2009; S. 690)

233 Vgl. Hensgen (2006; II/8 - II/10)

234 Vgl. Bischoff-Everding et al. (2005; S. 4)

235 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung und Entwicklung im Gesundheitswesen (2005; S. 37)

236 GKV-WSG (2007)

le Unterstützung werden nur Verträge dauerhaft bestehen bleiben, die auch tatsächlich einen Nutzen in der Wirtschaftlichkeit mit sich bringen. Es existieren noch keine Forschungen darüber, welche Verträge tendenziell gekündigt wurden oder noch werden. Eine weitere Neuerung des GKV-WSG war, eine Beteiligung der Pflegekassen bzw. Pflegeeinrichtungen an Selektivverträ-gen zu ermöglichen. Besonders für die Versorgung multimorbider Patienten ist die Öffnung die-ser Grenzen sinnvoll.237

Die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die DKG haben eine gemeinsame Registrierstelle für Verträge nach § 140a ff. SGB V eingerich-tet. Die Durchführung übernahm die Bundesstelle für Qualitätssicherung gGmbH (BQS). Hier wurden alle Verträge gemeldet und auch Kriterien wie Leistungssektoren übergreifender Ver-sorgung, interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung ausgewiesen. Weiterhin sind Angaben zur Verwendung der finanziellen Mittel zu tätigen, dabei wird unterschieden zwischen voll- und teilstationären und ambulanten Leistungen von Krankenhäusern, vertragsärztlichen ambulanten Leistungen und Aufwendungen für besondere Integrationsaufgaben.238 Zum Ende des 4. Quar-tals 2008 waren 6.183 IV-Verträge bei der BQS gemeldet. Das Vergütungsvolumen lag bei ins-gesamt 803.186.890 € und die Anzahl der eingeschrieben Versicherte betrug 4.011.012.239 Die veröffentlichten Statistiken der BQS geben allerdings keine Auskunft über Indikatoren, welche Qualitätssicherungsmaßnahmen oder welche Art der Vergütung vereinbart wurden. Das liegt daran, dass die Registrierstelle die Aufgabe hat, nachvollziehbare Kürzungen der Gesamtvergü-tung bzw. des Budgets der Krankenhäuser für die Anschubfinanzierung zu dokumentieren.240 Zukünftig wird nur eine geringe Anzahl von Verträgen überleben, und zwar die, die tatsächlich wirtschaftlich sind.241

Die Art der Verträge kann insgesamt in zwei Gruppen unterteilt werden, die indikations- und die populationsbezogenen Verträge. Vertragsbestandteil indikationsbezogener IV-Verträge sind hauptsächlich chirurgische Eingriffe. Leistung und Aufwand sind hier gut definierbar. Es handelt sich vornehmlich z. B. um Hüft- oder Kniegelenk-OPs. Die populationsbezogenen Verträge be-ziehen sich zum größten Teil auf den ambulanten Sektor, bei denen der Hausarzt im Vorder-grund steht. Folglich werden bestimmte Krankheitsarten oder Behandlungsbilder Teil der neuen Versorgungsform.242

Ferner ist innerhalb der Verträge das entsprechende Gebiet zu betrachten, das eine Integrierte Versorgung umfasst. Ein nicht vorhandener regionaler Bezug ist nämlich nach Auffassung von Amelung / Janus als Misserfolgsfaktor zu sehen. In den USA gibt es inzwischen auch hierzu reichlich Erfahrungen. Und so sind lokale Bedürfnisse und soziodemographische

237 Vgl. GKV-WSG (2007) und Cassel et al. (2008; S. 169)

238 Vgl. Hauser (2008; S. 799 - 800)

239 Vgl. Bundesstelle für Qualitätssicherung (2008)

240 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung und Entwicklung im Gesundheitswesen (2007; S. 117)

241 Vgl. Merten / Rabbata (2008; A-2250 / B-1924 / C-1872)

242 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung und Entwicklung im Gesundheitswesen (2007; S. 120)

ten für eine Integrierte Versorgung wichtig. Die beiden Autoren geben jedoch zu bedenken, dass es vorstellbar ist, dass die Märkte dann noch nicht 'reif' sind.243

Zu Beginn der Ausgestaltungsmöglichkeiten des § 140a ff. SGB V galten die Hausärzte als zentrale Schlüsselposition, die neue Integration zu steuern. Sie sollten neben der hauärztlichen Funktion die Schnittstellen und Informationsbarrieren überbrücken und als Koordinator und Kommunikator fungieren.244 Die Zeit zeigte jedoch, dass viel komplexere Verträge und Versor-gungsketten organisiert wurden, als die Verzahnung zwischen Haus-, Facharzt und ggf. Kran-kenhaus. Weiterhin ging das Interesse der Krankenkassen weit über diese Art der Steuerung hinaus. Trotzdem hält es der Sachverständigenrat weiterhin für erforderlich, dass ein Arzt die Verantwortung für den gesamten Behandlungsablauf sowie deren Koordination übernimmt.245 Ein zentrales Thema ist neben der Art und der Ausgestaltung der Verträge die Qualitätssiche-rung und das Qualitätsmanagement. Innerhalb des § 140b SGB V hat der Gesetzgeber hierzu sogar Vorschriften für die Verträge festgelegt.246 Qualitätssicherung findet hauptsächlich über regelmäßige Zirkel der Leistungserbringer statt. Darüber hinaus erfolgt häufig eine Erfassung von Qualitätsindikatoren im Rahmen einer Prozess- und Ergebnisorientierung.247 Ebenso kön-nen allerdings bestimmte Qualitätsziele wie Quoten von Rezidiven, Infektiokön-nen oder Rehospita-lisierung vereinbart werden.248 Auf Seiten der Klinik kann eine Qualitätsoptimierung auch auf anderem Wege nachgewiesen werden. Dies ist bspw. durch die Einführung eines Qualitätsma-nagementsystems, welches mit einer Zertifizierung nach DIN EN ISO einhergeht, möglich.249 Eine andere Variante ist die Einführung von klinischen Behandlungspfaden.250

Eine hohe medizinische Qualität der Leistung ist für Patienten jedoch nicht immer ausreichend, um sich von einem bestimmten Leistungserbringer behandeln zu lassen. Hierzu müssen der Leistungserbringer und seine Kooperationspartner nach Thombansen persönliche Erwartungen der Patienten erfüllen. Behandlungspfade bieten in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, Soll-Prozesse systematisch zu definieren.251 Dabei kann die Entwicklung nach den folgenden sieben Schritten vorgenommen werden:

„1. Auswahl des Falltyps […] 2. Definition des Zeitrahmens und der Dauer des Behandlungs-prozesses 3. Festlegung der Ziele und Ergebnisse für jeden Behandlungsabschnitt 4. Festle-gung der zur Zielerreichung notwendigen Maßnahmen 5. Dokumentation der Varianzen 6. Ana-lyse der Abweichungen 7. Rückmeldung der Daten an das jeweilige Team“.252

243 Vgl. Amelung / Janus (2005b; S. 11 f.)

244 Vgl. Mühlbacher et al. (2000; S. 592 - 598)

245 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung und Entwicklung im Gesundheitswesen (2005; S. 46)

246 Vgl. SGB V (2004)

247 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung und Entwicklung im Gesundheitswesen (2009; S. 684 f.) und Geraedts (2007; S. 188 - 190)

248 Vgl. Schmitt (2004; S. 11)

249 Vgl. Kleine (2007)

250 Vgl. Hellmann (2007)

251 Vgl. Thombansen (2007; S. 57 - 77)

252 Ebenda (S. 58)

Nach einigen Jahren der Erfahrungen mit IV-Verträgen liegen inzwischen auch Urteile des Bun-dessozialgerichts (BSG) vor. Im Rahmen der Überlegungen zu Universitätskliniken ist daher von der Verfasserin dieser Arbeit folgendes Beispiel zu psychischen Erkrankungen herausge-sucht worden: Verträge zwischen Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen gehören z. B. zu den rechtsgültigen Verträgen, sofern es sich dabei um zwei verschiedene Unternehmen handelt. Das BSG geht in diesem Fall von einer Verknüpfung der Sektoren aus. Unzureichend seien allerdings Versorgungen, die den stationären Teil eines Krankenhauses und angrenzende Hochschul-, Instituts- oder Ermächtigungsambulanzen betreffen. Dem Urteil zufolge sind jedoch Ausnahmen denkbar. Dies betrifft die regelmäßig in einer Institutsambulanz behandelten Pati-enten, die aufgrund eines Krankheitsschubes stationär behandelt werden müssten. Ein solcher Wechsel könne für psychische Erkrankungen durch einen IV-Vertrag verknüpft werden, da eine zusätzliche Verbindung eine qualifiziertere Versorgung darstellt.253

Es liegen außerdem eine Reihe von Studien zur Integrierten Versorgung vor. Publikationen in Fachzeitschriften sind jedoch in einer weitaus größeren Anzahl vorhanden. Hierbei handelt es sich in der Regel um Erfahrungsberichte der Autoren, die über Verträge von Kassen in einem regional begrenzten Gebiet berichten.254 Darüber hinaus existiert Literatur, die sich intensiv mit rechtlichen Rahmenbedingungen oder inhaltlicher Zusammenfassung beschäftigen. Im Folgen-den werFolgen-den einige Forschungsarbeiten aufgezeigt.

Die Universität Witten-Herdecke fand in einer Studie heraus, dass Patienten, die an Integrierter Versorgung teilgenommen haben, ihren Gesundheitszustand mit besseren Ergebnissen als Pa-tienten der Regelversorgung beurteilten. Außerdem bewerteten sie Aufenthalte im Krankenhaus und in Rehabilitationseinrichtungen besser. Darüber hinaus seien die Behandlungskosten im Vergleich zur Regelversorgung um 10 % niedriger gewesen.255

Mittendorf / Schmidt untersuchten in ihrer Forschung mit einer Befragung von Leistungserbrin-gern und KostenträLeistungserbrin-gern Fragen der Qualitätssicherung und der Wirtschaftlichkeit in der sekto-renübergreifenden Versorgung. Die Leistungserbringer hielten Qualitätssicherung für einen po-sitiven Aspekt. Wirtschaftliche Aspekte wurden von den Ärzten dagegen negativ bewertet, da sie in dem Zusammenhang die medizinische Versorgung als gefährdet ansahen.256

Ernst beschäftigte sich mit dem Themengebiet sektorenübergreifender Versorgung und belegt in ihrer Untersuchung, dass die neueren Verträge als Vertragsbestandteil zunehmend komple-xere Indikationen haben. Bei IV-Verträgen, die zu Beginn der gesetzlichen Möglichkeit hierzu abgeschlossen wurden, wählten die Krankenkassen zunächst Vertragsinhalte, die Ergebnisga-rantien beinhalteten, wie z. B. 10 Jahre Garantie für Hüft-TEPs (Total Endoprothese). Für diese Verträge gab es keine ausreichenden Risikokalkulationen; es sollten vielmehr kurzfristige Kos-teneffekte erzielt werden. Komplexität war zunächst nicht gewollt. Erst neuere Verträge widmen

253 Vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 06.08.2008, AZ: B 6 KA 5/07, 6/07 und 7/07 R

254 Vgl. Bundesstelle für Qualitätssicherung (2007)

255 Vgl. Universität Witten-Herdecke (2006; S. 4 - 6 und S. 10)

256 Vgl. Mittendorf / Schmidt (2006; S. 27 - 31)

sich komplexeren Erkrankungen und damit auch umfangreicheren Verträgen. Als Beispiel wer-den onkologische und psychische Erkrankungen genannt. Bei wer-den Ergebnissen der geführten Expertengespräche wird herausgestellt, dass es sehr homogene Wahrnehmungen zu Defiziten und Erfolgsfaktoren in diesem Bereich gibt. Mangelnde Managementkompetenz aller Beteilig-ten, aber vor allem auf Seiten der Krankenhäuser werden in dem Bereich als Defizit eingeord-net. Gleichzeitig sahen die Gesprächspartner Krankenkassen als zu bürokratisch an. Darüber hinaus liege eine Schwachstelle in der Kommunikation zwischen den Vertragspartnern sowie in gegenseitigem Misstrauen. Innerhalb der Ärzteschaft existiert nach Aussagen der Experten wei-terhin ein Desinteresse bei behandelnden Ärzten. Erfolgsfaktoren seien dagegen die Schaffung von win-win-Situationen, wie durch das Erreichen attraktiver Fallzahlen, der Aufbau von Mana-gementkompetenzen und die Anbindung von niedergelassenen Ärzten an Krankenhäuser.

Letztlich seien klare Definitionen von Vertragselementen, Nachhaltigkeit sowie Standardisierung bzw. Leitlinienbehandlung erfolgversprechend.257

Empirische Untersuchungen zeigten weiterhin Schwächen grundlegender Art bei der Akzeptanz von sektorenübergreifender Versorgung im Bereich der Ärzte. Die Ursachen hierfür sehen Schultz et al. in mangelnden Informationen, geringen Partizipationsmöglichkeiten der Ärzte, die zudem wirtschaftlichen Nachteil erwarten, oder der Non-Konformität mit ärztlichen Werten.258 Klemann beschäftigte sich mit sektorenübergreifender Versorgung, die auf Kooperationsverträ-gen zwischen den Partnern beruhte. Die drei untersuchten Fallbeispiele für Kooperationen wer-den von wer-den Vertragspartnern als erfolgreich beurteilt. Außerdem waren zum Zeitpunkt der Stu-die Planungen vorhanden, Stu-die IV-Verträge umzugestalten. Alle Kooperationspartner gaben posi-tive Effekte des Vertrages an. Auf Seiten der Akutkliniken läge die Profitierung in einer frühzeiti-gen Verlegung zum Rehabilitationspartner. Demgefrühzeiti-genüber sei es zu einer besseren Auslastung und damit Erlössteigerung in den Rehabilitationseinrichtungen gekommen.259

Bei den in Deutschland inzwischen vorliegenden Erfahrungen, stellt sich natürlich die Frage, welche Modelle erfolgreich sind und welche nicht. Um zu diesem Bereich erste Aussagen zu treffen, untersuchte Franz die Frage nach Erfolgsfaktoren in der sektorenübergreifenden Ver-sorgung. Zu diesem Zweck erfolgte eine Befragung von Versorgungsnetzwerken. Es zeigte sich, dass Verträge mit einer pauschalierten Vergütung im Ergebnis nur bedingt eine höhere Qualität und geringere Kosten aufwiesen. Bezüglich der Qualität war weiterhin kein Unterschied zwischen vertikalen und horizontalen Netzwerken erkennbar. Aus Sicht der Leistungserbringer sorgte eine Managementgesellschaft in dieser Versorgungsform nicht für eine erhöhte Qualität der Versorgung. Erkennbar war auch, dass ein detaillierter Vertrag positive Effekte auf die Qua-lität der Versorgung hat, allerdings nicht auf die Kosten. Letztlich tragen standardisierte Behand-lungsprozesse in der Integrierten Versorgung zu positiven Effekten auf Maßnahmen der

257 Vgl. Ernst (2008; S. 215 - 223)

258 Vgl. Schultz et al. (2006; S. 176 - 183)

259 Vgl. Klemann (2007; S. 282 - 316)

dualisierung bei. Und die Abstimmung der Partner hat tatsächlich Auswirkungen auf die Qualität der Leistung.260

Wagner et al. haben 2005 ebenfalls eine Befragung der Leistungserbringer von Integrierter Ver-sorgung durchgeführt. Damals waren als Ziele der Leistungserbringer vor allem die Umsatzstei-gerung/-sicherung und die Steigerung der Versorgungsqualität wichtig. Patientenservice und Prozessoptimierung wurden als mittelmäßig wichtig angegeben. Kostenreduktion spielte aus ih-rer Sicht keine bedeutende Rolle. Als Maßnahmen der Ziele zur Realisierung der Umsatzsteige-rung/-sicherung wurden insbesondere Marketingmaßnahmen und der Ausbau eines Schwer-punktes angegeben. Die Realisierung der Steigerung der Versorgungsqualität und des Patien-tenservices sahen die Befragten in der Verbesserung des Informations- und Beratungsangebo-tes, der Vorzugsbehandlung von IV-Patienten und einer Verbesserung der Behandlungsqualität.

Hinsichtlich der Prozessoptimierung und Kostenreduktion sprach sich die Mehrheit für Standar-disierung von Verwaltungsvorgängen und für Personal zur Koordination aus. Personalwirt-schaftliche Effekte konnten in der Form erkennbar werden, dass in allen drei Berufsgruppen (Pflegepersonal, Ärzte und Management) Mehraufwand vorhanden war. Gleichzeitig gaben die Leistungserbringer jedoch auch Kostenreduktionen durch Fallzahlsteigerung, Verbesserung der Personalausstattung und die Erhöhung der Nutzungsgrade von Sachmitteln an. Die verbesserte Unternehmenspositionierung nahmen ca. 2/3 wahr. Als Probleme wurde die Zusammenarbeit mit Krankenkassen gesehen, wenn es um angebotene Versorgungskonzepte ging, während der Vertragsgestaltung war es die Kostengestaltung. Die Zusammenarbeit mit anderen Leistungs-anbietern ergab dagegen unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf Vergütung und Leis-tungsanteile.261